Punct des der Magnetisirung fähigen Körpers wirkenden Kräfte sich gegenseitig gänzlich aufheben; denn so lange dieß nicht der Fall ist, würde die Zersetzung der vereinigten beiden Materien immer noch einen höhern Grad erreichen. Dagegen wenn eine Coercitivkraft sich der Trennung der magnetischen Materien wider- setzt, so kann das Gleichgewicht in mehreren Fällen eintreten, nämlich immer, wenn die auf diesen Punct wirkenden Kräfte die widerstehende Kraft nur nicht übertreffen. Da aber der erstere Fall der leichtere ist, so verweilt Poisson einzig bei demselben und zeigt, daß für diese unter Einfluß magnetischer Körper selbst sogleich magnetisch werdenden Körper, das Gleichgewicht der ma- gnetischen Materien so bedingt ist, daß, obgleich jedes einzelne ma- gnetische Element seine magnetischen Materien nicht entweichen läßt, sondern sie polarisch getrennt auf seiner Oberfläche behält, dennoch die Gesammtwirkung auf jeden innerhalb des Körpers lie- genden Punct sich gänzlich aufhebt, und die Gesammtwirkung auf jeden außerhalb liegenden Punct so ist, als wäre der ganze Körper mit einer dünnen Schichte beider magnetischer Flüssigkeiten und zwar in getrenntem Zustande bedeckt.
Diese aus der Theorie fließende Folgerung ist unstreitig merk- würdig, da sie sich an mehrere Beobachtungen und vorzüglich an eine von Barlow gemachte Erfahrung anschließt. Ich habe schon bei einer andern Gelegenheit erwähnt, daß Barlow die Wirkung hohler Eisenkugeln auf die Magnetnadel fast genau eben- so groß fand, als die Wirkung eben so großer solider Eisenkugeln. Poisson zeigt, daß man hieraus mit Unrecht schließen würde, die magnetischen Materien begäben sich auf die Oberfläche der Kugel, sondern die auf die angegebene Weise den einzelnen Ele- menten eigen bleibenden magnetischen Materien üben eine gemein- schaftliche Wirkung aus, die sich fast ganz so verhält, als wenn bloß eine Schichte auf der Oberfläche wirksam wäre, und dieß ist um so mehr der Fall, je weniger der Raum, den die magnetischen Elemente einnehmen, von dem ganzen Volumen des Körpers ver- schieden ist. Bei Barlows Versuchen betrug die Einwirkung der hohlen Eisenkugeln zwar fast eben so viel als der ebenso großen soliden Eisenkugeln, so lange die Schale nicht allzu dünne wurde, aber die Ablenkung der Magnetnadel ging doch auf zwei Drittel
Punct des der Magnetiſirung faͤhigen Koͤrpers wirkenden Kraͤfte ſich gegenſeitig gaͤnzlich aufheben; denn ſo lange dieß nicht der Fall iſt, wuͤrde die Zerſetzung der vereinigten beiden Materien immer noch einen hoͤhern Grad erreichen. Dagegen wenn eine Coercitivkraft ſich der Trennung der magnetiſchen Materien wider- ſetzt, ſo kann das Gleichgewicht in mehreren Faͤllen eintreten, naͤmlich immer, wenn die auf dieſen Punct wirkenden Kraͤfte die widerſtehende Kraft nur nicht uͤbertreffen. Da aber der erſtere Fall der leichtere iſt, ſo verweilt Poiſſon einzig bei demſelben und zeigt, daß fuͤr dieſe unter Einfluß magnetiſcher Koͤrper ſelbſt ſogleich magnetiſch werdenden Koͤrper, das Gleichgewicht der ma- gnetiſchen Materien ſo bedingt iſt, daß, obgleich jedes einzelne ma- gnetiſche Element ſeine magnetiſchen Materien nicht entweichen laͤßt, ſondern ſie polariſch getrennt auf ſeiner Oberflaͤche behaͤlt, dennoch die Geſammtwirkung auf jeden innerhalb des Koͤrpers lie- genden Punct ſich gaͤnzlich aufhebt, und die Geſammtwirkung auf jeden außerhalb liegenden Punct ſo iſt, als waͤre der ganze Koͤrper mit einer duͤnnen Schichte beider magnetiſcher Fluͤſſigkeiten und zwar in getrenntem Zuſtande bedeckt.
Dieſe aus der Theorie fließende Folgerung iſt unſtreitig merk- wuͤrdig, da ſie ſich an mehrere Beobachtungen und vorzuͤglich an eine von Barlow gemachte Erfahrung anſchließt. Ich habe ſchon bei einer andern Gelegenheit erwaͤhnt, daß Barlow die Wirkung hohler Eiſenkugeln auf die Magnetnadel faſt genau eben- ſo groß fand, als die Wirkung eben ſo großer ſolider Eiſenkugeln. Poiſſon zeigt, daß man hieraus mit Unrecht ſchließen wuͤrde, die magnetiſchen Materien begaͤben ſich auf die Oberflaͤche der Kugel, ſondern die auf die angegebene Weiſe den einzelnen Ele- menten eigen bleibenden magnetiſchen Materien uͤben eine gemein- ſchaftliche Wirkung aus, die ſich faſt ganz ſo verhaͤlt, als wenn bloß eine Schichte auf der Oberflaͤche wirkſam waͤre, und dieß iſt um ſo mehr der Fall, je weniger der Raum, den die magnetiſchen Elemente einnehmen, von dem ganzen Volumen des Koͤrpers ver- ſchieden iſt. Bei Barlows Verſuchen betrug die Einwirkung der hohlen Eiſenkugeln zwar faſt eben ſo viel als der ebenſo großen ſoliden Eiſenkugeln, ſo lange die Schale nicht allzu duͤnne wurde, aber die Ablenkung der Magnetnadel ging doch auf zwei Drittel
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Punct des der Magnetiſirung faͤhigen Koͤrpers wirkenden Kraͤfte
ſich gegenſeitig gaͤnzlich aufheben; denn ſo lange dieß nicht der
Fall iſt, wuͤrde die Zerſetzung der vereinigten beiden Materien
immer noch einen hoͤhern Grad erreichen. Dagegen wenn eine
Coercitivkraft ſich der Trennung der magnetiſchen Materien wider-
ſetzt, ſo kann das Gleichgewicht in mehreren Faͤllen eintreten,
naͤmlich immer, wenn die auf dieſen Punct wirkenden Kraͤfte die
widerſtehende Kraft nur nicht uͤbertreffen. Da aber der erſtere
Fall der leichtere iſt, ſo verweilt Poiſſon einzig bei demſelben
und zeigt, daß fuͤr dieſe unter Einfluß magnetiſcher Koͤrper ſelbſt
ſogleich magnetiſch werdenden Koͤrper, das Gleichgewicht der ma-
gnetiſchen Materien ſo bedingt iſt, daß, obgleich jedes einzelne ma-
gnetiſche Element ſeine magnetiſchen Materien nicht entweichen
laͤßt, ſondern ſie polariſch getrennt auf ſeiner Oberflaͤche behaͤlt,
dennoch die Geſammtwirkung auf jeden innerhalb des Koͤrpers lie-
genden Punct ſich gaͤnzlich aufhebt, und die Geſammtwirkung
auf jeden außerhalb liegenden Punct ſo iſt, als waͤre der ganze
Koͤrper mit einer duͤnnen Schichte beider magnetiſcher Fluͤſſigkeiten
und zwar in getrenntem Zuſtande bedeckt.
Dieſe aus der Theorie fließende Folgerung iſt unſtreitig merk-
wuͤrdig, da ſie ſich an mehrere Beobachtungen und vorzuͤglich an
eine von Barlow gemachte Erfahrung anſchließt. Ich habe
ſchon bei einer andern Gelegenheit erwaͤhnt, daß Barlow die
Wirkung hohler Eiſenkugeln auf die Magnetnadel faſt genau eben-
ſo groß fand, als die Wirkung eben ſo großer ſolider Eiſenkugeln.
Poiſſon zeigt, daß man hieraus mit Unrecht ſchließen wuͤrde,
die magnetiſchen Materien begaͤben ſich auf die Oberflaͤche der
Kugel, ſondern die auf die angegebene Weiſe den einzelnen Ele-
menten eigen bleibenden magnetiſchen Materien uͤben eine gemein-
ſchaftliche Wirkung aus, die ſich faſt ganz ſo verhaͤlt, als wenn
bloß eine Schichte auf der Oberflaͤche wirkſam waͤre, und dieß iſt
um ſo mehr der Fall, je weniger der Raum, den die magnetiſchen
Elemente einnehmen, von dem ganzen Volumen des Koͤrpers ver-
ſchieden iſt. Bei Barlows Verſuchen betrug die Einwirkung
der hohlen Eiſenkugeln zwar faſt eben ſo viel als der ebenſo großen
ſoliden Eiſenkugeln, ſo lange die Schale nicht allzu duͤnne wurde,
aber die Ablenkung der Magnetnadel ging doch auf zwei Drittel
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/480>, abgerufen am 22.11.2024.
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