Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Familienbeschreibung der Pelzflatterer. einzige Sippe, aber auch eine eigene Familie: sie lassen sich eben keiner andern Gruppe unterordnen.Weder Affe oder Halbaffe noch Fledermaus, stehen sie einzig für sich allein zwischen beiden da und nur in anderen Ordnungen finden sich ähnliche Gestalten, welche aber mit ihnen durchaus keine Ver- wandtschaft haben. Der Familien- und Sippenname der Pelzflatterer oder Flattermakis ist Galeo- pithecus -- Wiesel- oder Katzenaffe -- und bezeichnet schon an und für sich die Unsicherheit der An- sichten jener ordnenden Forscher, welche den Namen für sie erwählten. Häufig werden sie auch unter dem Namen Dermoptera -- Hautflügler -- im System aufgeführt, obgleich dieser Name eigentlich überflüssig ist, weil jener immer der maßgebende und zuständige bleibt. Jn den neueren Sprachen giebt es sehr viele Bezeichnungen für sie, in Folge ihrer Zwitterhaftigkeit. Sie heißen im Deutschen noch fliegender Hund oder Fuchs, fliegende Katze, geflügelter Affe, Flattermaki, wunder- bare Fledermaus etc. Auch ihre Stellung im System ist keine gesicherte. Linne bringt sie zu den Makis, Cuvier zu den Fledermäusen, Geoffroy zu den echten Raubthieren, Oken zu den Beutelratzen, und jeder Einzelne scheint sich wegen Dessen, was er gethan, besonders verwahren zu müssen. So stehen die Armen allein und verlassen an der Grenze zweier Ordnungen, verkannt oder wenigstens als nirgends hinpassende, einsame Gesellen in der Thierreihe da und müssen froh sein, daß ihnen nur überhaupt ein stilles Plätzchen angewiesen wurde. Die Flattermakis sind katzengroße Thiere von schlankem Leibesbau, deren mittellange Glied- Wir beschreiben alle Pelzflatterer, wenn wir eine Art schildern; denn die Unterschiede zwischen den Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus rufus oder volans) ist einen Fuß und Die Heimat des rothen Flattermaki und aller seiner Verwandten sind die Sundainseln, Molukken Bontius erwähnt zuerst der sonderbaren Thiere in seiner Naturgeschichte Jndiens. "Jn Alle Flattermakis sind Nachtthiere. Bei Tage sieht man sie, wie die Fledermäuse, mit den Hinter- Familienbeſchreibung der Pelzflatterer. einzige Sippe, aber auch eine eigene Familie: ſie laſſen ſich eben keiner andern Gruppe unterordnen.Weder Affe oder Halbaffe noch Fledermaus, ſtehen ſie einzig für ſich allein zwiſchen beiden da und nur in anderen Ordnungen finden ſich ähnliche Geſtalten, welche aber mit ihnen durchaus keine Ver- wandtſchaft haben. Der Familien- und Sippenname der Pelzflatterer oder Flattermakis iſt Galeo- pithecus — Wieſel- oder Katzenaffe — und bezeichnet ſchon an und für ſich die Unſicherheit der An- ſichten jener ordnenden Forſcher, welche den Namen für ſie erwählten. Häufig werden ſie auch unter dem Namen Dermoptera — Hautflügler — im Syſtem aufgeführt, obgleich dieſer Name eigentlich überflüſſig iſt, weil jener immer der maßgebende und zuſtändige bleibt. Jn den neueren Sprachen giebt es ſehr viele Bezeichnungen für ſie, in Folge ihrer Zwitterhaftigkeit. Sie heißen im Deutſchen noch fliegender Hund oder Fuchs, fliegende Katze, geflügelter Affe, Flattermaki, wunder- bare Fledermaus ꝛc. Auch ihre Stellung im Syſtem iſt keine geſicherte. Linné bringt ſie zu den Makis, Cuvier zu den Fledermäuſen, Geoffroy zu den echten Raubthieren, Oken zu den Beutelratzen, und jeder Einzelne ſcheint ſich wegen Deſſen, was er gethan, beſonders verwahren zu müſſen. So ſtehen die Armen allein und verlaſſen an der Grenze zweier Ordnungen, verkannt oder wenigſtens als nirgends hinpaſſende, einſame Geſellen in der Thierreihe da und müſſen froh ſein, daß ihnen nur überhaupt ein ſtilles Plätzchen angewieſen wurde. Die Flattermakis ſind katzengroße Thiere von ſchlankem Leibesbau, deren mittellange Glied- Wir beſchreiben alle Pelzflatterer, wenn wir eine Art ſchildern; denn die Unterſchiede zwiſchen den Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus rufus oder volans) iſt einen Fuß und Die Heimat des rothen Flattermaki und aller ſeiner Verwandten ſind die Sundainſeln, Molukken Bontius erwähnt zuerſt der ſonderbaren Thiere in ſeiner Naturgeſchichte Jndiens. „Jn Alle Flattermakis ſind Nachtthiere. 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Die Augen ſind mäßig groß, die behaarten Ohren klein.<lb/> Jede Bruſt hat zwei Zitzen. — Das Merkwürdigſte am ganzen Thiere iſt ſeine Flatterhaut. Sie iſt<lb/> keine Flughaut, ſondern nur ein Fallſchirm, welcher den Leib zu weiten Sprüngen und langſamerem<lb/> Fallen befähigt. Mit der Flughaut der <hi rendition="#g">Fledermäuſe</hi> hat ſie keine Aehnlichkeit. Sie iſt eine Fort-<lb/> ſetzung der Leibeshaut, beginnt am Halſe, verbindet ſich mit dem Vorderbein, umhüllt dieſes bis zur<lb/> Hand, verläuft in gleichmäßiger Breite nach der Hinterhand und geht nun endlich nach der Schwanz-<lb/> ſpitze. 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Mit Einbruch der Nacht<lb/> erwachen ſie aus ihrem Schlummer, verändern ihre Stellung, indem ſie ſich mit allen vier Beinen an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0209]
Familienbeſchreibung der Pelzflatterer.
einzige Sippe, aber auch eine eigene Familie: ſie laſſen ſich eben keiner andern Gruppe unterordnen.
Weder Affe oder Halbaffe noch Fledermaus, ſtehen ſie einzig für ſich allein zwiſchen beiden da und
nur in anderen Ordnungen finden ſich ähnliche Geſtalten, welche aber mit ihnen durchaus keine Ver-
wandtſchaft haben. Der Familien- und Sippenname der Pelzflatterer oder Flattermakis iſt Galeo-
pithecus — Wieſel- oder Katzenaffe — und bezeichnet ſchon an und für ſich die Unſicherheit der An-
ſichten jener ordnenden Forſcher, welche den Namen für ſie erwählten. Häufig werden ſie auch unter
dem Namen Dermoptera — Hautflügler — im Syſtem aufgeführt, obgleich dieſer Name eigentlich
überflüſſig iſt, weil jener immer der maßgebende und zuſtändige bleibt. Jn den neueren Sprachen giebt
es ſehr viele Bezeichnungen für ſie, in Folge ihrer Zwitterhaftigkeit. Sie heißen im Deutſchen noch
fliegender Hund oder Fuchs, fliegende Katze, geflügelter Affe, Flattermaki, wunder-
bare Fledermaus ꝛc. Auch ihre Stellung im Syſtem iſt keine geſicherte. Linné bringt ſie zu den
Makis, Cuvier zu den Fledermäuſen, Geoffroy zu den echten Raubthieren, Oken zu den
Beutelratzen, und jeder Einzelne ſcheint ſich wegen Deſſen, was er gethan, beſonders verwahren zu
müſſen. So ſtehen die Armen allein und verlaſſen an der Grenze zweier Ordnungen, verkannt oder
wenigſtens als nirgends hinpaſſende, einſame Geſellen in der Thierreihe da und müſſen froh ſein,
daß ihnen nur überhaupt ein ſtilles Plätzchen angewieſen wurde.
Die Flattermakis ſind katzengroße Thiere von ſchlankem Leibesbau, deren mittellange Glied-
maßen durch eine breite und dick auf beiden Seiten behaarte Haut verbunden ſind. Jhre fünf Zehen
haben zurückziehbare Krallennägel und keinen der übrigen Hand entgegenſetzbaren Daumen. Der
Schwanz iſt kurz und ſteckt mit in der Flatterhaut. Der Kopf iſt verhältnißmäßig klein, die Schnauze
ſehr verlängert und das Gebiß von dem aller Affen und Aeffer abweichend; denn die Zähne bilden
eigentlich keine geſchloſſenen Reihen mehr, und die Schneidezähne des Unterkiefers ſind kammartig
gezackt oder an ihrer Krone vielfach getheilt. Die Augen ſind mäßig groß, die behaarten Ohren klein.
Jede Bruſt hat zwei Zitzen. — Das Merkwürdigſte am ganzen Thiere iſt ſeine Flatterhaut. Sie iſt
keine Flughaut, ſondern nur ein Fallſchirm, welcher den Leib zu weiten Sprüngen und langſamerem
Fallen befähigt. Mit der Flughaut der Fledermäuſe hat ſie keine Aehnlichkeit. Sie iſt eine Fort-
ſetzung der Leibeshaut, beginnt am Halſe, verbindet ſich mit dem Vorderbein, umhüllt dieſes bis zur
Hand, verläuft in gleichmäßiger Breite nach der Hinterhand und geht nun endlich nach der Schwanz-
ſpitze. So ſtecken alle Glieder gleichſam in ihr.
Wir beſchreiben alle Pelzflatterer, wenn wir eine Art ſchildern; denn die Unterſchiede zwiſchen den
zwei, drei oder vier Arten — die Meinungen ſind getheilt — beziehen ſich nur auf Größe, Zahnbau
und Haarfärbung, ſind alſo ganz unwefentlich zur Darſtellung der Lebensverhältniſſe unſerer Thiere.
Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus rufus oder volans) iſt einen Fuß und
zehn Zoll lang, wovon vier Zoll auf den Schwanz zu rechnen ſind, und von einem Saum der aus-
gebreiteten Flughaut zum andern zwei Fuß breit. Die Behaarung iſt auf dem Rücken dicht, an den
Vorderarmen aber ſpärlich; die Achſelgegend und die Seiten des Leibes ſind nackt. Braunroth iſt die
Hauptfarbe des erwachſenen Thieres; das Junge iſt oben bräunlichgrau, an den Seiten dunkelbraun
gewellt, und auf den Gliedmaßen und der Flatterhaut licht gefleckt.
Die Heimat des rothen Flattermaki und aller ſeiner Verwandten ſind die Sundainſeln, Molukken
und Filippinen, auch die Halbinſel Malakka und die ſie umgebenden kleinen Eilande.
Bontius erwähnt zuerſt der ſonderbaren Thiere in ſeiner Naturgeſchichte Jndiens. „Jn
Guzurata,‟ ſagt er, „giebt es wunderbare Fledermäuſe, welche den Reiſenden wegen ihrer Größe wie
ein Wunder vorkommen. Die Holländer nennen ſie geflügelte Affen.‟ Nach ihm haben andere
Beobachter ziemlich genaue Schilderungen der Lebensweiſe dieſer Thiere gegeben.
Alle Flattermakis ſind Nachtthiere. Bei Tage ſieht man ſie, wie die Fledermäuſe, mit den Hinter-
beinen angeklammert, oft maſſenweiſe auf dichtbelaubten Baumkronen hängen. Mit Einbruch der Nacht
erwachen ſie aus ihrem Schlummer, verändern ihre Stellung, indem ſie ſich mit allen vier Beinen an
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