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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Gestreifte Hiäne.
schwarze Spitzen, und der Vorderhals ist nicht selten ganz schwarz, die Standarte ist bald einfarbig,
bald gestreift, der Kopf ist dick, die Schnauze verhältnißmäßig dünn, obgleich immer noch plump
genug, die aufrechtstehenden Lauscher sind groß und ganz nackt. Drei Fuß, etwas mehr oder weniger,
ist das gewöhnliche Maß der Leibeslänge.

Diese Hiäne ist wohl die verbreitetste unter allen, wenigstens geht sie von der Sierra Leona an
quer durch Afrika und fast ganz Asien hindurch bis zum Altai. Sie ist nirgends selten, an menschen-
leeren Orten sogar außerordentlich häusig, aber sie ist auch die am wenigsten schädliche unter allen
und wird deshalb wohl nirgends besonders gefürchtet. Jn ihrer Heimat giebt es gemeiniglich soviel
Aas oder wenigstens Knochen, daß sie nur selten durch den Hunger zu kühnen Angriffen auf leben-
dige Thiere gezwungen wird. Jhre Feigheit übersteigt alle Grenzen; doch kommt auch sie in das
Jnnere der Dörfer herein und in Egypten schon wenigstens bis ganz nahe an dieselben heran. Auf
dem Aase, welches wir auslegten, um später Geier auf ihm zu schießen, erschienen des Nachts regel-
mäßig Hiänen und wurden uns deshalb sehr lästig. Wenn wir im Freien rasteten, kamen sie häufig
bis in das Lager geschlichen, und mehrmals haben wir von unserer Lagerstätte aus, ohne aufzustehen,
auf sie feuern können. Bei einem Ausfluge nach dem Sinai erlegte mein Freund Heuglin eine
gestreifte Hiäne vom Lager aus mit Hühnerschroten. Trotz ihrer Zudringlichkeit fürchtet sich kein
Mensch vor ihr, und sie wagt auch wirklich niemals, auch nur Schlafende anzugreifen. Ebensowenig
gräbt sie Leichen aus, und deshalb eben ist sie an den schauerlichen Erzählungen, welche man in
Schaubuden von ihr hört, vollkommen unschuldig. Jn ihrer Lebensweise ähnelt sie übrigens den
vorhin genannten Arten vollständig und ist auch deshalb nicht besonders zu schildern; dagegen kann
ich aus eigener Erfahrung Einiges über gezähmte mittheilen, welche ich in Afrika längere Zeit besaß.

Wenige Tage nach unserer ersten Ankunft in Charthum kauften wir zwei junge Hiänen für zehn
Groschen unsers Geldes. Die Thierchen hatten etwa die Größe eines halb erwachsenen Dachs-
hundes und waren noch mit sehr weichem, feinen, dunkelgrauen Wollhaar bedeckt. Sie hatten schon
eine Zeitlang die Gesellschaft der Menschen genossen, waren aber noch sehr ungezogen. Wir sperrten
sie in einen Stall, und hier besuchte ich sie täglich. Der Stall war dunkel; ich sah deshalb beim
Hineintreten gewöhnlich nur vier grünliche Punkte in irgend einer Ecke leuchten. Sobald ich mich
nahete, begann ein eigenthümliches Fauchen und Kreischen, und wenn ich unvorsichtig nach einem der
Thierchen griff, wurde ich regelmäßig tüchtig in die Hand gebissen. Schläge fruchteten im Anfange
wenig, jedoch bekamen die jungen Hiänen mit zunehmendem Alter mehr und mehr Begriffe von der
Oberherrschaft, welche ich über sie erstrebte, bis ich ihnen eines Tages ihre und meine Stellung voll-
kommen klar zu machen suchte. Mein Diener hatte sie gefüttert, mit ihnen gespielt und war so heftig
von ihnen gebissen worden, daß er seine Hände in den nächsten vier Wochen nicht gebrauchen konnte.
Die Hiänen hatten inzwischen das Doppelte ihrer frühern Größe erreicht und konnten deshalb auch
eine derbe Lehre vertragen. Jch beschloß, ihnen diese zu geben, und indem ich bedachte, daß es weit
besser sei, eines dieser Thiere todtzuschlagen, als sich der Gefahr auszusetzen, von ihnen erheblich
verletzt zu werden, prügelte ich sie beide so lange, bis keine mehr fauchte oder knurrte, wenn ich mich
ihnen wieder näherte. Um zu erproben, ob die Wirkung vollständig gewesen sei, hielt ich ihnen eine
halbe Stunde später die Hand vor die Schnauzen. Eine beroch dieselbe ganz ruhig, die andere biß und
bekam von neuem ihre Prügel. Denselben Versuch machte ich noch einmal an dem nämlichen Tage,
und die stöckische biß zum zweiten Male. Sie bekam also ihre dritten Prügel, und diese schienen denn
auch wirklich hinreichend gewesen zu sein. Sie lag elend und regungslos in dem Winkel und blieb so
während des ganzen folgenden Tages liegen, ohne Speise anzurühren. Etwa 24 Stunden nach der
Bestrafung ging ich wieder in den Stall und beschäftigte mich nun längere Zeit mit ihnen. Jetzt
ließen sie sich Alles gefallen und versuchten gar nicht mehr, nach meiner Hand zu schnappen. Von
diesem Augenblicke an war Strenge bei ihnen nicht mehr nothwendig; ihr trotziger Sinn war gebrochen
und sie beugten sich vollkommen unter meine Gewalt. Nur ein einziges Mal noch mußte ich das
Wasserbad bei ihnen anwenden, bekanntlich das allerbeste Zähmungsmittel wilder Thiere überhaupt.

Die Raubthiere. Hunde. — Geſtreifte Hiäne.
ſchwarze Spitzen, und der Vorderhals iſt nicht ſelten ganz ſchwarz, die Standarte iſt bald einfarbig,
bald geſtreift, der Kopf iſt dick, die Schnauze verhältnißmäßig dünn, obgleich immer noch plump
genug, die aufrechtſtehenden Lauſcher ſind groß und ganz nackt. Drei Fuß, etwas mehr oder weniger,
iſt das gewöhnliche Maß der Leibeslänge.

Dieſe Hiäne iſt wohl die verbreitetſte unter allen, wenigſtens geht ſie von der Sierra Leona an
quer durch Afrika und faſt ganz Aſien hindurch bis zum Altai. Sie iſt nirgends ſelten, an menſchen-
leeren Orten ſogar außerordentlich häuſig, aber ſie iſt auch die am wenigſten ſchädliche unter allen
und wird deshalb wohl nirgends beſonders gefürchtet. Jn ihrer Heimat giebt es gemeiniglich ſoviel
Aas oder wenigſtens Knochen, daß ſie nur ſelten durch den Hunger zu kühnen Angriffen auf leben-
dige Thiere gezwungen wird. Jhre Feigheit überſteigt alle Grenzen; doch kommt auch ſie in das
Jnnere der Dörfer herein und in Egypten ſchon wenigſtens bis ganz nahe an dieſelben heran. Auf
dem Aaſe, welches wir auslegten, um ſpäter Geier auf ihm zu ſchießen, erſchienen des Nachts regel-
mäßig Hiänen und wurden uns deshalb ſehr läſtig. Wenn wir im Freien raſteten, kamen ſie häufig
bis in das Lager geſchlichen, und mehrmals haben wir von unſerer Lagerſtätte aus, ohne aufzuſtehen,
auf ſie feuern können. Bei einem Ausfluge nach dem Sinai erlegte mein Freund Heuglin eine
geſtreifte Hiäne vom Lager aus mit Hühnerſchroten. Trotz ihrer Zudringlichkeit fürchtet ſich kein
Menſch vor ihr, und ſie wagt auch wirklich niemals, auch nur Schlafende anzugreifen. Ebenſowenig
gräbt ſie Leichen aus, und deshalb eben iſt ſie an den ſchauerlichen Erzählungen, welche man in
Schaubuden von ihr hört, vollkommen unſchuldig. Jn ihrer Lebensweiſe ähnelt ſie übrigens den
vorhin genannten Arten vollſtändig und iſt auch deshalb nicht beſonders zu ſchildern; dagegen kann
ich aus eigener Erfahrung Einiges über gezähmte mittheilen, welche ich in Afrika längere Zeit beſaß.

Wenige Tage nach unſerer erſten Ankunft in Charthum kauften wir zwei junge Hiänen für zehn
Groſchen unſers Geldes. Die Thierchen hatten etwa die Größe eines halb erwachſenen Dachs-
hundes und waren noch mit ſehr weichem, feinen, dunkelgrauen Wollhaar bedeckt. Sie hatten ſchon
eine Zeitlang die Geſellſchaft der Menſchen genoſſen, waren aber noch ſehr ungezogen. Wir ſperrten
ſie in einen Stall, und hier beſuchte ich ſie täglich. Der Stall war dunkel; ich ſah deshalb beim
Hineintreten gewöhnlich nur vier grünliche Punkte in irgend einer Ecke leuchten. Sobald ich mich
nahete, begann ein eigenthümliches Fauchen und Kreiſchen, und wenn ich unvorſichtig nach einem der
Thierchen griff, wurde ich regelmäßig tüchtig in die Hand gebiſſen. Schläge fruchteten im Anfange
wenig, jedoch bekamen die jungen Hiänen mit zunehmendem Alter mehr und mehr Begriffe von der
Oberherrſchaft, welche ich über ſie erſtrebte, bis ich ihnen eines Tages ihre und meine Stellung voll-
kommen klar zu machen ſuchte. Mein Diener hatte ſie gefüttert, mit ihnen geſpielt und war ſo heftig
von ihnen gebiſſen worden, daß er ſeine Hände in den nächſten vier Wochen nicht gebrauchen konnte.
Die Hiänen hatten inzwiſchen das Doppelte ihrer frühern Größe erreicht und konnten deshalb auch
eine derbe Lehre vertragen. Jch beſchloß, ihnen dieſe zu geben, und indem ich bedachte, daß es weit
beſſer ſei, eines dieſer Thiere todtzuſchlagen, als ſich der Gefahr auszuſetzen, von ihnen erheblich
verletzt zu werden, prügelte ich ſie beide ſo lange, bis keine mehr fauchte oder knurrte, wenn ich mich
ihnen wieder näherte. Um zu erproben, ob die Wirkung vollſtändig geweſen ſei, hielt ich ihnen eine
halbe Stunde ſpäter die Hand vor die Schnauzen. Eine beroch dieſelbe ganz ruhig, die andere biß und
bekam von neuem ihre Prügel. Denſelben Verſuch machte ich noch einmal an dem nämlichen Tage,
und die ſtöckiſche biß zum zweiten Male. Sie bekam alſo ihre dritten Prügel, und dieſe ſchienen denn
auch wirklich hinreichend geweſen zu ſein. Sie lag elend und regungslos in dem Winkel und blieb ſo
während des ganzen folgenden Tages liegen, ohne Speiſe anzurühren. Etwa 24 Stunden nach der
Beſtrafung ging ich wieder in den Stall und beſchäftigte mich nun längere Zeit mit ihnen. Jetzt
ließen ſie ſich Alles gefallen und verſuchten gar nicht mehr, nach meiner Hand zu ſchnappen. Von
dieſem Augenblicke an war Strenge bei ihnen nicht mehr nothwendig; ihr trotziger Sinn war gebrochen
und ſie beugten ſich vollkommen unter meine Gewalt. Nur ein einziges Mal noch mußte ich das
Waſſerbad bei ihnen anwenden, bekanntlich das allerbeſte Zähmungsmittel wilder Thiere überhaupt.

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[458/0528] Die Raubthiere. Hunde. — Geſtreifte Hiäne. ſchwarze Spitzen, und der Vorderhals iſt nicht ſelten ganz ſchwarz, die Standarte iſt bald einfarbig, bald geſtreift, der Kopf iſt dick, die Schnauze verhältnißmäßig dünn, obgleich immer noch plump genug, die aufrechtſtehenden Lauſcher ſind groß und ganz nackt. Drei Fuß, etwas mehr oder weniger, iſt das gewöhnliche Maß der Leibeslänge. Dieſe Hiäne iſt wohl die verbreitetſte unter allen, wenigſtens geht ſie von der Sierra Leona an quer durch Afrika und faſt ganz Aſien hindurch bis zum Altai. Sie iſt nirgends ſelten, an menſchen- leeren Orten ſogar außerordentlich häuſig, aber ſie iſt auch die am wenigſten ſchädliche unter allen und wird deshalb wohl nirgends beſonders gefürchtet. Jn ihrer Heimat giebt es gemeiniglich ſoviel Aas oder wenigſtens Knochen, daß ſie nur ſelten durch den Hunger zu kühnen Angriffen auf leben- dige Thiere gezwungen wird. Jhre Feigheit überſteigt alle Grenzen; doch kommt auch ſie in das Jnnere der Dörfer herein und in Egypten ſchon wenigſtens bis ganz nahe an dieſelben heran. Auf dem Aaſe, welches wir auslegten, um ſpäter Geier auf ihm zu ſchießen, erſchienen des Nachts regel- mäßig Hiänen und wurden uns deshalb ſehr läſtig. Wenn wir im Freien raſteten, kamen ſie häufig bis in das Lager geſchlichen, und mehrmals haben wir von unſerer Lagerſtätte aus, ohne aufzuſtehen, auf ſie feuern können. Bei einem Ausfluge nach dem Sinai erlegte mein Freund Heuglin eine geſtreifte Hiäne vom Lager aus mit Hühnerſchroten. Trotz ihrer Zudringlichkeit fürchtet ſich kein Menſch vor ihr, und ſie wagt auch wirklich niemals, auch nur Schlafende anzugreifen. Ebenſowenig gräbt ſie Leichen aus, und deshalb eben iſt ſie an den ſchauerlichen Erzählungen, welche man in Schaubuden von ihr hört, vollkommen unſchuldig. Jn ihrer Lebensweiſe ähnelt ſie übrigens den vorhin genannten Arten vollſtändig und iſt auch deshalb nicht beſonders zu ſchildern; dagegen kann ich aus eigener Erfahrung Einiges über gezähmte mittheilen, welche ich in Afrika längere Zeit beſaß. Wenige Tage nach unſerer erſten Ankunft in Charthum kauften wir zwei junge Hiänen für zehn Groſchen unſers Geldes. Die Thierchen hatten etwa die Größe eines halb erwachſenen Dachs- hundes und waren noch mit ſehr weichem, feinen, dunkelgrauen Wollhaar bedeckt. Sie hatten ſchon eine Zeitlang die Geſellſchaft der Menſchen genoſſen, waren aber noch ſehr ungezogen. Wir ſperrten ſie in einen Stall, und hier beſuchte ich ſie täglich. Der Stall war dunkel; ich ſah deshalb beim Hineintreten gewöhnlich nur vier grünliche Punkte in irgend einer Ecke leuchten. Sobald ich mich nahete, begann ein eigenthümliches Fauchen und Kreiſchen, und wenn ich unvorſichtig nach einem der Thierchen griff, wurde ich regelmäßig tüchtig in die Hand gebiſſen. Schläge fruchteten im Anfange wenig, jedoch bekamen die jungen Hiänen mit zunehmendem Alter mehr und mehr Begriffe von der Oberherrſchaft, welche ich über ſie erſtrebte, bis ich ihnen eines Tages ihre und meine Stellung voll- kommen klar zu machen ſuchte. Mein Diener hatte ſie gefüttert, mit ihnen geſpielt und war ſo heftig von ihnen gebiſſen worden, daß er ſeine Hände in den nächſten vier Wochen nicht gebrauchen konnte. Die Hiänen hatten inzwiſchen das Doppelte ihrer frühern Größe erreicht und konnten deshalb auch eine derbe Lehre vertragen. Jch beſchloß, ihnen dieſe zu geben, und indem ich bedachte, daß es weit beſſer ſei, eines dieſer Thiere todtzuſchlagen, als ſich der Gefahr auszuſetzen, von ihnen erheblich verletzt zu werden, prügelte ich ſie beide ſo lange, bis keine mehr fauchte oder knurrte, wenn ich mich ihnen wieder näherte. Um zu erproben, ob die Wirkung vollſtändig geweſen ſei, hielt ich ihnen eine halbe Stunde ſpäter die Hand vor die Schnauzen. Eine beroch dieſelbe ganz ruhig, die andere biß und bekam von neuem ihre Prügel. Denſelben Verſuch machte ich noch einmal an dem nämlichen Tage, und die ſtöckiſche biß zum zweiten Male. Sie bekam alſo ihre dritten Prügel, und dieſe ſchienen denn auch wirklich hinreichend geweſen zu ſein. Sie lag elend und regungslos in dem Winkel und blieb ſo während des ganzen folgenden Tages liegen, ohne Speiſe anzurühren. Etwa 24 Stunden nach der Beſtrafung ging ich wieder in den Stall und beſchäftigte mich nun längere Zeit mit ihnen. Jetzt ließen ſie ſich Alles gefallen und verſuchten gar nicht mehr, nach meiner Hand zu ſchnappen. Von dieſem Augenblicke an war Strenge bei ihnen nicht mehr nothwendig; ihr trotziger Sinn war gebrochen und ſie beugten ſich vollkommen unter meine Gewalt. Nur ein einziges Mal noch mußte ich das Waſſerbad bei ihnen anwenden, bekanntlich das allerbeſte Zähmungsmittel wilder Thiere überhaupt.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/528>, abgerufen am 25.11.2024.