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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Katzen. -- Der Löwe der Berberei.
Löwen lang aus schwarzen und braunen Haaren zusammengesetzt, bei dem Löwen von Guzurate
aber nur aus kurzen, dünnen, gekrümmten Haaren gebildet, bei diesem einfarbig, bei jenem gemischt.
Jch will die verschiedenen Formen des Löwen weiter unten kurz beschreiben und darf es dann jedem
meiner Leser überlassen, sich selbst ein Urtheil zu bilden: einstweilen wenden wir unsere Aufmerksamkeit
der stolzesten und königlichsten Art, dem Löwen der Berberei zu; denn er ist es, welcher seit den
ältesten Zeiten wegen seines Muthes, seiner Kühnheit und Kraft, wegen seiner Tapferkeit, seiner
Stärke, seines Heldensinnes, seines Adels und seiner Großmuth, seines Ernstes und seiner Ruhe be-
kannt geworden ist, und den Namen König der Thiere erhalten hat. Er ist in der That das stärkste,
muthigste und berühmteste aller Raubthiere, die gewaltigste Katze unter allen, der gefährlichste und
wildeste aller übrigen Löwen. Unbezwingliche Kraft, Selbstvertrauen, kühler, sicherer Muth und
Siegesgewißheit im Kampfe spiegelt sich in seinem Aussehen. Hoch aufgerichtet ist der Rumpf, noch
höher gehalten der Kopf, majestätisch ist sein Blick, würdevoll, achtunggebietend seine Haltung. Alles
an ihm zeugt von Adel, jede Bewegung ist gemessen und würdig, Körper und Geist stehen im
vollsten Einklange.

Der Löwe der Berberei (Leo barbarus) hat einen starken, gedrungenen Leibesban, wie die
übrigen, sein Vorderleib ist viel stärker, als der Hinterleib, denn die Brust ist breit und die Weichen
sind schlank. Der dicke, fast viereckige Kopf verlängert sich in eine breite und stumpfe Schnauze, die
Ohren sind abgerundet, die Augen nur mittelgroß, aber lebendig und feurig; der lange Schwanz endigt
mit einem kurzen Stachel und wird von einer flockigen Quaste bedeckt; die Glieder sind gedrungen
und außerordentlich kräftig, die Pranken die größten, vielleicht auch verhältnißmäßig die größten aller
Katzen. Ein glatter, kurzer Pelz von lebhaft röthlichgelber oder fahlbrauner Farbe bedeckt das Gesicht,
den Rücken, die Seiten, die Beine und den Schwanz; hier und da endigen die Haare mit schwarzen
Spitzen oder sind völlig schwarz, und hierdurch entsteht eben jene gemischte Farbe. Kopf und Hals sind
von einer starken und dichten Mähne umgeben, welche aus langen, schlichten, in Flechten herabfallenden
Haaren besteht, die vorn bis zur Handwurzel und hinten fast bis zur Hälfte des Rückens und der
Seiten herabreichen. Auch der Unterleib trägt seiner ganzen Länge nach dichtgestellte, schlichte Haare;
selbst an den Ellbogen und den Vordertheilen der Schenkel stehen wenigstens noch Haarbüschel. Am
Kopfe und am Halse ist die eigentlich fahlgelbe Mähne mit rostschwarzen Haaren untermengt, welche
letztere namentlich an den Seitentheilen des Nackens reichlich herabfallen und, mit Fahlgelb gemischt,
auch in der ganzen schwarzen Bauchmähne und den schwarzen Haarbüscheln, an den Ellbogen und
Schenkeln und an der Schwanzquaste sich finden. Dies gilt von dem männlichen ausgewachsenen
Löwen, dessen Höhe am Widerrist über 21/2 Fuß, bei 51/2 Fuß Körperlänge und 21/2 Fuß Schwanz-
länge beträgt. Es ergiebt sich somit eine Gesammtlänge des Thieres, von der Schnauzenspitze bis
zum Schwanzende an gerechnet, von sieben vollen Fußen. Neugeborne Löwen sind etwa einen Fuß
lang; sie haben weder eine Mähne, noch eine Schwanzauaste, sondern sind mit wolligen, graulichen
Haaren bedeckt und am Kopfe und an den Beinen schwarz gefleckt, an den Seiten, über dem Rücken
und am Schwanze aber mit kleinen, schwarzen Querstrichen gebändert und auf der Firste des Rückens
schwarz gezeichnet. Aber schon im ersten Jahre verschwinden die Flecken und Streifen, im zweiten
Jahre ist die Grundfarbe ein gleichmäßiges Fahlgelb geworden, und im dritten Jahre erscheinen die
Zeichen der Mannbarkeit. Die Löwin ähnelt immer mehr oder weniger dem jüngern Thiere, nament-
lich der gleichlange oder nur äußerst wenig am Vorderkörper verlängerte Haarpelz zeichnet sie vor
dem Männchen aus.

Jn früheren Zeiten waren die Löwen weit verbreiteter, als gegenwärtig, wo sie aus den stark
bevölkerten Gegenden schon beinah gänzlich verdrängt worden sind. Sie fanden sich noch zu den
Römerzeiten nicht nur in ganz Afrika und dem südwestlichen Asien, sondern auch in Griechenland und
Macedonien, wo sie bereits seit mehr als anderthalbtausend Jahren vollständig verdrängt worden
sind. Der Löwe der Berberei lebte früher im ganzen nordöstlichen Afrika und war in Egypten fast

Die Raubthiere. Katzen. — Der Löwe der Berberei.
Löwen lang aus ſchwarzen und braunen Haaren zuſammengeſetzt, bei dem Löwen von Guzurate
aber nur aus kurzen, dünnen, gekrümmten Haaren gebildet, bei dieſem einfarbig, bei jenem gemiſcht.
Jch will die verſchiedenen Formen des Löwen weiter unten kurz beſchreiben und darf es dann jedem
meiner Leſer überlaſſen, ſich ſelbſt ein Urtheil zu bilden: einſtweilen wenden wir unſere Aufmerkſamkeit
der ſtolzeſten und königlichſten Art, dem Löwen der Berberei zu; denn er iſt es, welcher ſeit den
älteſten Zeiten wegen ſeines Muthes, ſeiner Kühnheit und Kraft, wegen ſeiner Tapferkeit, ſeiner
Stärke, ſeines Heldenſinnes, ſeines Adels und ſeiner Großmuth, ſeines Ernſtes und ſeiner Ruhe be-
kannt geworden iſt, und den Namen König der Thiere erhalten hat. Er iſt in der That das ſtärkſte,
muthigſte und berühmteſte aller Raubthiere, die gewaltigſte Katze unter allen, der gefährlichſte und
wildeſte aller übrigen Löwen. Unbezwingliche Kraft, Selbſtvertrauen, kühler, ſicherer Muth und
Siegesgewißheit im Kampfe ſpiegelt ſich in ſeinem Ausſehen. Hoch aufgerichtet iſt der Rumpf, noch
höher gehalten der Kopf, majeſtätiſch iſt ſein Blick, würdevoll, achtunggebietend ſeine Haltung. Alles
an ihm zeugt von Adel, jede Bewegung iſt gemeſſen und würdig, Körper und Geiſt ſtehen im
vollſten Einklange.

Der Löwe der Berberei (Leo barbarus) hat einen ſtarken, gedrungenen Leibesban, wie die
übrigen, ſein Vorderleib iſt viel ſtärker, als der Hinterleib, denn die Bruſt iſt breit und die Weichen
ſind ſchlank. Der dicke, faſt viereckige Kopf verlängert ſich in eine breite und ſtumpfe Schnauze, die
Ohren ſind abgerundet, die Augen nur mittelgroß, aber lebendig und feurig; der lange Schwanz endigt
mit einem kurzen Stachel und wird von einer flockigen Quaſte bedeckt; die Glieder ſind gedrungen
und außerordentlich kräftig, die Pranken die größten, vielleicht auch verhältnißmäßig die größten aller
Katzen. Ein glatter, kurzer Pelz von lebhaft röthlichgelber oder fahlbrauner Farbe bedeckt das Geſicht,
den Rücken, die Seiten, die Beine und den Schwanz; hier und da endigen die Haare mit ſchwarzen
Spitzen oder ſind völlig ſchwarz, und hierdurch entſteht eben jene gemiſchte Farbe. Kopf und Hals ſind
von einer ſtarken und dichten Mähne umgeben, welche aus langen, ſchlichten, in Flechten herabfallenden
Haaren beſteht, die vorn bis zur Handwurzel und hinten faſt bis zur Hälfte des Rückens und der
Seiten herabreichen. Auch der Unterleib trägt ſeiner ganzen Länge nach dichtgeſtellte, ſchlichte Haare;
ſelbſt an den Ellbogen und den Vordertheilen der Schenkel ſtehen wenigſtens noch Haarbüſchel. Am
Kopfe und am Halſe iſt die eigentlich fahlgelbe Mähne mit roſtſchwarzen Haaren untermengt, welche
letztere namentlich an den Seitentheilen des Nackens reichlich herabfallen und, mit Fahlgelb gemiſcht,
auch in der ganzen ſchwarzen Bauchmähne und den ſchwarzen Haarbüſcheln, an den Ellbogen und
Schenkeln und an der Schwanzquaſte ſich finden. Dies gilt von dem männlichen ausgewachſenen
Löwen, deſſen Höhe am Widerriſt über 2½ Fuß, bei 5½ Fuß Körperlänge und 2½ Fuß Schwanz-
länge beträgt. Es ergiebt ſich ſomit eine Geſammtlänge des Thieres, von der Schnauzenſpitze bis
zum Schwanzende an gerechnet, von ſieben vollen Fußen. Neugeborne Löwen ſind etwa einen Fuß
lang; ſie haben weder eine Mähne, noch eine Schwanzauaſte, ſondern ſind mit wolligen, graulichen
Haaren bedeckt und am Kopfe und an den Beinen ſchwarz gefleckt, an den Seiten, über dem Rücken
und am Schwanze aber mit kleinen, ſchwarzen Querſtrichen gebändert und auf der Firſte des Rückens
ſchwarz gezeichnet. Aber ſchon im erſten Jahre verſchwinden die Flecken und Streifen, im zweiten
Jahre iſt die Grundfarbe ein gleichmäßiges Fahlgelb geworden, und im dritten Jahre erſcheinen die
Zeichen der Mannbarkeit. Die Löwin ähnelt immer mehr oder weniger dem jüngern Thiere, nament-
lich der gleichlange oder nur äußerſt wenig am Vorderkörper verlängerte Haarpelz zeichnet ſie vor
dem Männchen aus.

Jn früheren Zeiten waren die Löwen weit verbreiteter, als gegenwärtig, wo ſie aus den ſtark
bevölkerten Gegenden ſchon beinah gänzlich verdrängt worden ſind. Sie fanden ſich noch zu den
Römerzeiten nicht nur in ganz Afrika und dem ſüdweſtlichen Aſien, ſondern auch in Griechenland und
Macedonien, wo ſie bereits ſeit mehr als anderthalbtauſend Jahren vollſtändig verdrängt worden
ſind. Der Löwe der Berberei lebte früher im ganzen nordöſtlichen Afrika und war in Egypten faſt

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[190/0248] Die Raubthiere. Katzen. — Der Löwe der Berberei. Löwen lang aus ſchwarzen und braunen Haaren zuſammengeſetzt, bei dem Löwen von Guzurate aber nur aus kurzen, dünnen, gekrümmten Haaren gebildet, bei dieſem einfarbig, bei jenem gemiſcht. Jch will die verſchiedenen Formen des Löwen weiter unten kurz beſchreiben und darf es dann jedem meiner Leſer überlaſſen, ſich ſelbſt ein Urtheil zu bilden: einſtweilen wenden wir unſere Aufmerkſamkeit der ſtolzeſten und königlichſten Art, dem Löwen der Berberei zu; denn er iſt es, welcher ſeit den älteſten Zeiten wegen ſeines Muthes, ſeiner Kühnheit und Kraft, wegen ſeiner Tapferkeit, ſeiner Stärke, ſeines Heldenſinnes, ſeines Adels und ſeiner Großmuth, ſeines Ernſtes und ſeiner Ruhe be- kannt geworden iſt, und den Namen König der Thiere erhalten hat. Er iſt in der That das ſtärkſte, muthigſte und berühmteſte aller Raubthiere, die gewaltigſte Katze unter allen, der gefährlichſte und wildeſte aller übrigen Löwen. Unbezwingliche Kraft, Selbſtvertrauen, kühler, ſicherer Muth und Siegesgewißheit im Kampfe ſpiegelt ſich in ſeinem Ausſehen. Hoch aufgerichtet iſt der Rumpf, noch höher gehalten der Kopf, majeſtätiſch iſt ſein Blick, würdevoll, achtunggebietend ſeine Haltung. Alles an ihm zeugt von Adel, jede Bewegung iſt gemeſſen und würdig, Körper und Geiſt ſtehen im vollſten Einklange. Der Löwe der Berberei (Leo barbarus) hat einen ſtarken, gedrungenen Leibesban, wie die übrigen, ſein Vorderleib iſt viel ſtärker, als der Hinterleib, denn die Bruſt iſt breit und die Weichen ſind ſchlank. Der dicke, faſt viereckige Kopf verlängert ſich in eine breite und ſtumpfe Schnauze, die Ohren ſind abgerundet, die Augen nur mittelgroß, aber lebendig und feurig; der lange Schwanz endigt mit einem kurzen Stachel und wird von einer flockigen Quaſte bedeckt; die Glieder ſind gedrungen und außerordentlich kräftig, die Pranken die größten, vielleicht auch verhältnißmäßig die größten aller Katzen. Ein glatter, kurzer Pelz von lebhaft röthlichgelber oder fahlbrauner Farbe bedeckt das Geſicht, den Rücken, die Seiten, die Beine und den Schwanz; hier und da endigen die Haare mit ſchwarzen Spitzen oder ſind völlig ſchwarz, und hierdurch entſteht eben jene gemiſchte Farbe. Kopf und Hals ſind von einer ſtarken und dichten Mähne umgeben, welche aus langen, ſchlichten, in Flechten herabfallenden Haaren beſteht, die vorn bis zur Handwurzel und hinten faſt bis zur Hälfte des Rückens und der Seiten herabreichen. Auch der Unterleib trägt ſeiner ganzen Länge nach dichtgeſtellte, ſchlichte Haare; ſelbſt an den Ellbogen und den Vordertheilen der Schenkel ſtehen wenigſtens noch Haarbüſchel. Am Kopfe und am Halſe iſt die eigentlich fahlgelbe Mähne mit roſtſchwarzen Haaren untermengt, welche letztere namentlich an den Seitentheilen des Nackens reichlich herabfallen und, mit Fahlgelb gemiſcht, auch in der ganzen ſchwarzen Bauchmähne und den ſchwarzen Haarbüſcheln, an den Ellbogen und Schenkeln und an der Schwanzquaſte ſich finden. Dies gilt von dem männlichen ausgewachſenen Löwen, deſſen Höhe am Widerriſt über 2½ Fuß, bei 5½ Fuß Körperlänge und 2½ Fuß Schwanz- länge beträgt. Es ergiebt ſich ſomit eine Geſammtlänge des Thieres, von der Schnauzenſpitze bis zum Schwanzende an gerechnet, von ſieben vollen Fußen. Neugeborne Löwen ſind etwa einen Fuß lang; ſie haben weder eine Mähne, noch eine Schwanzauaſte, ſondern ſind mit wolligen, graulichen Haaren bedeckt und am Kopfe und an den Beinen ſchwarz gefleckt, an den Seiten, über dem Rücken und am Schwanze aber mit kleinen, ſchwarzen Querſtrichen gebändert und auf der Firſte des Rückens ſchwarz gezeichnet. Aber ſchon im erſten Jahre verſchwinden die Flecken und Streifen, im zweiten Jahre iſt die Grundfarbe ein gleichmäßiges Fahlgelb geworden, und im dritten Jahre erſcheinen die Zeichen der Mannbarkeit. Die Löwin ähnelt immer mehr oder weniger dem jüngern Thiere, nament- lich der gleichlange oder nur äußerſt wenig am Vorderkörper verlängerte Haarpelz zeichnet ſie vor dem Männchen aus. Jn früheren Zeiten waren die Löwen weit verbreiteter, als gegenwärtig, wo ſie aus den ſtark bevölkerten Gegenden ſchon beinah gänzlich verdrängt worden ſind. Sie fanden ſich noch zu den Römerzeiten nicht nur in ganz Afrika und dem ſüdweſtlichen Aſien, ſondern auch in Griechenland und Macedonien, wo ſie bereits ſeit mehr als anderthalbtauſend Jahren vollſtändig verdrängt worden ſind. Der Löwe der Berberei lebte früher im ganzen nordöſtlichen Afrika und war in Egypten faſt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/248>, abgerufen am 22.11.2024.