Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

getrennt. Fängt man die durch den engen Spalt gegangenen
Lichtstrahlen in hinreichend großer Entfernung auf, so folgen die
hellen farbigen Streifen sich so in gleichem Abstande, daß die Mitte
jedes Streifens den Entfernungen 3, 5, 7, 9 entspricht, statt
daß die Mitte der dunkeln Streifen auf die Entfernungen 2, 4, 6,
8, fällt; aber diese Entfernungen sind bei den violetten Strahlen
nur 63 Hunderttel dessen, was sie bei rothen Strahlen sind, und
genau so sind auch die Wellenlängen des Violett nur = 0,628
der Wellenlängen des Roth.

Die Versuche von Biot und Pouillet geben genau an,
theils wie die Erscheinungen sich ändern, wenn die Weite des Spal-
tes eine andre wird, theils wie man sie bei gleicher Weite des Spal-
tes in ungleicher Entfernung der die durchgegangenen Strahlen auf-
nehmenden Ebne sieht; ich glaube aber diese Versuche hier überge-
hen zu können, da sie zwar die Verschiedenheiten der Erscheinung
angeben, aber doch die Erklärung der Erscheinungen nicht herbei-
führen.

Erscheinungen des Schattens schmaler Körper. Er-
klärung derselben durch die Undulationstheorie.

Die Emissionstheorie hat keine recht genügende Erklärung
für alle diese Erscheinungen und ebenso wenig für diejenigen, die
ich bald noch weiter erwähnen werde, dargeboten; denn wenn man
auch die Attractions- und Repulsionskräfte zugesteht, die an den
Grenzen der Körper auf die Lichttheilchen einwirken und diese von
ihrem Wege ablenken könnten; wenn man auch, was hier noth-
wendig geschehen müßte, einen Wechsel dieser Kräfte in unmerklich
kleinen Entfernungen von dem Körper annimmt; so wird doch die
gegenseitige Einwirkung der an beiden Seiten des Spaltes durch-
gehenden Strahlen gar nicht erklärt, und auch die ganz gleiche Ein-
wirkung aller Körper bei der Beugung des Lichtes auf keine Weise
mit ihrer ungleichen Einwirkung bei der Brechung in Verbindung
gebracht. Es läßt sich daher wohl nicht leugnen, daß die Emissions-
theorie hier einen Mangel zeigt, statt daß gerade einige hieher ge-
hörige Erscheinungen so bestimmt für die Undulationstheorie zu
sprechen scheinen, daß sie zuerst Young und Fresnel bewogen,
sich für diese Theorie zu erklären.


getrennt. Faͤngt man die durch den engen Spalt gegangenen
Lichtſtrahlen in hinreichend großer Entfernung auf, ſo folgen die
hellen farbigen Streifen ſich ſo in gleichem Abſtande, daß die Mitte
jedes Streifens den Entfernungen 3, 5, 7, 9 entſpricht, ſtatt
daß die Mitte der dunkeln Streifen auf die Entfernungen 2, 4, 6,
8, faͤllt; aber dieſe Entfernungen ſind bei den violetten Strahlen
nur 63 Hunderttel deſſen, was ſie bei rothen Strahlen ſind, und
genau ſo ſind auch die Wellenlaͤngen des Violett nur = 0,628
der Wellenlaͤngen des Roth.

Die Verſuche von Biot und Pouillet geben genau an,
theils wie die Erſcheinungen ſich aͤndern, wenn die Weite des Spal-
tes eine andre wird, theils wie man ſie bei gleicher Weite des Spal-
tes in ungleicher Entfernung der die durchgegangenen Strahlen auf-
nehmenden Ebne ſieht; ich glaube aber dieſe Verſuche hier uͤberge-
hen zu koͤnnen, da ſie zwar die Verſchiedenheiten der Erſcheinung
angeben, aber doch die Erklaͤrung der Erſcheinungen nicht herbei-
fuͤhren.

Erſcheinungen des Schattens ſchmaler Koͤrper. Er-
klaͤrung derſelben durch die Undulationstheorie.

Die Emiſſionstheorie hat keine recht genuͤgende Erklaͤrung
fuͤr alle dieſe Erſcheinungen und ebenſo wenig fuͤr diejenigen, die
ich bald noch weiter erwaͤhnen werde, dargeboten; denn wenn man
auch die Attractions- und Repulſionskraͤfte zugeſteht, die an den
Grenzen der Koͤrper auf die Lichttheilchen einwirken und dieſe von
ihrem Wege ablenken koͤnnten; wenn man auch, was hier noth-
wendig geſchehen muͤßte, einen Wechſel dieſer Kraͤfte in unmerklich
kleinen Entfernungen von dem Koͤrper annimmt; ſo wird doch die
gegenſeitige Einwirkung der an beiden Seiten des Spaltes durch-
gehenden Strahlen gar nicht erklaͤrt, und auch die ganz gleiche Ein-
wirkung aller Koͤrper bei der Beugung des Lichtes auf keine Weiſe
mit ihrer ungleichen Einwirkung bei der Brechung in Verbindung
gebracht. Es laͤßt ſich daher wohl nicht leugnen, daß die Emiſſions-
theorie hier einen Mangel zeigt, ſtatt daß gerade einige hieher ge-
hoͤrige Erſcheinungen ſo beſtimmt fuͤr die Undulationstheorie zu
ſprechen ſcheinen, daß ſie zuerſt Young und Fresnel bewogen,
ſich fuͤr dieſe Theorie zu erklaͤren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0295" n="281"/>
getrennt. Fa&#x0364;ngt man die durch den engen Spalt                         gegangenen<lb/>
Licht&#x017F;trahlen in hinreichend großer Entfernung                         auf, &#x017F;o folgen die<lb/>
hellen farbigen Streifen &#x017F;ich                         &#x017F;o in gleichem Ab&#x017F;tande, daß die Mitte<lb/>
jedes                         Streifens den Entfernungen 3, 5, 7, 9 ent&#x017F;pricht,                         &#x017F;tatt<lb/>
daß die Mitte der dunkeln Streifen auf die Entfernungen                         2, 4, 6,<lb/>
8, fa&#x0364;llt; aber die&#x017F;e Entfernungen                         &#x017F;ind bei den violetten Strahlen<lb/>
nur 63 Hunderttel                         de&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;ie bei rothen Strahlen                         &#x017F;ind, und<lb/>
genau &#x017F;o &#x017F;ind auch die                         Wellenla&#x0364;ngen des Violett nur <formula notation="TeX">\frac{167}{266}</formula> = 0,628<lb/>
der Wellenla&#x0364;ngen des Roth.</p><lb/>
          <p>Die Ver&#x017F;uche von <hi rendition="#g">Biot</hi> und <hi rendition="#g">Pouillet</hi> geben genau an,<lb/>
theils wie die                         Er&#x017F;cheinungen &#x017F;ich a&#x0364;ndern, wenn die Weite                         des Spal-<lb/>
tes eine andre wird, theils wie man &#x017F;ie bei                         gleicher Weite des Spal-<lb/>
tes in ungleicher Entfernung der die                         durchgegangenen Strahlen auf-<lb/>
nehmenden Ebne &#x017F;ieht; ich                         glaube aber die&#x017F;e Ver&#x017F;uche hier                         u&#x0364;berge-<lb/>
hen zu ko&#x0364;nnen, da &#x017F;ie zwar                         die Ver&#x017F;chiedenheiten der Er&#x017F;cheinung<lb/>
angeben,                         aber doch die Erkla&#x0364;rung der Er&#x017F;cheinungen nicht                         herbei-<lb/>
fu&#x0364;hren.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Er&#x017F;cheinungen des Schattens                             &#x017F;chmaler Ko&#x0364;rper</hi>. <hi rendition="#g">Er</hi>-<lb/><hi rendition="#g">kla&#x0364;rung                             der&#x017F;elben durch die Undulationstheorie</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Emi&#x017F;&#x017F;ionstheorie hat keine recht                         genu&#x0364;gende Erkla&#x0364;rung<lb/>
fu&#x0364;r alle                         die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen und eben&#x017F;o wenig                         fu&#x0364;r diejenigen, die<lb/>
ich bald noch weiter                         erwa&#x0364;hnen werde, dargeboten; denn wenn man<lb/>
auch die                         Attractions- und Repul&#x017F;ionskra&#x0364;fte                         zuge&#x017F;teht, die an den<lb/>
Grenzen der Ko&#x0364;rper auf die                         Lichttheilchen einwirken und die&#x017F;e von<lb/>
ihrem Wege ablenken                         ko&#x0364;nnten; wenn man auch, was hier noth-<lb/>
wendig                         ge&#x017F;chehen mu&#x0364;ßte, einen Wech&#x017F;el                         die&#x017F;er Kra&#x0364;fte in unmerklich<lb/>
kleinen Entfernungen                         von dem Ko&#x0364;rper annimmt; &#x017F;o wird doch                         die<lb/>
gegen&#x017F;eitige Einwirkung der an beiden Seiten des Spaltes                         durch-<lb/>
gehenden Strahlen gar nicht erkla&#x0364;rt, und auch die                         ganz gleiche Ein-<lb/>
wirkung aller Ko&#x0364;rper bei der Beugung des                         Lichtes auf keine Wei&#x017F;e<lb/>
mit ihrer ungleichen Einwirkung bei                         der Brechung in Verbindung<lb/>
gebracht. Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich                         daher wohl nicht leugnen, daß die                         Emi&#x017F;&#x017F;ions-<lb/>
theorie hier einen Mangel zeigt,                         &#x017F;tatt daß gerade einige hieher ge-<lb/>
ho&#x0364;rige                         Er&#x017F;cheinungen &#x017F;o be&#x017F;timmt fu&#x0364;r                         die Undulationstheorie zu<lb/>
&#x017F;prechen &#x017F;cheinen, daß                         &#x017F;ie zuer&#x017F;t <hi rendition="#g">Young</hi> und <hi rendition="#g">Fresnel</hi> bewogen,<lb/>
&#x017F;ich fu&#x0364;r                         die&#x017F;e Theorie zu erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0295] getrennt. Faͤngt man die durch den engen Spalt gegangenen Lichtſtrahlen in hinreichend großer Entfernung auf, ſo folgen die hellen farbigen Streifen ſich ſo in gleichem Abſtande, daß die Mitte jedes Streifens den Entfernungen 3, 5, 7, 9 entſpricht, ſtatt daß die Mitte der dunkeln Streifen auf die Entfernungen 2, 4, 6, 8, faͤllt; aber dieſe Entfernungen ſind bei den violetten Strahlen nur 63 Hunderttel deſſen, was ſie bei rothen Strahlen ſind, und genau ſo ſind auch die Wellenlaͤngen des Violett nur [FORMEL] = 0,628 der Wellenlaͤngen des Roth. Die Verſuche von Biot und Pouillet geben genau an, theils wie die Erſcheinungen ſich aͤndern, wenn die Weite des Spal- tes eine andre wird, theils wie man ſie bei gleicher Weite des Spal- tes in ungleicher Entfernung der die durchgegangenen Strahlen auf- nehmenden Ebne ſieht; ich glaube aber dieſe Verſuche hier uͤberge- hen zu koͤnnen, da ſie zwar die Verſchiedenheiten der Erſcheinung angeben, aber doch die Erklaͤrung der Erſcheinungen nicht herbei- fuͤhren. Erſcheinungen des Schattens ſchmaler Koͤrper. Er- klaͤrung derſelben durch die Undulationstheorie. Die Emiſſionstheorie hat keine recht genuͤgende Erklaͤrung fuͤr alle dieſe Erſcheinungen und ebenſo wenig fuͤr diejenigen, die ich bald noch weiter erwaͤhnen werde, dargeboten; denn wenn man auch die Attractions- und Repulſionskraͤfte zugeſteht, die an den Grenzen der Koͤrper auf die Lichttheilchen einwirken und dieſe von ihrem Wege ablenken koͤnnten; wenn man auch, was hier noth- wendig geſchehen muͤßte, einen Wechſel dieſer Kraͤfte in unmerklich kleinen Entfernungen von dem Koͤrper annimmt; ſo wird doch die gegenſeitige Einwirkung der an beiden Seiten des Spaltes durch- gehenden Strahlen gar nicht erklaͤrt, und auch die ganz gleiche Ein- wirkung aller Koͤrper bei der Beugung des Lichtes auf keine Weiſe mit ihrer ungleichen Einwirkung bei der Brechung in Verbindung gebracht. Es laͤßt ſich daher wohl nicht leugnen, daß die Emiſſions- theorie hier einen Mangel zeigt, ſtatt daß gerade einige hieher ge- hoͤrige Erſcheinungen ſo beſtimmt fuͤr die Undulationstheorie zu ſprechen ſcheinen, daß ſie zuerſt Young und Fresnel bewogen, ſich fuͤr dieſe Theorie zu erklaͤren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/295
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/295>, abgerufen am 21.11.2024.