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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Obgleich man aber sich von einem solchen Gebläse eine bedeu-
tende Hitze versprochen hatte, so hat man doch, als die Hitze so über
Erwartung groß wurde, gefragt, worin der Grund dieser überaus
großen Wirkung liege. Gilbert sucht ihn darin, daß das Wasser-
stoffgas selbst, als ein in hohem Grade elastischer Körper, ebenso
gut und noch mehr Wärme als das Sauerstoffgas, bei der Zer-
setzung giebt, und daß das comprimirte Gas mit so großer Ge-
schwindigkeit hervordringt, also die Menge des zersetzten Gases
groß ist, der geringen Dicke des Luftstromes ungeachtet. Gewiß
tragen beide Umstände zur Verstärkung der Hitze bei, aber eine
Hauptursache der Wärme ist gewiß die, daß die beiden gemischten
Luft-Arten einen in allen Theilen brennenden Feuerstrom geben,
der nicht bloß an der Oberfläche einen Feuermantel hat, wie die
gewöhnlichen Flammen, und daß daher auch die Zersetzung schneller
und gewaltsamer fortgeht, als in irgend einem andern Falle.

Brewster hat noch auf eine andre Erregungsweise sehr
großer Hitze aufmerksam gemacht. Er befestigte über der Flamme
der bei der Gas-Erleuchtung angewandten Luft ein feines Drath-
netz und ließ die Flamme unterhalb fortbrennen, entzündete aber
auch die durch das Drathnetz gedrungenen Lufttheile. Hier erhielt
er nun eine sehr schwach leuchtende, aber sehr große Hitze gebende
Flamme. Auch diese Flamme hat, wie Brewster bemerkt, ihre
Hitze daher, daß die Luft bei dem Durchgange durch das Drathnetz
sich mit atmosphärischer Luft gemischt hat, und so ein Knallgas
bildet, das nicht als dünner Lichtmantel einer Flamme, sondern
als vollkommener Feuerstrom brennt. Um bequemer von der Ent-
zündung einer solchen Knallgasmischung Vortheil zu ziehen, schlägt
Brewster folgende Einrichtung vor, die sich sogleich mit einem
kleinen Gas-Erleuchtungs-Apparate verbinden läßt. Das zur
Gas-Erleuchtung bestimmte Gas steigt nicht allein (Fig. 41.)
durch die Oeffnung M hervor, wo man es gewöhnlich sogleich an-
zündet, sondern es dringt zugleich, zugeleitet durch die Röhre abc
df,
aus vier Oeffnungen des hohlen Ringes f hervor. Die aus
diesen vier Oeffnungen dringende Luft wird angezündet, und da
die Flammen nun von dem aus M hervordringenden, aber schon
mit atmosphärischer Luft gemischten Gas angeblasen werden, und
dieses explosive Gas selbst sich entzündet, so erhält man eine große

Obgleich man aber ſich von einem ſolchen Geblaͤſe eine bedeu-
tende Hitze verſprochen hatte, ſo hat man doch, als die Hitze ſo uͤber
Erwartung groß wurde, gefragt, worin der Grund dieſer uͤberaus
großen Wirkung liege. Gilbert ſucht ihn darin, daß das Waſſer-
ſtoffgas ſelbſt, als ein in hohem Grade elaſtiſcher Koͤrper, ebenſo
gut und noch mehr Waͤrme als das Sauerſtoffgas, bei der Zer-
ſetzung giebt, und daß das comprimirte Gas mit ſo großer Ge-
ſchwindigkeit hervordringt, alſo die Menge des zerſetzten Gaſes
groß iſt, der geringen Dicke des Luftſtromes ungeachtet. Gewiß
tragen beide Umſtaͤnde zur Verſtaͤrkung der Hitze bei, aber eine
Haupturſache der Waͤrme iſt gewiß die, daß die beiden gemiſchten
Luft-Arten einen in allen Theilen brennenden Feuerſtrom geben,
der nicht bloß an der Oberflaͤche einen Feuermantel hat, wie die
gewoͤhnlichen Flammen, und daß daher auch die Zerſetzung ſchneller
und gewaltſamer fortgeht, als in irgend einem andern Falle.

Brewſter hat noch auf eine andre Erregungsweiſe ſehr
großer Hitze aufmerkſam gemacht. Er befeſtigte uͤber der Flamme
der bei der Gas-Erleuchtung angewandten Luft ein feines Drath-
netz und ließ die Flamme unterhalb fortbrennen, entzuͤndete aber
auch die durch das Drathnetz gedrungenen Lufttheile. Hier erhielt
er nun eine ſehr ſchwach leuchtende, aber ſehr große Hitze gebende
Flamme. Auch dieſe Flamme hat, wie Brewſter bemerkt, ihre
Hitze daher, daß die Luft bei dem Durchgange durch das Drathnetz
ſich mit atmoſphaͤriſcher Luft gemiſcht hat, und ſo ein Knallgas
bildet, das nicht als duͤnner Lichtmantel einer Flamme, ſondern
als vollkommener Feuerſtrom brennt. Um bequemer von der Ent-
zuͤndung einer ſolchen Knallgasmiſchung Vortheil zu ziehen, ſchlaͤgt
Brewſter folgende Einrichtung vor, die ſich ſogleich mit einem
kleinen Gas-Erleuchtungs-Apparate verbinden laͤßt. Das zur
Gas-Erleuchtung beſtimmte Gas ſteigt nicht allein (Fig. 41.)
durch die Oeffnung M hervor, wo man es gewoͤhnlich ſogleich an-
zuͤndet, ſondern es dringt zugleich, zugeleitet durch die Roͤhre abc
df,
aus vier Oeffnungen des hohlen Ringes f hervor. Die aus
dieſen vier Oeffnungen dringende Luft wird angezuͤndet, und da
die Flammen nun von dem aus M hervordringenden, aber ſchon
mit atmoſphaͤriſcher Luft gemiſchten Gas angeblaſen werden, und
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[200/0214] Obgleich man aber ſich von einem ſolchen Geblaͤſe eine bedeu- tende Hitze verſprochen hatte, ſo hat man doch, als die Hitze ſo uͤber Erwartung groß wurde, gefragt, worin der Grund dieſer uͤberaus großen Wirkung liege. Gilbert ſucht ihn darin, daß das Waſſer- ſtoffgas ſelbſt, als ein in hohem Grade elaſtiſcher Koͤrper, ebenſo gut und noch mehr Waͤrme als das Sauerſtoffgas, bei der Zer- ſetzung giebt, und daß das comprimirte Gas mit ſo großer Ge- ſchwindigkeit hervordringt, alſo die Menge des zerſetzten Gaſes groß iſt, der geringen Dicke des Luftſtromes ungeachtet. Gewiß tragen beide Umſtaͤnde zur Verſtaͤrkung der Hitze bei, aber eine Haupturſache der Waͤrme iſt gewiß die, daß die beiden gemiſchten Luft-Arten einen in allen Theilen brennenden Feuerſtrom geben, der nicht bloß an der Oberflaͤche einen Feuermantel hat, wie die gewoͤhnlichen Flammen, und daß daher auch die Zerſetzung ſchneller und gewaltſamer fortgeht, als in irgend einem andern Falle. Brewſter hat noch auf eine andre Erregungsweiſe ſehr großer Hitze aufmerkſam gemacht. Er befeſtigte uͤber der Flamme der bei der Gas-Erleuchtung angewandten Luft ein feines Drath- netz und ließ die Flamme unterhalb fortbrennen, entzuͤndete aber auch die durch das Drathnetz gedrungenen Lufttheile. Hier erhielt er nun eine ſehr ſchwach leuchtende, aber ſehr große Hitze gebende Flamme. Auch dieſe Flamme hat, wie Brewſter bemerkt, ihre Hitze daher, daß die Luft bei dem Durchgange durch das Drathnetz ſich mit atmoſphaͤriſcher Luft gemiſcht hat, und ſo ein Knallgas bildet, das nicht als duͤnner Lichtmantel einer Flamme, ſondern als vollkommener Feuerſtrom brennt. Um bequemer von der Ent- zuͤndung einer ſolchen Knallgasmiſchung Vortheil zu ziehen, ſchlaͤgt Brewſter folgende Einrichtung vor, die ſich ſogleich mit einem kleinen Gas-Erleuchtungs-Apparate verbinden laͤßt. Das zur Gas-Erleuchtung beſtimmte Gas ſteigt nicht allein (Fig. 41.) durch die Oeffnung M hervor, wo man es gewoͤhnlich ſogleich an- zuͤndet, ſondern es dringt zugleich, zugeleitet durch die Roͤhre abc df, aus vier Oeffnungen des hohlen Ringes f hervor. Die aus dieſen vier Oeffnungen dringende Luft wird angezuͤndet, und da die Flammen nun von dem aus M hervordringenden, aber ſchon mit atmoſphaͤriſcher Luft gemiſchten Gas angeblaſen werden, und dieſes exploſive Gas ſelbſt ſich entzuͤndet, ſo erhaͤlt man eine große

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/214>, abgerufen am 21.11.2024.