Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Raubthiere. Hunde. -- Eisfuchs. Korsack.
um so größern Werth haben sie im Handel; und man unterscheidet ungefähr zwischen den dunkelen
und hellen fünf Abstufungen. Der Fang ist eigenthümlich. Bei hohem Schnee graben sich die Füchse
in diesen eine Röhre und wohnen in der Tiefe derselben. Das ist die Zeit, in welcher ihnen die
Ostjäken und Samojeden am meisten nachstellen. Wo man sie erlangen kann, graben sie die Leute
mit einem breiten Spaten aus Renthierhorn heraus, fassen sie ohne weiteres beim Schwanze und
schleudern sie mit dem Kopfe gegen den Boden, um sie hierdurch zu tödten. Der Jäger erfährt sehr
bald, ob sich ein Fuchs in einer solchen Röhre befindet oder nicht. Er legt das Ohr an die Mündung,
und wenn sich das Thier darin rührt, scharrt er mit dem Spaten den Schnee weg; hierdurch wird
der schlafende Fuchs aufgeweckt und verräth durch Gähnen und Niesen seine Gegenwart. Vor Erd-
röhren stellt man wohl auch Netze und Schlingen. Außer dem Menschen besitzen die Eisfüchse in
den Seeadlern und Jagdedelfalken gefährliche Feinde. Steller beobachtete, daß ein Seeadler
einen Eisfuchs mit den Klauen erfaßte, ihn emporhob und dann fallen ließ, um ihn auf der Erde zu
zerschmettern.

Jung eingefangene Eisfüchse werden ziemlich zahm und können dahin gebracht werden, ihrem
Herrn wie ein Hund nachzufolgen. Sie sind aber immer reizbar, und sobald sie angerührt werden,
knurren sie boshaft, wie Hunde, und ihre grünen, glänzenden Augen blitzen dann feurig und tückisch.
Mit anderen ihrer Art vertragen sie sich nicht gut in einem Käfig. Zwei Eisfüchse des Hamburger
Thiergartens fielen über den dritten her und bissen ihn todt, wobei der Bruder des Ermordeten
eifrig mit half.

Auch in der Gefangenschaft tritt der Farbenwechsel in der Behaarung regelmäßig ein, gleichviel,
ob das Thier in seinem eignen Klima oder ob es warm oder kalt gehalten wird. Ein in Petersburg
beständig in einem warmen Zimmer eingesperrter Eisfuchs erhielt seinen Winterpelz genau um die
bestimmte Zeit, wie in der Freiheit.

Von den übrigen Fuchsarten will ich blos noch die hier erwähnen, welche sich durch besondere
Eigenthümlichkeiten in der Lebensweise oder durch auffallende Färbung wesentlich unterscheiden. Zu
den kleinsten und wildesten Arten aller Füchse gehört der Vertreter unseres Reinecke in Asien, der
Korsack, wie ihn die Russen nennen, die Kirsa der Mongolen (Vulpes Corsac). Das Thier be-
wohnt alle tartarischen Steppen, von der Wolga und dem Kaspischen Meere an durch das ganze
mittlere Asien hindurch bis an den Baikalsee. Seine Größe steht ungefähr in der Mitte zwischen der
des Eisfuchses und der unserer Hauskatze: er ist 20, der Schwanz 12 Zoll lang. Jn der Gestalt
ist er dem Fuchs ganz ähnlich. Die Färbung seines Balges ist rothgelb im Sommer, bräunlichgelb
oder weißfahl im Winter; die Lunte ist unten schwarz und grau gefleckt.

Der Korsack liebt einsame und trockne Stellen, namentlich solche in der Nähe von Flüssen
als Aufenthalt und verbirgt sich hier bei Tage in Höhlen und unterirdischen Gängen, welche er
sich selbst, aber nicht eben tief, in die Erde gräbt und mit zwei, drei oder vier Ausgängen versieht.
Abweichend von der Sitte unsers Fuchses finden sich in diesen Bauen immer zwei oder mehrere
Korsacks zusammen: sie scheinen also die Geselligkeit besonders zu lieben. Das Thier verfolgt haupt-
sächlich einige Mäusearten und größere Nager, Vögel, welche nachts auf der flachen Erde schlafen,
Eidechsen und Frösche oder auch Fische. Wasser soll der Korsack im Freileben niemals trinken, in
der Gefangenschaft trinkt er aber wenigstens Milch sehr gern. Hier frißt er Schaf- und Rindfleisch,
aber nur gekocht, und läßt es stehen, wenn er lebendige oder frisch getödtete Vögel und Fische
haben kann.

Seines weichen, dichten, warmen und gut aussehenden Winterbalges wegen wird er eifrig
gejagt, besonders von den Kirgisen, Karakalpaken, Truchmenen und anderen diesseits des Urals
wohnenden Nomadenstämmen. Man wendet alle nur denkbare Mittel an, um sich seiner zu bemäch-
tigen. Außer den Fallen und Schlingen, welche man vor einen Ausgang seiner Höhlen stellt, jagt
man ihn auch mit Hunden, welche man vor den Röhren seines Baues aufstellt. Der Fuchs selbst

Die Raubthiere. Hunde. — Eisfuchs. Korſack.
um ſo größern Werth haben ſie im Handel; und man unterſcheidet ungefähr zwiſchen den dunkelen
und hellen fünf Abſtufungen. Der Fang iſt eigenthümlich. Bei hohem Schnee graben ſich die Füchſe
in dieſen eine Röhre und wohnen in der Tiefe derſelben. Das iſt die Zeit, in welcher ihnen die
Oſtjäken und Samojeden am meiſten nachſtellen. Wo man ſie erlangen kann, graben ſie die Leute
mit einem breiten Spaten aus Renthierhorn heraus, faſſen ſie ohne weiteres beim Schwanze und
ſchleudern ſie mit dem Kopfe gegen den Boden, um ſie hierdurch zu tödten. Der Jäger erfährt ſehr
bald, ob ſich ein Fuchs in einer ſolchen Röhre befindet oder nicht. Er legt das Ohr an die Mündung,
und wenn ſich das Thier darin rührt, ſcharrt er mit dem Spaten den Schnee weg; hierdurch wird
der ſchlafende Fuchs aufgeweckt und verräth durch Gähnen und Nieſen ſeine Gegenwart. Vor Erd-
röhren ſtellt man wohl auch Netze und Schlingen. Außer dem Menſchen beſitzen die Eisfüchſe in
den Seeadlern und Jagdedelfalken gefährliche Feinde. Steller beobachtete, daß ein Seeadler
einen Eisfuchs mit den Klauen erfaßte, ihn emporhob und dann fallen ließ, um ihn auf der Erde zu
zerſchmettern.

Jung eingefangene Eisfüchſe werden ziemlich zahm und können dahin gebracht werden, ihrem
Herrn wie ein Hund nachzufolgen. Sie ſind aber immer reizbar, und ſobald ſie angerührt werden,
knurren ſie boshaft, wie Hunde, und ihre grünen, glänzenden Augen blitzen dann feurig und tückiſch.
Mit anderen ihrer Art vertragen ſie ſich nicht gut in einem Käfig. Zwei Eisfüchſe des Hamburger
Thiergartens fielen über den dritten her und biſſen ihn todt, wobei der Bruder des Ermordeten
eifrig mit half.

Auch in der Gefangenſchaft tritt der Farbenwechſel in der Behaarung regelmäßig ein, gleichviel,
ob das Thier in ſeinem eignen Klima oder ob es warm oder kalt gehalten wird. Ein in Petersburg
beſtändig in einem warmen Zimmer eingeſperrter Eisfuchs erhielt ſeinen Winterpelz genau um die
beſtimmte Zeit, wie in der Freiheit.

Von den übrigen Fuchsarten will ich blos noch die hier erwähnen, welche ſich durch beſondere
Eigenthümlichkeiten in der Lebensweiſe oder durch auffallende Färbung weſentlich unterſcheiden. Zu
den kleinſten und wildeſten Arten aller Füchſe gehört der Vertreter unſeres Reinecke in Aſien, der
Korſack, wie ihn die Ruſſen nennen, die Kirſa der Mongolen (Vulpes Corsac). Das Thier be-
wohnt alle tartariſchen Steppen, von der Wolga und dem Kaspiſchen Meere an durch das ganze
mittlere Aſien hindurch bis an den Baikalſee. Seine Größe ſteht ungefähr in der Mitte zwiſchen der
des Eisfuchſes und der unſerer Hauskatze: er iſt 20, der Schwanz 12 Zoll lang. Jn der Geſtalt
iſt er dem Fuchs ganz ähnlich. Die Färbung ſeines Balges iſt rothgelb im Sommer, bräunlichgelb
oder weißfahl im Winter; die Lunte iſt unten ſchwarz und grau gefleckt.

Der Korſack liebt einſame und trockne Stellen, namentlich ſolche in der Nähe von Flüſſen
als Aufenthalt und verbirgt ſich hier bei Tage in Höhlen und unterirdiſchen Gängen, welche er
ſich ſelbſt, aber nicht eben tief, in die Erde gräbt und mit zwei, drei oder vier Ausgängen verſieht.
Abweichend von der Sitte unſers Fuchſes finden ſich in dieſen Bauen immer zwei oder mehrere
Korſacks zuſammen: ſie ſcheinen alſo die Geſelligkeit beſonders zu lieben. Das Thier verfolgt haupt-
ſächlich einige Mäuſearten und größere Nager, Vögel, welche nachts auf der flachen Erde ſchlafen,
Eidechſen und Fröſche oder auch Fiſche. Waſſer ſoll der Korſack im Freileben niemals trinken, in
der Gefangenſchaft trinkt er aber wenigſtens Milch ſehr gern. Hier frißt er Schaf- und Rindfleiſch,
aber nur gekocht, und läßt es ſtehen, wenn er lebendige oder friſch getödtete Vögel und Fiſche
haben kann.

Seines weichen, dichten, warmen und gut ausſehenden Winterbalges wegen wird er eifrig
gejagt, beſonders von den Kirgiſen, Karakalpaken, Truchmenen und anderen diesſeits des Urals
wohnenden Nomadenſtämmen. Man wendet alle nur denkbare Mittel an, um ſich ſeiner zu bemäch-
tigen. Außer den Fallen und Schlingen, welche man vor einen Ausgang ſeiner Höhlen ſtellt, jagt
man ihn auch mit Hunden, welche man vor den Röhren ſeines Baues aufſtellt. Der Fuchs ſelbſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0506" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Hunde. &#x2014; <hi rendition="#g">Eisfuchs. Kor&#x017F;ack.</hi></fw><lb/>
um &#x017F;o größern Werth haben &#x017F;ie im Handel; und man unter&#x017F;cheidet ungefähr zwi&#x017F;chen den dunkelen<lb/>
und hellen fünf Ab&#x017F;tufungen. Der Fang i&#x017F;t eigenthümlich. Bei hohem Schnee graben &#x017F;ich die Füch&#x017F;e<lb/>
in die&#x017F;en eine Röhre und wohnen in der Tiefe der&#x017F;elben. Das i&#x017F;t die Zeit, in welcher ihnen die<lb/><hi rendition="#g">O&#x017F;tjäken</hi> und <hi rendition="#g">Samojeden</hi> am mei&#x017F;ten nach&#x017F;tellen. Wo man &#x017F;ie erlangen kann, graben &#x017F;ie die Leute<lb/>
mit einem breiten Spaten aus Renthierhorn heraus, fa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ohne weiteres beim Schwanze und<lb/>
&#x017F;chleudern &#x017F;ie mit dem Kopfe gegen den Boden, um &#x017F;ie hierdurch zu tödten. Der Jäger erfährt &#x017F;ehr<lb/>
bald, ob &#x017F;ich ein Fuchs in einer &#x017F;olchen Röhre befindet oder nicht. Er legt das Ohr an die Mündung,<lb/>
und wenn &#x017F;ich das Thier darin rührt, &#x017F;charrt er mit dem Spaten den Schnee weg; hierdurch wird<lb/>
der &#x017F;chlafende Fuchs aufgeweckt und verräth durch Gähnen und Nie&#x017F;en &#x017F;eine Gegenwart. Vor Erd-<lb/>
röhren &#x017F;tellt man wohl auch Netze und Schlingen. Außer dem Men&#x017F;chen be&#x017F;itzen die Eisfüch&#x017F;e in<lb/>
den <hi rendition="#g">Seeadlern</hi> und <hi rendition="#g">Jagdedelfalken</hi> gefährliche Feinde. Steller beobachtete, daß ein Seeadler<lb/>
einen Eisfuchs mit den Klauen erfaßte, ihn emporhob und dann fallen ließ, um ihn auf der Erde zu<lb/>
zer&#x017F;chmettern.</p><lb/>
          <p>Jung eingefangene Eisfüch&#x017F;e werden ziemlich zahm und können dahin gebracht werden, ihrem<lb/>
Herrn wie ein Hund nachzufolgen. Sie &#x017F;ind aber immer reizbar, und &#x017F;obald &#x017F;ie angerührt werden,<lb/>
knurren &#x017F;ie boshaft, wie Hunde, und ihre grünen, glänzenden Augen blitzen dann feurig und tücki&#x017F;ch.<lb/>
Mit anderen ihrer Art vertragen &#x017F;ie &#x017F;ich nicht gut in einem Käfig. Zwei Eisfüch&#x017F;e des Hamburger<lb/>
Thiergartens fielen über den dritten her und bi&#x017F;&#x017F;en ihn todt, wobei der Bruder des Ermordeten<lb/>
eifrig mit half.</p><lb/>
          <p>Auch in der Gefangen&#x017F;chaft tritt der Farbenwech&#x017F;el in der Behaarung regelmäßig ein, gleichviel,<lb/>
ob das Thier in &#x017F;einem eignen Klima oder ob es warm oder kalt gehalten wird. Ein in Petersburg<lb/>
be&#x017F;tändig in einem warmen Zimmer einge&#x017F;perrter Eisfuchs erhielt &#x017F;einen Winterpelz genau um die<lb/>
be&#x017F;timmte Zeit, wie in der Freiheit.</p><lb/>
          <p>Von den übrigen Fuchsarten will ich blos noch die hier erwähnen, welche &#x017F;ich durch be&#x017F;ondere<lb/>
Eigenthümlichkeiten in der Lebenswei&#x017F;e oder durch auffallende Färbung we&#x017F;entlich unter&#x017F;cheiden. Zu<lb/>
den klein&#x017F;ten und wilde&#x017F;ten Arten aller Füch&#x017F;e gehört der Vertreter un&#x017F;eres Reinecke in A&#x017F;ien, der<lb/><hi rendition="#g">Kor&#x017F;ack,</hi> wie ihn die Ru&#x017F;&#x017F;en nennen, die <hi rendition="#g">Kir&#x017F;a</hi> der Mongolen (<hi rendition="#aq">Vulpes Corsac</hi>). Das Thier be-<lb/>
wohnt alle tartari&#x017F;chen Steppen, von der Wolga und dem Kaspi&#x017F;chen Meere an durch das ganze<lb/>
mittlere A&#x017F;ien hindurch bis an den Baikal&#x017F;ee. Seine Größe &#x017F;teht ungefähr in der Mitte zwi&#x017F;chen der<lb/>
des Eisfuch&#x017F;es und der un&#x017F;erer Hauskatze: er i&#x017F;t 20, der Schwanz 12 Zoll lang. Jn der Ge&#x017F;talt<lb/>
i&#x017F;t er dem Fuchs ganz ähnlich. Die Färbung &#x017F;eines Balges i&#x017F;t rothgelb im Sommer, bräunlichgelb<lb/>
oder weißfahl im Winter; die Lunte i&#x017F;t unten &#x017F;chwarz und grau gefleckt.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Kor&#x017F;ack</hi> liebt ein&#x017F;ame und trockne Stellen, namentlich &#x017F;olche in der Nähe von Flü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
als Aufenthalt und verbirgt &#x017F;ich hier bei Tage in Höhlen und unterirdi&#x017F;chen Gängen, welche er<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, aber nicht eben tief, in die Erde gräbt und mit zwei, drei oder vier Ausgängen ver&#x017F;ieht.<lb/>
Abweichend von der Sitte un&#x017F;ers Fuch&#x017F;es finden &#x017F;ich in die&#x017F;en Bauen immer zwei oder mehrere<lb/>
Kor&#x017F;acks zu&#x017F;ammen: &#x017F;ie &#x017F;cheinen al&#x017F;o die Ge&#x017F;elligkeit be&#x017F;onders zu lieben. Das Thier verfolgt haupt-<lb/>
&#x017F;ächlich einige Mäu&#x017F;earten und größere Nager, Vögel, welche nachts auf der flachen Erde &#x017F;chlafen,<lb/>
Eidech&#x017F;en und Frö&#x017F;che oder auch Fi&#x017F;che. Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;oll der Kor&#x017F;ack im Freileben niemals trinken, in<lb/>
der Gefangen&#x017F;chaft trinkt er aber wenig&#x017F;tens Milch &#x017F;ehr gern. Hier frißt er Schaf- und Rindflei&#x017F;ch,<lb/>
aber nur gekocht, und läßt es &#x017F;tehen, wenn er lebendige oder fri&#x017F;ch getödtete Vögel und Fi&#x017F;che<lb/>
haben kann.</p><lb/>
          <p>Seines weichen, dichten, warmen und gut aus&#x017F;ehenden Winterbalges wegen wird er eifrig<lb/>
gejagt, be&#x017F;onders von den Kirgi&#x017F;en, Karakalpaken, Truchmenen und anderen dies&#x017F;eits des Urals<lb/>
wohnenden Nomaden&#x017F;tämmen. Man wendet alle nur denkbare Mittel an, um &#x017F;ich &#x017F;einer zu bemäch-<lb/>
tigen. Außer den Fallen und Schlingen, welche man vor einen Ausgang &#x017F;einer Höhlen &#x017F;tellt, jagt<lb/>
man ihn auch mit Hunden, welche man vor den Röhren &#x017F;eines Baues auf&#x017F;tellt. Der Fuchs &#x017F;elb&#x017F;t<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0506] Die Raubthiere. Hunde. — Eisfuchs. Korſack. um ſo größern Werth haben ſie im Handel; und man unterſcheidet ungefähr zwiſchen den dunkelen und hellen fünf Abſtufungen. Der Fang iſt eigenthümlich. Bei hohem Schnee graben ſich die Füchſe in dieſen eine Röhre und wohnen in der Tiefe derſelben. Das iſt die Zeit, in welcher ihnen die Oſtjäken und Samojeden am meiſten nachſtellen. Wo man ſie erlangen kann, graben ſie die Leute mit einem breiten Spaten aus Renthierhorn heraus, faſſen ſie ohne weiteres beim Schwanze und ſchleudern ſie mit dem Kopfe gegen den Boden, um ſie hierdurch zu tödten. Der Jäger erfährt ſehr bald, ob ſich ein Fuchs in einer ſolchen Röhre befindet oder nicht. Er legt das Ohr an die Mündung, und wenn ſich das Thier darin rührt, ſcharrt er mit dem Spaten den Schnee weg; hierdurch wird der ſchlafende Fuchs aufgeweckt und verräth durch Gähnen und Nieſen ſeine Gegenwart. Vor Erd- röhren ſtellt man wohl auch Netze und Schlingen. Außer dem Menſchen beſitzen die Eisfüchſe in den Seeadlern und Jagdedelfalken gefährliche Feinde. Steller beobachtete, daß ein Seeadler einen Eisfuchs mit den Klauen erfaßte, ihn emporhob und dann fallen ließ, um ihn auf der Erde zu zerſchmettern. Jung eingefangene Eisfüchſe werden ziemlich zahm und können dahin gebracht werden, ihrem Herrn wie ein Hund nachzufolgen. Sie ſind aber immer reizbar, und ſobald ſie angerührt werden, knurren ſie boshaft, wie Hunde, und ihre grünen, glänzenden Augen blitzen dann feurig und tückiſch. Mit anderen ihrer Art vertragen ſie ſich nicht gut in einem Käfig. Zwei Eisfüchſe des Hamburger Thiergartens fielen über den dritten her und biſſen ihn todt, wobei der Bruder des Ermordeten eifrig mit half. Auch in der Gefangenſchaft tritt der Farbenwechſel in der Behaarung regelmäßig ein, gleichviel, ob das Thier in ſeinem eignen Klima oder ob es warm oder kalt gehalten wird. Ein in Petersburg beſtändig in einem warmen Zimmer eingeſperrter Eisfuchs erhielt ſeinen Winterpelz genau um die beſtimmte Zeit, wie in der Freiheit. Von den übrigen Fuchsarten will ich blos noch die hier erwähnen, welche ſich durch beſondere Eigenthümlichkeiten in der Lebensweiſe oder durch auffallende Färbung weſentlich unterſcheiden. Zu den kleinſten und wildeſten Arten aller Füchſe gehört der Vertreter unſeres Reinecke in Aſien, der Korſack, wie ihn die Ruſſen nennen, die Kirſa der Mongolen (Vulpes Corsac). Das Thier be- wohnt alle tartariſchen Steppen, von der Wolga und dem Kaspiſchen Meere an durch das ganze mittlere Aſien hindurch bis an den Baikalſee. Seine Größe ſteht ungefähr in der Mitte zwiſchen der des Eisfuchſes und der unſerer Hauskatze: er iſt 20, der Schwanz 12 Zoll lang. Jn der Geſtalt iſt er dem Fuchs ganz ähnlich. Die Färbung ſeines Balges iſt rothgelb im Sommer, bräunlichgelb oder weißfahl im Winter; die Lunte iſt unten ſchwarz und grau gefleckt. Der Korſack liebt einſame und trockne Stellen, namentlich ſolche in der Nähe von Flüſſen als Aufenthalt und verbirgt ſich hier bei Tage in Höhlen und unterirdiſchen Gängen, welche er ſich ſelbſt, aber nicht eben tief, in die Erde gräbt und mit zwei, drei oder vier Ausgängen verſieht. Abweichend von der Sitte unſers Fuchſes finden ſich in dieſen Bauen immer zwei oder mehrere Korſacks zuſammen: ſie ſcheinen alſo die Geſelligkeit beſonders zu lieben. Das Thier verfolgt haupt- ſächlich einige Mäuſearten und größere Nager, Vögel, welche nachts auf der flachen Erde ſchlafen, Eidechſen und Fröſche oder auch Fiſche. Waſſer ſoll der Korſack im Freileben niemals trinken, in der Gefangenſchaft trinkt er aber wenigſtens Milch ſehr gern. Hier frißt er Schaf- und Rindfleiſch, aber nur gekocht, und läßt es ſtehen, wenn er lebendige oder friſch getödtete Vögel und Fiſche haben kann. Seines weichen, dichten, warmen und gut ausſehenden Winterbalges wegen wird er eifrig gejagt, beſonders von den Kirgiſen, Karakalpaken, Truchmenen und anderen diesſeits des Urals wohnenden Nomadenſtämmen. Man wendet alle nur denkbare Mittel an, um ſich ſeiner zu bemäch- tigen. Außer den Fallen und Schlingen, welche man vor einen Ausgang ſeiner Höhlen ſtellt, jagt man ihn auch mit Hunden, welche man vor den Röhren ſeines Baues aufſtellt. Der Fuchs ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/506
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/506>, abgerufen am 23.11.2024.