am Bauche, in den Weichen oder an den Seiten, oder aber an mehreren dieser Theile zugleich; sie sind entweder frei oder beim Weibchen von einer Hautfalte, einem Beutel, eingeschlossen. Harn- und Geschlechtswerkzeuge münden bei der Mehrzahl abgesondert nach außen, bei einigen wenigen aber in den untern Mastdarm. Dies würden etwa die Merkmale sein, welche bedingt den Thieren der zweiten Reihe gemeinsam sind: die besonderen Eigenthümlichkeiten der Ordnungen und Familien wird uns deren Beschreibung kennen lehren.
Die Reihe der Krallenthiere enthält bei weitem die meisten aller Säuger. Sie zerfällt in drei familien- und artenreiche Ordnungen, in die der Raubthiere, Beutler und Nager nämlich. Jede dieser Ordnungen beansprucht als großes Ganze für sich eine eingehende Betrachtung ihrer Eigen- thümlichkeiten: -- sehen wir jetzt, worin diese bestehen.
Fünfte Ordnung. Raubthiere (Rapacia).
Kaum eine andere Abtheilung des Thierreichs umfaßt bei verhältnißmäßig gleicher Artenzahl einen größern Gestaltenreichthum, als die Ordnung der Raubthiere, welche wir als die höchststehenden der zweiten Reihe ansehen dürfen. Fast alle Leibesgrößen von der mittlern an bis zu der kleinsten herab, welche die ganze Klasse aufweist, sind in dieser Ordnung vertreten; die verschiedenartigsten Gestalten sind in ihr vereinigt. Von dem gewaltigen Löwen an bis zur Zwergspitzmaus herab -- welche Zwischenstufen, welche Manchfaltigkeit der Ausbildung einer und derselben Grundform! Kaum kann der Laie glauben, daß wirklich nur eine einzige Gestalt allen Raubthieren gemein ist, kaum ist er fähig, den einen Gedanken überall herauszufinden, welcher -- falls ich so sagen darf -- sich in jedem Raubthiere ausspricht: -- die Unterschiede in der Leibesbildung der Raubfänger sind gar zu groß! Hier der einhellig gebaute, anmuthige Katzenleib, dort der walzenförmige, plumpe Körper des Maulwurfs; hier die schlanke, zierliche Schleichkatze mit dem feinen, glatten Felle, dort der an das wüste Schwein erinnernde Jgel mit seinem Stachelkleide; hier der kräftige, derbe Hund, dort die schwache, zierliche Spitzmaus; hier der tölpisch langsame, schwere Bär und dort das behende, schnelle, leichte Wiesel: wie können sie alle einem Ganzen angehören? Und wie können sie sich alle vereinigen lassen, sie, von denen diese auf der Erde, jene unter ihr, die einen auf Bäumen, die anderen im Wasser wohnen und leben? -- Und doch sind sie alle nicht blos geistig, sondern auch leiblich innig verwandt.
Sämmtliche Raubthiere zeigen in ihrer leiblichen Ausrüstung und in ihrer geistigen Befähigung eine Einhelligkeit, wie kaum eine andere Ordnung; und diese Gleichmäßigkeit gerade stempelt sie zu ebenso hochstehenden, als sich innig verwandten Thieren. Schon die allen mehr oder weniger gemein- samen Sitten, die gleiche Lebensweise und Nahrung deuten darauf hin, daß Wesen und Sein der betreffenden Thiere, der Bau der Gliedmaßen ebensowohl, wie der des Gebisses und der Verdauungs- werkzeuge, wie die geistigen Fähigkeiten wesentlich gleichartig sein müssen. Und sie sind gleichartige Thiere! Verzerrungen und Absonderlichkeiten, fratzenhafte und widerliche Gestalten fehlen fast gänzlich unter den Raubthieren, und deshalb eben zeigen sie eine viel größere Einhelligkeit im Bau, als die Affen, Halbaffen oder Fledermäuse.
"Die Gliedmaßen der Raubthiere," sagt Giebel, "stehen im gleichen Verhältniß zu einander und in einem einhelligen zum ganzen Leibe, Gewandtheit und Kraft in ihren Bewegungen verrathend. Jmmer sind die Füße mit vier oder fünf starkbekrallten Zehen versehen. So zeigen sie sich zum
Die Raubthiere
am Bauche, in den Weichen oder an den Seiten, oder aber an mehreren dieſer Theile zugleich; ſie ſind entweder frei oder beim Weibchen von einer Hautfalte, einem Beutel, eingeſchloſſen. Harn- und Geſchlechtswerkzeuge münden bei der Mehrzahl abgeſondert nach außen, bei einigen wenigen aber in den untern Maſtdarm. Dies würden etwa die Merkmale ſein, welche bedingt den Thieren der zweiten Reihe gemeinſam ſind: die beſonderen Eigenthümlichkeiten der Ordnungen und Familien wird uns deren Beſchreibung kennen lehren.
Die Reihe der Krallenthiere enthält bei weitem die meiſten aller Säuger. Sie zerfällt in drei familien- und artenreiche Ordnungen, in die der Raubthiere, Beutler und Nager nämlich. Jede dieſer Ordnungen beanſprucht als großes Ganze für ſich eine eingehende Betrachtung ihrer Eigen- thümlichkeiten: — ſehen wir jetzt, worin dieſe beſtehen.
Fünfte Ordnung. Raubthiere (Rapacia).
Kaum eine andere Abtheilung des Thierreichs umfaßt bei verhältnißmäßig gleicher Artenzahl einen größern Geſtaltenreichthum, als die Ordnung der Raubthiere, welche wir als die höchſtſtehenden der zweiten Reihe anſehen dürfen. Faſt alle Leibesgrößen von der mittlern an bis zu der kleinſten herab, welche die ganze Klaſſe aufweiſt, ſind in dieſer Ordnung vertreten; die verſchiedenartigſten Geſtalten ſind in ihr vereinigt. Von dem gewaltigen Löwen an bis zur Zwergſpitzmaus herab — welche Zwiſchenſtufen, welche Manchfaltigkeit der Ausbildung einer und derſelben Grundform! Kaum kann der Laie glauben, daß wirklich nur eine einzige Geſtalt allen Raubthieren gemein iſt, kaum iſt er fähig, den einen Gedanken überall herauszufinden, welcher — falls ich ſo ſagen darf — ſich in jedem Raubthiere ausſpricht: — die Unterſchiede in der Leibesbildung der Raubfänger ſind gar zu groß! Hier der einhellig gebaute, anmuthige Katzenleib, dort der walzenförmige, plumpe Körper des Maulwurfs; hier die ſchlanke, zierliche Schleichkatze mit dem feinen, glatten Felle, dort der an das wüſte Schwein erinnernde Jgel mit ſeinem Stachelkleide; hier der kräftige, derbe Hund, dort die ſchwache, zierliche Spitzmaus; hier der tölpiſch langſame, ſchwere Bär und dort das behende, ſchnelle, leichte Wieſel: wie können ſie alle einem Ganzen angehören? Und wie können ſie ſich alle vereinigen laſſen, ſie, von denen dieſe auf der Erde, jene unter ihr, die einen auf Bäumen, die anderen im Waſſer wohnen und leben? — Und doch ſind ſie alle nicht blos geiſtig, ſondern auch leiblich innig verwandt.
Sämmtliche Raubthiere zeigen in ihrer leiblichen Ausrüſtung und in ihrer geiſtigen Befähigung eine Einhelligkeit, wie kaum eine andere Ordnung; und dieſe Gleichmäßigkeit gerade ſtempelt ſie zu ebenſo hochſtehenden, als ſich innig verwandten Thieren. Schon die allen mehr oder weniger gemein- ſamen Sitten, die gleiche Lebensweiſe und Nahrung deuten darauf hin, daß Weſen und Sein der betreffenden Thiere, der Bau der Gliedmaßen ebenſowohl, wie der des Gebiſſes und der Verdauungs- werkzeuge, wie die geiſtigen Fähigkeiten weſentlich gleichartig ſein müſſen. Und ſie ſind gleichartige Thiere! Verzerrungen und Abſonderlichkeiten, fratzenhafte und widerliche Geſtalten fehlen faſt gänzlich unter den Raubthieren, und deshalb eben zeigen ſie eine viel größere Einhelligkeit im Bau, als die Affen, Halbaffen oder Fledermäuſe.
„Die Gliedmaßen der Raubthiere,‟ ſagt Giebel, „ſtehen im gleichen Verhältniß zu einander und in einem einhelligen zum ganzen Leibe, Gewandtheit und Kraft in ihren Bewegungen verrathend. Jmmer ſind die Füße mit vier oder fünf ſtarkbekrallten Zehen verſehen. So zeigen ſie ſich zum
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Die Raubthiere
am Bauche, in den Weichen oder an den Seiten, oder aber an mehreren dieſer Theile zugleich; ſie
ſind entweder frei oder beim Weibchen von einer Hautfalte, einem Beutel, eingeſchloſſen. Harn- und
Geſchlechtswerkzeuge münden bei der Mehrzahl abgeſondert nach außen, bei einigen wenigen aber in
den untern Maſtdarm. Dies würden etwa die Merkmale ſein, welche bedingt den Thieren der
zweiten Reihe gemeinſam ſind: die beſonderen Eigenthümlichkeiten der Ordnungen und Familien wird
uns deren Beſchreibung kennen lehren.
Die Reihe der Krallenthiere enthält bei weitem die meiſten aller Säuger. Sie zerfällt in drei
familien- und artenreiche Ordnungen, in die der Raubthiere, Beutler und Nager nämlich. Jede
dieſer Ordnungen beanſprucht als großes Ganze für ſich eine eingehende Betrachtung ihrer Eigen-
thümlichkeiten: — ſehen wir jetzt, worin dieſe beſtehen.
Fünfte Ordnung.
Raubthiere (Rapacia).
Kaum eine andere Abtheilung des Thierreichs umfaßt bei verhältnißmäßig gleicher Artenzahl
einen größern Geſtaltenreichthum, als die Ordnung der Raubthiere, welche wir als die höchſtſtehenden
der zweiten Reihe anſehen dürfen. Faſt alle Leibesgrößen von der mittlern an bis zu der kleinſten
herab, welche die ganze Klaſſe aufweiſt, ſind in dieſer Ordnung vertreten; die verſchiedenartigſten
Geſtalten ſind in ihr vereinigt. Von dem gewaltigen Löwen an bis zur Zwergſpitzmaus herab —
welche Zwiſchenſtufen, welche Manchfaltigkeit der Ausbildung einer und derſelben Grundform! Kaum
kann der Laie glauben, daß wirklich nur eine einzige Geſtalt allen Raubthieren gemein iſt, kaum iſt er
fähig, den einen Gedanken überall herauszufinden, welcher — falls ich ſo ſagen darf — ſich in jedem
Raubthiere ausſpricht: — die Unterſchiede in der Leibesbildung der Raubfänger ſind gar zu groß!
Hier der einhellig gebaute, anmuthige Katzenleib, dort der walzenförmige, plumpe Körper des
Maulwurfs; hier die ſchlanke, zierliche Schleichkatze mit dem feinen, glatten Felle, dort der an
das wüſte Schwein erinnernde Jgel mit ſeinem Stachelkleide; hier der kräftige, derbe Hund, dort
die ſchwache, zierliche Spitzmaus; hier der tölpiſch langſame, ſchwere Bär und dort das behende,
ſchnelle, leichte Wieſel: wie können ſie alle einem Ganzen angehören? Und wie können ſie ſich alle
vereinigen laſſen, ſie, von denen dieſe auf der Erde, jene unter ihr, die einen auf Bäumen, die
anderen im Waſſer wohnen und leben? — Und doch ſind ſie alle nicht blos geiſtig, ſondern auch
leiblich innig verwandt.
Sämmtliche Raubthiere zeigen in ihrer leiblichen Ausrüſtung und in ihrer geiſtigen Befähigung
eine Einhelligkeit, wie kaum eine andere Ordnung; und dieſe Gleichmäßigkeit gerade ſtempelt ſie zu
ebenſo hochſtehenden, als ſich innig verwandten Thieren. Schon die allen mehr oder weniger gemein-
ſamen Sitten, die gleiche Lebensweiſe und Nahrung deuten darauf hin, daß Weſen und Sein der
betreffenden Thiere, der Bau der Gliedmaßen ebenſowohl, wie der des Gebiſſes und der Verdauungs-
werkzeuge, wie die geiſtigen Fähigkeiten weſentlich gleichartig ſein müſſen. Und ſie ſind gleichartige
Thiere! Verzerrungen und Abſonderlichkeiten, fratzenhafte und widerliche Geſtalten fehlen faſt gänzlich
unter den Raubthieren, und deshalb eben zeigen ſie eine viel größere Einhelligkeit im Bau, als die
Affen, Halbaffen oder Fledermäuſe.
„Die Gliedmaßen der Raubthiere,‟ ſagt Giebel, „ſtehen im gleichen Verhältniß zu einander
und in einem einhelligen zum ganzen Leibe, Gewandtheit und Kraft in ihren Bewegungen verrathend.
Jmmer ſind die Füße mit vier oder fünf ſtarkbekrallten Zehen verſehen. So zeigen ſie ſich zum
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/238>, abgerufen am 24.11.2024.
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