sei schon aus dem Grunde sehr groß, weil sie von den andern zu Tode geprügelt werde, wenn sie ihre Pflicht versäumt habe!
So viel ist jedenfalls richtig, daß alle Hundsköpfe als eine wahre Landplage betrachtet werden müssen und den Landleuten ihrer Heimat außerordentlichen Schaden zufügen.
Die Paviane zeigen mehr, als alle übrigen Affen, durch ihre Haltung, daß sie echte Erdthiere sind. Jhre ganze Gestaltung bindet sie an den Boden und erlaubt ihnen blos ein leichtes Ersteigen von Felswänden, nicht aber auch ein schnelles Erklettern von Bäumen. Man sieht sie stets auf allen vier Füßen gehen und blos dann sich auf zwei Beine stellen, wenn sie Umschau halten wollen. Sie ähneln in ihrem Gange mehr plumpen Hunden, als Affen, und nehmen nur selten die bezeichnende Stellung der letzteren an. Auch wenn sie sich aufrichten, stützen sie ihren Leib gern auf einen ihrer Vorderfüße. Solange sie ruhig sind und Zeit haben, sind ihre Schritte langsam und schwerfällig; sobald sie sich verfolgt sehen, fallen sie in einen merkwürdigen Galopp, welcher die allersonderbarsten Bewegungen mit sich bringt. Jhr Gang zeichnet sich durch eine gewisse leichtfertige Unverschämtheit aus; man muß ihn aber gesehen haben, wenn man ihn sich vorstellen will. Das ist ein Wackeln der ganzen Gestalt, namentlich des Hintertheils, wie man es kaum bei einem andern Thiere sieht; und dabei tragen die Paviane den Schwanz so herausfordernd gebogen und schauen so unverschämt aus ihren kleinen, glänzenden Augen heraus, daß schon ihre Erscheinung von ihrer niederträchtigen An- maßung Kenntniß giebt.
Jhre geistigen Eigenschaften widersprechen ihrer äußern Erscheinung nicht im geringsten. Jch will, um sie zu beschreiben, mit Scheitlins Worten beginnen:
"Die Paviane sind alle mehr oder minder schlechte Kerle, immer wild, zornig, unverschämt, geil, tückisch; ihre Schnauze ist ins gröbste Hundeartige ausgearbeitet, ihr Gesicht entstellt, ihr After das Unverschämteste. Schlau ist der Blick, boshaft die Seele. Dafür sind sie gelehriger, als die schon angegebenen und zeigen noch mehr Verstand, jedoch immer mit List. Erst an diesen kommt die zweite Affeneigenschaft, d. h. die Nachahmungssucht, vor, wodurch sie ganz menschlich werden zu können scheinen, es aber nicht werden. Jhre Geilheit geht über alle Begriffe; sie geberden sich auch Männern und Jünglingen gegenüber schändlich. Kinder und Frauen darf man nicht in ihre Nähe bringen. Aber Fallstricke und Gefahren merken sie leicht, und gegen die Feinde vertheidigen sie sich mit Muth und Eigensinn. Wie schlimm jedoch ihre Natur ist, so kann man sie doch in der Jugend ändern, zähmen, gehorsam machen; nur bricht ihre schlimme Natur im Alter, wenn ihr Sinn und Gefühl stumpf werden, in den alten Adam zurück. Der Gehorsam hört wieder auf, sie grinsen, kratzen und beißen wieder. Die Erziehung griff nicht tief genug ein. Man sagt daß sie im Freien geistreicher und geistig entwickelter seien, in der Gefangenschaft hingegen milder und gelehrter werden. Jhr Familienname ist auch Hundskopf. Hätten sie zum Hundskopf nur auch die Hundeseele! Wenn es gewiß wäre, daß sie im Freien gemeinsam Menschen und große Thiere, z. B. Elefanten, mit Prügeln angriffen, so deutete dieses allerdings auf Hundeverstand und Art, ja sogar auf etwas Mensch- liches; es ist jedoch nur Das gewiß, daß sie mit einander ihren Koth von den Bäumen herunter auf ihre Feinde werfen, dann aber ist noch gewiß, daß sie diesen nach Belieben von sich geben können, wie die Hunde nach Belieben pissen."
Jch kann Scheitlin nicht widersprechen. Das Bild, welches er zeichnet, ist richtig. Der Geist der Paviane ist gleichsam der Affengeist in seiner Vollendung, aber vielmehr im schlechten als im guten Sinne. Einige gute Eigenschaften können wir ihnen nicht absprechen. Sie haben eine außerordent- liche Liebe zu einander und gegen ihre Kinder; sie lieben auch den Menschen, der sie pflegt und auf- erzogen hat, werden ihm selbst nützlich auf mancherlei Weise. Aber all diese guten Seiten sind nicht in Betracht zu ziehen ihren schlechten Eigenschaften gegenüber. List und Tücke im Vereine sind Gemeingut aller Hundsköpfe und namentlich zeichnet sie eine furchtbare Wuth aus. Jhr Zorn gleicht einem aus- brechenden Strohfeuer; so rasch lodert er auf, aber er hält aus und ist nicht so leicht wieder zu ver- bannen. Ein einziges Wort, spottendes Gelächter, ja ein schiefer Blick kann einen Pavian rasend
ſei ſchon aus dem Grunde ſehr groß, weil ſie von den andern zu Tode geprügelt werde, wenn ſie ihre Pflicht verſäumt habe!
So viel iſt jedenfalls richtig, daß alle Hundsköpfe als eine wahre Landplage betrachtet werden müſſen und den Landleuten ihrer Heimat außerordentlichen Schaden zufügen.
Die Paviane zeigen mehr, als alle übrigen Affen, durch ihre Haltung, daß ſie echte Erdthiere ſind. Jhre ganze Geſtaltung bindet ſie an den Boden und erlaubt ihnen blos ein leichtes Erſteigen von Felswänden, nicht aber auch ein ſchnelles Erklettern von Bäumen. Man ſieht ſie ſtets auf allen vier Füßen gehen und blos dann ſich auf zwei Beine ſtellen, wenn ſie Umſchau halten wollen. Sie ähneln in ihrem Gange mehr plumpen Hunden, als Affen, und nehmen nur ſelten die bezeichnende Stellung der letzteren an. Auch wenn ſie ſich aufrichten, ſtützen ſie ihren Leib gern auf einen ihrer Vorderfüße. Solange ſie ruhig ſind und Zeit haben, ſind ihre Schritte langſam und ſchwerfällig; ſobald ſie ſich verfolgt ſehen, fallen ſie in einen merkwürdigen Galopp, welcher die allerſonderbarſten Bewegungen mit ſich bringt. Jhr Gang zeichnet ſich durch eine gewiſſe leichtfertige Unverſchämtheit aus; man muß ihn aber geſehen haben, wenn man ihn ſich vorſtellen will. Das iſt ein Wackeln der ganzen Geſtalt, namentlich des Hintertheils, wie man es kaum bei einem andern Thiere ſieht; und dabei tragen die Paviane den Schwanz ſo herausfordernd gebogen und ſchauen ſo unverſchämt aus ihren kleinen, glänzenden Augen heraus, daß ſchon ihre Erſcheinung von ihrer niederträchtigen An- maßung Kenntniß giebt.
Jhre geiſtigen Eigenſchaften widerſprechen ihrer äußern Erſcheinung nicht im geringſten. Jch will, um ſie zu beſchreiben, mit Scheitlins Worten beginnen:
„Die Paviane ſind alle mehr oder minder ſchlechte Kerle, immer wild, zornig, unverſchämt, geil, tückiſch; ihre Schnauze iſt ins gröbſte Hundeartige ausgearbeitet, ihr Geſicht entſtellt, ihr After das Unverſchämteſte. Schlau iſt der Blick, boshaft die Seele. Dafür ſind ſie gelehriger, als die ſchon angegebenen und zeigen noch mehr Verſtand, jedoch immer mit Liſt. Erſt an dieſen kommt die zweite Affeneigenſchaft, d. h. die Nachahmungsſucht, vor, wodurch ſie ganz menſchlich werden zu können ſcheinen, es aber nicht werden. Jhre Geilheit geht über alle Begriffe; ſie geberden ſich auch Männern und Jünglingen gegenüber ſchändlich. Kinder und Frauen darf man nicht in ihre Nähe bringen. Aber Fallſtricke und Gefahren merken ſie leicht, und gegen die Feinde vertheidigen ſie ſich mit Muth und Eigenſinn. Wie ſchlimm jedoch ihre Natur iſt, ſo kann man ſie doch in der Jugend ändern, zähmen, gehorſam machen; nur bricht ihre ſchlimme Natur im Alter, wenn ihr Sinn und Gefühl ſtumpf werden, in den alten Adam zurück. Der Gehorſam hört wieder auf, ſie grinſen, kratzen und beißen wieder. Die Erziehung griff nicht tief genug ein. Man ſagt daß ſie im Freien geiſtreicher und geiſtig entwickelter ſeien, in der Gefangenſchaft hingegen milder und gelehrter werden. Jhr Familienname iſt auch Hundskopf. Hätten ſie zum Hundskopf nur auch die Hundeſeele! Wenn es gewiß wäre, daß ſie im Freien gemeinſam Menſchen und große Thiere, z. B. Elefanten, mit Prügeln angriffen, ſo deutete dieſes allerdings auf Hundeverſtand und Art, ja ſogar auf etwas Menſch- liches; es iſt jedoch nur Das gewiß, daß ſie mit einander ihren Koth von den Bäumen herunter auf ihre Feinde werfen, dann aber iſt noch gewiß, daß ſie dieſen nach Belieben von ſich geben können, wie die Hunde nach Belieben piſſen.‟
Jch kann Scheitlin nicht widerſprechen. Das Bild, welches er zeichnet, iſt richtig. Der Geiſt der Paviane iſt gleichſam der Affengeiſt in ſeiner Vollendung, aber vielmehr im ſchlechten als im guten Sinne. Einige gute Eigenſchaften können wir ihnen nicht abſprechen. Sie haben eine außerordent- liche Liebe zu einander und gegen ihre Kinder; ſie lieben auch den Menſchen, der ſie pflegt und auf- erzogen hat, werden ihm ſelbſt nützlich auf mancherlei Weiſe. Aber all dieſe guten Seiten ſind nicht in Betracht zu ziehen ihren ſchlechten Eigenſchaften gegenüber. Liſt und Tücke im Vereine ſind Gemeingut aller Hundsköpfe und namentlich zeichnet ſie eine furchtbare Wuth aus. Jhr Zorn gleicht einem aus- brechenden Strohfeuer; ſo raſch lodert er auf, aber er hält aus und iſt nicht ſo leicht wieder zu ver- bannen. Ein einziges Wort, ſpottendes Gelächter, ja ein ſchiefer Blick kann einen Pavian raſend
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0127"n="73"/><fwplace="top"type="header">Kennzeichen. Heimat. Aufenthalt. Lebensweiſe. Weſen.</fw><lb/>ſei ſchon aus dem Grunde ſehr groß, weil ſie von den andern zu Tode geprügelt werde, wenn ſie ihre<lb/>
Pflicht verſäumt habe!</p><lb/><p>So viel iſt jedenfalls richtig, daß alle Hundsköpfe als eine wahre Landplage betrachtet werden<lb/>
müſſen und den Landleuten ihrer Heimat außerordentlichen Schaden zufügen.</p><lb/><p>Die Paviane zeigen mehr, als alle übrigen Affen, durch ihre Haltung, daß ſie echte Erdthiere<lb/>ſind. Jhre ganze Geſtaltung bindet ſie an den Boden und erlaubt ihnen blos ein leichtes Erſteigen<lb/>
von Felswänden, nicht aber auch ein ſchnelles Erklettern von Bäumen. Man ſieht ſie ſtets auf allen<lb/>
vier Füßen gehen und blos dann ſich auf zwei Beine ſtellen, wenn ſie Umſchau halten wollen. Sie<lb/>
ähneln in ihrem Gange mehr plumpen Hunden, als Affen, und nehmen nur ſelten die bezeichnende<lb/>
Stellung der letzteren an. Auch wenn ſie ſich aufrichten, ſtützen ſie ihren Leib gern auf einen ihrer<lb/>
Vorderfüße. Solange ſie ruhig ſind und Zeit haben, ſind ihre Schritte langſam und ſchwerfällig;<lb/>ſobald ſie ſich verfolgt ſehen, fallen ſie in einen merkwürdigen Galopp, welcher die allerſonderbarſten<lb/>
Bewegungen mit ſich bringt. Jhr Gang zeichnet ſich durch eine gewiſſe leichtfertige Unverſchämtheit<lb/>
aus; man muß ihn aber geſehen haben, wenn man ihn ſich vorſtellen will. Das iſt ein Wackeln der<lb/>
ganzen Geſtalt, namentlich des Hintertheils, wie man es kaum bei einem andern Thiere ſieht; und<lb/>
dabei tragen die Paviane den Schwanz ſo herausfordernd gebogen und ſchauen ſo unverſchämt aus<lb/>
ihren kleinen, glänzenden Augen heraus, daß ſchon ihre Erſcheinung von ihrer niederträchtigen An-<lb/>
maßung Kenntniß giebt.</p><lb/><p>Jhre geiſtigen Eigenſchaften widerſprechen ihrer äußern Erſcheinung nicht im geringſten. Jch<lb/>
will, um ſie zu beſchreiben, mit <hirendition="#g">Scheitlins</hi> Worten beginnen:</p><lb/><p>„Die Paviane ſind alle mehr oder minder ſchlechte Kerle, immer wild, zornig, unverſchämt, geil,<lb/>
tückiſch; ihre Schnauze iſt ins gröbſte Hundeartige ausgearbeitet, ihr Geſicht entſtellt, ihr After das<lb/>
Unverſchämteſte. Schlau iſt der Blick, boshaft die Seele. Dafür ſind ſie gelehriger, als die ſchon<lb/>
angegebenen und zeigen noch mehr Verſtand, jedoch immer mit Liſt. Erſt an dieſen kommt die zweite<lb/>
Affeneigenſchaft, d. h. die Nachahmungsſucht, vor, wodurch ſie ganz menſchlich werden zu können<lb/>ſcheinen, es aber nicht werden. Jhre Geilheit geht über alle Begriffe; ſie geberden ſich auch Männern<lb/>
und Jünglingen gegenüber ſchändlich. Kinder und Frauen darf man nicht in ihre Nähe bringen.<lb/>
Aber Fallſtricke und Gefahren merken ſie leicht, und gegen die Feinde vertheidigen ſie ſich mit Muth<lb/>
und Eigenſinn. Wie ſchlimm jedoch ihre Natur iſt, ſo kann man ſie doch in der Jugend ändern,<lb/>
zähmen, gehorſam machen; nur bricht ihre ſchlimme Natur im Alter, wenn ihr Sinn und Gefühl<lb/>ſtumpf werden, in den alten Adam zurück. Der Gehorſam hört wieder auf, ſie grinſen, kratzen und<lb/>
beißen wieder. Die Erziehung griff nicht tief genug ein. Man ſagt daß ſie im Freien geiſtreicher<lb/>
und geiſtig entwickelter ſeien, in der Gefangenſchaft hingegen milder und gelehrter werden. Jhr<lb/>
Familienname iſt auch <hirendition="#g">Hundskopf.</hi> Hätten ſie zum Hundskopf nur auch die Hundeſeele! Wenn<lb/>
es gewiß wäre, daß ſie im Freien gemeinſam Menſchen und große Thiere, z. B. <hirendition="#g">Elefanten,</hi> mit<lb/>
Prügeln angriffen, ſo deutete dieſes allerdings auf Hundeverſtand und Art, ja ſogar auf etwas Menſch-<lb/>
liches; es iſt jedoch nur Das gewiß, daß ſie mit einander ihren Koth von den Bäumen herunter auf<lb/>
ihre Feinde werfen, dann aber iſt noch gewiß, daß ſie dieſen nach Belieben von ſich geben können, wie<lb/>
die Hunde nach Belieben piſſen.‟</p><lb/><p>Jch kann <hirendition="#g">Scheitlin</hi> nicht widerſprechen. Das Bild, welches er zeichnet, iſt richtig. Der Geiſt<lb/>
der Paviane iſt gleichſam der Affengeiſt in ſeiner Vollendung, aber vielmehr im ſchlechten als im guten<lb/>
Sinne. Einige gute Eigenſchaften können wir ihnen nicht abſprechen. Sie haben eine außerordent-<lb/>
liche Liebe zu einander und gegen ihre Kinder; ſie lieben auch den Menſchen, der ſie pflegt und auf-<lb/>
erzogen hat, werden ihm ſelbſt nützlich auf mancherlei Weiſe. Aber all dieſe guten Seiten ſind nicht in<lb/>
Betracht zu ziehen ihren ſchlechten Eigenſchaften gegenüber. Liſt und Tücke im Vereine ſind Gemeingut<lb/>
aller Hundsköpfe und namentlich zeichnet ſie eine furchtbare Wuth aus. Jhr Zorn gleicht einem aus-<lb/>
brechenden Strohfeuer; ſo raſch lodert er auf, aber er hält aus und iſt nicht ſo leicht wieder zu ver-<lb/>
bannen. Ein einziges Wort, ſpottendes Gelächter, ja ein ſchiefer Blick kann einen Pavian raſend<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[73/0127]
Kennzeichen. Heimat. Aufenthalt. Lebensweiſe. Weſen.
ſei ſchon aus dem Grunde ſehr groß, weil ſie von den andern zu Tode geprügelt werde, wenn ſie ihre
Pflicht verſäumt habe!
So viel iſt jedenfalls richtig, daß alle Hundsköpfe als eine wahre Landplage betrachtet werden
müſſen und den Landleuten ihrer Heimat außerordentlichen Schaden zufügen.
Die Paviane zeigen mehr, als alle übrigen Affen, durch ihre Haltung, daß ſie echte Erdthiere
ſind. Jhre ganze Geſtaltung bindet ſie an den Boden und erlaubt ihnen blos ein leichtes Erſteigen
von Felswänden, nicht aber auch ein ſchnelles Erklettern von Bäumen. Man ſieht ſie ſtets auf allen
vier Füßen gehen und blos dann ſich auf zwei Beine ſtellen, wenn ſie Umſchau halten wollen. Sie
ähneln in ihrem Gange mehr plumpen Hunden, als Affen, und nehmen nur ſelten die bezeichnende
Stellung der letzteren an. Auch wenn ſie ſich aufrichten, ſtützen ſie ihren Leib gern auf einen ihrer
Vorderfüße. Solange ſie ruhig ſind und Zeit haben, ſind ihre Schritte langſam und ſchwerfällig;
ſobald ſie ſich verfolgt ſehen, fallen ſie in einen merkwürdigen Galopp, welcher die allerſonderbarſten
Bewegungen mit ſich bringt. Jhr Gang zeichnet ſich durch eine gewiſſe leichtfertige Unverſchämtheit
aus; man muß ihn aber geſehen haben, wenn man ihn ſich vorſtellen will. Das iſt ein Wackeln der
ganzen Geſtalt, namentlich des Hintertheils, wie man es kaum bei einem andern Thiere ſieht; und
dabei tragen die Paviane den Schwanz ſo herausfordernd gebogen und ſchauen ſo unverſchämt aus
ihren kleinen, glänzenden Augen heraus, daß ſchon ihre Erſcheinung von ihrer niederträchtigen An-
maßung Kenntniß giebt.
Jhre geiſtigen Eigenſchaften widerſprechen ihrer äußern Erſcheinung nicht im geringſten. Jch
will, um ſie zu beſchreiben, mit Scheitlins Worten beginnen:
„Die Paviane ſind alle mehr oder minder ſchlechte Kerle, immer wild, zornig, unverſchämt, geil,
tückiſch; ihre Schnauze iſt ins gröbſte Hundeartige ausgearbeitet, ihr Geſicht entſtellt, ihr After das
Unverſchämteſte. Schlau iſt der Blick, boshaft die Seele. Dafür ſind ſie gelehriger, als die ſchon
angegebenen und zeigen noch mehr Verſtand, jedoch immer mit Liſt. Erſt an dieſen kommt die zweite
Affeneigenſchaft, d. h. die Nachahmungsſucht, vor, wodurch ſie ganz menſchlich werden zu können
ſcheinen, es aber nicht werden. Jhre Geilheit geht über alle Begriffe; ſie geberden ſich auch Männern
und Jünglingen gegenüber ſchändlich. Kinder und Frauen darf man nicht in ihre Nähe bringen.
Aber Fallſtricke und Gefahren merken ſie leicht, und gegen die Feinde vertheidigen ſie ſich mit Muth
und Eigenſinn. Wie ſchlimm jedoch ihre Natur iſt, ſo kann man ſie doch in der Jugend ändern,
zähmen, gehorſam machen; nur bricht ihre ſchlimme Natur im Alter, wenn ihr Sinn und Gefühl
ſtumpf werden, in den alten Adam zurück. Der Gehorſam hört wieder auf, ſie grinſen, kratzen und
beißen wieder. Die Erziehung griff nicht tief genug ein. Man ſagt daß ſie im Freien geiſtreicher
und geiſtig entwickelter ſeien, in der Gefangenſchaft hingegen milder und gelehrter werden. Jhr
Familienname iſt auch Hundskopf. Hätten ſie zum Hundskopf nur auch die Hundeſeele! Wenn
es gewiß wäre, daß ſie im Freien gemeinſam Menſchen und große Thiere, z. B. Elefanten, mit
Prügeln angriffen, ſo deutete dieſes allerdings auf Hundeverſtand und Art, ja ſogar auf etwas Menſch-
liches; es iſt jedoch nur Das gewiß, daß ſie mit einander ihren Koth von den Bäumen herunter auf
ihre Feinde werfen, dann aber iſt noch gewiß, daß ſie dieſen nach Belieben von ſich geben können, wie
die Hunde nach Belieben piſſen.‟
Jch kann Scheitlin nicht widerſprechen. Das Bild, welches er zeichnet, iſt richtig. Der Geiſt
der Paviane iſt gleichſam der Affengeiſt in ſeiner Vollendung, aber vielmehr im ſchlechten als im guten
Sinne. Einige gute Eigenſchaften können wir ihnen nicht abſprechen. Sie haben eine außerordent-
liche Liebe zu einander und gegen ihre Kinder; ſie lieben auch den Menſchen, der ſie pflegt und auf-
erzogen hat, werden ihm ſelbſt nützlich auf mancherlei Weiſe. Aber all dieſe guten Seiten ſind nicht in
Betracht zu ziehen ihren ſchlechten Eigenſchaften gegenüber. Liſt und Tücke im Vereine ſind Gemeingut
aller Hundsköpfe und namentlich zeichnet ſie eine furchtbare Wuth aus. Jhr Zorn gleicht einem aus-
brechenden Strohfeuer; ſo raſch lodert er auf, aber er hält aus und iſt nicht ſo leicht wieder zu ver-
bannen. Ein einziges Wort, ſpottendes Gelächter, ja ein ſchiefer Blick kann einen Pavian raſend
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/127>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.