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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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gen, und daß eine Stahlnadel senkrecht gegen die Richtung der
Neigungsnadel gehalten auch durch den electrischen Schlag, der
durch sie geht, nicht electrisch werde. Die voltaische Säule mit
ihrer entschiedenen Polarität gewährte anfangs die Hoffnung, daß
hier endlich der lange geahndete Zusammenhang zwischen Electrici-
tät und Magnetismus deutlich hervorgehen werde; aber auch diese
Hoffnung schien durch eine zwanzigjährige Reihe von Versuchen,
die nichts zu Bestätigung eines solchen Zusammenhanges beigetra-
gen hatten, vereitelt.

Endlich hatte der auch sonst durch große Verdienste um die
Naturlehre ausgezeichnete Oerstädt das Glück, eine Entdeckung
zu machen, die unsre Kenntnisse um sehr vieles erweitert und den
Grund zu einem ganz neuen Theile der Electricitätslehre gelegt
hat. Er fand nämlich, daß eine völlig bestimmte und gleichmäßige
Einwirkung des electrischen Stromes auf die Richtung der Magnet-
nadel statt finde, wenn jener nicht durch die Nadel selbst, sondern
auf eine angemessene Weise neben ihr vorbei geht. Dieses Experi-
ment gab (1820) den seitdem sehr weit fortgeführten electromagne-
tischen Untersuchungen ihren Ursprung.

Der Oerstädt'sche Versuch.

Man bringt den Schließungsdrath einer galvanischen Kette
in horizontaler Richtung über oder unter einer Magnetnadel, am
liebsten mit ihrer natürlichen Stellung von Norden nach Süden
parallel, an; so findet, sobald der electrische Strom den Schließungs-
drath durchläuft, eine Ablenkung der Magnetnadel statt, die ent-
gegengesetzt ist für eine oberhalb und eine unterhalb des Stromes
stehende Nadel, und wieder entgegengesetzt für eine oberhalb ste-
hende, wenn der positive Strom nach Norden und wenn er nach
Süden den Leiter durchläuft. Da hier immer von der Richtung
des Stromes die Rede ist, so ist es gewöhnlich geworden, immer
nur den positiven Strom, der in der metallischen Berührung vom
Kupfer zum Zink geht, zu erwähnen, indem jeder leicht übersieht,
was sich daran in Beziehung auf den negativen Strom anschließt.
Auch hat Ampere es bequem gefunden, den Namen Rheo-
phoren
, Träger des electrischen Stromes, für den Schließungs-
leiter, in welchem die Electricität fortströmt, einzuführen.


gen, und daß eine Stahlnadel ſenkrecht gegen die Richtung der
Neigungsnadel gehalten auch durch den electriſchen Schlag, der
durch ſie geht, nicht electriſch werde. Die voltaiſche Saͤule mit
ihrer entſchiedenen Polaritaͤt gewaͤhrte anfangs die Hoffnung, daß
hier endlich der lange geahndete Zuſammenhang zwiſchen Electrici-
taͤt und Magnetismus deutlich hervorgehen werde; aber auch dieſe
Hoffnung ſchien durch eine zwanzigjaͤhrige Reihe von Verſuchen,
die nichts zu Beſtaͤtigung eines ſolchen Zuſammenhanges beigetra-
gen hatten, vereitelt.

Endlich hatte der auch ſonſt durch große Verdienſte um die
Naturlehre ausgezeichnete Oerſtaͤdt das Gluͤck, eine Entdeckung
zu machen, die unſre Kenntniſſe um ſehr vieles erweitert und den
Grund zu einem ganz neuen Theile der Electricitaͤtslehre gelegt
hat. Er fand naͤmlich, daß eine voͤllig beſtimmte und gleichmaͤßige
Einwirkung des electriſchen Stromes auf die Richtung der Magnet-
nadel ſtatt finde, wenn jener nicht durch die Nadel ſelbſt, ſondern
auf eine angemeſſene Weiſe neben ihr vorbei geht. Dieſes Experi-
ment gab (1820) den ſeitdem ſehr weit fortgefuͤhrten electromagne-
tiſchen Unterſuchungen ihren Urſprung.

Der Oerſtaͤdt'ſche Verſuch.

Man bringt den Schließungsdrath einer galvaniſchen Kette
in horizontaler Richtung uͤber oder unter einer Magnetnadel, am
liebſten mit ihrer natuͤrlichen Stellung von Norden nach Suͤden
parallel, an; ſo findet, ſobald der electriſche Strom den Schließungs-
drath durchlaͤuft, eine Ablenkung der Magnetnadel ſtatt, die ent-
gegengeſetzt iſt fuͤr eine oberhalb und eine unterhalb des Stromes
ſtehende Nadel, und wieder entgegengeſetzt fuͤr eine oberhalb ſte-
hende, wenn der poſitive Strom nach Norden und wenn er nach
Suͤden den Leiter durchlaͤuft. Da hier immer von der Richtung
des Stromes die Rede iſt, ſo iſt es gewoͤhnlich geworden, immer
nur den poſitiven Strom, der in der metalliſchen Beruͤhrung vom
Kupfer zum Zink geht, zu erwaͤhnen, indem jeder leicht uͤberſieht,
was ſich daran in Beziehung auf den negativen Strom anſchließt.
Auch hat Ampère es bequem gefunden, den Namen Rheo-
phoren
, Traͤger des electriſchen Stromes, fuͤr den Schließungs-
leiter, in welchem die Electricitaͤt fortſtroͤmt, einzufuͤhren.


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[479/0493] gen, und daß eine Stahlnadel ſenkrecht gegen die Richtung der Neigungsnadel gehalten auch durch den electriſchen Schlag, der durch ſie geht, nicht electriſch werde. Die voltaiſche Saͤule mit ihrer entſchiedenen Polaritaͤt gewaͤhrte anfangs die Hoffnung, daß hier endlich der lange geahndete Zuſammenhang zwiſchen Electrici- taͤt und Magnetismus deutlich hervorgehen werde; aber auch dieſe Hoffnung ſchien durch eine zwanzigjaͤhrige Reihe von Verſuchen, die nichts zu Beſtaͤtigung eines ſolchen Zuſammenhanges beigetra- gen hatten, vereitelt. Endlich hatte der auch ſonſt durch große Verdienſte um die Naturlehre ausgezeichnete Oerſtaͤdt das Gluͤck, eine Entdeckung zu machen, die unſre Kenntniſſe um ſehr vieles erweitert und den Grund zu einem ganz neuen Theile der Electricitaͤtslehre gelegt hat. Er fand naͤmlich, daß eine voͤllig beſtimmte und gleichmaͤßige Einwirkung des electriſchen Stromes auf die Richtung der Magnet- nadel ſtatt finde, wenn jener nicht durch die Nadel ſelbſt, ſondern auf eine angemeſſene Weiſe neben ihr vorbei geht. Dieſes Experi- ment gab (1820) den ſeitdem ſehr weit fortgefuͤhrten electromagne- tiſchen Unterſuchungen ihren Urſprung. Der Oerſtaͤdt'ſche Verſuch. Man bringt den Schließungsdrath einer galvaniſchen Kette in horizontaler Richtung uͤber oder unter einer Magnetnadel, am liebſten mit ihrer natuͤrlichen Stellung von Norden nach Suͤden parallel, an; ſo findet, ſobald der electriſche Strom den Schließungs- drath durchlaͤuft, eine Ablenkung der Magnetnadel ſtatt, die ent- gegengeſetzt iſt fuͤr eine oberhalb und eine unterhalb des Stromes ſtehende Nadel, und wieder entgegengeſetzt fuͤr eine oberhalb ſte- hende, wenn der poſitive Strom nach Norden und wenn er nach Suͤden den Leiter durchlaͤuft. Da hier immer von der Richtung des Stromes die Rede iſt, ſo iſt es gewoͤhnlich geworden, immer nur den poſitiven Strom, der in der metalliſchen Beruͤhrung vom Kupfer zum Zink geht, zu erwaͤhnen, indem jeder leicht uͤberſieht, was ſich daran in Beziehung auf den negativen Strom anſchließt. Auch hat Ampère es bequem gefunden, den Namen Rheo- phoren, Traͤger des electriſchen Stromes, fuͤr den Schließungs- leiter, in welchem die Electricitaͤt fortſtroͤmt, einzufuͤhren.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/493>, abgerufen am 22.11.2024.