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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung Beider.
schnanze und kurzen Beinen und Füßen mit fünf verwachsenen Zehen, welche gewaltige Krallen tragen,
namentlich an den Vorderfüßen, wo jene noch einmal so lang sind, als an den hinteren: der Schwanz
ist noch kürzer, als der des Dachses; im übrigen ähneln unsere Thiere dem uns bekannten Murrkopf
fast vollkommen im Leibesbau und in der Lebensweise. Jhr Gebiß ist stark, aber ziemlich stumpf;
Dies zeigt sich zumal an den Fleischzähnen. Es weist also auf gemischte Nahrung hin. Jn der After-
gegend ist keine Drüsentasche vorhanden, dagegen befinden sich neben dem After Absonderungsdrüsen,
welche an der Mastdarmmündung durch einen besonders entwickelten Ringmuskel sehr stark zusammen-
gepreßt werden, um damit die in ihnen enthaltene Flüssigkeit gewaltsam hervorspritzen zu können.

Die Nahrung der Stinkdachse besteht aus Gewürme aller Art und aus Wurzelwerk, welches
sie aus dem lockern Boden mit ihrem Rüssel aufwühlen. Wohl nur zufällig fangen sie ein warm-
blütiges Thier. Jn der Gefangenschaft ziehen sie Brod, Früchte und überhaupt Pflanzenkost dem
frischen Fleisch entschieden vor.

Die bekannteste Art dieser Sippe ist der Stinkdachs (Midaus melieeps), Teladu und Te-
lagon
von den Jndiern, Tellego von den Bewohnern Sumatras genannt, und damit als Das

[Abbildung] Der Stinkdachs (Midaus meliceps).
bezeichnet, was er ist, als ein Stänker erster Sorte. Er ist ein kleiner, kaum mardergroßer Dachs mit
äußerst kurzem, aber langbehaartem Schwanzstummel. Seine Leibeslänge beträgt 14 Zoll, die Länge
des Schwanzes 1/2 Zoll, die Höhe am Widerrist 51/2 Zoll. Die Färbung ist ein gleichartiges Dunkel-
braun, mit Ausnahme des Hinterhauptes und Nackens. Ein weißer Streifen verläuft längs des
Rückens bis zur Spitze des kurzen Schwanzes. Die Unterseite des Leibes ist lichter, als die obere.
Der dichte, lange Pelz besteht aus seidenweichem Woll- und grobem Grannenhaar und deutet darauf
hin, daß das Thier mehr in kälteren Gegenden, in Höhen, lebt. Besonders lang ist das Haar an den
Seiten und auf dem Nacken. Hier bildet es eine Art von Mähne.

Der Reisende und Naturforscher Th. Horsfield hat uns zuerst mit der Lebensweise des eigen-
thümlichen Geschöpfes bekannt gemacht. Der Stinkdachs ist nicht blos hinsichtlich seiner Gestalt, sondern
auch hinsichtlich seiner Heimat ein sehr merkwürdiges Thier. Er ist ausschließlich auf Höhen beschränkt,
welche mehr als 7000 Fuß über dem Meere liegen; dort kommt er ebenso regelmäßig vor, wie ge-
wisse Pflanzen. Alle Gebirgsbewohner kennen ihn und seine Eigenthümlichkeiten; in der Tiefe weiß
man von ihm ebensowenig, als von einem fremdländischen Geschöpf. Jn Batavia, Samarang oder
Surabaya würde man vergeblich nach ihm fragen. Die langgestreckten Gebirge der Jnseln, welche mit
so vielen Spitzen in jene Höhen ragen, geben ihm herrliche Wohnorte. Man baut auf den Hochebenen

Beſchreibung Beider.
ſchnanze und kurzen Beinen und Füßen mit fünf verwachſenen Zehen, welche gewaltige Krallen tragen,
namentlich an den Vorderfüßen, wo jene noch einmal ſo lang ſind, als an den hinteren: der Schwanz
iſt noch kürzer, als der des Dachſes; im übrigen ähneln unſere Thiere dem uns bekannten Murrkopf
faſt vollkommen im Leibesbau und in der Lebensweiſe. Jhr Gebiß iſt ſtark, aber ziemlich ſtumpf;
Dies zeigt ſich zumal an den Fleiſchzähnen. Es weiſt alſo auf gemiſchte Nahrung hin. Jn der After-
gegend iſt keine Drüſentaſche vorhanden, dagegen befinden ſich neben dem After Abſonderungsdrüſen,
welche an der Maſtdarmmündung durch einen beſonders entwickelten Ringmuskel ſehr ſtark zuſammen-
gepreßt werden, um damit die in ihnen enthaltene Flüſſigkeit gewaltſam hervorſpritzen zu können.

Die Nahrung der Stinkdachſe beſteht aus Gewürme aller Art und aus Wurzelwerk, welches
ſie aus dem lockern Boden mit ihrem Rüſſel aufwühlen. Wohl nur zufällig fangen ſie ein warm-
blütiges Thier. Jn der Gefangenſchaft ziehen ſie Brod, Früchte und überhaupt Pflanzenkoſt dem
friſchen Fleiſch entſchieden vor.

Die bekannteſte Art dieſer Sippe iſt der Stinkdachs (Midaus melieeps), Teladu und Te-
lagon
von den Jndiern, Tellego von den Bewohnern Sumatras genannt, und damit als Das

[Abbildung] Der Stinkdachs (Midaus meliceps).
bezeichnet, was er iſt, als ein Stänker erſter Sorte. Er iſt ein kleiner, kaum mardergroßer Dachs mit
äußerſt kurzem, aber langbehaartem Schwanzſtummel. Seine Leibeslänge beträgt 14 Zoll, die Länge
des Schwanzes ½ Zoll, die Höhe am Widerriſt 5½ Zoll. Die Färbung iſt ein gleichartiges Dunkel-
braun, mit Ausnahme des Hinterhauptes und Nackens. Ein weißer Streifen verläuft längs des
Rückens bis zur Spitze des kurzen Schwanzes. Die Unterſeite des Leibes iſt lichter, als die obere.
Der dichte, lange Pelz beſteht aus ſeidenweichem Woll- und grobem Grannenhaar und deutet darauf
hin, daß das Thier mehr in kälteren Gegenden, in Höhen, lebt. Beſonders lang iſt das Haar an den
Seiten und auf dem Nacken. Hier bildet es eine Art von Mähne.

Der Reiſende und Naturforſcher Th. Horsfield hat uns zuerſt mit der Lebensweiſe des eigen-
thümlichen Geſchöpfes bekannt gemacht. Der Stinkdachs iſt nicht blos hinſichtlich ſeiner Geſtalt, ſondern
auch hinſichtlich ſeiner Heimat ein ſehr merkwürdiges Thier. Er iſt ausſchließlich auf Höhen beſchränkt,
welche mehr als 7000 Fuß über dem Meere liegen; dort kommt er ebenſo regelmäßig vor, wie ge-
wiſſe Pflanzen. Alle Gebirgsbewohner kennen ihn und ſeine Eigenthümlichkeiten; in der Tiefe weiß
man von ihm ebenſowenig, als von einem fremdländiſchen Geſchöpf. Jn Batavia, Samarang oder
Surabaya würde man vergeblich nach ihm fragen. Die langgeſtreckten Gebirge der Jnſeln, welche mit
ſo vielen Spitzen in jene Höhen ragen, geben ihm herrliche Wohnorte. Man baut auf den Hochebenen

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[503/0577] Beſchreibung Beider. ſchnanze und kurzen Beinen und Füßen mit fünf verwachſenen Zehen, welche gewaltige Krallen tragen, namentlich an den Vorderfüßen, wo jene noch einmal ſo lang ſind, als an den hinteren: der Schwanz iſt noch kürzer, als der des Dachſes; im übrigen ähneln unſere Thiere dem uns bekannten Murrkopf faſt vollkommen im Leibesbau und in der Lebensweiſe. Jhr Gebiß iſt ſtark, aber ziemlich ſtumpf; Dies zeigt ſich zumal an den Fleiſchzähnen. Es weiſt alſo auf gemiſchte Nahrung hin. Jn der After- gegend iſt keine Drüſentaſche vorhanden, dagegen befinden ſich neben dem After Abſonderungsdrüſen, welche an der Maſtdarmmündung durch einen beſonders entwickelten Ringmuskel ſehr ſtark zuſammen- gepreßt werden, um damit die in ihnen enthaltene Flüſſigkeit gewaltſam hervorſpritzen zu können. Die Nahrung der Stinkdachſe beſteht aus Gewürme aller Art und aus Wurzelwerk, welches ſie aus dem lockern Boden mit ihrem Rüſſel aufwühlen. Wohl nur zufällig fangen ſie ein warm- blütiges Thier. Jn der Gefangenſchaft ziehen ſie Brod, Früchte und überhaupt Pflanzenkoſt dem friſchen Fleiſch entſchieden vor. Die bekannteſte Art dieſer Sippe iſt der Stinkdachs (Midaus melieeps), Teladu und Te- lagon von den Jndiern, Tellego von den Bewohnern Sumatras genannt, und damit als Das [Abbildung Der Stinkdachs (Midaus meliceps).] bezeichnet, was er iſt, als ein Stänker erſter Sorte. Er iſt ein kleiner, kaum mardergroßer Dachs mit äußerſt kurzem, aber langbehaartem Schwanzſtummel. Seine Leibeslänge beträgt 14 Zoll, die Länge des Schwanzes ½ Zoll, die Höhe am Widerriſt 5½ Zoll. Die Färbung iſt ein gleichartiges Dunkel- braun, mit Ausnahme des Hinterhauptes und Nackens. Ein weißer Streifen verläuft längs des Rückens bis zur Spitze des kurzen Schwanzes. Die Unterſeite des Leibes iſt lichter, als die obere. Der dichte, lange Pelz beſteht aus ſeidenweichem Woll- und grobem Grannenhaar und deutet darauf hin, daß das Thier mehr in kälteren Gegenden, in Höhen, lebt. Beſonders lang iſt das Haar an den Seiten und auf dem Nacken. Hier bildet es eine Art von Mähne. Der Reiſende und Naturforſcher Th. Horsfield hat uns zuerſt mit der Lebensweiſe des eigen- thümlichen Geſchöpfes bekannt gemacht. Der Stinkdachs iſt nicht blos hinſichtlich ſeiner Geſtalt, ſondern auch hinſichtlich ſeiner Heimat ein ſehr merkwürdiges Thier. Er iſt ausſchließlich auf Höhen beſchränkt, welche mehr als 7000 Fuß über dem Meere liegen; dort kommt er ebenſo regelmäßig vor, wie ge- wiſſe Pflanzen. Alle Gebirgsbewohner kennen ihn und ſeine Eigenthümlichkeiten; in der Tiefe weiß man von ihm ebenſowenig, als von einem fremdländiſchen Geſchöpf. Jn Batavia, Samarang oder Surabaya würde man vergeblich nach ihm fragen. Die langgeſtreckten Gebirge der Jnſeln, welche mit ſo vielen Spitzen in jene Höhen ragen, geben ihm herrliche Wohnorte. Man baut auf den Hochebenen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/577>, abgerufen am 02.06.2024.