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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Schmelzung war, wie Rumford zeigt, vorzüglich durch das
Hinabsinken der nicht völlig bis zum Gefrierpuncte, sondern bis
zur größten Dichtigkeit, abgekühlten Wassertheilchen bewirkt; die
am Eise anliegenden Theilchen werden nämlich abgekühlt, weil
aber die ein wenig höher liegenden Theilchen nicht ganz so sehr
abgekühlt, schwerer als diese sind, so sinken sie herab, schmelzen das
Eis an, und machen, nachdem sie völlig die Eiskälte erlangt haben,
wieder andern herabsinkenden Wassertheilchen, die nicht ganz so
kalt sind, Platz. In der That also zeigt alles dieses, daß die
Wärme im Wasser nach unten zu sehr langsam fortgepflanzt wird,
die nach oben gehende Fortpflanzung gewiß großen Theils auf Strö-
mungen beruht *). Indeß hat man sich doch bemüht zu zeigen,
daß eine wirkliche Leitung dennoch in einigem Gr[a]d statt findet,
um Rumfords Behauptung einer so gänzlich fehlenden Leitung
zu widerlegen. So zeigt z. B. ein Versuch von Murray die
Fortleitung der Wärme im Oele, wo ein Hinabsinken wärmerer
Theile nicht statt findet, weil die Dichtigkeit bei der Abkühlung im-
merfort zunimmt. Murray bediente sich eines ausgehöhlten Eis-
cylinders, in welchen Mandel-Oel gegossen wurde; ein Thermo-
meter, dessen Kugel sich 1 Zoll unter der Oberfläche des Mandel-
Oels befand, war bis auf 0° gesunken, und nun wurde ein Metall-
schälchen mit kochendem Wasser gefüllt, mit der Oberfläche des
Oeles in Berührung gebracht; der Erfolg war, daß das Thermo-
meter in 15 Min. um 1 Cent. stieg, und dieses mußte doch als
wirklicher Erfolg der Leitung angesehen werden, die freilich sehr
schwach ist, wenn wir damit die weit schnellere Fortpflanzung durch
feste Körper vergleichen.

Auf die Eigenschaft der flüssigen Körper, durch ihre Strömun-
gen den Körpern Wärme zu entziehen, muß man vorzüglich Rück-
sicht nehmen, wenn man die Abkühlung fester Körper in der Luft
richtig beurtheilen will. Diese Abkühlung hängt von drei Umstän-
den ab, von der durch Strahlung an der Oberfläche verloren gehen-
den Wärme, von der durch Leitung in der Luft, vorzüglich durch
die in ihr entstandene Strömung, fortgeführten Wärme, und von

*) Rumfords Versuche stehen vollständig aufgeführt in Gilb.
Ann. I. 214. 323.
Murray's Versuche Gilb. Ann. XIV. 158.

Schmelzung war, wie Rumford zeigt, vorzuͤglich durch das
Hinabſinken der nicht voͤllig bis zum Gefrierpuncte, ſondern bis
zur groͤßten Dichtigkeit, abgekuͤhlten Waſſertheilchen bewirkt; die
am Eiſe anliegenden Theilchen werden naͤmlich abgekuͤhlt, weil
aber die ein wenig hoͤher liegenden Theilchen nicht ganz ſo ſehr
abgekuͤhlt, ſchwerer als dieſe ſind, ſo ſinken ſie herab, ſchmelzen das
Eis an, und machen, nachdem ſie voͤllig die Eiskaͤlte erlangt haben,
wieder andern herabſinkenden Waſſertheilchen, die nicht ganz ſo
kalt ſind, Platz. In der That alſo zeigt alles dieſes, daß die
Waͤrme im Waſſer nach unten zu ſehr langſam fortgepflanzt wird,
die nach oben gehende Fortpflanzung gewiß großen Theils auf Stroͤ-
mungen beruht *). Indeß hat man ſich doch bemuͤht zu zeigen,
daß eine wirkliche Leitung dennoch in einigem Gr[a]d ſtatt findet,
um Rumfords Behauptung einer ſo gaͤnzlich fehlenden Leitung
zu widerlegen. So zeigt z. B. ein Verſuch von Murray die
Fortleitung der Waͤrme im Oele, wo ein Hinabſinken waͤrmerer
Theile nicht ſtatt findet, weil die Dichtigkeit bei der Abkuͤhlung im-
merfort zunimmt. Murray bediente ſich eines ausgehoͤhlten Eis-
cylinders, in welchen Mandel-Oel gegoſſen wurde; ein Thermo-
meter, deſſen Kugel ſich 1 Zoll unter der Oberflaͤche des Mandel-
Oels befand, war bis auf 0° geſunken, und nun wurde ein Metall-
ſchaͤlchen mit kochendem Waſſer gefuͤllt, mit der Oberflaͤche des
Oeles in Beruͤhrung gebracht; der Erfolg war, daß das Thermo-
meter in 15 Min. um 1 Cent. ſtieg, und dieſes mußte doch als
wirklicher Erfolg der Leitung angeſehen werden, die freilich ſehr
ſchwach iſt, wenn wir damit die weit ſchnellere Fortpflanzung durch
feſte Koͤrper vergleichen.

Auf die Eigenſchaft der fluͤſſigen Koͤrper, durch ihre Stroͤmun-
gen den Koͤrpern Waͤrme zu entziehen, muß man vorzuͤglich Ruͤck-
ſicht nehmen, wenn man die Abkuͤhlung feſter Koͤrper in der Luft
richtig beurtheilen will. Dieſe Abkuͤhlung haͤngt von drei Umſtaͤn-
den ab, von der durch Strahlung an der Oberflaͤche verloren gehen-
den Waͤrme, von der durch Leitung in der Luft, vorzuͤglich durch
die in ihr entſtandene Stroͤmung, fortgefuͤhrten Waͤrme, und von

*) Rumfords Verſuche ſtehen vollſtaͤndig aufgefuͤhrt in Gilb.
Ann. I. 214. 323.
Murray's Verſuche Gilb. Ann. XIV. 158.
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[52/0066] Schmelzung war, wie Rumford zeigt, vorzuͤglich durch das Hinabſinken der nicht voͤllig bis zum Gefrierpuncte, ſondern bis zur groͤßten Dichtigkeit, abgekuͤhlten Waſſertheilchen bewirkt; die am Eiſe anliegenden Theilchen werden naͤmlich abgekuͤhlt, weil aber die ein wenig hoͤher liegenden Theilchen nicht ganz ſo ſehr abgekuͤhlt, ſchwerer als dieſe ſind, ſo ſinken ſie herab, ſchmelzen das Eis an, und machen, nachdem ſie voͤllig die Eiskaͤlte erlangt haben, wieder andern herabſinkenden Waſſertheilchen, die nicht ganz ſo kalt ſind, Platz. In der That alſo zeigt alles dieſes, daß die Waͤrme im Waſſer nach unten zu ſehr langſam fortgepflanzt wird, die nach oben gehende Fortpflanzung gewiß großen Theils auf Stroͤ- mungen beruht *). Indeß hat man ſich doch bemuͤht zu zeigen, daß eine wirkliche Leitung dennoch in einigem Grad ſtatt findet, um Rumfords Behauptung einer ſo gaͤnzlich fehlenden Leitung zu widerlegen. So zeigt z. B. ein Verſuch von Murray die Fortleitung der Waͤrme im Oele, wo ein Hinabſinken waͤrmerer Theile nicht ſtatt findet, weil die Dichtigkeit bei der Abkuͤhlung im- merfort zunimmt. Murray bediente ſich eines ausgehoͤhlten Eis- cylinders, in welchen Mandel-Oel gegoſſen wurde; ein Thermo- meter, deſſen Kugel ſich 1 Zoll unter der Oberflaͤche des Mandel- Oels befand, war bis auf 0° geſunken, und nun wurde ein Metall- ſchaͤlchen mit kochendem Waſſer gefuͤllt, mit der Oberflaͤche des Oeles in Beruͤhrung gebracht; der Erfolg war, daß das Thermo- meter in 15 Min. um 1[FORMEL] Cent. ſtieg, und dieſes mußte doch als wirklicher Erfolg der Leitung angeſehen werden, die freilich ſehr ſchwach iſt, wenn wir damit die weit ſchnellere Fortpflanzung durch feſte Koͤrper vergleichen. Auf die Eigenſchaft der fluͤſſigen Koͤrper, durch ihre Stroͤmun- gen den Koͤrpern Waͤrme zu entziehen, muß man vorzuͤglich Ruͤck- ſicht nehmen, wenn man die Abkuͤhlung feſter Koͤrper in der Luft richtig beurtheilen will. Dieſe Abkuͤhlung haͤngt von drei Umſtaͤn- den ab, von der durch Strahlung an der Oberflaͤche verloren gehen- den Waͤrme, von der durch Leitung in der Luft, vorzuͤglich durch die in ihr entſtandene Stroͤmung, fortgefuͤhrten Waͤrme, und von *) Rumfords Verſuche ſtehen vollſtaͤndig aufgefuͤhrt in Gilb. Ann. I. 214. 323. Murray's Verſuche Gilb. Ann. XIV. 158.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/66>, abgerufen am 21.11.2024.