Die Affen. Stummelaffen. -- Guereza, Bären- und Teufelsaffe. Meerkatzen.
Der Guereza ist ein wirklich herrliches Thier. Sein ganzer Leib ist schön sammetschwarz, dagegen sind ein Stirnband, die Gegend der Schläfe, die Seiten des Halses, das Kinn und die Kehle und ein Gürtel oder eine Mähne, sowie eine Einfassung um die nackten Gesäßschwielen und die Schwanzspitze weiß gefärbt. Jedes weiße Haar ist aber vielfach braun geringelt, und hierdurch entsteht das silbergraue Aussehen der Behaarung. Die Mähne, wie ich den Seiten- gürtel vielleicht nennen kann, hängt wie ein reicher Beduinenmantel zu beiden Seiten des Körpers herab und ziert ihn unbeschreiblich. Jhre Haare sind von größter Weichheit und Feinheit und dabei von bedeutender Länge. Der schwarze Pelz des untern Körpers schimmert hier und da zwischen dem kostbaren Behänge hindurch; das Dunkelschwarz sticht lebendig ab von dem blendenden Weiß, und die dunkelen Hände und das dunkele Gesicht stehen hiermit so vollkommen im Einklange, daß unser Affe wohl den Preis der Schönheit verdienen dürfte. Soviel Willkür, wenn ich mich so ausdrücken dürfte, sich in der Bekleidung ausspricht, so zierlich und anmuthig ist dieselbe.
Der Guereza findet sich, wie mir Schimper mittheilte, vom 13. Grad nördlicher Breite an, überall in Abissinien, am häufigsten in einem Höhengürtel von 6 -- 800 Fuß über dem Meeres- spiegel. Hier lebt er in kleinen Gesellschaften von zehn bis funfzehn Stück auf hochstämmigen Bäumen, gern in der Nähe fließender Gewässer und häufig auch unmittelbar neben den in Habesch immer ein- sam stehenden Kirchen, welche regelmäßig im Schatten geheiligter Bäume liegen. Eine Wachholderart, welche, im Gegensatz zu der bei uns wachsenden, so riesenhafte Verhältnisse zeigt, daß selbst unsere Tannen und Fichten neben ihr zu Zwergen herabsinken, scheint ihm ganz besonders zuzusagen: jeden- falls ihrer auch unseren Gaumen behagenden Beeren halber. Er ist, wie mein Berichterstatter mit besonderm Ausdruck sagte, "ein im allerhöchsten Grade behendes Thier", welches sich mit geradezu wunderbarer Kühnheit und Sicherheit bewegt. Hiermit steht im Uebrigen sein Wesen nahe im Einklange. Nur selten vernimmt man seine Stimme; blos Verwundete schreien nach Art der Meer- katzen. Wenn der Guereza Menschen sieht, schweigt er gänzlich. Auch sonst hat er mit anderen alt- weltlichen Baumaffen wenig gemein. Er ist durchaus harmlos, d. h. er verschont die Pflanzungen oder richtet wenigstens niemals Verwüstungen in ihnen an. Verfolgt zeigt sich der Guereza in seiner ganzen Schönheit. Mit ebenso großer Anmuth als Leichtigkeit, mit eben soviel Kühnheit als Berechnung springt der so wundersam geschmückte Gesell von Zweig zu Zweig oder aus Höhen von vierzig Fuß in die Tiefe hinab, und der weiße Mantel fliegt dabei um ihn herum, wie der Burnus eines auf seinem Araber fliehend dahinjagenden Beduinen um Roß und Reiter weht. Uebrigens kommt er nur dann auf den Boden herab, wenn die Verfolger ihm sehr nahe auf den Leib rücken; er ist ein vollendetes Baumthier und findet in seiner lustigen Höhe Alles, was er bedarf. Seine Nah- rung ist die gewöhnliche der Baumaffen: Knospen, Blätter, Blüthen, Beeren, Früchte, Kerbthiere etc.
Die Jagd des Guereza hat ihre großen Schwierigkeiten. Auf den hohen Wipfeln seiner Lieb- lingsbäume ist er vor der Tücke des Menschen ziemlich sicher. Mit der Schrotflinte verwundet man wohl das starke, lebenszähe Thier, bekommt es aber nur selten in seine Gewalt. Der Jäger muß. wenn seine Jagd Erfolg haben soll, zur Büchse greifen: diese Waffe aber war von jeher und ist noch heute dem Eingebornen ein Ding, mit welchem er Nichts anzufangen weiß. Gut, daß dem so ist; mit der Büchse in geübter Hand hätte der Abissinier den schönen Affen vielleicht schon ausgerottet. Jn früheren Zeiten wurde ihm eifrig nachgestellt. Es galt als besondere Auszeichnung, ein Schild zu besitzen, welches durch ein Fell dieses Affen seinen schönsten Schmuck erhalten hatte. Die Schilde der Abissinier und anderer ostafrikanischer Völkerschaften sind länglichrund und bestehen aus Antilopen- oder wohl auch Nilpferd haut: diese bekleidete man nun mit dem Rücken- und Seitenfelle des Guereza, so daß der ganze Mähnengürtel jetzt zum Schmuck des Schildes wurde.
Man bezahlte in Gondar, der abissinischen Hauptstadt, ein solches Fell mit einem Species- thaler, einer Summe, für welche man vier bis sechs fette Schafe einhandeln kann. Gegenwärtig ist jener Zierrath bedeutend im Werthe gesunken: die beschriebenen Schilde sind glücklicher Weise nicht mehr gebräuchlich; -- glücklicher Weise, sage ich, weil ich hoffe, daß deshalb ein so anziehendes
Die Affen. Stummelaffen. — Guereza, Bären- und Teufelsaffe. Meerkatzen.
Der Guereza iſt ein wirklich herrliches Thier. Sein ganzer Leib iſt ſchön ſammetſchwarz, dagegen ſind ein Stirnband, die Gegend der Schläfe, die Seiten des Halſes, das Kinn und die Kehle und ein Gürtel oder eine Mähne, ſowie eine Einfaſſung um die nackten Geſäßſchwielen und die Schwanzſpitze weiß gefärbt. Jedes weiße Haar iſt aber vielfach braun geringelt, und hierdurch entſteht das ſilbergraue Ausſehen der Behaarung. Die Mähne, wie ich den Seiten- gürtel vielleicht nennen kann, hängt wie ein reicher Beduinenmantel zu beiden Seiten des Körpers herab und ziert ihn unbeſchreiblich. Jhre Haare ſind von größter Weichheit und Feinheit und dabei von bedeutender Länge. Der ſchwarze Pelz des untern Körpers ſchimmert hier und da zwiſchen dem koſtbaren Behänge hindurch; das Dunkelſchwarz ſticht lebendig ab von dem blendenden Weiß, und die dunkelen Hände und das dunkele Geſicht ſtehen hiermit ſo vollkommen im Einklange, daß unſer Affe wohl den Preis der Schönheit verdienen dürfte. Soviel Willkür, wenn ich mich ſo ausdrücken dürfte, ſich in der Bekleidung ausſpricht, ſo zierlich und anmuthig iſt dieſelbe.
Der Guereza findet ſich, wie mir Schimper mittheilte, vom 13. Grad nördlicher Breite an, überall in Abiſſinien, am häufigſten in einem Höhengürtel von 6 — 800 Fuß über dem Meeres- ſpiegel. Hier lebt er in kleinen Geſellſchaften von zehn bis funfzehn Stück auf hochſtämmigen Bäumen, gern in der Nähe fließender Gewäſſer und häufig auch unmittelbar neben den in Habeſch immer ein- ſam ſtehenden Kirchen, welche regelmäßig im Schatten geheiligter Bäume liegen. Eine Wachholderart, welche, im Gegenſatz zu der bei uns wachſenden, ſo rieſenhafte Verhältniſſe zeigt, daß ſelbſt unſere Tannen und Fichten neben ihr zu Zwergen herabſinken, ſcheint ihm ganz beſonders zuzuſagen: jeden- falls ihrer auch unſeren Gaumen behagenden Beeren halber. Er iſt, wie mein Berichterſtatter mit beſonderm Ausdruck ſagte, „ein im allerhöchſten Grade behendes Thier‟, welches ſich mit geradezu wunderbarer Kühnheit und Sicherheit bewegt. Hiermit ſteht im Uebrigen ſein Weſen nahe im Einklange. Nur ſelten vernimmt man ſeine Stimme; blos Verwundete ſchreien nach Art der Meer- katzen. Wenn der Guereza Menſchen ſieht, ſchweigt er gänzlich. Auch ſonſt hat er mit anderen alt- weltlichen Baumaffen wenig gemein. Er iſt durchaus harmlos, d. h. er verſchont die Pflanzungen oder richtet wenigſtens niemals Verwüſtungen in ihnen an. Verfolgt zeigt ſich der Guereza in ſeiner ganzen Schönheit. Mit ebenſo großer Anmuth als Leichtigkeit, mit eben ſoviel Kühnheit als Berechnung ſpringt der ſo wunderſam geſchmückte Geſell von Zweig zu Zweig oder aus Höhen von vierzig Fuß in die Tiefe hinab, und der weiße Mantel fliegt dabei um ihn herum, wie der Burnus eines auf ſeinem Araber fliehend dahinjagenden Beduinen um Roß und Reiter weht. Uebrigens kommt er nur dann auf den Boden herab, wenn die Verfolger ihm ſehr nahe auf den Leib rücken; er iſt ein vollendetes Baumthier und findet in ſeiner luſtigen Höhe Alles, was er bedarf. Seine Nah- rung iſt die gewöhnliche der Baumaffen: Knospen, Blätter, Blüthen, Beeren, Früchte, Kerbthiere ꝛc.
Die Jagd des Guereza hat ihre großen Schwierigkeiten. Auf den hohen Wipfeln ſeiner Lieb- lingsbäume iſt er vor der Tücke des Menſchen ziemlich ſicher. Mit der Schrotflinte verwundet man wohl das ſtarke, lebenszähe Thier, bekommt es aber nur ſelten in ſeine Gewalt. Der Jäger muß. wenn ſeine Jagd Erfolg haben ſoll, zur Büchſe greifen: dieſe Waffe aber war von jeher und iſt noch heute dem Eingebornen ein Ding, mit welchem er Nichts anzufangen weiß. Gut, daß dem ſo iſt; mit der Büchſe in geübter Hand hätte der Abiſſinier den ſchönen Affen vielleicht ſchon ausgerottet. Jn früheren Zeiten wurde ihm eifrig nachgeſtellt. Es galt als beſondere Auszeichnung, ein Schild zu beſitzen, welches durch ein Fell dieſes Affen ſeinen ſchönſten Schmuck erhalten hatte. Die Schilde der Abiſſinier und anderer oſtafrikaniſcher Völkerſchaften ſind länglichrund und beſtehen aus Antilopen- oder wohl auch Nilpferd haut: dieſe bekleidete man nun mit dem Rücken- und Seitenfelle des Guereza, ſo daß der ganze Mähnengürtel jetzt zum Schmuck des Schildes wurde.
Man bezahlte in Gondar, der abiſſiniſchen Hauptſtadt, ein ſolches Fell mit einem Species- thaler, einer Summe, für welche man vier bis ſechs fette Schafe einhandeln kann. Gegenwärtig iſt jener Zierrath bedeutend im Werthe geſunken: die beſchriebenen Schilde ſind glücklicher Weiſe nicht mehr gebräuchlich; — glücklicher Weiſe, ſage ich, weil ich hoffe, daß deshalb ein ſo anziehendes
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0102"n="50"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Affen.</hi> Stummelaffen. —<hirendition="#g">Guereza, Bären-</hi> und <hirendition="#g">Teufelsaffe.</hi> Meerkatzen.</fw><lb/><p>Der <hirendition="#g">Guereza</hi> iſt ein wirklich herrliches Thier. Sein ganzer Leib iſt ſchön ſammetſchwarz,<lb/>
dagegen ſind ein Stirnband, die Gegend der Schläfe, die Seiten des Halſes, das Kinn und die<lb/>
Kehle und ein Gürtel oder eine Mähne, ſowie eine Einfaſſung um die nackten Geſäßſchwielen<lb/>
und die Schwanzſpitze weiß gefärbt. Jedes weiße Haar iſt aber vielfach braun geringelt, und<lb/>
hierdurch entſteht das ſilbergraue Ausſehen der Behaarung. Die Mähne, wie ich den Seiten-<lb/>
gürtel vielleicht nennen kann, hängt wie ein reicher Beduinenmantel zu beiden Seiten des Körpers<lb/>
herab und ziert ihn unbeſchreiblich. Jhre Haare ſind von größter Weichheit und Feinheit und dabei<lb/>
von bedeutender Länge. Der ſchwarze Pelz des untern Körpers ſchimmert hier und da zwiſchen dem<lb/>
koſtbaren Behänge hindurch; das Dunkelſchwarz ſticht lebendig ab von dem blendenden Weiß, und die<lb/>
dunkelen Hände und das dunkele Geſicht ſtehen hiermit ſo vollkommen im Einklange, daß unſer Affe<lb/>
wohl den Preis der Schönheit verdienen dürfte. Soviel Willkür, wenn ich mich ſo ausdrücken dürfte,<lb/>ſich in der Bekleidung ausſpricht, ſo zierlich und anmuthig iſt dieſelbe.</p><lb/><p>Der <hirendition="#g">Guereza</hi> findet ſich, wie mir <hirendition="#g">Schimper</hi> mittheilte, vom 13. Grad nördlicher Breite an,<lb/>
überall in Abiſſinien, am häufigſten in einem Höhengürtel von 6 — 800 Fuß über dem Meeres-<lb/>ſpiegel. Hier lebt er in kleinen Geſellſchaften von zehn bis funfzehn Stück auf hochſtämmigen Bäumen,<lb/>
gern in der Nähe fließender Gewäſſer und häufig auch unmittelbar neben den in Habeſch immer ein-<lb/>ſam ſtehenden Kirchen, welche regelmäßig im Schatten geheiligter Bäume liegen. Eine Wachholderart,<lb/>
welche, im Gegenſatz zu der bei uns wachſenden, ſo rieſenhafte Verhältniſſe zeigt, daß ſelbſt unſere<lb/>
Tannen und Fichten neben ihr zu Zwergen herabſinken, ſcheint ihm ganz beſonders zuzuſagen: jeden-<lb/>
falls ihrer auch unſeren Gaumen behagenden Beeren halber. Er iſt, wie mein Berichterſtatter mit<lb/>
beſonderm Ausdruck ſagte, <hirendition="#g">„ein im allerhöchſten Grade behendes Thier‟,</hi> welches ſich mit<lb/>
geradezu wunderbarer Kühnheit und Sicherheit bewegt. Hiermit ſteht im Uebrigen ſein Weſen nahe<lb/>
im Einklange. Nur ſelten vernimmt man ſeine Stimme; blos Verwundete ſchreien nach Art der Meer-<lb/>
katzen. Wenn der Guereza Menſchen ſieht, ſchweigt er gänzlich. Auch ſonſt hat er mit anderen alt-<lb/>
weltlichen Baumaffen wenig gemein. Er iſt durchaus harmlos, d. h. er verſchont die Pflanzungen<lb/>
oder richtet wenigſtens niemals Verwüſtungen in ihnen an. Verfolgt zeigt ſich der <hirendition="#g">Guereza</hi> in<lb/>ſeiner ganzen Schönheit. Mit ebenſo großer Anmuth als Leichtigkeit, mit eben ſoviel Kühnheit als<lb/>
Berechnung ſpringt der ſo wunderſam geſchmückte Geſell von Zweig zu Zweig oder aus Höhen von<lb/>
vierzig Fuß in die Tiefe hinab, und der weiße Mantel fliegt dabei um ihn herum, wie der Burnus<lb/>
eines auf ſeinem Araber fliehend dahinjagenden Beduinen um Roß und Reiter weht. Uebrigens<lb/>
kommt er nur dann auf den Boden herab, wenn die Verfolger ihm ſehr nahe auf den Leib rücken; er<lb/>
iſt ein vollendetes Baumthier und findet in ſeiner luſtigen Höhe Alles, was er bedarf. Seine Nah-<lb/>
rung iſt die gewöhnliche der Baumaffen: Knospen, Blätter, Blüthen, Beeren, Früchte, Kerbthiere ꝛc.</p><lb/><p>Die Jagd des <hirendition="#g">Guereza</hi> hat ihre großen Schwierigkeiten. Auf den hohen Wipfeln ſeiner Lieb-<lb/>
lingsbäume iſt er vor der Tücke des Menſchen ziemlich ſicher. Mit der Schrotflinte verwundet man<lb/>
wohl das ſtarke, lebenszähe Thier, bekommt es aber nur ſelten in ſeine Gewalt. Der Jäger muß.<lb/>
wenn ſeine Jagd Erfolg haben ſoll, zur Büchſe greifen: dieſe Waffe aber war von jeher und iſt noch<lb/>
heute dem Eingebornen ein Ding, mit welchem er Nichts anzufangen weiß. Gut, daß dem ſo iſt;<lb/>
mit der Büchſe in geübter Hand hätte der Abiſſinier den ſchönen Affen vielleicht ſchon ausgerottet.<lb/>
Jn früheren Zeiten wurde ihm eifrig nachgeſtellt. Es galt als beſondere Auszeichnung, ein Schild zu<lb/>
beſitzen, welches durch ein Fell dieſes Affen ſeinen ſchönſten Schmuck erhalten hatte. Die Schilde der<lb/>
Abiſſinier und anderer oſtafrikaniſcher Völkerſchaften ſind länglichrund und beſtehen aus <hirendition="#g">Antilopen-</hi><lb/>
oder wohl auch <hirendition="#g">Nilpferd</hi> haut: dieſe bekleidete man nun mit dem Rücken- und Seitenfelle des<lb/><hirendition="#g">Guereza,</hi>ſo daß der ganze Mähnengürtel jetzt zum Schmuck des Schildes wurde.</p><lb/><p>Man bezahlte in <hirendition="#g">Gondar,</hi> der abiſſiniſchen Hauptſtadt, ein ſolches Fell mit einem Species-<lb/>
thaler, einer Summe, für welche man vier bis ſechs fette Schafe einhandeln kann. Gegenwärtig iſt<lb/>
jener Zierrath bedeutend im Werthe geſunken: die beſchriebenen Schilde ſind glücklicher Weiſe nicht<lb/>
mehr gebräuchlich; — glücklicher Weiſe, ſage ich, weil ich hoffe, daß deshalb ein ſo anziehendes<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[50/0102]
Die Affen. Stummelaffen. — Guereza, Bären- und Teufelsaffe. Meerkatzen.
Der Guereza iſt ein wirklich herrliches Thier. Sein ganzer Leib iſt ſchön ſammetſchwarz,
dagegen ſind ein Stirnband, die Gegend der Schläfe, die Seiten des Halſes, das Kinn und die
Kehle und ein Gürtel oder eine Mähne, ſowie eine Einfaſſung um die nackten Geſäßſchwielen
und die Schwanzſpitze weiß gefärbt. Jedes weiße Haar iſt aber vielfach braun geringelt, und
hierdurch entſteht das ſilbergraue Ausſehen der Behaarung. Die Mähne, wie ich den Seiten-
gürtel vielleicht nennen kann, hängt wie ein reicher Beduinenmantel zu beiden Seiten des Körpers
herab und ziert ihn unbeſchreiblich. Jhre Haare ſind von größter Weichheit und Feinheit und dabei
von bedeutender Länge. Der ſchwarze Pelz des untern Körpers ſchimmert hier und da zwiſchen dem
koſtbaren Behänge hindurch; das Dunkelſchwarz ſticht lebendig ab von dem blendenden Weiß, und die
dunkelen Hände und das dunkele Geſicht ſtehen hiermit ſo vollkommen im Einklange, daß unſer Affe
wohl den Preis der Schönheit verdienen dürfte. Soviel Willkür, wenn ich mich ſo ausdrücken dürfte,
ſich in der Bekleidung ausſpricht, ſo zierlich und anmuthig iſt dieſelbe.
Der Guereza findet ſich, wie mir Schimper mittheilte, vom 13. Grad nördlicher Breite an,
überall in Abiſſinien, am häufigſten in einem Höhengürtel von 6 — 800 Fuß über dem Meeres-
ſpiegel. Hier lebt er in kleinen Geſellſchaften von zehn bis funfzehn Stück auf hochſtämmigen Bäumen,
gern in der Nähe fließender Gewäſſer und häufig auch unmittelbar neben den in Habeſch immer ein-
ſam ſtehenden Kirchen, welche regelmäßig im Schatten geheiligter Bäume liegen. Eine Wachholderart,
welche, im Gegenſatz zu der bei uns wachſenden, ſo rieſenhafte Verhältniſſe zeigt, daß ſelbſt unſere
Tannen und Fichten neben ihr zu Zwergen herabſinken, ſcheint ihm ganz beſonders zuzuſagen: jeden-
falls ihrer auch unſeren Gaumen behagenden Beeren halber. Er iſt, wie mein Berichterſtatter mit
beſonderm Ausdruck ſagte, „ein im allerhöchſten Grade behendes Thier‟, welches ſich mit
geradezu wunderbarer Kühnheit und Sicherheit bewegt. Hiermit ſteht im Uebrigen ſein Weſen nahe
im Einklange. Nur ſelten vernimmt man ſeine Stimme; blos Verwundete ſchreien nach Art der Meer-
katzen. Wenn der Guereza Menſchen ſieht, ſchweigt er gänzlich. Auch ſonſt hat er mit anderen alt-
weltlichen Baumaffen wenig gemein. Er iſt durchaus harmlos, d. h. er verſchont die Pflanzungen
oder richtet wenigſtens niemals Verwüſtungen in ihnen an. Verfolgt zeigt ſich der Guereza in
ſeiner ganzen Schönheit. Mit ebenſo großer Anmuth als Leichtigkeit, mit eben ſoviel Kühnheit als
Berechnung ſpringt der ſo wunderſam geſchmückte Geſell von Zweig zu Zweig oder aus Höhen von
vierzig Fuß in die Tiefe hinab, und der weiße Mantel fliegt dabei um ihn herum, wie der Burnus
eines auf ſeinem Araber fliehend dahinjagenden Beduinen um Roß und Reiter weht. Uebrigens
kommt er nur dann auf den Boden herab, wenn die Verfolger ihm ſehr nahe auf den Leib rücken; er
iſt ein vollendetes Baumthier und findet in ſeiner luſtigen Höhe Alles, was er bedarf. Seine Nah-
rung iſt die gewöhnliche der Baumaffen: Knospen, Blätter, Blüthen, Beeren, Früchte, Kerbthiere ꝛc.
Die Jagd des Guereza hat ihre großen Schwierigkeiten. Auf den hohen Wipfeln ſeiner Lieb-
lingsbäume iſt er vor der Tücke des Menſchen ziemlich ſicher. Mit der Schrotflinte verwundet man
wohl das ſtarke, lebenszähe Thier, bekommt es aber nur ſelten in ſeine Gewalt. Der Jäger muß.
wenn ſeine Jagd Erfolg haben ſoll, zur Büchſe greifen: dieſe Waffe aber war von jeher und iſt noch
heute dem Eingebornen ein Ding, mit welchem er Nichts anzufangen weiß. Gut, daß dem ſo iſt;
mit der Büchſe in geübter Hand hätte der Abiſſinier den ſchönen Affen vielleicht ſchon ausgerottet.
Jn früheren Zeiten wurde ihm eifrig nachgeſtellt. Es galt als beſondere Auszeichnung, ein Schild zu
beſitzen, welches durch ein Fell dieſes Affen ſeinen ſchönſten Schmuck erhalten hatte. Die Schilde der
Abiſſinier und anderer oſtafrikaniſcher Völkerſchaften ſind länglichrund und beſtehen aus Antilopen-
oder wohl auch Nilpferd haut: dieſe bekleidete man nun mit dem Rücken- und Seitenfelle des
Guereza, ſo daß der ganze Mähnengürtel jetzt zum Schmuck des Schildes wurde.
Man bezahlte in Gondar, der abiſſiniſchen Hauptſtadt, ein ſolches Fell mit einem Species-
thaler, einer Summe, für welche man vier bis ſechs fette Schafe einhandeln kann. Gegenwärtig iſt
jener Zierrath bedeutend im Werthe geſunken: die beſchriebenen Schilde ſind glücklicher Weiſe nicht
mehr gebräuchlich; — glücklicher Weiſe, ſage ich, weil ich hoffe, daß deshalb ein ſo anziehendes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/102>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.