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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Sauerstoffgas. Obgleich nämlich das Glühen nicht nothwendig
die Gegenwart des Sauerstoffs fordert, so wird es doch allemal bei
dem Zutritt des Sauerstoffgas und durch die Zersetzung desselben
lebhafter; in ausgezeichnetem Maaße aber ist dies der Fall, wenn
man Kreide, kohlensauren Kalk, der Erhitzung durch Weingeist-
flammen aussetzt, und dabei einen Strom jener Luft-Art sowohl
die Flammen anfachen, als die Kalkmasse selbst treffen läßt.

Aber nicht bloß beim Zersetzen des Sauerstoffgas entsteht
Licht, sondern auch in vielen andern Fällen, wo chemische Verbin-
dungen eintreten, namentlich wenn Metalle mit Schwefel stark
erhitzt werden, wenn Terpentin-Oel mit Salpetersäure und Schwe-
felsäure gemischt wird, und in mehreren Fällen.

Zu diesen Licht-Entwickelungen, welche chemischen Zersetzungen
und Verbindungen ihren Ursprung verdanken, gehört auch das in
niedrigen Temperaturen statt findende Leuchten des Phosphors,
der eben von dieser Eigenschaft seinen Namen hat. Auch hier ist
das Leuchten in der atmosphärischen Luft mit einer Zersetzung des
Sauerstoffgas verbunden, die durch eine Verbindung des Sauer-
stoffs mit Phosphor zu Phosphorsäure und im eingeschlossenen
Raume durch eine Verminderung der Luft kenntlich wird. Diese
Verbindung, die also als ein langsames Verbrennen des Phosphors
anzusehen ist, findet schon bei sehr niedrigen Temperaturen statt;
das lebhafte Verbrennen tritt in atmosphärischer Luft bei 30°
Reaum. ein, und ein unter Wasser erhitzter Phosphor leuchtet
auch da. Es ist merkwürdig, daß, obgleich dieses Leuchten auch
bei niedrigen Temperaturen auf der Verbindung mit dem Sauer-
stoff beruht, es dennoch im ganz reinen Sauerstoffgas, wenn die-
ses die Dichtigkeit besitzt, welche dem gewöhnlichen Drucke der
Luft entspricht, nicht so gut bei niedrigen Temperaturen eintritt;
verdünnt man dagegen diese Luft-Art, so treten sogleich weiße
Dämpfe aus dem Phosphor hervor und das Leuchten stellt sich,
selbst bei niedrigen Wärmegraden, ein; und eben so wie im letzten
Falle verhält es sich, wenn der Phosphor sich in einer mit Stick-
gas vermischten Sauerstoffluft befindet.


Sauerſtoffgas. Obgleich naͤmlich das Gluͤhen nicht nothwendig
die Gegenwart des Sauerſtoffs fordert, ſo wird es doch allemal bei
dem Zutritt des Sauerſtoffgas und durch die Zerſetzung deſſelben
lebhafter; in ausgezeichnetem Maaße aber iſt dies der Fall, wenn
man Kreide, kohlenſauren Kalk, der Erhitzung durch Weingeiſt-
flammen ausſetzt, und dabei einen Strom jener Luft-Art ſowohl
die Flammen anfachen, als die Kalkmaſſe ſelbſt treffen laͤßt.

Aber nicht bloß beim Zerſetzen des Sauerſtoffgas entſteht
Licht, ſondern auch in vielen andern Faͤllen, wo chemiſche Verbin-
dungen eintreten, namentlich wenn Metalle mit Schwefel ſtark
erhitzt werden, wenn Terpentin-Oel mit Salpeterſaͤure und Schwe-
felſaͤure gemiſcht wird, und in mehreren Faͤllen.

Zu dieſen Licht-Entwickelungen, welche chemiſchen Zerſetzungen
und Verbindungen ihren Urſprung verdanken, gehoͤrt auch das in
niedrigen Temperaturen ſtatt findende Leuchten des Phosphors,
der eben von dieſer Eigenſchaft ſeinen Namen hat. Auch hier iſt
das Leuchten in der atmoſphaͤriſchen Luft mit einer Zerſetzung des
Sauerſtoffgas verbunden, die durch eine Verbindung des Sauer-
ſtoffs mit Phosphor zu Phosphorſaͤure und im eingeſchloſſenen
Raume durch eine Verminderung der Luft kenntlich wird. Dieſe
Verbindung, die alſo als ein langſames Verbrennen des Phosphors
anzuſehen iſt, findet ſchon bei ſehr niedrigen Temperaturen ſtatt;
das lebhafte Verbrennen tritt in atmoſphaͤriſcher Luft bei 30°
Reaum. ein, und ein unter Waſſer erhitzter Phosphor leuchtet
auch da. Es iſt merkwuͤrdig, daß, obgleich dieſes Leuchten auch
bei niedrigen Temperaturen auf der Verbindung mit dem Sauer-
ſtoff beruht, es dennoch im ganz reinen Sauerſtoffgas, wenn die-
ſes die Dichtigkeit beſitzt, welche dem gewoͤhnlichen Drucke der
Luft entſpricht, nicht ſo gut bei niedrigen Temperaturen eintritt;
verduͤnnt man dagegen dieſe Luft-Art, ſo treten ſogleich weiße
Daͤmpfe aus dem Phosphor hervor und das Leuchten ſtellt ſich,
ſelbſt bei niedrigen Waͤrmegraden, ein; und eben ſo wie im letzten
Falle verhaͤlt es ſich, wenn der Phosphor ſich in einer mit Stick-
gas vermiſchten Sauerſtoffluft befindet.


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[358/0372] Sauerſtoffgas. Obgleich naͤmlich das Gluͤhen nicht nothwendig die Gegenwart des Sauerſtoffs fordert, ſo wird es doch allemal bei dem Zutritt des Sauerſtoffgas und durch die Zerſetzung deſſelben lebhafter; in ausgezeichnetem Maaße aber iſt dies der Fall, wenn man Kreide, kohlenſauren Kalk, der Erhitzung durch Weingeiſt- flammen ausſetzt, und dabei einen Strom jener Luft-Art ſowohl die Flammen anfachen, als die Kalkmaſſe ſelbſt treffen laͤßt. Aber nicht bloß beim Zerſetzen des Sauerſtoffgas entſteht Licht, ſondern auch in vielen andern Faͤllen, wo chemiſche Verbin- dungen eintreten, namentlich wenn Metalle mit Schwefel ſtark erhitzt werden, wenn Terpentin-Oel mit Salpeterſaͤure und Schwe- felſaͤure gemiſcht wird, und in mehreren Faͤllen. Zu dieſen Licht-Entwickelungen, welche chemiſchen Zerſetzungen und Verbindungen ihren Urſprung verdanken, gehoͤrt auch das in niedrigen Temperaturen ſtatt findende Leuchten des Phosphors, der eben von dieſer Eigenſchaft ſeinen Namen hat. Auch hier iſt das Leuchten in der atmoſphaͤriſchen Luft mit einer Zerſetzung des Sauerſtoffgas verbunden, die durch eine Verbindung des Sauer- ſtoffs mit Phosphor zu Phosphorſaͤure und im eingeſchloſſenen Raume durch eine Verminderung der Luft kenntlich wird. Dieſe Verbindung, die alſo als ein langſames Verbrennen des Phosphors anzuſehen iſt, findet ſchon bei ſehr niedrigen Temperaturen ſtatt; das lebhafte Verbrennen tritt in atmoſphaͤriſcher Luft bei 30° Reaum. ein, und ein unter Waſſer erhitzter Phosphor leuchtet auch da. Es iſt merkwuͤrdig, daß, obgleich dieſes Leuchten auch bei niedrigen Temperaturen auf der Verbindung mit dem Sauer- ſtoff beruht, es dennoch im ganz reinen Sauerſtoffgas, wenn die- ſes die Dichtigkeit beſitzt, welche dem gewoͤhnlichen Drucke der Luft entſpricht, nicht ſo gut bei niedrigen Temperaturen eintritt; verduͤnnt man dagegen dieſe Luft-Art, ſo treten ſogleich weiße Daͤmpfe aus dem Phosphor hervor und das Leuchten ſtellt ſich, ſelbſt bei niedrigen Waͤrmegraden, ein; und eben ſo wie im letzten Falle verhaͤlt es ſich, wenn der Phosphor ſich in einer mit Stick- gas vermiſchten Sauerſtoffluft befindet.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/372>, abgerufen am 24.11.2024.