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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Dächsel.

Aus allen diesen Gründen ist der Dachshund nur zur einer Jagdweise zu gebrauchen, nämlich,
unterirdisch wohnende Thiere aus ihren Wohnungen herauszutreiben. Schon sein niederer Bau, die
krummgebogenen Beine und die kräftigen Pranken mit den scharfen Zehen deuten darauf hin, daß er
zum Graben und zum Befahren von Bauen unter Grund außerordentlich geeignet ist, und sein Muth,
seine Stärke und seine Ausdauer sichern ihm bei solchen Jagden den besten Erfolg. Dächsel mit sehr
gekrümmten Beinen sind weniger gut, als die, deren Ständer mehr gerade sind. Sie sind unfähig
sehr zu laufen, oder ermüden wenigstens eher; die Jäger haben sie aber doch gern, eben wahrscheinlich,
weil sie das Gepräge des Dachshundes am besten ausdrücken.

Einer Abrichtung bedarf der Dachshund nicht. Man sucht sich Junge von einem recht guten
Alten zu verschaffen und hält sie im Sommer in einem freien Zwinger, im Winter in einem warmen
Stall, vermeidet dabei auch Alles, was sie einschüchtern könnte; denn der ihnen angeborne Muth muß
ihnen in allen Umständen gestählt oder wenigstens erhalten werden. "Für den Hauptzweck," sagt
Lenz, "zum Eindringen in Dachs- und Fuchsbaue, verwendet man den Dachshund nicht eher, als
bis er ein Jahr alt ist. Das erste Mal führt man ihn an der Leine oder trägt ihn in einem Korbe im
Mai an einen Fuchsbau, worin Junge sind, läßt einen guten alten Hund vorweg hinein und einen
Jungen unter dem Zuruf: "faß das Füchschen" hinterdrein. Weigert er sich, darf man ihn nicht
zwingen wollen; man nimmt ihn auf, macht einen Einschlag über dem Fuchsbau bis zu den jungen
Füchsen und läßt ihn hinab, um sie zu erwürgen. Dies wiederholt man einige Male und braucht
ihn erst dann allein. So oft er dabei aus dem Bau kommt, um nach seinem Herrn zu sehen, wird er
schnell ein wenig aufgenommen. Dies macht ihn um so begieriger, wieder hineinzukriechen. Erst
nach langer Zeit bringt man ihn an den alten Fuchs. An dem Bau muß der gute Dachshund den
Fuchs in den Kessel treiben und dann in geringer Entfernung solange vor ihm liegen und laut sein,
bis vor ihm eingeschlagen ist. Kann er den Fuchs nicht aus dem Kessel treiben, so muß er ihn aus
dem Baue herausbeißen."

"Jch jagte sonst öfters," fährt Lenz fort, "mit zwei Dachshündchen, die so klein waren, daß sie
bequem neben einander in die Röhre des Fuchsbaues gingen. Sie waren aber so scharf, daß sie jeden
Fuchs unbarmherzig austrieben. Einst brachten sie aus einem Loche, daß von dichtem Gebüsch umgehen
war, einen hervor. Der Fuchs kam so vor mich zu stehen, daß die Mündung meiner Flinte nahe über
seinem Kopfe war, konnte aber, von hinten durch die wüthenden Zwerge bedrängt, nicht rückwärts. Er
hielt inne und sah mich starr an. Jch konnte mich nicht gleich entschließen, abzudrücken, sondern
beobachtete ihn erst ungefähr anderthalb Minuten lang, wobei seine Blicke jeden Biß verriethen, den
ihm die Hunde von hinten gaben. Endlich drückte ich ab und zerschmetterte ihm den Kopf. Ein
andermal trieben dieselben Hündchen einen Fuchs heraus; der eine hatte sich so fest in den Schenkel ge-
bissen, daß ihn der Fuchs eine Strecke und zwar soweit mit sich fortschleppte, bis er geschossen wurde."

Von dem Dachs oder Fuchs wird unser Hund oft sehr heftig gebissen; Dies behelligt ihn aber
gar nicht; er ist viel zu muthig, als daß er sich aus dergleichen ruhmvollen, im Kampfe erworbenen
Wunden Etwas machen sollte, und brennt nachher nur um so eifriger auf die Verfolgung der ihm
unausstehlichen Geschöpfe.

Wie neidisch die Dachshunde sein können, erfuhr ich an einem, welchen mein Vater besaß. Der
Hund war ein abgesagter Feind aller übrigen Geschöpfe, welche sich auf unserm Hofe befanden. Er
lebte mit keinem Thiere in Frieden, und am meisten stritt er sich mit einem Pintscher herum, dessen
erbärmliche Feigheit ihm freilich regelmäßig den Sieg sicherte. Nur wenn sich beide Hunde in einander
verbissen hatten, hielt auch der Pintscher ihm Stand, und dabei kam es vor, daß sie förmlich zu einem
Knäuel geballt, nicht blos über die Treppen, sondern auch von da über eine Mauer hinabrollten, sich
über die Gartenbeete fortwälzten und nun in lauter Burzelbäumen den ganzen Berg hiunterkollerten,
aber doch ihren Kampf nicht eher einstellten, als bis sie im günstigern Falle von dem Zaune aufge-
halten, im ungünstigern Falle aber durch das Wasser des Baches, in welchen sie oft mit einander
fielen, abgekühlt wurden. Dieser Todfeind sollte einmal die Arznei für den erkrankten Dächsel werden.

Die Raubthiere. Hunde. — Dächſel.

Aus allen dieſen Gründen iſt der Dachshund nur zur einer Jagdweiſe zu gebrauchen, nämlich,
unterirdiſch wohnende Thiere aus ihren Wohnungen herauszutreiben. Schon ſein niederer Bau, die
krummgebogenen Beine und die kräftigen Pranken mit den ſcharfen Zehen deuten darauf hin, daß er
zum Graben und zum Befahren von Bauen unter Grund außerordentlich geeignet iſt, und ſein Muth,
ſeine Stärke und ſeine Ausdauer ſichern ihm bei ſolchen Jagden den beſten Erfolg. Dächſel mit ſehr
gekrümmten Beinen ſind weniger gut, als die, deren Ständer mehr gerade ſind. Sie ſind unfähig
ſehr zu laufen, oder ermüden wenigſtens eher; die Jäger haben ſie aber doch gern, eben wahrſcheinlich,
weil ſie das Gepräge des Dachshundes am beſten ausdrücken.

Einer Abrichtung bedarf der Dachshund nicht. Man ſucht ſich Junge von einem recht guten
Alten zu verſchaffen und hält ſie im Sommer in einem freien Zwinger, im Winter in einem warmen
Stall, vermeidet dabei auch Alles, was ſie einſchüchtern könnte; denn der ihnen angeborne Muth muß
ihnen in allen Umſtänden geſtählt oder wenigſtens erhalten werden. „Für den Hauptzweck,‟ ſagt
Lenz, „zum Eindringen in Dachs- und Fuchsbaue, verwendet man den Dachshund nicht eher, als
bis er ein Jahr alt iſt. Das erſte Mal führt man ihn an der Leine oder trägt ihn in einem Korbe im
Mai an einen Fuchsbau, worin Junge ſind, läßt einen guten alten Hund vorweg hinein und einen
Jungen unter dem Zuruf: „faß das Füchschen‟ hinterdrein. Weigert er ſich, darf man ihn nicht
zwingen wollen; man nimmt ihn auf, macht einen Einſchlag über dem Fuchsbau bis zu den jungen
Füchſen und läßt ihn hinab, um ſie zu erwürgen. Dies wiederholt man einige Male und braucht
ihn erſt dann allein. So oft er dabei aus dem Bau kommt, um nach ſeinem Herrn zu ſehen, wird er
ſchnell ein wenig aufgenommen. Dies macht ihn um ſo begieriger, wieder hineinzukriechen. Erſt
nach langer Zeit bringt man ihn an den alten Fuchs. An dem Bau muß der gute Dachshund den
Fuchs in den Keſſel treiben und dann in geringer Entfernung ſolange vor ihm liegen und laut ſein,
bis vor ihm eingeſchlagen iſt. Kann er den Fuchs nicht aus dem Keſſel treiben, ſo muß er ihn aus
dem Baue herausbeißen.‟

„Jch jagte ſonſt öfters,‟ fährt Lenz fort, „mit zwei Dachshündchen, die ſo klein waren, daß ſie
bequem neben einander in die Röhre des Fuchsbaues gingen. Sie waren aber ſo ſcharf, daß ſie jeden
Fuchs unbarmherzig austrieben. Einſt brachten ſie aus einem Loche, daß von dichtem Gebüſch umgehen
war, einen hervor. Der Fuchs kam ſo vor mich zu ſtehen, daß die Mündung meiner Flinte nahe über
ſeinem Kopfe war, konnte aber, von hinten durch die wüthenden Zwerge bedrängt, nicht rückwärts. Er
hielt inne und ſah mich ſtarr an. Jch konnte mich nicht gleich entſchließen, abzudrücken, ſondern
beobachtete ihn erſt ungefähr anderthalb Minuten lang, wobei ſeine Blicke jeden Biß verriethen, den
ihm die Hunde von hinten gaben. Endlich drückte ich ab und zerſchmetterte ihm den Kopf. Ein
andermal trieben dieſelben Hündchen einen Fuchs heraus; der eine hatte ſich ſo feſt in den Schenkel ge-
biſſen, daß ihn der Fuchs eine Strecke und zwar ſoweit mit ſich fortſchleppte, bis er geſchoſſen wurde.‟

Von dem Dachs oder Fuchs wird unſer Hund oft ſehr heftig gebiſſen; Dies behelligt ihn aber
gar nicht; er iſt viel zu muthig, als daß er ſich aus dergleichen ruhmvollen, im Kampfe erworbenen
Wunden Etwas machen ſollte, und brennt nachher nur um ſo eifriger auf die Verfolgung der ihm
unausſtehlichen Geſchöpfe.

Wie neidiſch die Dachshunde ſein können, erfuhr ich an einem, welchen mein Vater beſaß. Der
Hund war ein abgeſagter Feind aller übrigen Geſchöpfe, welche ſich auf unſerm Hofe befanden. Er
lebte mit keinem Thiere in Frieden, und am meiſten ſtritt er ſich mit einem Pintſcher herum, deſſen
erbärmliche Feigheit ihm freilich regelmäßig den Sieg ſicherte. Nur wenn ſich beide Hunde in einander
verbiſſen hatten, hielt auch der Pintſcher ihm Stand, und dabei kam es vor, daß ſie förmlich zu einem
Knäuel geballt, nicht blos über die Treppen, ſondern auch von da über eine Mauer hinabrollten, ſich
über die Gartenbeete fortwälzten und nun in lauter Burzelbäumen den ganzen Berg hiunterkollerten,
aber doch ihren Kampf nicht eher einſtellten, als bis ſie im günſtigern Falle von dem Zaune aufge-
halten, im ungünſtigern Falle aber durch das Waſſer des Baches, in welchen ſie oft mit einander
fielen, abgekühlt wurden. Dieſer Todfeind ſollte einmal die Arznei für den erkrankten Dächſel werden.

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[366/0432] Die Raubthiere. Hunde. — Dächſel. Aus allen dieſen Gründen iſt der Dachshund nur zur einer Jagdweiſe zu gebrauchen, nämlich, unterirdiſch wohnende Thiere aus ihren Wohnungen herauszutreiben. Schon ſein niederer Bau, die krummgebogenen Beine und die kräftigen Pranken mit den ſcharfen Zehen deuten darauf hin, daß er zum Graben und zum Befahren von Bauen unter Grund außerordentlich geeignet iſt, und ſein Muth, ſeine Stärke und ſeine Ausdauer ſichern ihm bei ſolchen Jagden den beſten Erfolg. Dächſel mit ſehr gekrümmten Beinen ſind weniger gut, als die, deren Ständer mehr gerade ſind. Sie ſind unfähig ſehr zu laufen, oder ermüden wenigſtens eher; die Jäger haben ſie aber doch gern, eben wahrſcheinlich, weil ſie das Gepräge des Dachshundes am beſten ausdrücken. Einer Abrichtung bedarf der Dachshund nicht. Man ſucht ſich Junge von einem recht guten Alten zu verſchaffen und hält ſie im Sommer in einem freien Zwinger, im Winter in einem warmen Stall, vermeidet dabei auch Alles, was ſie einſchüchtern könnte; denn der ihnen angeborne Muth muß ihnen in allen Umſtänden geſtählt oder wenigſtens erhalten werden. „Für den Hauptzweck,‟ ſagt Lenz, „zum Eindringen in Dachs- und Fuchsbaue, verwendet man den Dachshund nicht eher, als bis er ein Jahr alt iſt. Das erſte Mal führt man ihn an der Leine oder trägt ihn in einem Korbe im Mai an einen Fuchsbau, worin Junge ſind, läßt einen guten alten Hund vorweg hinein und einen Jungen unter dem Zuruf: „faß das Füchschen‟ hinterdrein. Weigert er ſich, darf man ihn nicht zwingen wollen; man nimmt ihn auf, macht einen Einſchlag über dem Fuchsbau bis zu den jungen Füchſen und läßt ihn hinab, um ſie zu erwürgen. Dies wiederholt man einige Male und braucht ihn erſt dann allein. So oft er dabei aus dem Bau kommt, um nach ſeinem Herrn zu ſehen, wird er ſchnell ein wenig aufgenommen. Dies macht ihn um ſo begieriger, wieder hineinzukriechen. Erſt nach langer Zeit bringt man ihn an den alten Fuchs. An dem Bau muß der gute Dachshund den Fuchs in den Keſſel treiben und dann in geringer Entfernung ſolange vor ihm liegen und laut ſein, bis vor ihm eingeſchlagen iſt. Kann er den Fuchs nicht aus dem Keſſel treiben, ſo muß er ihn aus dem Baue herausbeißen.‟ „Jch jagte ſonſt öfters,‟ fährt Lenz fort, „mit zwei Dachshündchen, die ſo klein waren, daß ſie bequem neben einander in die Röhre des Fuchsbaues gingen. Sie waren aber ſo ſcharf, daß ſie jeden Fuchs unbarmherzig austrieben. Einſt brachten ſie aus einem Loche, daß von dichtem Gebüſch umgehen war, einen hervor. Der Fuchs kam ſo vor mich zu ſtehen, daß die Mündung meiner Flinte nahe über ſeinem Kopfe war, konnte aber, von hinten durch die wüthenden Zwerge bedrängt, nicht rückwärts. Er hielt inne und ſah mich ſtarr an. Jch konnte mich nicht gleich entſchließen, abzudrücken, ſondern beobachtete ihn erſt ungefähr anderthalb Minuten lang, wobei ſeine Blicke jeden Biß verriethen, den ihm die Hunde von hinten gaben. Endlich drückte ich ab und zerſchmetterte ihm den Kopf. Ein andermal trieben dieſelben Hündchen einen Fuchs heraus; der eine hatte ſich ſo feſt in den Schenkel ge- biſſen, daß ihn der Fuchs eine Strecke und zwar ſoweit mit ſich fortſchleppte, bis er geſchoſſen wurde.‟ Von dem Dachs oder Fuchs wird unſer Hund oft ſehr heftig gebiſſen; Dies behelligt ihn aber gar nicht; er iſt viel zu muthig, als daß er ſich aus dergleichen ruhmvollen, im Kampfe erworbenen Wunden Etwas machen ſollte, und brennt nachher nur um ſo eifriger auf die Verfolgung der ihm unausſtehlichen Geſchöpfe. Wie neidiſch die Dachshunde ſein können, erfuhr ich an einem, welchen mein Vater beſaß. Der Hund war ein abgeſagter Feind aller übrigen Geſchöpfe, welche ſich auf unſerm Hofe befanden. Er lebte mit keinem Thiere in Frieden, und am meiſten ſtritt er ſich mit einem Pintſcher herum, deſſen erbärmliche Feigheit ihm freilich regelmäßig den Sieg ſicherte. Nur wenn ſich beide Hunde in einander verbiſſen hatten, hielt auch der Pintſcher ihm Stand, und dabei kam es vor, daß ſie förmlich zu einem Knäuel geballt, nicht blos über die Treppen, ſondern auch von da über eine Mauer hinabrollten, ſich über die Gartenbeete fortwälzten und nun in lauter Burzelbäumen den ganzen Berg hiunterkollerten, aber doch ihren Kampf nicht eher einſtellten, als bis ſie im günſtigern Falle von dem Zaune aufge- halten, im ungünſtigern Falle aber durch das Waſſer des Baches, in welchen ſie oft mit einander fielen, abgekühlt wurden. Dieſer Todfeind ſollte einmal die Arznei für den erkrankten Dächſel werden.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/432>, abgerufen am 22.11.2024.