Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Stücke einer zerbrochenen Siegellackstange zuweilen entgegengesetzt
electrisch, wenn man vorher das Siegellack von aller Electricität
befreiet hatte. Becquerel ist geneigt, das Leuchten des Zuckers
auch für electrisch zu halten; doch ist es zweifelhaft, ob dies
richtig ist.

Electricität, die beim Erhärten flüssiger Körper, bei
der Verdampfung
, beim Verbrennen entsteht.

Läßt man geschmolzenen Schwefel in gläsernen Gefäßen erkal-
ten, so zeigt er herausgenommen negative Electricität; in me-
tallenen Gefäßen erkaltend ist er nach dem Herausnehmen positiv.
Aehnliche Erscheinungen beobachtet man an Wachs und an Choco-
lade. Es ist nicht ganz sicher, ob hieran die Reibung den wichtig-
sten Antheil habe, jedoch scheint die an der Chocolade zuweilen
beobachtete Electricität stärker zu sein, als man von der geringen
Aenderung der Lage beim Erkalten, oder vom Reiben beim Hervor-
heben erwarten sollte. Noch weniger würde die von v. Grott-
hus
gemachte Beobachtung, wenn sie sich bestätigt, daß nämlich
Wasser, welches bei tiefer Temperatur in einem Glase sehr schnell
gefriert, positiv-electrisch ist, sich aus Reibung des Eises am Glase
erklären lassen, da diese Reibung sonst das Eis negativ macht.

Daß die Aenderung des Aggregatzustandes eine kenntliche
Electricität hervorrufe, hat man seit Volta's Zeit in Beziehung
auf die Entstehung der Dämpfe als entschieden angenommen, und
auch von Grotthus hat es bestätigt gefunden, daß schnell ver-
dampfendes Wasser die Gefäße negativ zurückläßt, also der Dampf
in positiv-electrischem Zustande entweichen muß. Daß dieser Ver-
such so sehr mit den Erscheinungen der Electricität in der Atmo-
sphäre übereinstimmt, habe ich neulich schon erwähnt, und ich bin
daher noch immer geneigt, ihn als richtig anzuerkennen, obgleich
Pouillet sich überzeugt zu haben glaubt, daß jener Versuch nur
wegen Einmischung andrer Umstände am Condensator Electricität
zeige. Nach Pouillets Meinung bringt niemals die Aende-
rung des Aggregatzustandes Electricität hervor, wohl aber zeige
diese sich, wenn beim Verdampfen eines aufgelösten alcalischen
Körpers oder eines Salzes ein Rückstand nach der Verdampfung
übrig bleibe; der Rückstand bleibt nach Pouillets Versuchen

X 2

Stuͤcke einer zerbrochenen Siegellackſtange zuweilen entgegengeſetzt
electriſch, wenn man vorher das Siegellack von aller Electricitaͤt
befreiet hatte. Becquerel iſt geneigt, das Leuchten des Zuckers
auch fuͤr electriſch zu halten; doch iſt es zweifelhaft, ob dies
richtig iſt.

Electricitaͤt, die beim Erhaͤrten fluͤſſiger Koͤrper, bei
der Verdampfung
, beim Verbrennen entſteht.

Laͤßt man geſchmolzenen Schwefel in glaͤſernen Gefaͤßen erkal-
ten, ſo zeigt er herausgenommen negative Electricitaͤt; in me-
tallenen Gefaͤßen erkaltend iſt er nach dem Herausnehmen poſitiv.
Aehnliche Erſcheinungen beobachtet man an Wachs und an Choco-
lade. Es iſt nicht ganz ſicher, ob hieran die Reibung den wichtig-
ſten Antheil habe, jedoch ſcheint die an der Chocolade zuweilen
beobachtete Electricitaͤt ſtaͤrker zu ſein, als man von der geringen
Aenderung der Lage beim Erkalten, oder vom Reiben beim Hervor-
heben erwarten ſollte. Noch weniger wuͤrde die von v. Grott-
hus
gemachte Beobachtung, wenn ſie ſich beſtaͤtigt, daß naͤmlich
Waſſer, welches bei tiefer Temperatur in einem Glaſe ſehr ſchnell
gefriert, poſitiv-electriſch iſt, ſich aus Reibung des Eiſes am Glaſe
erklaͤren laſſen, da dieſe Reibung ſonſt das Eis negativ macht.

Daß die Aenderung des Aggregatzuſtandes eine kenntliche
Electricitaͤt hervorrufe, hat man ſeit Volta's Zeit in Beziehung
auf die Entſtehung der Daͤmpfe als entſchieden angenommen, und
auch von Grotthus hat es beſtaͤtigt gefunden, daß ſchnell ver-
dampfendes Waſſer die Gefaͤße negativ zuruͤcklaͤßt, alſo der Dampf
in poſitiv-electriſchem Zuſtande entweichen muß. Daß dieſer Ver-
ſuch ſo ſehr mit den Erſcheinungen der Electricitaͤt in der Atmo-
ſphaͤre uͤbereinſtimmt, habe ich neulich ſchon erwaͤhnt, und ich bin
daher noch immer geneigt, ihn als richtig anzuerkennen, obgleich
Pouillet ſich uͤberzeugt zu haben glaubt, daß jener Verſuch nur
wegen Einmiſchung andrer Umſtaͤnde am Condenſator Electricitaͤt
zeige. Nach Pouillets Meinung bringt niemals die Aende-
rung des Aggregatzuſtandes Electricitaͤt hervor, wohl aber zeige
dieſe ſich, wenn beim Verdampfen eines aufgeloͤſten alcaliſchen
Koͤrpers oder eines Salzes ein Ruͤckſtand nach der Verdampfung
uͤbrig bleibe; der Ruͤckſtand bleibt nach Pouillets Verſuchen

X 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0337" n="323"/>
Stu&#x0364;cke einer zerbrochenen Siegellack&#x017F;tange zuweilen entgegenge&#x017F;etzt<lb/>
electri&#x017F;ch, wenn man vorher das Siegellack von aller Electricita&#x0364;t<lb/>
befreiet hatte. <hi rendition="#g">Becquerel</hi> i&#x017F;t geneigt, das Leuchten des Zuckers<lb/>
auch fu&#x0364;r electri&#x017F;ch zu halten; doch i&#x017F;t es zweifelhaft, ob dies<lb/>
richtig i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Electricita&#x0364;t</hi>, <hi rendition="#g">die beim Erha&#x0364;rten flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Ko&#x0364;rper</hi>, <hi rendition="#g">bei<lb/>
der Verdampfung</hi>, <hi rendition="#g">beim Verbrennen ent&#x017F;teht</hi>.</head><lb/>
          <p>La&#x0364;ßt man ge&#x017F;chmolzenen Schwefel in gla&#x0364;&#x017F;ernen Gefa&#x0364;ßen erkal-<lb/>
ten, &#x017F;o zeigt er herausgenommen negative Electricita&#x0364;t; in me-<lb/>
tallenen Gefa&#x0364;ßen erkaltend i&#x017F;t er nach dem Herausnehmen po&#x017F;itiv.<lb/>
Aehnliche Er&#x017F;cheinungen beobachtet man an Wachs und an Choco-<lb/>
lade. Es i&#x017F;t nicht ganz &#x017F;icher, ob hieran die Reibung den wichtig-<lb/>
&#x017F;ten Antheil habe, jedoch &#x017F;cheint die an der Chocolade zuweilen<lb/>
beobachtete Electricita&#x0364;t &#x017F;ta&#x0364;rker zu &#x017F;ein, als man von der geringen<lb/>
Aenderung der Lage beim Erkalten, oder vom Reiben beim Hervor-<lb/>
heben erwarten &#x017F;ollte. Noch weniger wu&#x0364;rde die von v. <hi rendition="#g">Grott-<lb/>
hus</hi> gemachte Beobachtung, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;tigt, daß na&#x0364;mlich<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, welches bei tiefer Temperatur in einem Gla&#x017F;e &#x017F;ehr &#x017F;chnell<lb/>
gefriert, po&#x017F;itiv-electri&#x017F;ch i&#x017F;t, &#x017F;ich aus Reibung des Ei&#x017F;es am Gla&#x017F;e<lb/>
erkla&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en, da die&#x017F;e Reibung &#x017F;on&#x017F;t das Eis negativ macht.</p><lb/>
          <p>Daß die Aenderung des Aggregatzu&#x017F;tandes eine kenntliche<lb/>
Electricita&#x0364;t hervorrufe, hat man &#x017F;eit <hi rendition="#g">Volta's</hi> Zeit in Beziehung<lb/>
auf die Ent&#x017F;tehung der Da&#x0364;mpfe als ent&#x017F;chieden angenommen, und<lb/>
auch <hi rendition="#g">von Grotthus</hi> hat es be&#x017F;ta&#x0364;tigt gefunden, daß &#x017F;chnell ver-<lb/>
dampfendes Wa&#x017F;&#x017F;er die Gefa&#x0364;ße negativ zuru&#x0364;ckla&#x0364;ßt, al&#x017F;o der Dampf<lb/>
in po&#x017F;itiv-electri&#x017F;chem Zu&#x017F;tande entweichen muß. Daß die&#x017F;er Ver-<lb/>
&#x017F;uch &#x017F;o &#x017F;ehr mit den Er&#x017F;cheinungen der Electricita&#x0364;t in der Atmo-<lb/>
&#x017F;pha&#x0364;re u&#x0364;berein&#x017F;timmt, habe ich neulich &#x017F;chon erwa&#x0364;hnt, und ich bin<lb/>
daher noch immer geneigt, ihn als richtig anzuerkennen, obgleich<lb/><hi rendition="#g">Pouillet</hi> &#x017F;ich u&#x0364;berzeugt zu haben glaubt, daß jener Ver&#x017F;uch nur<lb/>
wegen Einmi&#x017F;chung andrer Um&#x017F;ta&#x0364;nde am Conden&#x017F;ator Electricita&#x0364;t<lb/>
zeige. Nach <hi rendition="#g">Pouillets</hi> Meinung bringt niemals die Aende-<lb/>
rung des Aggregatzu&#x017F;tandes Electricita&#x0364;t hervor, wohl aber zeige<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;ich, wenn beim Verdampfen eines aufgelo&#x0364;&#x017F;ten alcali&#x017F;chen<lb/>
Ko&#x0364;rpers oder eines Salzes ein Ru&#x0364;ck&#x017F;tand nach der Verdampfung<lb/>
u&#x0364;brig bleibe; der Ru&#x0364;ck&#x017F;tand bleibt nach <hi rendition="#g">Pouillets</hi> Ver&#x017F;uchen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0337] Stuͤcke einer zerbrochenen Siegellackſtange zuweilen entgegengeſetzt electriſch, wenn man vorher das Siegellack von aller Electricitaͤt befreiet hatte. Becquerel iſt geneigt, das Leuchten des Zuckers auch fuͤr electriſch zu halten; doch iſt es zweifelhaft, ob dies richtig iſt. Electricitaͤt, die beim Erhaͤrten fluͤſſiger Koͤrper, bei der Verdampfung, beim Verbrennen entſteht. Laͤßt man geſchmolzenen Schwefel in glaͤſernen Gefaͤßen erkal- ten, ſo zeigt er herausgenommen negative Electricitaͤt; in me- tallenen Gefaͤßen erkaltend iſt er nach dem Herausnehmen poſitiv. Aehnliche Erſcheinungen beobachtet man an Wachs und an Choco- lade. Es iſt nicht ganz ſicher, ob hieran die Reibung den wichtig- ſten Antheil habe, jedoch ſcheint die an der Chocolade zuweilen beobachtete Electricitaͤt ſtaͤrker zu ſein, als man von der geringen Aenderung der Lage beim Erkalten, oder vom Reiben beim Hervor- heben erwarten ſollte. Noch weniger wuͤrde die von v. Grott- hus gemachte Beobachtung, wenn ſie ſich beſtaͤtigt, daß naͤmlich Waſſer, welches bei tiefer Temperatur in einem Glaſe ſehr ſchnell gefriert, poſitiv-electriſch iſt, ſich aus Reibung des Eiſes am Glaſe erklaͤren laſſen, da dieſe Reibung ſonſt das Eis negativ macht. Daß die Aenderung des Aggregatzuſtandes eine kenntliche Electricitaͤt hervorrufe, hat man ſeit Volta's Zeit in Beziehung auf die Entſtehung der Daͤmpfe als entſchieden angenommen, und auch von Grotthus hat es beſtaͤtigt gefunden, daß ſchnell ver- dampfendes Waſſer die Gefaͤße negativ zuruͤcklaͤßt, alſo der Dampf in poſitiv-electriſchem Zuſtande entweichen muß. Daß dieſer Ver- ſuch ſo ſehr mit den Erſcheinungen der Electricitaͤt in der Atmo- ſphaͤre uͤbereinſtimmt, habe ich neulich ſchon erwaͤhnt, und ich bin daher noch immer geneigt, ihn als richtig anzuerkennen, obgleich Pouillet ſich uͤberzeugt zu haben glaubt, daß jener Verſuch nur wegen Einmiſchung andrer Umſtaͤnde am Condenſator Electricitaͤt zeige. Nach Pouillets Meinung bringt niemals die Aende- rung des Aggregatzuſtandes Electricitaͤt hervor, wohl aber zeige dieſe ſich, wenn beim Verdampfen eines aufgeloͤſten alcaliſchen Koͤrpers oder eines Salzes ein Ruͤckſtand nach der Verdampfung uͤbrig bleibe; der Ruͤckſtand bleibt nach Pouillets Verſuchen X 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/337
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/337>, abgerufen am 22.11.2024.