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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung. Heimat. Aufenthalt. Nahrung. Eine Affenjagd.
wo es gar keine Wälder giebt, und versteckt sich dort sehr geschickt zwischen den Gräsern, ohne sich
jemals in eine Höhle zurückzuziehen. "Jm Walde besteigt er die Bäume," wie Azara sagt, "mit
einem Satze, selbst solche mit senkrechten Stämmen und springt dann auch in Einem wieder von oben
nach unten." Gerade hierdurch unterscheidet er sich von anderen Katzen und namentlich vom Jaguar,
welcher nach Art unsers Hausgenossen Hinz klettert. Die Ufer der Ströme und Flüsse, sowie
Gegenden, welche öfters überschwemmt werden, scheint der Kuguar nicht zu lieben. -- Er hat weder
ein Lager, noch einen bestimmten Aufenthalt. Den Tag bringt er schlafend auf Bäumen, im Gebüsch
oder im hohen Grase zu, des Abends und des Nachts geht er auf Raub aus und legt bei seinen
Streifereien oft in einer einzigen Nacht mehrere Stunden zurück, so daß ihn die Jäger nicht immer
nahe der Stelle antreffen, wo er erst Beute gemacht hat.

Hinsichtlich seines Aussehens nähert sich der Kuguar den altweltlichen Katzen mittlerer Größe.
Seine schlanke Gestalt, der kleine Kopf und der lange Schwanz geben schon im voraus zu erkennen,
daß er ein behendes Thier ist. Alle seine Bewegungen sind leicht und kräftig, er kann Sprünge von
zwanzig und mehr Fuß machen. Das Auge ist groß und ruhig, und der Blick hat keinen Ausdruck
von Wildheit. Jn der Nacht und bei der Dämmerung sieht er besser, als bei hellem Tage, doch
scheint ihn das Sonnenlicht nicht eben sehr zu blenden. Sein Geruch ist schwach, sein Gehör dagegen
außerst scharf. Nur in der höchsten Noth zeigt er Muth; sonst entflieht er immer vor den Menschen
und vor Hunden. Aber gegen wehrlose Thiere ist er höchst grausam, grausamer, als alle übrigen
Katzen der neuen Welt.

Alle kleineren, schwachen Säugethiere dienen ihm zur Nahrung: die Agutis und Paccas,
Rehe, Koatis, Schafe,
ganz junge Kälber und Füllen, wenn die letzteren von ihrer Mutter
getrennt sind. Selbst die behenden Affen und der leichtfüßige Strauß sind vor seinen Angriffen
nicht sicher; denn er beherrscht die Höhe, wie den Boden. Nur sehr selten kann man ihn bei seinen
Jagden beobachten. Sein scharfes Gehör verkündet ihm rechtzeitig die Ankunft des Menschen, und
dann entflieht er zu schnell, als daß man sich ihm unvermerkt nähern könnte. Zudem geht er auch
meistens erst nachts auf Raub aus, und dann ist es für den Menschen nicht gerathen, sich in seinem
Gebiete herumzutreiben. Er beschleicht sein Wild nach Katzenart und erhascht es, wenn er sich genähert
hat, durch einen Sprung. Verfehlt er seine Beute, so verfolgt er dieselbe, gegen Gewohnheit seiner
Verwandten, in weiten Sprüngen, wenn auch nicht lange. Reugger beobachtete ihn einmal auf der
Affenjagd. Der flötende Ruf einiger Kapuzineraffen machte den Forscher aufmerksam, und er
ergriff sein Gewehr, um einen oder mehrere zu erlegen. Plötzlich aber erhob die ganze Affengesell-
schaft ein krächzendes Geschrei und floh auf ihn zu. Mit der ihnen eigenen Behendigkeit schwangen
sich die Thiere von Ast zu Ast, von Baum zu Baum; aber sie drückten durch ihre kläglichen Töne und
mehr noch dadurch, daß sie unaufhörlich ihren Koth entfallen ließen, großes Entsetzen aus. Ein
Kuguar verfolgte sie und setzte in Sprüngen von 15 bis 20 Fuß von Baum zu Baum ihnen gierig
nach. Mit unglaublicher Gewandtheit schlüpfte er durch die von Schlingpflanzen umwundenen und ver-
wickelten Aeste, wagte sich auf denselben hinaus, bis sie sich niederbogen und nahm dann einen sichern
Sprung auf ein Astende des nächsten Baumes.

Wenn der Kugnar eine Beute ergriffen hat, reißt er ihr sofort den Hals auf und leckt, ehe er
von derselben zu fressen anfängt, zuerst ihr Blut. Kleine Thiere zehrt er ganz auf, von größeren frißt
er einen Theil, gewöhnlich den vordern, und bedeckt das Uebrige, wie Azara beobachtete, mit Stroh
oder Sand. Gesättigt zieht er sich nach einem Schlupfwinkel zurück und überläßt sich dem Schlafe;
selten aber bleibt er in der Nähe seiner Beute, sondern entfernt sich oft eine halbe Meile und noch
weiter davon. Jn der folgenden Nacht kehrt er, falls ihm kein neuer Raub aufstößt, zu dem Reste
seines gestrigen Mahles zurück; findet er aber Beute, so läßt er das Aas ruhig liegen. Jn Fäulniß
übergegangenes Fleisch berührt er niemals. Das Blut liebt er weit mehr, als das Fleisch, und des-
halb begnügt er sich nicht, ein einziges Thier zu erlegen, wenn er mehrerer habhaft werden kann.
Diese Blutgier macht ihn zu einem außerordentlich schädlichen Feinde der Hirten. Ein Kuguar tödtete

Beſchreibung. Heimat. Aufenthalt. Nahrung. Eine Affenjagd.
wo es gar keine Wälder giebt, und verſteckt ſich dort ſehr geſchickt zwiſchen den Gräſern, ohne ſich
jemals in eine Höhle zurückzuziehen. „Jm Walde beſteigt er die Bäume,‟ wie Azara ſagt, „mit
einem Satze, ſelbſt ſolche mit ſenkrechten Stämmen und ſpringt dann auch in Einem wieder von oben
nach unten.‟ Gerade hierdurch unterſcheidet er ſich von anderen Katzen und namentlich vom Jaguar,
welcher nach Art unſers Hausgenoſſen Hinz klettert. Die Ufer der Ströme und Flüſſe, ſowie
Gegenden, welche öfters überſchwemmt werden, ſcheint der Kuguar nicht zu lieben. — Er hat weder
ein Lager, noch einen beſtimmten Aufenthalt. Den Tag bringt er ſchlafend auf Bäumen, im Gebüſch
oder im hohen Graſe zu, des Abends und des Nachts geht er auf Raub aus und legt bei ſeinen
Streifereien oft in einer einzigen Nacht mehrere Stunden zurück, ſo daß ihn die Jäger nicht immer
nahe der Stelle antreffen, wo er erſt Beute gemacht hat.

Hinſichtlich ſeines Ausſehens nähert ſich der Kuguar den altweltlichen Katzen mittlerer Größe.
Seine ſchlanke Geſtalt, der kleine Kopf und der lange Schwanz geben ſchon im voraus zu erkennen,
daß er ein behendes Thier iſt. Alle ſeine Bewegungen ſind leicht und kräftig, er kann Sprünge von
zwanzig und mehr Fuß machen. Das Auge iſt groß und ruhig, und der Blick hat keinen Ausdruck
von Wildheit. Jn der Nacht und bei der Dämmerung ſieht er beſſer, als bei hellem Tage, doch
ſcheint ihn das Sonnenlicht nicht eben ſehr zu blenden. Sein Geruch iſt ſchwach, ſein Gehör dagegen
außerſt ſcharf. Nur in der höchſten Noth zeigt er Muth; ſonſt entflieht er immer vor den Menſchen
und vor Hunden. Aber gegen wehrloſe Thiere iſt er höchſt grauſam, grauſamer, als alle übrigen
Katzen der neuen Welt.

Alle kleineren, ſchwachen Säugethiere dienen ihm zur Nahrung: die Agutis und Paccas,
Rehe, Koatis, Schafe,
ganz junge Kälber und Füllen, wenn die letzteren von ihrer Mutter
getrennt ſind. Selbſt die behenden Affen und der leichtfüßige Strauß ſind vor ſeinen Angriffen
nicht ſicher; denn er beherrſcht die Höhe, wie den Boden. Nur ſehr ſelten kann man ihn bei ſeinen
Jagden beobachten. Sein ſcharfes Gehör verkündet ihm rechtzeitig die Ankunft des Menſchen, und
dann entflieht er zu ſchnell, als daß man ſich ihm unvermerkt nähern könnte. Zudem geht er auch
meiſtens erſt nachts auf Raub aus, und dann iſt es für den Menſchen nicht gerathen, ſich in ſeinem
Gebiete herumzutreiben. Er beſchleicht ſein Wild nach Katzenart und erhaſcht es, wenn er ſich genähert
hat, durch einen Sprung. Verfehlt er ſeine Beute, ſo verfolgt er dieſelbe, gegen Gewohnheit ſeiner
Verwandten, in weiten Sprüngen, wenn auch nicht lange. Reugger beobachtete ihn einmal auf der
Affenjagd. Der flötende Ruf einiger Kapuzineraffen machte den Forſcher aufmerkſam, und er
ergriff ſein Gewehr, um einen oder mehrere zu erlegen. Plötzlich aber erhob die ganze Affengeſell-
ſchaft ein krächzendes Geſchrei und floh auf ihn zu. Mit der ihnen eigenen Behendigkeit ſchwangen
ſich die Thiere von Aſt zu Aſt, von Baum zu Baum; aber ſie drückten durch ihre kläglichen Töne und
mehr noch dadurch, daß ſie unaufhörlich ihren Koth entfallen ließen, großes Entſetzen aus. Ein
Kuguar verfolgte ſie und ſetzte in Sprüngen von 15 bis 20 Fuß von Baum zu Baum ihnen gierig
nach. Mit unglaublicher Gewandtheit ſchlüpfte er durch die von Schlingpflanzen umwundenen und ver-
wickelten Aeſte, wagte ſich auf denſelben hinaus, bis ſie ſich niederbogen und nahm dann einen ſichern
Sprung auf ein Aſtende des nächſten Baumes.

Wenn der Kugnar eine Beute ergriffen hat, reißt er ihr ſofort den Hals auf und leckt, ehe er
von derſelben zu freſſen anfängt, zuerſt ihr Blut. Kleine Thiere zehrt er ganz auf, von größeren frißt
er einen Theil, gewöhnlich den vordern, und bedeckt das Uebrige, wie Azara beobachtete, mit Stroh
oder Sand. Geſättigt zieht er ſich nach einem Schlupfwinkel zurück und überläßt ſich dem Schlafe;
ſelten aber bleibt er in der Nähe ſeiner Beute, ſondern entfernt ſich oft eine halbe Meile und noch
weiter davon. Jn der folgenden Nacht kehrt er, falls ihm kein neuer Raub aufſtößt, zu dem Reſte
ſeines geſtrigen Mahles zurück; findet er aber Beute, ſo läßt er das Aas ruhig liegen. Jn Fäulniß
übergegangenes Fleiſch berührt er niemals. Das Blut liebt er weit mehr, als das Fleiſch, und des-
halb begnügt er ſich nicht, ein einziges Thier zu erlegen, wenn er mehrerer habhaft werden kann.
Dieſe Blutgier macht ihn zu einem außerordentlich ſchädlichen Feinde der Hirten. Ein Kuguar tödtete

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[215/0277] Beſchreibung. Heimat. Aufenthalt. Nahrung. Eine Affenjagd. wo es gar keine Wälder giebt, und verſteckt ſich dort ſehr geſchickt zwiſchen den Gräſern, ohne ſich jemals in eine Höhle zurückzuziehen. „Jm Walde beſteigt er die Bäume,‟ wie Azara ſagt, „mit einem Satze, ſelbſt ſolche mit ſenkrechten Stämmen und ſpringt dann auch in Einem wieder von oben nach unten.‟ Gerade hierdurch unterſcheidet er ſich von anderen Katzen und namentlich vom Jaguar, welcher nach Art unſers Hausgenoſſen Hinz klettert. Die Ufer der Ströme und Flüſſe, ſowie Gegenden, welche öfters überſchwemmt werden, ſcheint der Kuguar nicht zu lieben. — Er hat weder ein Lager, noch einen beſtimmten Aufenthalt. Den Tag bringt er ſchlafend auf Bäumen, im Gebüſch oder im hohen Graſe zu, des Abends und des Nachts geht er auf Raub aus und legt bei ſeinen Streifereien oft in einer einzigen Nacht mehrere Stunden zurück, ſo daß ihn die Jäger nicht immer nahe der Stelle antreffen, wo er erſt Beute gemacht hat. Hinſichtlich ſeines Ausſehens nähert ſich der Kuguar den altweltlichen Katzen mittlerer Größe. Seine ſchlanke Geſtalt, der kleine Kopf und der lange Schwanz geben ſchon im voraus zu erkennen, daß er ein behendes Thier iſt. Alle ſeine Bewegungen ſind leicht und kräftig, er kann Sprünge von zwanzig und mehr Fuß machen. Das Auge iſt groß und ruhig, und der Blick hat keinen Ausdruck von Wildheit. Jn der Nacht und bei der Dämmerung ſieht er beſſer, als bei hellem Tage, doch ſcheint ihn das Sonnenlicht nicht eben ſehr zu blenden. Sein Geruch iſt ſchwach, ſein Gehör dagegen außerſt ſcharf. Nur in der höchſten Noth zeigt er Muth; ſonſt entflieht er immer vor den Menſchen und vor Hunden. Aber gegen wehrloſe Thiere iſt er höchſt grauſam, grauſamer, als alle übrigen Katzen der neuen Welt. Alle kleineren, ſchwachen Säugethiere dienen ihm zur Nahrung: die Agutis und Paccas, Rehe, Koatis, Schafe, ganz junge Kälber und Füllen, wenn die letzteren von ihrer Mutter getrennt ſind. Selbſt die behenden Affen und der leichtfüßige Strauß ſind vor ſeinen Angriffen nicht ſicher; denn er beherrſcht die Höhe, wie den Boden. Nur ſehr ſelten kann man ihn bei ſeinen Jagden beobachten. Sein ſcharfes Gehör verkündet ihm rechtzeitig die Ankunft des Menſchen, und dann entflieht er zu ſchnell, als daß man ſich ihm unvermerkt nähern könnte. Zudem geht er auch meiſtens erſt nachts auf Raub aus, und dann iſt es für den Menſchen nicht gerathen, ſich in ſeinem Gebiete herumzutreiben. Er beſchleicht ſein Wild nach Katzenart und erhaſcht es, wenn er ſich genähert hat, durch einen Sprung. Verfehlt er ſeine Beute, ſo verfolgt er dieſelbe, gegen Gewohnheit ſeiner Verwandten, in weiten Sprüngen, wenn auch nicht lange. Reugger beobachtete ihn einmal auf der Affenjagd. Der flötende Ruf einiger Kapuzineraffen machte den Forſcher aufmerkſam, und er ergriff ſein Gewehr, um einen oder mehrere zu erlegen. Plötzlich aber erhob die ganze Affengeſell- ſchaft ein krächzendes Geſchrei und floh auf ihn zu. Mit der ihnen eigenen Behendigkeit ſchwangen ſich die Thiere von Aſt zu Aſt, von Baum zu Baum; aber ſie drückten durch ihre kläglichen Töne und mehr noch dadurch, daß ſie unaufhörlich ihren Koth entfallen ließen, großes Entſetzen aus. Ein Kuguar verfolgte ſie und ſetzte in Sprüngen von 15 bis 20 Fuß von Baum zu Baum ihnen gierig nach. Mit unglaublicher Gewandtheit ſchlüpfte er durch die von Schlingpflanzen umwundenen und ver- wickelten Aeſte, wagte ſich auf denſelben hinaus, bis ſie ſich niederbogen und nahm dann einen ſichern Sprung auf ein Aſtende des nächſten Baumes. Wenn der Kugnar eine Beute ergriffen hat, reißt er ihr ſofort den Hals auf und leckt, ehe er von derſelben zu freſſen anfängt, zuerſt ihr Blut. Kleine Thiere zehrt er ganz auf, von größeren frißt er einen Theil, gewöhnlich den vordern, und bedeckt das Uebrige, wie Azara beobachtete, mit Stroh oder Sand. Geſättigt zieht er ſich nach einem Schlupfwinkel zurück und überläßt ſich dem Schlafe; ſelten aber bleibt er in der Nähe ſeiner Beute, ſondern entfernt ſich oft eine halbe Meile und noch weiter davon. Jn der folgenden Nacht kehrt er, falls ihm kein neuer Raub aufſtößt, zu dem Reſte ſeines geſtrigen Mahles zurück; findet er aber Beute, ſo läßt er das Aas ruhig liegen. Jn Fäulniß übergegangenes Fleiſch berührt er niemals. Das Blut liebt er weit mehr, als das Fleiſch, und des- halb begnügt er ſich nicht, ein einziges Thier zu erlegen, wenn er mehrerer habhaft werden kann. Dieſe Blutgier macht ihn zu einem außerordentlich ſchädlichen Feinde der Hirten. Ein Kuguar tödtete

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/277>, abgerufen am 22.11.2024.