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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung. Leben.

Zwei andere Arten derselben Sippe sind der Apella (Cebus Apella) und der gehörnte
Rollaffe
(Cebus fatuellus). Beide Arten werden von manchen Forschern nur als Abänderungen
der vorhergehenden angesehen, dürften sich aber denn doch hinlänglich unterscheiden.

Der Apella oder braune Rollaffe vertritt den Cay in Guiana und ist hier sehr gemein.
Da er in seiner Färbung vielfach abändert, ist er nicht eben leicht zu beschreiben. Sein Körperbau ist
ziemlich gedrungen; der verhältnißmäßig reichliche Pelz besteht aus glänzenden Haaren, welche sich
auf dem Scheitel zu einem Schopfe erheben und im Gesicht zu einem Barte verlängern; ihre all-
gemeine braunschwarze Färbung geht auf Rücken, Schwanz und Schenkeln in Schwarz über; Gesicht
und Kehle sind gewöhnlich lichter, und auf dem Scheitel verläuft regelmäßig ein dunkler Streifen.
Oft sind auch die Seiten und die Beine lebhaft kastanienbraun gefärbt. Jn der Größe kommt das
Thier dem Cay etwa gleich.

Ueber das Freileben des Apella haben wir bis jetzt nur dürftige Berichte erhalten, Schom-
burgk
giebt noch die ausführlichste und anziehendste Schilderung. "Dicht an einen Baum gedrückt,"
so erzählt er, "warteten wir die Affenherde ab. Der Vortrab erschien jetzt vor uns, das Hauptheer

[Abbildung] Der draune Rollaffe (Cebus Apelia).
folgte bald und nach etwa einer Viertelstunde auch der letzte Trupp, den ich freilich durch mein nicht
mehr zu unterdrückendes Lachen in wilde Flucht zersprengte. Wer hätte aber hier das Lachen unter-
drücken können, wenn er die behenden Thiere mit ihrer übertriebenen Eile und Lebhaftigkeit sich auf
den Aesten hätte hinbewegen sehen, wenn er das Klagen, Pfeifen und Singen der Schwächeren gehört,
die boshaften Blicke bemerkt, welche sie den Stärkeren zuwarfen, sobald sie diesen in den Weg kamen
und nun von ihnen gebissen und geschlagen wurden; wenn er die altklugen Gesichter der förmlich auf
den Rücken der Mütter angeleimten Jungen und zugleich die ernsthaften Mienen wahrgenommen
hätte, mit welchen auf der Reise jedes Blatt, jede Spalte nach Kerbthieren untersucht und hier und
da ein fliegender Schmetterling, ein fliehender Käfer mit der äußersten Geschicklichkeit gefangen wurde.
Unter solchem Gesichterschneiden mochten etwa vier-bis fünfhundert Kapuziner und Apellas über
uns weggeeilt sein (denn eine andere Bewegung scheinen sie gar nicht zu kennen), als ich jenem Drange
nicht mehr widerstehen konnte. Wie vom Donner gerührt, blieben die unmittelbar über uns Be-
sindlichen einen Augenblick bewegungslos sitzen, stießen dann einen eigenthümlichen Schrei aus, der
vor, hinter und neben uns sein Echo fand; alle sahen sich ängstlich nach allen Seiten um, bis sie uns
bemerkten, starrten uns einen Augenblick an, wiederholten den Schrei noch greller, als das erste Mal,

Brehm, Thierleben. 8
Beſchreibung. Leben.

Zwei andere Arten derſelben Sippe ſind der Apella (Cebus Apella) und der gehörnte
Rollaffe
(Cebus fatuellus). Beide Arten werden von manchen Forſchern nur als Abänderungen
der vorhergehenden angeſehen, dürften ſich aber denn doch hinlänglich unterſcheiden.

Der Apella oder braune Rollaffe vertritt den Cay in Guiana und iſt hier ſehr gemein.
Da er in ſeiner Färbung vielfach abändert, iſt er nicht eben leicht zu beſchreiben. Sein Körperbau iſt
ziemlich gedrungen; der verhältnißmäßig reichliche Pelz beſteht aus glänzenden Haaren, welche ſich
auf dem Scheitel zu einem Schopfe erheben und im Geſicht zu einem Barte verlängern; ihre all-
gemeine braunſchwarze Färbung geht auf Rücken, Schwanz und Schenkeln in Schwarz über; Geſicht
und Kehle ſind gewöhnlich lichter, und auf dem Scheitel verläuft regelmäßig ein dunkler Streifen.
Oft ſind auch die Seiten und die Beine lebhaft kaſtanienbraun gefärbt. Jn der Größe kommt das
Thier dem Cay etwa gleich.

Ueber das Freileben des Apella haben wir bis jetzt nur dürftige Berichte erhalten, Schom-
burgk
giebt noch die ausführlichſte und anziehendſte Schilderung. „Dicht an einen Baum gedrückt,‟
ſo erzählt er, „warteten wir die Affenherde ab. Der Vortrab erſchien jetzt vor uns, das Hauptheer

[Abbildung] Der draune Rollaffe (Cebus Apelia).
folgte bald und nach etwa einer Viertelſtunde auch der letzte Trupp, den ich freilich durch mein nicht
mehr zu unterdrückendes Lachen in wilde Flucht zerſprengte. Wer hätte aber hier das Lachen unter-
drücken können, wenn er die behenden Thiere mit ihrer übertriebenen Eile und Lebhaftigkeit ſich auf
den Aeſten hätte hinbewegen ſehen, wenn er das Klagen, Pfeifen und Singen der Schwächeren gehört,
die boshaften Blicke bemerkt, welche ſie den Stärkeren zuwarfen, ſobald ſie dieſen in den Weg kamen
und nun von ihnen gebiſſen und geſchlagen wurden; wenn er die altklugen Geſichter der förmlich auf
den Rücken der Mütter angeleimten Jungen und zugleich die ernſthaften Mienen wahrgenommen
hätte, mit welchen auf der Reiſe jedes Blatt, jede Spalte nach Kerbthieren unterſucht und hier und
da ein fliegender Schmetterling, ein fliehender Käfer mit der äußerſten Geſchicklichkeit gefangen wurde.
Unter ſolchem Geſichterſchneiden mochten etwa vier-bis fünfhundert Kapuziner und Apellas über
uns weggeeilt ſein (denn eine andere Bewegung ſcheinen ſie gar nicht zu kennen), als ich jenem Drange
nicht mehr widerſtehen konnte. Wie vom Donner gerührt, blieben die unmittelbar über uns Be-
ſindlichen einen Augenblick bewegungslos ſitzen, ſtießen dann einen eigenthümlichen Schrei aus, der
vor, hinter und neben uns ſein Echo fand; alle ſahen ſich ängſtlich nach allen Seiten um, bis ſie uns
bemerkten, ſtarrten uns einen Augenblick an, wiederholten den Schrei noch greller, als das erſte Mal,

Brehm, Thierleben. 8
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[113/0171] Beſchreibung. Leben. Zwei andere Arten derſelben Sippe ſind der Apella (Cebus Apella) und der gehörnte Rollaffe (Cebus fatuellus). Beide Arten werden von manchen Forſchern nur als Abänderungen der vorhergehenden angeſehen, dürften ſich aber denn doch hinlänglich unterſcheiden. Der Apella oder braune Rollaffe vertritt den Cay in Guiana und iſt hier ſehr gemein. Da er in ſeiner Färbung vielfach abändert, iſt er nicht eben leicht zu beſchreiben. Sein Körperbau iſt ziemlich gedrungen; der verhältnißmäßig reichliche Pelz beſteht aus glänzenden Haaren, welche ſich auf dem Scheitel zu einem Schopfe erheben und im Geſicht zu einem Barte verlängern; ihre all- gemeine braunſchwarze Färbung geht auf Rücken, Schwanz und Schenkeln in Schwarz über; Geſicht und Kehle ſind gewöhnlich lichter, und auf dem Scheitel verläuft regelmäßig ein dunkler Streifen. Oft ſind auch die Seiten und die Beine lebhaft kaſtanienbraun gefärbt. Jn der Größe kommt das Thier dem Cay etwa gleich. Ueber das Freileben des Apella haben wir bis jetzt nur dürftige Berichte erhalten, Schom- burgk giebt noch die ausführlichſte und anziehendſte Schilderung. „Dicht an einen Baum gedrückt,‟ ſo erzählt er, „warteten wir die Affenherde ab. Der Vortrab erſchien jetzt vor uns, das Hauptheer [Abbildung Der draune Rollaffe (Cebus Apelia).] folgte bald und nach etwa einer Viertelſtunde auch der letzte Trupp, den ich freilich durch mein nicht mehr zu unterdrückendes Lachen in wilde Flucht zerſprengte. Wer hätte aber hier das Lachen unter- drücken können, wenn er die behenden Thiere mit ihrer übertriebenen Eile und Lebhaftigkeit ſich auf den Aeſten hätte hinbewegen ſehen, wenn er das Klagen, Pfeifen und Singen der Schwächeren gehört, die boshaften Blicke bemerkt, welche ſie den Stärkeren zuwarfen, ſobald ſie dieſen in den Weg kamen und nun von ihnen gebiſſen und geſchlagen wurden; wenn er die altklugen Geſichter der förmlich auf den Rücken der Mütter angeleimten Jungen und zugleich die ernſthaften Mienen wahrgenommen hätte, mit welchen auf der Reiſe jedes Blatt, jede Spalte nach Kerbthieren unterſucht und hier und da ein fliegender Schmetterling, ein fliehender Käfer mit der äußerſten Geſchicklichkeit gefangen wurde. Unter ſolchem Geſichterſchneiden mochten etwa vier-bis fünfhundert Kapuziner und Apellas über uns weggeeilt ſein (denn eine andere Bewegung ſcheinen ſie gar nicht zu kennen), als ich jenem Drange nicht mehr widerſtehen konnte. Wie vom Donner gerührt, blieben die unmittelbar über uns Be- ſindlichen einen Augenblick bewegungslos ſitzen, ſtießen dann einen eigenthümlichen Schrei aus, der vor, hinter und neben uns ſein Echo fand; alle ſahen ſich ängſtlich nach allen Seiten um, bis ſie uns bemerkten, ſtarrten uns einen Augenblick an, wiederholten den Schrei noch greller, als das erſte Mal, Brehm, Thierleben. 8

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/171>, abgerufen am 21.11.2024.