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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Prairiewolf.
Torong und Yauwise, bei denen jedesmal das Gras des Gebietes, welches abgejagt werden sollte,
in Brand gesetzt wurde. Hatte das prachtvolle Schauspiel für uns auch schon seit längerer Zeit den
Reiz der Neuheit verloren, so wurde dieser hier doch immer wieder durch die wunderbare Beleuchtung
erneuert, die es über die lieblichen Thäler und Felsenschluchten warf, wenn die Feuersäule sich in un-
unterbrochenem Wechsel über Hügel und Berge, durch Thäler und Schluchten wälzte."

Ueber unsern Gefangenen brauche ich nach vorstehender Schilderung kaum noch Etwas zu sagen:
das Thier erinnert durch sein ganzes Wesen und Betragen so vollständig an den altweltlichen Schakal,
daß ich wenigstens keinen Unterschied herauszufinden vermag. Er nährt sich nach anderer Wildhunde Art
von allerlei Futter, obwohl er das Fleisch jeder andern Nahrung vorzuziehen scheint: doch frißt er
auch Früchte und Milchbrod sehr gern. Uns gegenüber zeigte er sich anfänglich scheu und mißtrauisch,
wie der Schabrakenschakal, später aber in gleicher Weise freundlicher und liebenswürdiger, je größeres
Zutrauen er gewann. Während ich diese Zeilen schreibe, ist er schon recht zahm, und jedenfalls läßt
sich erwarten, daß er mit der Zeit sich innig an uns aufchließen wird.

[Abbildung] Der Prairiewolf (Canis latrans)

Ein sehr bekannter amerikanischer Hund ist der Prairiewolf (Canis latrans). Er bildet gewisser-
maßen ein Uebergangsglied von den Wölfen zu den Füchsen. Seine Gestalt ist noch wolfartig, der
Kopfbau, die niederen Läufe und der ziemlich lange dicke Schwanz aber erinnern an den Fuchs. Der
Leib ist dick und erscheint wegen des ungewöhnlich reichen Balges noch dicker, als er wirklich ist. Der
Hals ist kurz und kräftig, der Kopf schlanker, als der des Wolfes, oben breit, an der Schnauze zu-
gespitzt. Das Ohr ist ziemlich groß, unten breit, oben aber nicht gerundet. Das Auge, dessen Färbung
ein lichtes Braun ist, besitzt einen runden Stern. Die Färbung des Balges ist ein schmutziges Gelb-
lichgrau, welches auf Ohr und Nasenrücken in das Rostfarbene, auf Oberhals und Rücken aber in
das Schwärzliche übergeht, weil hier alle Haare in schwarzen Spitzen endigen. Die Seiten des Halses,
der Vorderblätter, der Hinterschenkel und die Läufe an ihrer äußern Seite sind hellrostroth oder hell-
gelb. Die Unterseite und die innere Seite der Beine sind weißlich. Die Lauscher sind rostfarben, hier
und da mit schwärzlichen Haarspitzen; ihre innere Seite ist mit weißlichen Haaren dicht bedeckt. Der
Lippenrand ist weißlich, die Umgebung der Augen hellfahl oder bräunlichgrau mit weißen Haarspitzen.
Ueber das Handgelenk zieht sich ein schmaler, schwarzer Streifen; der Schwanz ist an der Wurzel fahl

Die Raubthiere. Hunde. — Prairiewolf.
Torong und Yauwiſe, bei denen jedesmal das Gras des Gebietes, welches abgejagt werden ſollte,
in Brand geſetzt wurde. Hatte das prachtvolle Schauſpiel für uns auch ſchon ſeit längerer Zeit den
Reiz der Neuheit verloren, ſo wurde dieſer hier doch immer wieder durch die wunderbare Beleuchtung
erneuert, die es über die lieblichen Thäler und Felſenſchluchten warf, wenn die Feuerſäule ſich in un-
unterbrochenem Wechſel über Hügel und Berge, durch Thäler und Schluchten wälzte.‟

Ueber unſern Gefangenen brauche ich nach vorſtehender Schilderung kaum noch Etwas zu ſagen:
das Thier erinnert durch ſein ganzes Weſen und Betragen ſo vollſtändig an den altweltlichen Schakal,
daß ich wenigſtens keinen Unterſchied herauszufinden vermag. Er nährt ſich nach anderer Wildhunde Art
von allerlei Futter, obwohl er das Fleiſch jeder andern Nahrung vorzuziehen ſcheint: doch frißt er
auch Früchte und Milchbrod ſehr gern. Uns gegenüber zeigte er ſich anfänglich ſcheu und mißtrauiſch,
wie der Schabrakenſchakal, ſpäter aber in gleicher Weiſe freundlicher und liebenswürdiger, je größeres
Zutrauen er gewann. Während ich dieſe Zeilen ſchreibe, iſt er ſchon recht zahm, und jedenfalls läßt
ſich erwarten, daß er mit der Zeit ſich innig an uns aufchließen wird.

[Abbildung] Der Prairiewolf (Canis latrans)

Ein ſehr bekannter amerikaniſcher Hund iſt der Prairiewolf (Canis latrans). Er bildet gewiſſer-
maßen ein Uebergangsglied von den Wölfen zu den Füchſen. Seine Geſtalt iſt noch wolfartig, der
Kopfbau, die niederen Läufe und der ziemlich lange dicke Schwanz aber erinnern an den Fuchs. Der
Leib iſt dick und erſcheint wegen des ungewöhnlich reichen Balges noch dicker, als er wirklich iſt. Der
Hals iſt kurz und kräftig, der Kopf ſchlanker, als der des Wolfes, oben breit, an der Schnauze zu-
geſpitzt. Das Ohr iſt ziemlich groß, unten breit, oben aber nicht gerundet. Das Auge, deſſen Färbung
ein lichtes Braun iſt, beſitzt einen runden Stern. Die Färbung des Balges iſt ein ſchmutziges Gelb-
lichgrau, welches auf Ohr und Naſenrücken in das Roſtfarbene, auf Oberhals und Rücken aber in
das Schwärzliche übergeht, weil hier alle Haare in ſchwarzen Spitzen endigen. Die Seiten des Halſes,
der Vorderblätter, der Hinterſchenkel und die Läufe an ihrer äußern Seite ſind hellroſtroth oder hell-
gelb. Die Unterſeite und die innere Seite der Beine ſind weißlich. Die Lauſcher ſind roſtfarben, hier
und da mit ſchwärzlichen Haarſpitzen; ihre innere Seite iſt mit weißlichen Haaren dicht bedeckt. Der
Lippenrand iſt weißlich, die Umgebung der Augen hellfahl oder bräunlichgrau mit weißen Haarſpitzen.
Ueber das Handgelenk zieht ſich ein ſchmaler, ſchwarzer Streifen; der Schwanz iſt an der Wurzel fahl

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[418/0486] Die Raubthiere. Hunde. — Prairiewolf. Torong und Yauwiſe, bei denen jedesmal das Gras des Gebietes, welches abgejagt werden ſollte, in Brand geſetzt wurde. Hatte das prachtvolle Schauſpiel für uns auch ſchon ſeit längerer Zeit den Reiz der Neuheit verloren, ſo wurde dieſer hier doch immer wieder durch die wunderbare Beleuchtung erneuert, die es über die lieblichen Thäler und Felſenſchluchten warf, wenn die Feuerſäule ſich in un- unterbrochenem Wechſel über Hügel und Berge, durch Thäler und Schluchten wälzte.‟ Ueber unſern Gefangenen brauche ich nach vorſtehender Schilderung kaum noch Etwas zu ſagen: das Thier erinnert durch ſein ganzes Weſen und Betragen ſo vollſtändig an den altweltlichen Schakal, daß ich wenigſtens keinen Unterſchied herauszufinden vermag. Er nährt ſich nach anderer Wildhunde Art von allerlei Futter, obwohl er das Fleiſch jeder andern Nahrung vorzuziehen ſcheint: doch frißt er auch Früchte und Milchbrod ſehr gern. Uns gegenüber zeigte er ſich anfänglich ſcheu und mißtrauiſch, wie der Schabrakenſchakal, ſpäter aber in gleicher Weiſe freundlicher und liebenswürdiger, je größeres Zutrauen er gewann. Während ich dieſe Zeilen ſchreibe, iſt er ſchon recht zahm, und jedenfalls läßt ſich erwarten, daß er mit der Zeit ſich innig an uns aufchließen wird. [Abbildung Der Prairiewolf (Canis latrans)] Ein ſehr bekannter amerikaniſcher Hund iſt der Prairiewolf (Canis latrans). Er bildet gewiſſer- maßen ein Uebergangsglied von den Wölfen zu den Füchſen. Seine Geſtalt iſt noch wolfartig, der Kopfbau, die niederen Läufe und der ziemlich lange dicke Schwanz aber erinnern an den Fuchs. Der Leib iſt dick und erſcheint wegen des ungewöhnlich reichen Balges noch dicker, als er wirklich iſt. Der Hals iſt kurz und kräftig, der Kopf ſchlanker, als der des Wolfes, oben breit, an der Schnauze zu- geſpitzt. Das Ohr iſt ziemlich groß, unten breit, oben aber nicht gerundet. Das Auge, deſſen Färbung ein lichtes Braun iſt, beſitzt einen runden Stern. Die Färbung des Balges iſt ein ſchmutziges Gelb- lichgrau, welches auf Ohr und Naſenrücken in das Roſtfarbene, auf Oberhals und Rücken aber in das Schwärzliche übergeht, weil hier alle Haare in ſchwarzen Spitzen endigen. Die Seiten des Halſes, der Vorderblätter, der Hinterſchenkel und die Läufe an ihrer äußern Seite ſind hellroſtroth oder hell- gelb. Die Unterſeite und die innere Seite der Beine ſind weißlich. Die Lauſcher ſind roſtfarben, hier und da mit ſchwärzlichen Haarſpitzen; ihre innere Seite iſt mit weißlichen Haaren dicht bedeckt. Der Lippenrand iſt weißlich, die Umgebung der Augen hellfahl oder bräunlichgrau mit weißen Haarſpitzen. Ueber das Handgelenk zieht ſich ein ſchmaler, ſchwarzer Streifen; der Schwanz iſt an der Wurzel fahl

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/486>, abgerufen am 22.11.2024.