thierischen Theilen erregt, bei Schließung des durch Nerven, Mus- kel und Metalle gebildeten Kreises durch das Metall übergehe; andre Naturforscher zweifelten gleichfalls, daß man die Erscheinun- gen den Gesetzen der gewöhnlichen Electricität entsprechend erklären könne, sondern waren geneigter etwas dem thierischen Körper Eigenthümliches vorauszusetzen, und die Versuche, wodurch man die letztere Meinung zu befestigen suchte, wurden von mehrern Physikern mit großem Fleiße vermehrt.
Aber während so selbst die größesten Physiker, durch unrich- tige Hypothesen verleitet, ihre Aufmerksamkeit, ihren Fleiß und ihren Scharfsinn auf Untersuchungen wandten, welche zwar viele merkwürdige Einzelnheiten kennen lehrten, aber doch die tiefere Einsicht in diese Erscheinungen wenig förderten, gab es einen Naturforscher, der fast vom ersten Augenblicke an den richtigen Gedanken, daß die ganze Erscheinung eine reine Wirkung der Elec- tricität sei, unveränderlich festhielt, der diesen richtigen Gedanken mit dem größten Scharfsinn und mit der größesten Geschicklichkeit im Experimentiren aufs sorgfältigste prüfte, und durch ihn zu den glänzendsten Entdeckungen, welche die Richtigkeit seiner Ansichten verbürgten, gelangte. -- Dieser Naturforscher war Alexander Volta.
Statt daß die übrigen Physiker ihre Aufmerksamkeit dem in der galvanischen Kette vorkommenden thierischen Körper widmeten und mannigfaltige belehrende Versuche, zum Beispiel über die lange Dauer der nach dem Tode des Thieres noch fortwährenden Reizbarkeit, über die Mittel, sie zu beleben oder zu zerstören, über die Hervorbringung des Reizes ohne Zwischenkunft eines Metalles, anstellten, wandte Volta allen Fleiß darauf, mit den gewöhn- lichen electroscopischen Mitteln, die bei der gegenseitigen Berüh- rung zweier Metalle hervorgehende Electricität zu entdecken, in- dem er deutlich übersah, daß, sobald dieses gelänge, die völlige Ueberzeugung sich begründen müsse, daß der thierische Körper nur als Leiter der Electricität und als feines Electroscop diene, die Quelle der electrischen Erscheinungen aber in der Berührung der Metalle zu suchen sei. Bei diesen Untersuchungen machte ihn nicht die Erfahrung irre, daß auch anscheinend gleichartige Metalle zur Schließung des Kreises dienen können, daß ein neu hinzukommen-
thieriſchen Theilen erregt, bei Schließung des durch Nerven, Mus- kel und Metalle gebildeten Kreiſes durch das Metall uͤbergehe; andre Naturforſcher zweifelten gleichfalls, daß man die Erſcheinun- gen den Geſetzen der gewoͤhnlichen Electricitaͤt entſprechend erklaͤren koͤnne, ſondern waren geneigter etwas dem thieriſchen Koͤrper Eigenthuͤmliches vorauszuſetzen, und die Verſuche, wodurch man die letztere Meinung zu befeſtigen ſuchte, wurden von mehrern Phyſikern mit großem Fleiße vermehrt.
Aber waͤhrend ſo ſelbſt die groͤßeſten Phyſiker, durch unrich- tige Hypotheſen verleitet, ihre Aufmerkſamkeit, ihren Fleiß und ihren Scharfſinn auf Unterſuchungen wandten, welche zwar viele merkwuͤrdige Einzelnheiten kennen lehrten, aber doch die tiefere Einſicht in dieſe Erſcheinungen wenig foͤrderten, gab es einen Naturforſcher, der faſt vom erſten Augenblicke an den richtigen Gedanken, daß die ganze Erſcheinung eine reine Wirkung der Elec- tricitaͤt ſei, unveraͤnderlich feſthielt, der dieſen richtigen Gedanken mit dem groͤßten Scharfſinn und mit der groͤßeſten Geſchicklichkeit im Experimentiren aufs ſorgfaͤltigſte pruͤfte, und durch ihn zu den glaͤnzendſten Entdeckungen, welche die Richtigkeit ſeiner Anſichten verbuͤrgten, gelangte. — Dieſer Naturforſcher war Alexander Volta.
Statt daß die uͤbrigen Phyſiker ihre Aufmerkſamkeit dem in der galvaniſchen Kette vorkommenden thieriſchen Koͤrper widmeten und mannigfaltige belehrende Verſuche, zum Beiſpiel uͤber die lange Dauer der nach dem Tode des Thieres noch fortwaͤhrenden Reizbarkeit, uͤber die Mittel, ſie zu beleben oder zu zerſtoͤren, uͤber die Hervorbringung des Reizes ohne Zwiſchenkunft eines Metalles, anſtellten, wandte Volta allen Fleiß darauf, mit den gewoͤhn- lichen electroſcopiſchen Mitteln, die bei der gegenſeitigen Beruͤh- rung zweier Metalle hervorgehende Electricitaͤt zu entdecken, in- dem er deutlich uͤberſah, daß, ſobald dieſes gelaͤnge, die voͤllige Ueberzeugung ſich begruͤnden muͤſſe, daß der thieriſche Koͤrper nur als Leiter der Electricitaͤt und als feines Electroſcop diene, die Quelle der electriſchen Erſcheinungen aber in der Beruͤhrung der Metalle zu ſuchen ſei. Bei dieſen Unterſuchungen machte ihn nicht die Erfahrung irre, daß auch anſcheinend gleichartige Metalle zur Schließung des Kreiſes dienen koͤnnen, daß ein neu hinzukommen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0342"n="328"/>
thieriſchen Theilen erregt, bei Schließung des durch Nerven, Mus-<lb/>
kel und Metalle gebildeten Kreiſes durch das Metall uͤbergehe;<lb/>
andre Naturforſcher zweifelten gleichfalls, daß man die Erſcheinun-<lb/>
gen den Geſetzen der gewoͤhnlichen Electricitaͤt entſprechend erklaͤren<lb/>
koͤnne, ſondern waren geneigter etwas dem thieriſchen Koͤrper<lb/>
Eigenthuͤmliches vorauszuſetzen, und die Verſuche, wodurch man<lb/>
die letztere Meinung zu befeſtigen ſuchte, wurden von mehrern<lb/>
Phyſikern mit großem Fleiße vermehrt.</p><lb/><p>Aber waͤhrend ſo ſelbſt die groͤßeſten Phyſiker, durch unrich-<lb/>
tige Hypotheſen verleitet, ihre Aufmerkſamkeit, ihren Fleiß und<lb/>
ihren Scharfſinn auf Unterſuchungen wandten, welche zwar viele<lb/>
merkwuͤrdige Einzelnheiten kennen lehrten, aber doch die tiefere<lb/>
Einſicht in dieſe Erſcheinungen wenig foͤrderten, gab es <hirendition="#g">einen</hi><lb/>
Naturforſcher, der faſt vom erſten Augenblicke an den richtigen<lb/>
Gedanken, daß die ganze Erſcheinung eine reine Wirkung der Elec-<lb/>
tricitaͤt ſei, unveraͤnderlich feſthielt, der dieſen richtigen Gedanken<lb/>
mit dem groͤßten Scharfſinn und mit der groͤßeſten Geſchicklichkeit<lb/>
im Experimentiren aufs ſorgfaͤltigſte pruͤfte, und durch ihn zu den<lb/>
glaͤnzendſten Entdeckungen, welche die Richtigkeit ſeiner Anſichten<lb/>
verbuͤrgten, gelangte. — Dieſer Naturforſcher war <hirendition="#g">Alexander<lb/>
Volta</hi>.</p><lb/><p>Statt daß die uͤbrigen Phyſiker ihre Aufmerkſamkeit dem in<lb/>
der galvaniſchen Kette vorkommenden thieriſchen Koͤrper widmeten<lb/>
und mannigfaltige belehrende Verſuche, zum Beiſpiel uͤber die<lb/>
lange Dauer der nach dem Tode des Thieres noch fortwaͤhrenden<lb/>
Reizbarkeit, uͤber die Mittel, ſie zu beleben oder zu zerſtoͤren, uͤber<lb/>
die Hervorbringung des Reizes ohne Zwiſchenkunft eines Metalles,<lb/>
anſtellten, wandte <hirendition="#g">Volta</hi> allen Fleiß darauf, mit den gewoͤhn-<lb/>
lichen electroſcopiſchen Mitteln, die bei der gegenſeitigen Beruͤh-<lb/>
rung zweier Metalle hervorgehende Electricitaͤt zu entdecken, in-<lb/>
dem er deutlich uͤberſah, daß, ſobald dieſes gelaͤnge, die voͤllige<lb/>
Ueberzeugung ſich begruͤnden muͤſſe, daß der thieriſche Koͤrper nur<lb/>
als Leiter der Electricitaͤt und als feines Electroſcop diene, die<lb/>
Quelle der electriſchen Erſcheinungen aber in der Beruͤhrung der<lb/>
Metalle zu ſuchen ſei. Bei dieſen Unterſuchungen machte ihn nicht<lb/>
die Erfahrung irre, daß auch anſcheinend gleichartige Metalle zur<lb/>
Schließung des Kreiſes dienen koͤnnen, daß ein neu hinzukommen-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[328/0342]
thieriſchen Theilen erregt, bei Schließung des durch Nerven, Mus-
kel und Metalle gebildeten Kreiſes durch das Metall uͤbergehe;
andre Naturforſcher zweifelten gleichfalls, daß man die Erſcheinun-
gen den Geſetzen der gewoͤhnlichen Electricitaͤt entſprechend erklaͤren
koͤnne, ſondern waren geneigter etwas dem thieriſchen Koͤrper
Eigenthuͤmliches vorauszuſetzen, und die Verſuche, wodurch man
die letztere Meinung zu befeſtigen ſuchte, wurden von mehrern
Phyſikern mit großem Fleiße vermehrt.
Aber waͤhrend ſo ſelbſt die groͤßeſten Phyſiker, durch unrich-
tige Hypotheſen verleitet, ihre Aufmerkſamkeit, ihren Fleiß und
ihren Scharfſinn auf Unterſuchungen wandten, welche zwar viele
merkwuͤrdige Einzelnheiten kennen lehrten, aber doch die tiefere
Einſicht in dieſe Erſcheinungen wenig foͤrderten, gab es einen
Naturforſcher, der faſt vom erſten Augenblicke an den richtigen
Gedanken, daß die ganze Erſcheinung eine reine Wirkung der Elec-
tricitaͤt ſei, unveraͤnderlich feſthielt, der dieſen richtigen Gedanken
mit dem groͤßten Scharfſinn und mit der groͤßeſten Geſchicklichkeit
im Experimentiren aufs ſorgfaͤltigſte pruͤfte, und durch ihn zu den
glaͤnzendſten Entdeckungen, welche die Richtigkeit ſeiner Anſichten
verbuͤrgten, gelangte. — Dieſer Naturforſcher war Alexander
Volta.
Statt daß die uͤbrigen Phyſiker ihre Aufmerkſamkeit dem in
der galvaniſchen Kette vorkommenden thieriſchen Koͤrper widmeten
und mannigfaltige belehrende Verſuche, zum Beiſpiel uͤber die
lange Dauer der nach dem Tode des Thieres noch fortwaͤhrenden
Reizbarkeit, uͤber die Mittel, ſie zu beleben oder zu zerſtoͤren, uͤber
die Hervorbringung des Reizes ohne Zwiſchenkunft eines Metalles,
anſtellten, wandte Volta allen Fleiß darauf, mit den gewoͤhn-
lichen electroſcopiſchen Mitteln, die bei der gegenſeitigen Beruͤh-
rung zweier Metalle hervorgehende Electricitaͤt zu entdecken, in-
dem er deutlich uͤberſah, daß, ſobald dieſes gelaͤnge, die voͤllige
Ueberzeugung ſich begruͤnden muͤſſe, daß der thieriſche Koͤrper nur
als Leiter der Electricitaͤt und als feines Electroſcop diene, die
Quelle der electriſchen Erſcheinungen aber in der Beruͤhrung der
Metalle zu ſuchen ſei. Bei dieſen Unterſuchungen machte ihn nicht
die Erfahrung irre, daß auch anſcheinend gleichartige Metalle zur
Schließung des Kreiſes dienen koͤnnen, daß ein neu hinzukommen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/342>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.