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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Dampfmaschinen nach Pferdekräften zu vergleichen, und obgleich
man obenhin leicht versteht, was damit gemeint ist, so ist es doch
nothwendig in wissenschaftlicher Beziehung diesen, offenbar etwas
schwankenden, Begriff näher zu bestimmen. Die Angaben hierüber
sind bedeutend ungleich. Nach Edwards kann ein Pferd, Stun-
den lang gleichmäßig fortarbeitend, ein Gewicht von 150 Pfund in
einer Minute 220 Fuß hoch heben, und dieses kann man so anse-
hen, als ob 150 220 = 33000 Pfund in einer Minute 1 Fuß
gehoben würden; damit stimmt Watt und auch Girard über-
ein. Andre Schriftsteller dagegen, namentlich Smeaton, setzen
die Kraft eines Pferdes nur so groß, daß dadurch 23000 Pfund in
1 Min. 1 Fuß gehoben werden könnten. Prony nimmt sie noch
geringer an. Hiernach müßte man den Effect auf folgende Weise
berechnen. Eine Maschine in den Gruben von Cornwallis,
nach Watts Anordnung erbaut, hatte einen Kolben von 63 Zoll
Durchmesser oder 3116 Quadratzoll; hätte sie nun mit einer Kraft
von 2 Atmosphären gearbeitet, so hätte der Druck auf den Kolben
93500 Pfund betragen. Diese Maschine hob in jeden 10 Secun-
den 82000 Pfund (ungefähr 1170 Cubicfuß) Wasser in einem
Hube 16 Fuß hoch, also 6 82000 = 492000 Pfund in 1 Minute
16 Fuß hoch, wofür wir 7872000 Pfund in 1 Min. 1 Fuß hoch
setzen; dieser Effect betrug also 239 Pferdekräfte (zu 33000 Pfund)
nach Watts Angabe, oder 340 Pferdekräfte (zu 23000 Pfund)
nach Smeatons Angabe, und ersetzte, da die Maschine Tag und
Nacht arbeitete, ein Pferd aber nur 8 Stunden fortarbeiten kann,
wenigstens 720 Pferde. Wenn man bei Perkins Maschine
annimmt, daß sie wirklich mit 35 Atmosphären Druck arbeitet,
welches auf einen Kolben von 2 Zoll Durchmesser 1650 Pfund
Druck beträgt, und wenn man die Angabe hinzufügt, daß der Kol-
ben in jeder Minute 100 Kolbenzüge von 1 Fuß vollendete, so
hätte man 1650 100 = 165000 Pfund 1 Fuß hoch in jeder Min.
gehoben, welches selbst nach Watt 5 Pferdekräfte, nach Smea-
ton
7 Pferdekräfte, betrüge.

Es scheint mir hier zu einer allzu weitläuftigen Betrachtung
zu führen; wenn ich Sie mit dem Feuerungs-Aufwande, den die
Maschinen fordern, unterhalten wollte. Die Maschinen von hohem
Druck gewähren dabei wohl mehr als einen Vortheil, indem der

III. I

Dampfmaſchinen nach Pferdekraͤften zu vergleichen, und obgleich
man obenhin leicht verſteht, was damit gemeint iſt, ſo iſt es doch
nothwendig in wiſſenſchaftlicher Beziehung dieſen, offenbar etwas
ſchwankenden, Begriff naͤher zu beſtimmen. Die Angaben hieruͤber
ſind bedeutend ungleich. Nach Edwards kann ein Pferd, Stun-
den lang gleichmaͤßig fortarbeitend, ein Gewicht von 150 Pfund in
einer Minute 220 Fuß hoch heben, und dieſes kann man ſo anſe-
hen, als ob 150 ⋅ 220 = 33000 Pfund in einer Minute 1 Fuß
gehoben wuͤrden; damit ſtimmt Watt und auch Girard uͤber-
ein. Andre Schriftſteller dagegen, namentlich Smeaton, ſetzen
die Kraft eines Pferdes nur ſo groß, daß dadurch 23000 Pfund in
1 Min. 1 Fuß gehoben werden koͤnnten. Prony nimmt ſie noch
geringer an. Hiernach muͤßte man den Effect auf folgende Weiſe
berechnen. Eine Maſchine in den Gruben von Cornwallis,
nach Watts Anordnung erbaut, hatte einen Kolben von 63 Zoll
Durchmeſſer oder 3116 Quadratzoll; haͤtte ſie nun mit einer Kraft
von 2 Atmoſphaͤren gearbeitet, ſo haͤtte der Druck auf den Kolben
93500 Pfund betragen. Dieſe Maſchine hob in jeden 10 Secun-
den 82000 Pfund (ungefaͤhr 1170 Cubicfuß) Waſſer in einem
Hube 16 Fuß hoch, alſo 6 ⋅ 82000 = 492000 Pfund in 1 Minute
16 Fuß hoch, wofuͤr wir 7872000 Pfund in 1 Min. 1 Fuß hoch
ſetzen; dieſer Effect betrug alſo 239 Pferdekraͤfte (zu 33000 Pfund)
nach Watts Angabe, oder 340 Pferdekraͤfte (zu 23000 Pfund)
nach Smeatons Angabe, und erſetzte, da die Maſchine Tag und
Nacht arbeitete, ein Pferd aber nur 8 Stunden fortarbeiten kann,
wenigſtens 720 Pferde. Wenn man bei Perkins Maſchine
annimmt, daß ſie wirklich mit 35 Atmoſphaͤren Druck arbeitet,
welches auf einen Kolben von 2 Zoll Durchmeſſer 1650 Pfund
Druck betraͤgt, und wenn man die Angabe hinzufuͤgt, daß der Kol-
ben in jeder Minute 100 Kolbenzuͤge von 1 Fuß vollendete, ſo
haͤtte man 1650 ⋅ 100 = 165000 Pfund 1 Fuß hoch in jeder Min.
gehoben, welches ſelbſt nach Watt 5 Pferdekraͤfte, nach Smea-
ton
7 Pferdekraͤfte, betruͤge.

Es ſcheint mir hier zu einer allzu weitlaͤuftigen Betrachtung
zu fuͤhren; wenn ich Sie mit dem Feuerungs-Aufwande, den die
Maſchinen fordern, unterhalten wollte. Die Maſchinen von hohem
Druck gewaͤhren dabei wohl mehr als einen Vortheil, indem der

III. I
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[129/0143] Dampfmaſchinen nach Pferdekraͤften zu vergleichen, und obgleich man obenhin leicht verſteht, was damit gemeint iſt, ſo iſt es doch nothwendig in wiſſenſchaftlicher Beziehung dieſen, offenbar etwas ſchwankenden, Begriff naͤher zu beſtimmen. Die Angaben hieruͤber ſind bedeutend ungleich. Nach Edwards kann ein Pferd, Stun- den lang gleichmaͤßig fortarbeitend, ein Gewicht von 150 Pfund in einer Minute 220 Fuß hoch heben, und dieſes kann man ſo anſe- hen, als ob 150 ⋅ 220 = 33000 Pfund in einer Minute 1 Fuß gehoben wuͤrden; damit ſtimmt Watt und auch Girard uͤber- ein. Andre Schriftſteller dagegen, namentlich Smeaton, ſetzen die Kraft eines Pferdes nur ſo groß, daß dadurch 23000 Pfund in 1 Min. 1 Fuß gehoben werden koͤnnten. Prony nimmt ſie noch geringer an. Hiernach muͤßte man den Effect auf folgende Weiſe berechnen. Eine Maſchine in den Gruben von Cornwallis, nach Watts Anordnung erbaut, hatte einen Kolben von 63 Zoll Durchmeſſer oder 3116 Quadratzoll; haͤtte ſie nun mit einer Kraft von 2 Atmoſphaͤren gearbeitet, ſo haͤtte der Druck auf den Kolben 93500 Pfund betragen. Dieſe Maſchine hob in jeden 10 Secun- den 82000 Pfund (ungefaͤhr 1170 Cubicfuß) Waſſer in einem Hube 16 Fuß hoch, alſo 6 ⋅ 82000 = 492000 Pfund in 1 Minute 16 Fuß hoch, wofuͤr wir 7872000 Pfund in 1 Min. 1 Fuß hoch ſetzen; dieſer Effect betrug alſo 239 Pferdekraͤfte (zu 33000 Pfund) nach Watts Angabe, oder 340 Pferdekraͤfte (zu 23000 Pfund) nach Smeatons Angabe, und erſetzte, da die Maſchine Tag und Nacht arbeitete, ein Pferd aber nur 8 Stunden fortarbeiten kann, wenigſtens 720 Pferde. Wenn man bei Perkins Maſchine annimmt, daß ſie wirklich mit 35 Atmoſphaͤren Druck arbeitet, welches auf einen Kolben von 2 Zoll Durchmeſſer 1650 Pfund Druck betraͤgt, und wenn man die Angabe hinzufuͤgt, daß der Kol- ben in jeder Minute 100 Kolbenzuͤge von 1 Fuß vollendete, ſo haͤtte man 1650 ⋅ 100 = 165000 Pfund 1 Fuß hoch in jeder Min. gehoben, welches ſelbſt nach Watt 5 Pferdekraͤfte, nach Smea- ton 7 Pferdekraͤfte, betruͤge. Es ſcheint mir hier zu einer allzu weitlaͤuftigen Betrachtung zu fuͤhren; wenn ich Sie mit dem Feuerungs-Aufwande, den die Maſchinen fordern, unterhalten wollte. Die Maſchinen von hohem Druck gewaͤhren dabei wohl mehr als einen Vortheil, indem der III. I

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/143>, abgerufen am 23.11.2024.