Gegen andere Hunde benimmt er sich mit sehr großer Würde und läßt sich erstaunlich viel ge- fallen, doch spielt er den kleinen Kläffern, wenn es ihm zu bunt wird, manchmal einen schlimmen Streich. So erzählt man, daß ein Neufundländer einen kleinen Hund, der ihn beständig ärgerte, plötzlich beim Kragen faßte, mit ihm ins Meer sprang und ihn wohl eine halbe Meile weit hinaus- schleppte, ihn dann aber in das Wasser warf und es ihm überließ, sich mit Mühe und Noth selbst wieder an das Land zu haspeln. Noch schlimmer erging es einem kampflustigen Bulldoggen, welcher den Neufundländer eines Schiffers ohne Ursache angriff und sich in dessen Kehle verbiß. Vergebens ver- suchte der Große, das wüthende Vieh abzuschütteln. Da kam er auf einen guten Gedanken. Er lief mit ihm nach dem Theerkessel, dessen Jnhalt gerade lustig broddelte, und tauchte den Bulldoggen ge- lind mit den Hinterbeinen dahinein. Daß dieser augenblicklich losließ, kann man sich denken, und schwerlich hat er jemals wieder einen Neufundländer angegriffen, nachdem ihn der erste, an dem er seinen Uebermuth versuchen wollte, für sein Leben gezeichnet hatte.
[Abbildung]
Der Wasserwachtelhund.
Man unterscheidet zweierlei Rassen des Neufundländers, die eine, welche uns unsere Abbildung (S. 382) zeigt, ein Thier von 32 Zoll Höhe, und eine andere, kleinere, welche höchstens 24 Zoll hoch wird. Letztere bezeichnet man auch wohl mit dem Namen Labradorhund oder Saint-Johns- Hund. Wenn man diesen mit dem langhaarigen Hühnerhund kreuzt, erhält man den englischen Wasserhund.
Als Uebergangsglied von dem Neufundländer zu den Pudeln oder aber zu den Wachtelhunden, wie man will, kann man den Wasserwachtelhund (C. crispus) betrachten, welcher hauptsächlich in England gezüchtet wird; in Deutschland wenigstens habe ich ihn noch nicht gesehen. Es ist ein mittel- großes Thier von etwa 22 Zoll Schulterhöhe mit hübschem, ebenmäßigen Körperbau, ausgezeichnet durch die verhältnißmäßig breiten Pranken, welche ihm das Schwimmen sehr erleichtern. Das Behänge ist sehr lang; denn die Ohren sammt ihren Haaren messen von einer Spitze zur andern mehr, als die Schulterhöhe des Thieres beträgt. Der Wasserwachtelhund verdient seinen Namen in der That. Er ist ein bewundernswürdiger Schwimmer und Taucher und geht zu jeder Zeit und bei jedem Wetter mit Lust in das Wasser, in welchem er sehr ausdauert. Sein Fell ist beständig merkwürdig fett und
Die Raubthiere. Hunde. — Seidenhunde.
Gegen andere Hunde benimmt er ſich mit ſehr großer Würde und läßt ſich erſtaunlich viel ge- fallen, doch ſpielt er den kleinen Kläffern, wenn es ihm zu bunt wird, manchmal einen ſchlimmen Streich. So erzählt man, daß ein Neufundländer einen kleinen Hund, der ihn beſtändig ärgerte, plötzlich beim Kragen faßte, mit ihm ins Meer ſprang und ihn wohl eine halbe Meile weit hinaus- ſchleppte, ihn dann aber in das Waſſer warf und es ihm überließ, ſich mit Mühe und Noth ſelbſt wieder an das Land zu haſpeln. Noch ſchlimmer erging es einem kampfluſtigen Bulldoggen, welcher den Neufundländer eines Schiffers ohne Urſache angriff und ſich in deſſen Kehle verbiß. Vergebens ver- ſuchte der Große, das wüthende Vieh abzuſchütteln. Da kam er auf einen guten Gedanken. Er lief mit ihm nach dem Theerkeſſel, deſſen Jnhalt gerade luſtig broddelte, und tauchte den Bulldoggen ge- lind mit den Hinterbeinen dahinein. Daß dieſer augenblicklich losließ, kann man ſich denken, und ſchwerlich hat er jemals wieder einen Neufundländer angegriffen, nachdem ihn der erſte, an dem er ſeinen Uebermuth verſuchen wollte, für ſein Leben gezeichnet hatte.
[Abbildung]
Der Waſſerwachtelhund.
Man unterſcheidet zweierlei Raſſen des Neufundländers, die eine, welche uns unſere Abbildung (S. 382) zeigt, ein Thier von 32 Zoll Höhe, und eine andere, kleinere, welche höchſtens 24 Zoll hoch wird. Letztere bezeichnet man auch wohl mit dem Namen Labradorhund oder Saint-Johns- Hund. Wenn man dieſen mit dem langhaarigen Hühnerhund kreuzt, erhält man den engliſchen Waſſerhund.
Als Uebergangsglied von dem Neufundländer zu den Pudeln oder aber zu den Wachtelhunden, wie man will, kann man den Waſſerwachtelhund (C. crispus) betrachten, welcher hauptſächlich in England gezüchtet wird; in Deutſchland wenigſtens habe ich ihn noch nicht geſehen. Es iſt ein mittel- großes Thier von etwa 22 Zoll Schulterhöhe mit hübſchem, ebenmäßigen Körperbau, ausgezeichnet durch die verhältnißmäßig breiten Pranken, welche ihm das Schwimmen ſehr erleichtern. Das Behänge iſt ſehr lang; denn die Ohren ſammt ihren Haaren meſſen von einer Spitze zur andern mehr, als die Schulterhöhe des Thieres beträgt. Der Waſſerwachtelhund verdient ſeinen Namen in der That. Er iſt ein bewundernswürdiger Schwimmer und Taucher und geht zu jeder Zeit und bei jedem Wetter mit Luſt in das Waſſer, in welchem er ſehr ausdauert. Sein Fell iſt beſtändig merkwürdig fett und
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0450"n="384"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Hunde. —<hirendition="#g">Seidenhunde.</hi></fw><lb/><p>Gegen andere Hunde benimmt er ſich mit ſehr großer Würde und läßt ſich erſtaunlich viel ge-<lb/>
fallen, doch ſpielt er den kleinen Kläffern, wenn es ihm zu bunt wird, manchmal einen ſchlimmen<lb/>
Streich. So erzählt man, daß ein Neufundländer einen kleinen Hund, der ihn beſtändig ärgerte,<lb/>
plötzlich beim Kragen faßte, mit ihm ins Meer ſprang und ihn wohl eine halbe Meile weit hinaus-<lb/>ſchleppte, ihn dann aber in das Waſſer warf und es ihm überließ, ſich mit Mühe und Noth ſelbſt wieder<lb/>
an das Land zu haſpeln. Noch ſchlimmer erging es einem kampfluſtigen Bulldoggen, welcher den<lb/>
Neufundländer eines Schiffers ohne Urſache angriff und ſich in deſſen Kehle verbiß. Vergebens ver-<lb/>ſuchte der Große, das wüthende Vieh abzuſchütteln. Da kam er auf einen guten Gedanken. Er lief<lb/>
mit ihm nach dem Theerkeſſel, deſſen Jnhalt gerade luſtig broddelte, und tauchte den Bulldoggen ge-<lb/>
lind mit den Hinterbeinen dahinein. Daß dieſer augenblicklich losließ, kann man ſich denken, und<lb/>ſchwerlich hat er jemals wieder einen Neufundländer angegriffen, nachdem ihn der erſte, an dem er<lb/>ſeinen Uebermuth verſuchen wollte, für ſein Leben gezeichnet hatte.</p><lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Waſſerwachtelhund.</hi></hi></head></figure><lb/><p>Man unterſcheidet zweierlei Raſſen des Neufundländers, die eine, welche uns unſere Abbildung<lb/>
(S. 382) zeigt, ein Thier von 32 Zoll Höhe, und eine andere, kleinere, welche höchſtens 24 Zoll hoch<lb/>
wird. Letztere bezeichnet man auch wohl mit dem Namen <hirendition="#g">Labradorhund</hi> oder <hirendition="#g">Saint-Johns-<lb/>
Hund.</hi> Wenn man dieſen mit dem langhaarigen Hühnerhund kreuzt, erhält man den <hirendition="#g">engliſchen<lb/>
Waſſerhund.</hi></p><lb/><p>Als Uebergangsglied von dem Neufundländer zu den Pudeln oder aber zu den Wachtelhunden,<lb/>
wie man will, kann man den <hirendition="#g">Waſſerwachtelhund</hi> (<hirendition="#aq">C. crispus</hi>) betrachten, welcher hauptſächlich in<lb/>
England gezüchtet wird; in Deutſchland wenigſtens habe ich ihn noch nicht geſehen. Es iſt ein mittel-<lb/>
großes Thier von etwa 22 Zoll Schulterhöhe mit hübſchem, ebenmäßigen Körperbau, ausgezeichnet<lb/>
durch die verhältnißmäßig breiten Pranken, welche ihm das Schwimmen ſehr erleichtern. Das Behänge<lb/>
iſt ſehr lang; denn die Ohren ſammt ihren Haaren meſſen von einer Spitze zur andern mehr, als die<lb/>
Schulterhöhe des Thieres beträgt. Der Waſſerwachtelhund verdient ſeinen Namen in der That. Er<lb/>
iſt ein bewundernswürdiger Schwimmer und Taucher und geht zu jeder Zeit und bei jedem Wetter<lb/>
mit Luſt in das Waſſer, in welchem er ſehr ausdauert. Sein Fell iſt beſtändig merkwürdig fett und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[384/0450]
Die Raubthiere. Hunde. — Seidenhunde.
Gegen andere Hunde benimmt er ſich mit ſehr großer Würde und läßt ſich erſtaunlich viel ge-
fallen, doch ſpielt er den kleinen Kläffern, wenn es ihm zu bunt wird, manchmal einen ſchlimmen
Streich. So erzählt man, daß ein Neufundländer einen kleinen Hund, der ihn beſtändig ärgerte,
plötzlich beim Kragen faßte, mit ihm ins Meer ſprang und ihn wohl eine halbe Meile weit hinaus-
ſchleppte, ihn dann aber in das Waſſer warf und es ihm überließ, ſich mit Mühe und Noth ſelbſt wieder
an das Land zu haſpeln. Noch ſchlimmer erging es einem kampfluſtigen Bulldoggen, welcher den
Neufundländer eines Schiffers ohne Urſache angriff und ſich in deſſen Kehle verbiß. Vergebens ver-
ſuchte der Große, das wüthende Vieh abzuſchütteln. Da kam er auf einen guten Gedanken. Er lief
mit ihm nach dem Theerkeſſel, deſſen Jnhalt gerade luſtig broddelte, und tauchte den Bulldoggen ge-
lind mit den Hinterbeinen dahinein. Daß dieſer augenblicklich losließ, kann man ſich denken, und
ſchwerlich hat er jemals wieder einen Neufundländer angegriffen, nachdem ihn der erſte, an dem er
ſeinen Uebermuth verſuchen wollte, für ſein Leben gezeichnet hatte.
[Abbildung Der Waſſerwachtelhund.]
Man unterſcheidet zweierlei Raſſen des Neufundländers, die eine, welche uns unſere Abbildung
(S. 382) zeigt, ein Thier von 32 Zoll Höhe, und eine andere, kleinere, welche höchſtens 24 Zoll hoch
wird. Letztere bezeichnet man auch wohl mit dem Namen Labradorhund oder Saint-Johns-
Hund. Wenn man dieſen mit dem langhaarigen Hühnerhund kreuzt, erhält man den engliſchen
Waſſerhund.
Als Uebergangsglied von dem Neufundländer zu den Pudeln oder aber zu den Wachtelhunden,
wie man will, kann man den Waſſerwachtelhund (C. crispus) betrachten, welcher hauptſächlich in
England gezüchtet wird; in Deutſchland wenigſtens habe ich ihn noch nicht geſehen. Es iſt ein mittel-
großes Thier von etwa 22 Zoll Schulterhöhe mit hübſchem, ebenmäßigen Körperbau, ausgezeichnet
durch die verhältnißmäßig breiten Pranken, welche ihm das Schwimmen ſehr erleichtern. Das Behänge
iſt ſehr lang; denn die Ohren ſammt ihren Haaren meſſen von einer Spitze zur andern mehr, als die
Schulterhöhe des Thieres beträgt. Der Waſſerwachtelhund verdient ſeinen Namen in der That. Er
iſt ein bewundernswürdiger Schwimmer und Taucher und geht zu jeder Zeit und bei jedem Wetter
mit Luſt in das Waſſer, in welchem er ſehr ausdauert. Sein Fell iſt beſtändig merkwürdig fett und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/450>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.