Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

da kleine Unterschiede in der Beschaffenheit der Oberfläche, in der
Wärme u. s. w. Ungleichheiten hervorbringen, die keine ganz genaue
Bestimmung gestatten. Daß sogar große Ungleichheiten aus der
bloßen Veränderung der Oberfläche hervorgehen, zeigt das Glas,
welches bei matt geschliffener Oberfläche in so vielen Fällen die nega-
tive Electricität zeigt, in der Reihe der Körper mehr als Wolle und
Seide auf der negativen Seite steht, statt daß glattes Glas beinahe
unter allen positiv werdenden Körpern der erste ist. Ebenso macht
bei der Seide die Farbe und bei seidenen Bändern die Anordnung
des Gewebes einen Unterschied. Zieht man zwei schwarze seidene
Bänder so zwischen den trocknen Fingern durch, daß sie beide sich
an diesen reiben, so werden sie beide negativ; ist aber das eine
schwarz, das andre weiß, so ist das weiße positiv, das schwarze
negativ. Wenn man an weißen seidnen Bändern ein schwarzes
reibt, so wird das schwarze negativ, die weißen positiv, und über-
haupt zeigt sich das schwarze beim Reiben weit mehr als weiße
Seide zum Negativen hinneigend. Nimmt man weiße Atlasbän-
der, oder überhaupt gleichfarbige seidene Bänder, und zieht das
eine der Bänder der Länge nach hin und her über der Querrich-
tung des andern, so ist das quer geriebene gewöhnlich negativ.
Aber kleine Verschiedenheiten können auch diese Resultate ändern.

Ueber die Stelle, welche einzelne Metalle in der Reihenfolge der
Körper einnehmen, sind die Angaben sehr verschieden, und hier beson-
ders müssen kleine Unterschiede wohl bedeutenden Einfluß haben.
Coulomb fand Zink, Silber, Kupfer, Blei, positiv, wenn sie an
wollenem Tuche gerieben wurden; diese Angabe finde ich bei dem
Zink richtig, Kupfer und Messing dagegen finde ich negativ, wenn
es mit Seide, Wolle oder weichem Leder gerieben wird. Silber
habe ich, an einem Siegellackstiele isolirt gehalten, an Seide und
Wolle nie anders als negativ erhalten, auch an Siegellack gerieben
ist Silber negativ; ja es ist mir so wiederholt gelungen, eine
polirte Platte feines Silber an einer glatten Oberfläche gegossenen
Schwefels gerieben negativ und Schwefel positiv zu erhalten, daß
ich kein Bedenken trage, dem Silber seine Stelle sehr weit nach
der negativen Seite hin anzuweisen. Aber die Metalle scheinen
alle noch eine sorgfältige Untersuchung zu verdienen, indem selbst

da kleine Unterſchiede in der Beſchaffenheit der Oberflaͤche, in der
Waͤrme u. ſ. w. Ungleichheiten hervorbringen, die keine ganz genaue
Beſtimmung geſtatten. Daß ſogar große Ungleichheiten aus der
bloßen Veraͤnderung der Oberflaͤche hervorgehen, zeigt das Glas,
welches bei matt geſchliffener Oberflaͤche in ſo vielen Faͤllen die nega-
tive Electricitaͤt zeigt, in der Reihe der Koͤrper mehr als Wolle und
Seide auf der negativen Seite ſteht, ſtatt daß glattes Glas beinahe
unter allen poſitiv werdenden Koͤrpern der erſte iſt. Ebenſo macht
bei der Seide die Farbe und bei ſeidenen Baͤndern die Anordnung
des Gewebes einen Unterſchied. Zieht man zwei ſchwarze ſeidene
Baͤnder ſo zwiſchen den trocknen Fingern durch, daß ſie beide ſich
an dieſen reiben, ſo werden ſie beide negativ; iſt aber das eine
ſchwarz, das andre weiß, ſo iſt das weiße poſitiv, das ſchwarze
negativ. Wenn man an weißen ſeidnen Baͤndern ein ſchwarzes
reibt, ſo wird das ſchwarze negativ, die weißen poſitiv, und uͤber-
haupt zeigt ſich das ſchwarze beim Reiben weit mehr als weiße
Seide zum Negativen hinneigend. Nimmt man weiße Atlasbaͤn-
der, oder uͤberhaupt gleichfarbige ſeidene Baͤnder, und zieht das
eine der Baͤnder der Laͤnge nach hin und her uͤber der Querrich-
tung des andern, ſo iſt das quer geriebene gewoͤhnlich negativ.
Aber kleine Verſchiedenheiten koͤnnen auch dieſe Reſultate aͤndern.

Ueber die Stelle, welche einzelne Metalle in der Reihenfolge der
Koͤrper einnehmen, ſind die Angaben ſehr verſchieden, und hier beſon-
ders muͤſſen kleine Unterſchiede wohl bedeutenden Einfluß haben.
Coulomb fand Zink, Silber, Kupfer, Blei, poſitiv, wenn ſie an
wollenem Tuche gerieben wurden; dieſe Angabe finde ich bei dem
Zink richtig, Kupfer und Meſſing dagegen finde ich negativ, wenn
es mit Seide, Wolle oder weichem Leder gerieben wird. Silber
habe ich, an einem Siegellackſtiele iſolirt gehalten, an Seide und
Wolle nie anders als negativ erhalten, auch an Siegellack gerieben
iſt Silber negativ; ja es iſt mir ſo wiederholt gelungen, eine
polirte Platte feines Silber an einer glatten Oberflaͤche gegoſſenen
Schwefels gerieben negativ und Schwefel poſitiv zu erhalten, daß
ich kein Bedenken trage, dem Silber ſeine Stelle ſehr weit nach
der negativen Seite hin anzuweiſen. Aber die Metalle ſcheinen
alle noch eine ſorgfaͤltige Unterſuchung zu verdienen, indem ſelbſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="224"/>
da kleine Unter&#x017F;chiede in der Be&#x017F;chaffenheit der Oberfla&#x0364;che, in der<lb/>
Wa&#x0364;rme u. &#x017F;. w. Ungleichheiten hervorbringen, die keine ganz genaue<lb/>
Be&#x017F;timmung ge&#x017F;tatten. Daß &#x017F;ogar große Ungleichheiten aus der<lb/>
bloßen Vera&#x0364;nderung der Oberfla&#x0364;che hervorgehen, zeigt das Glas,<lb/>
welches bei matt ge&#x017F;chliffener Oberfla&#x0364;che in &#x017F;o vielen Fa&#x0364;llen die nega-<lb/>
tive Electricita&#x0364;t zeigt, in der Reihe der Ko&#x0364;rper mehr als Wolle und<lb/>
Seide auf der negativen Seite &#x017F;teht, &#x017F;tatt daß glattes Glas beinahe<lb/>
unter allen po&#x017F;itiv werdenden Ko&#x0364;rpern der er&#x017F;te i&#x017F;t. Eben&#x017F;o macht<lb/>
bei der Seide die Farbe und bei &#x017F;eidenen Ba&#x0364;ndern die Anordnung<lb/>
des Gewebes einen Unter&#x017F;chied. Zieht man zwei &#x017F;chwarze &#x017F;eidene<lb/>
Ba&#x0364;nder &#x017F;o zwi&#x017F;chen den trocknen Fingern durch, daß &#x017F;ie beide &#x017F;ich<lb/>
an die&#x017F;en reiben, &#x017F;o werden &#x017F;ie beide negativ; i&#x017F;t aber das eine<lb/>
&#x017F;chwarz, das andre weiß, &#x017F;o i&#x017F;t das weiße po&#x017F;itiv, das &#x017F;chwarze<lb/>
negativ. Wenn man an weißen &#x017F;eidnen Ba&#x0364;ndern ein &#x017F;chwarzes<lb/>
reibt, &#x017F;o wird das &#x017F;chwarze negativ, die weißen po&#x017F;itiv, und u&#x0364;ber-<lb/>
haupt zeigt &#x017F;ich das &#x017F;chwarze beim Reiben weit mehr als weiße<lb/>
Seide zum Negativen hinneigend. Nimmt man weiße Atlasba&#x0364;n-<lb/>
der, oder u&#x0364;berhaupt gleichfarbige &#x017F;eidene Ba&#x0364;nder, und zieht das<lb/>
eine der Ba&#x0364;nder der La&#x0364;nge nach hin und her u&#x0364;ber der Querrich-<lb/>
tung des andern, &#x017F;o i&#x017F;t das quer geriebene gewo&#x0364;hnlich negativ.<lb/>
Aber kleine Ver&#x017F;chiedenheiten ko&#x0364;nnen auch die&#x017F;e Re&#x017F;ultate a&#x0364;ndern.</p><lb/>
          <p>Ueber die Stelle, welche einzelne Metalle in der Reihenfolge der<lb/>
Ko&#x0364;rper einnehmen, &#x017F;ind die Angaben &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden, und hier be&#x017F;on-<lb/>
ders mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en kleine Unter&#x017F;chiede wohl bedeutenden Einfluß haben.<lb/><hi rendition="#g">Coulomb</hi> fand Zink, Silber, Kupfer, Blei, po&#x017F;itiv, wenn &#x017F;ie an<lb/>
wollenem Tuche gerieben wurden; die&#x017F;e Angabe finde ich bei dem<lb/>
Zink richtig, Kupfer und Me&#x017F;&#x017F;ing dagegen finde ich negativ, wenn<lb/>
es mit Seide, Wolle oder weichem Leder gerieben wird. Silber<lb/>
habe ich, an einem Siegellack&#x017F;tiele i&#x017F;olirt gehalten, an Seide und<lb/>
Wolle nie anders als negativ erhalten, auch an Siegellack gerieben<lb/>
i&#x017F;t Silber negativ; ja es i&#x017F;t mir &#x017F;o wiederholt gelungen, eine<lb/>
polirte Platte feines Silber an einer glatten Oberfla&#x0364;che gego&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Schwefels gerieben negativ und Schwefel po&#x017F;itiv zu erhalten, daß<lb/>
ich kein Bedenken trage, dem Silber &#x017F;eine Stelle &#x017F;ehr weit nach<lb/>
der negativen Seite hin anzuwei&#x017F;en. Aber die Metalle &#x017F;cheinen<lb/>
alle noch eine &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Unter&#x017F;uchung zu verdienen, indem &#x017F;elb&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0238] da kleine Unterſchiede in der Beſchaffenheit der Oberflaͤche, in der Waͤrme u. ſ. w. Ungleichheiten hervorbringen, die keine ganz genaue Beſtimmung geſtatten. Daß ſogar große Ungleichheiten aus der bloßen Veraͤnderung der Oberflaͤche hervorgehen, zeigt das Glas, welches bei matt geſchliffener Oberflaͤche in ſo vielen Faͤllen die nega- tive Electricitaͤt zeigt, in der Reihe der Koͤrper mehr als Wolle und Seide auf der negativen Seite ſteht, ſtatt daß glattes Glas beinahe unter allen poſitiv werdenden Koͤrpern der erſte iſt. Ebenſo macht bei der Seide die Farbe und bei ſeidenen Baͤndern die Anordnung des Gewebes einen Unterſchied. Zieht man zwei ſchwarze ſeidene Baͤnder ſo zwiſchen den trocknen Fingern durch, daß ſie beide ſich an dieſen reiben, ſo werden ſie beide negativ; iſt aber das eine ſchwarz, das andre weiß, ſo iſt das weiße poſitiv, das ſchwarze negativ. Wenn man an weißen ſeidnen Baͤndern ein ſchwarzes reibt, ſo wird das ſchwarze negativ, die weißen poſitiv, und uͤber- haupt zeigt ſich das ſchwarze beim Reiben weit mehr als weiße Seide zum Negativen hinneigend. Nimmt man weiße Atlasbaͤn- der, oder uͤberhaupt gleichfarbige ſeidene Baͤnder, und zieht das eine der Baͤnder der Laͤnge nach hin und her uͤber der Querrich- tung des andern, ſo iſt das quer geriebene gewoͤhnlich negativ. Aber kleine Verſchiedenheiten koͤnnen auch dieſe Reſultate aͤndern. Ueber die Stelle, welche einzelne Metalle in der Reihenfolge der Koͤrper einnehmen, ſind die Angaben ſehr verſchieden, und hier beſon- ders muͤſſen kleine Unterſchiede wohl bedeutenden Einfluß haben. Coulomb fand Zink, Silber, Kupfer, Blei, poſitiv, wenn ſie an wollenem Tuche gerieben wurden; dieſe Angabe finde ich bei dem Zink richtig, Kupfer und Meſſing dagegen finde ich negativ, wenn es mit Seide, Wolle oder weichem Leder gerieben wird. Silber habe ich, an einem Siegellackſtiele iſolirt gehalten, an Seide und Wolle nie anders als negativ erhalten, auch an Siegellack gerieben iſt Silber negativ; ja es iſt mir ſo wiederholt gelungen, eine polirte Platte feines Silber an einer glatten Oberflaͤche gegoſſenen Schwefels gerieben negativ und Schwefel poſitiv zu erhalten, daß ich kein Bedenken trage, dem Silber ſeine Stelle ſehr weit nach der negativen Seite hin anzuweiſen. Aber die Metalle ſcheinen alle noch eine ſorgfaͤltige Unterſuchung zu verdienen, indem ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/238
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/238>, abgerufen am 24.11.2024.