Licht am Tage zu schwach, um brauchbar zu sein; Gauß kam daher auf den Gedanken, das zurückgeworfene Sonnenlicht als Signal anzuwenden. Bei der großen Lebhaftigkeit des Sonnen- lichtes ist ein Spiegelbild der Sonne bis zu sehr großen Entfernun- gen sichtbar, wie uns schon die aus weiter Ferne sichtbaren, glän- zenden Fenster, in welchen sich die Abendsonne spiegelt, zeigen, ob- gleich die Fensterscheiben nur sehr unvollkommene Spiegel sind. Dieses Signal des dem Beobachter zugeworfenen Sonnenlichtes hat aber nicht allein den Vorzug eines lebhaften Glanzes, sondern es ist auch auf einen sehr kleinen Raum beschränkt, indem ein Spie- gel von 3 Zoll Seite in 1 Meile Entfernung nur unter einem Sehewinkel von 2 Secunden erscheint, und folglich, da man sich dieses Mittels nur bei erheblichen Entfernungen zu bedienen nöthig hat, man den leuchtenden Gegenstand leicht als innerhalb 1/2 Sec. beschränkt erhalten kann. Die Intensität des Sonnenlichtes und selbst des reflectirten Sonnenlichtes ist aber so groß, daß man das gespiegelte Sonnenbild in einem 2 bis 3 zolligen Spiegel bis auf 120000 Fuß, das heißt bis auf 5 deutsche Meilen, mit bloßem Auge sieht, obgleich ein solcher Spiegel nur unter einem Sehewin- kel von 1/3 bis 1/2 Secunden erscheint.
Die Schwierigkeit bei der Anwendung dieses Signales bestand aber darin, daß man kein Instrument besaß, mit dessen Hülfe man mit Sicherheit dem entfernten Beobachter das Sonnenbild zuwerfen, oder ihn sicher in Stand setzen konnte, das gespiegelte Bild zu sehen, welches man, um ihm einen genauen Absehepunct zu geben, hervorbringt; und dieser Schwierigkeit hilft das von Gauß unter dem Namen Heliotrop angegebene Instrument ab. Es besteht (Fig. 38.) aus einem Fernrohre AB, vor welchem zwei auf einander senkrechte Spiegel mq, gz befestiget sind. Stel- len auch in Fig. 39. mq, gz die beiden Spiegel vor, so ist die Regel des Gebrauchs diese: man richtet das Fernrohr AB auf den Beobachter, welchem man das Sonnenlicht zuwerfen will, und wendet, während es so steht, die vereinigten Spiegel so, daß man mit dem Fernrohre in dem kleineren Spiegel gz die Sonne sieht; alsdann sieht der entfernte Beobachter das Sonnenbild im größern Spiegel. Es ist nämlich einleuchtend, daß der Sonnenstrahl SN von dem Spiegel mq nach NO geworfen wird, wenn der Spiegel
Licht am Tage zu ſchwach, um brauchbar zu ſein; Gauß kam daher auf den Gedanken, das zuruͤckgeworfene Sonnenlicht als Signal anzuwenden. Bei der großen Lebhaftigkeit des Sonnen- lichtes iſt ein Spiegelbild der Sonne bis zu ſehr großen Entfernun- gen ſichtbar, wie uns ſchon die aus weiter Ferne ſichtbaren, glaͤn- zenden Fenſter, in welchen ſich die Abendſonne ſpiegelt, zeigen, ob- gleich die Fenſterſcheiben nur ſehr unvollkommene Spiegel ſind. Dieſes Signal des dem Beobachter zugeworfenen Sonnenlichtes hat aber nicht allein den Vorzug eines lebhaften Glanzes, ſondern es iſt auch auf einen ſehr kleinen Raum beſchraͤnkt, indem ein Spie- gel von 3 Zoll Seite in 1 Meile Entfernung nur unter einem Sehewinkel von 2 Secunden erſcheint, und folglich, da man ſich dieſes Mittels nur bei erheblichen Entfernungen zu bedienen noͤthig hat, man den leuchtenden Gegenſtand leicht als innerhalb ½ Sec. beſchraͤnkt erhalten kann. Die Intenſitaͤt des Sonnenlichtes und ſelbſt des reflectirten Sonnenlichtes iſt aber ſo groß, daß man das geſpiegelte Sonnenbild in einem 2 bis 3 zolligen Spiegel bis auf 120000 Fuß, das heißt bis auf 5 deutſche Meilen, mit bloßem Auge ſieht, obgleich ein ſolcher Spiegel nur unter einem Sehewin- kel von ⅓ bis ½ Secunden erſcheint.
Die Schwierigkeit bei der Anwendung dieſes Signales beſtand aber darin, daß man kein Inſtrument beſaß, mit deſſen Huͤlfe man mit Sicherheit dem entfernten Beobachter das Sonnenbild zuwerfen, oder ihn ſicher in Stand ſetzen konnte, das geſpiegelte Bild zu ſehen, welches man, um ihm einen genauen Abſehepunct zu geben, hervorbringt; und dieſer Schwierigkeit hilft das von Gauß unter dem Namen Heliotrop angegebene Inſtrument ab. Es beſteht (Fig. 38.) aus einem Fernrohre AB, vor welchem zwei auf einander ſenkrechte Spiegel mq, gz befeſtiget ſind. Stel- len auch in Fig. 39. mq, gz die beiden Spiegel vor, ſo iſt die Regel des Gebrauchs dieſe: man richtet das Fernrohr AB auf den Beobachter, welchem man das Sonnenlicht zuwerfen will, und wendet, waͤhrend es ſo ſteht, die vereinigten Spiegel ſo, daß man mit dem Fernrohre in dem kleineren Spiegel gz die Sonne ſieht; alsdann ſieht der entfernte Beobachter das Sonnenbild im groͤßern Spiegel. Es iſt naͤmlich einleuchtend, daß der Sonnenſtrahl SN von dem Spiegel mq nach NO geworfen wird, wenn der Spiegel
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Licht am Tage zu ſchwach, um brauchbar zu ſein; Gauß kam
daher auf den Gedanken, das zuruͤckgeworfene Sonnenlicht als
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lichtes iſt ein Spiegelbild der Sonne bis zu ſehr großen Entfernun-
gen ſichtbar, wie uns ſchon die aus weiter Ferne ſichtbaren, glaͤn-
zenden Fenſter, in welchen ſich die Abendſonne ſpiegelt, zeigen, ob-
gleich die Fenſterſcheiben nur ſehr unvollkommene Spiegel ſind.
Dieſes Signal des dem Beobachter zugeworfenen Sonnenlichtes
hat aber nicht allein den Vorzug eines lebhaften Glanzes, ſondern
es iſt auch auf einen ſehr kleinen Raum beſchraͤnkt, indem ein Spie-
gel von 3 Zoll Seite in 1 Meile Entfernung nur unter einem
Sehewinkel von 2 Secunden erſcheint, und folglich, da man ſich
dieſes Mittels nur bei erheblichen Entfernungen zu bedienen noͤthig
hat, man den leuchtenden Gegenſtand leicht als innerhalb ½ Sec.
beſchraͤnkt erhalten kann. Die Intenſitaͤt des Sonnenlichtes und
ſelbſt des reflectirten Sonnenlichtes iſt aber ſo groß, daß man das
geſpiegelte Sonnenbild in einem 2 bis 3 zolligen Spiegel bis auf
120000 Fuß, das heißt bis auf 5 deutſche Meilen, mit bloßem
Auge ſieht, obgleich ein ſolcher Spiegel nur unter einem Sehewin-
kel von ⅓ bis ½ Secunden erſcheint.
Die Schwierigkeit bei der Anwendung dieſes Signales beſtand
aber darin, daß man kein Inſtrument beſaß, mit deſſen Huͤlfe
man mit Sicherheit dem entfernten Beobachter das Sonnenbild
zuwerfen, oder ihn ſicher in Stand ſetzen konnte, das geſpiegelte
Bild zu ſehen, welches man, um ihm einen genauen Abſehepunct
zu geben, hervorbringt; und dieſer Schwierigkeit hilft das von
Gauß unter dem Namen Heliotrop angegebene Inſtrument
ab. Es beſteht (Fig. 38.) aus einem Fernrohre AB, vor welchem
zwei auf einander ſenkrechte Spiegel mq, gz befeſtiget ſind. Stel-
len auch in Fig. 39. mq, gz die beiden Spiegel vor, ſo iſt die
Regel des Gebrauchs dieſe: man richtet das Fernrohr AB auf den
Beobachter, welchem man das Sonnenlicht zuwerfen will, und
wendet, waͤhrend es ſo ſteht, die vereinigten Spiegel ſo, daß man
mit dem Fernrohre in dem kleineren Spiegel gz die Sonne ſieht;
alsdann ſieht der entfernte Beobachter das Sonnenbild im groͤßern
Spiegel. Es iſt naͤmlich einleuchtend, daß der Sonnenſtrahl SN
von dem Spiegel mq nach NO geworfen wird, wenn der Spiegel
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/99>, abgerufen am 24.11.2024.
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