Bei den Neuweltsaffen wird er zur fünften -- nein, zur ersten Hand. An ihm hängt sich der ganze Affe auf und wiegt und schaukelt sich nach Belieben; mit ihm holt er sich Nahrung aus Spalten und Ritzen; ihn benutzt er als Treppe für sich selbst; er dient anstatt der Hängematte, wenn sein Eigner Mittagsruhe halten will.
Alle Affen sind unglaublich starkgliederig und heben Lasten, welche verhältnißmäßig für unsere schwachen Arme zu schwer sein würden; ein Pavian, den ich besaß, hängte sich viele Minuten lang an einem Arme auf und hob seinen dicken Leib daran in die Höhe, so hoch es der Arm zuließ.
Die Leichtigkeit und Zierlichkeit ihrer Bewegungen zeigt sich übrigens nur beim Klettern. Jhr Gang ist immer mehr oder weniger plump und schwerfällig. Die leichten Meerkatzen und die behen- den Krallenaffen gehen noch am besten, manche Arten sogar recht leicht; schon die Paviane aber humpeln in sehr spaßhafter Weise dahin und bewegen ihren dicken Hintern dabei so ausdrucksvoll, daß es aussieht, als wollten sie einen deutschen Bauerntanz aufführen. Der Gang der eigentlichen Baumassen ist kaum noch Gang zu nennen. Während die vorher Erwähnten mit der ganzen Sohle auftreten, stützen diese sich auf die eingeschlagenen Knöchel der Finger ihrer Vorderhände und schlen- kern den Leib schwerfällig vorwärts, so daß die hinteren Hände zwischen die vorderen zu stehen kommen. Dabei werden diese seitlich aufgesetzt und die Thiere stützen sich also auf die eingeschlagene Faust der Vorderhände und auf die Außenseite der hinteren. Unter Umständen gehen viele Affen auch wohl ein kleines Stück weit auf den Hinterbeinen allein; ein eigentlich aufrechter Gang ist das aber nicht zu nennen. Wenn sie mit den Vorderarmen das Gleichgewicht nicht mehr herstellen können, fallen sie nieder, und wirklich aufrecht, wie der Mensch, können sie überhaupt nicht gehen. Bei ernsterem Laufe, etwa wenn eine Balgerei bevorsteht, oder wenn sie verfolgt werden, gehen sie stets auf allen Bieren.
Einige Sippen der Ordnung schwimmen vortrefflich, andere gehen unter wie Blei, sobald sie ins Wasser fallen. Zu ersteren gehören die Meerkatzen, von denen ich einige mit der größten Schnelligkeit und Sicherheit über den blauen Nil schwimmen sah, zu den letzteren die Paviane und vielleicht auch die Brüllaffen; von jenen ertrank uns einer, als wir ihn baden wollten. Die Schwimmunkundigen scheuen deshalb auch das Wasser in hohem Grade: -- man hat eine fast ver- hungerte Familie von Brüllaffen auf einem Baume gefunden, dessen Fuß durch Ueberschwemmung unter Wasser gesetzt worden war, ohne daß die Affen es gewagt hätten, nach anderen, kaum sechzig Schritt entfernten Bäumen sich zu retten. Ulloa, ein Naturforscher, welcher über brasilianische Thiere schrieb, hat daher für die armen, schwimmunkundigen Thiere eine recht hübsche Brücke er- funden, welche gewiß sehr gute Dienste leisten würde, wenn -- die Affen sie benutzen wollten. Jener Gelehrte erzählt nemlich, daß je ein Brüllaffe mit seinen Händen den Schwanz eines andern packe und daß in dieser Weise die ganze Gesellschaft eine lange Kette aus lauter Affengliedern bilde, welche vermittelst des Schwanzes des Endgliedaffen am Wipfel eines Uferbaumes befestigt und dann durch vereinigte Kraft aller Glieder in Schwingungen gesetzt werde, bis das Vorderglied den Zweig eines Baumes des jenseitigen Ufers erfassen und sich dort festhalten könne. Auf der solchergestalt hergerichteten Brücke sollen nun zuerst die Jungen und Schwächeren auf das andere Ufer übersetzen, dann aber der Vorderaffe die ganze Kette, deren Endglied seine Klammer löst, zu sich hinüberziehen. Der Prinz von Wied, ein sehr gewissenhafter Beobachter, nennt diese Erzählung bei ihrem rechten Namen: "eine spaßhafte Fabel"; es ist aber um so merkwürdiger, daß noch in unserer Zeit einige Naturforscher an ihr mit voller Glaubensinnigkeit festhalten.
Das gesellige Leben unserer Thiere ist ein für den Beobachter sehr anziehendes. Wenige Arten leben einsiedlerisch; die meisten Affen schlagen sich in Banden zusammen. Von diesen erwählt sich jede einzelne ihren festen Wohnsitz, welcher größeren oder geringeren Umfang haben kann. Die Wahl fällt regelmäßig auf Gegenden, welche in jeder Hinsicht günstig scheinen. Etwas zu knacken und zu beißen muß es geben, sonst wandert die Bande aus. Waldungen in der Nähe menschlicher Ansiedelungen sind Paradiese; der verbotene Baum in ihnen kümmert die Affen nicht, wenn nur die Aepfel auf ihm
Die Affen.
Bei den Neuweltsaffen wird er zur fünften — nein, zur erſten Hand. An ihm hängt ſich der ganze Affe auf und wiegt und ſchaukelt ſich nach Belieben; mit ihm holt er ſich Nahrung aus Spalten und Ritzen; ihn benutzt er als Treppe für ſich ſelbſt; er dient anſtatt der Hängematte, wenn ſein Eigner Mittagsruhe halten will.
Alle Affen ſind unglaublich ſtarkgliederig und heben Laſten, welche verhältnißmäßig für unſere ſchwachen Arme zu ſchwer ſein würden; ein Pavian, den ich beſaß, hängte ſich viele Minuten lang an einem Arme auf und hob ſeinen dicken Leib daran in die Höhe, ſo hoch es der Arm zuließ.
Die Leichtigkeit und Zierlichkeit ihrer Bewegungen zeigt ſich übrigens nur beim Klettern. Jhr Gang iſt immer mehr oder weniger plump und ſchwerfällig. Die leichten Meerkatzen und die behen- den Krallenaffen gehen noch am beſten, manche Arten ſogar recht leicht; ſchon die Paviane aber humpeln in ſehr ſpaßhafter Weiſe dahin und bewegen ihren dicken Hintern dabei ſo ausdrucksvoll, daß es ausſieht, als wollten ſie einen deutſchen Bauerntanz aufführen. Der Gang der eigentlichen Baumaſſen iſt kaum noch Gang zu nennen. Während die vorher Erwähnten mit der ganzen Sohle auftreten, ſtützen dieſe ſich auf die eingeſchlagenen Knöchel der Finger ihrer Vorderhände und ſchlen- kern den Leib ſchwerfällig vorwärts, ſo daß die hinteren Hände zwiſchen die vorderen zu ſtehen kommen. Dabei werden dieſe ſeitlich aufgeſetzt und die Thiere ſtützen ſich alſo auf die eingeſchlagene Fauſt der Vorderhände und auf die Außenſeite der hinteren. Unter Umſtänden gehen viele Affen auch wohl ein kleines Stück weit auf den Hinterbeinen allein; ein eigentlich aufrechter Gang iſt das aber nicht zu nennen. Wenn ſie mit den Vorderarmen das Gleichgewicht nicht mehr herſtellen können, fallen ſie nieder, und wirklich aufrecht, wie der Menſch, können ſie überhaupt nicht gehen. Bei ernſterem Laufe, etwa wenn eine Balgerei bevorſteht, oder wenn ſie verfolgt werden, gehen ſie ſtets auf allen Bieren.
Einige Sippen der Ordnung ſchwimmen vortrefflich, andere gehen unter wie Blei, ſobald ſie ins Waſſer fallen. Zu erſteren gehören die Meerkatzen, von denen ich einige mit der größten Schnelligkeit und Sicherheit über den blauen Nil ſchwimmen ſah, zu den letzteren die Paviane und vielleicht auch die Brüllaffen; von jenen ertrank uns einer, als wir ihn baden wollten. Die Schwimmunkundigen ſcheuen deshalb auch das Waſſer in hohem Grade: — man hat eine faſt ver- hungerte Familie von Brüllaffen auf einem Baume gefunden, deſſen Fuß durch Ueberſchwemmung unter Waſſer geſetzt worden war, ohne daß die Affen es gewagt hätten, nach anderen, kaum ſechzig Schritt entfernten Bäumen ſich zu retten. Ulloa, ein Naturforſcher, welcher über braſilianiſche Thiere ſchrieb, hat daher für die armen, ſchwimmunkundigen Thiere eine recht hübſche Brücke er- funden, welche gewiß ſehr gute Dienſte leiſten würde, wenn — die Affen ſie benutzen wollten. Jener Gelehrte erzählt nemlich, daß je ein Brüllaffe mit ſeinen Händen den Schwanz eines andern packe und daß in dieſer Weiſe die ganze Geſellſchaft eine lange Kette aus lauter Affengliedern bilde, welche vermittelſt des Schwanzes des Endgliedaffen am Wipfel eines Uferbaumes befeſtigt und dann durch vereinigte Kraft aller Glieder in Schwingungen geſetzt werde, bis das Vorderglied den Zweig eines Baumes des jenſeitigen Ufers erfaſſen und ſich dort feſthalten könne. Auf der ſolchergeſtalt hergerichteten Brücke ſollen nun zuerſt die Jungen und Schwächeren auf das andere Ufer überſetzen, dann aber der Vorderaffe die ganze Kette, deren Endglied ſeine Klammer löſt, zu ſich hinüberziehen. Der Prinz von Wied, ein ſehr gewiſſenhafter Beobachter, nennt dieſe Erzählung bei ihrem rechten Namen: „eine ſpaßhafte Fabel‟; es iſt aber um ſo merkwürdiger, daß noch in unſerer Zeit einige Naturforſcher an ihr mit voller Glaubensinnigkeit feſthalten.
Das geſellige Leben unſerer Thiere iſt ein für den Beobachter ſehr anziehendes. Wenige Arten leben einſiedleriſch; die meiſten Affen ſchlagen ſich in Banden zuſammen. Von dieſen erwählt ſich jede einzelne ihren feſten Wohnſitz, welcher größeren oder geringeren Umfang haben kann. Die Wahl fällt regelmäßig auf Gegenden, welche in jeder Hinſicht günſtig ſcheinen. Etwas zu knacken und zu beißen muß es geben, ſonſt wandert die Bande aus. Waldungen in der Nähe menſchlicher Anſiedelungen ſind Paradieſe; der verbotene Baum in ihnen kümmert die Affen nicht, wenn nur die Aepfel auf ihm
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[8/0058]
Die Affen.
Bei den Neuweltsaffen wird er zur fünften — nein, zur erſten Hand. An ihm hängt ſich der ganze
Affe auf und wiegt und ſchaukelt ſich nach Belieben; mit ihm holt er ſich Nahrung aus Spalten und
Ritzen; ihn benutzt er als Treppe für ſich ſelbſt; er dient anſtatt der Hängematte, wenn ſein Eigner
Mittagsruhe halten will.
Alle Affen ſind unglaublich ſtarkgliederig und heben Laſten, welche verhältnißmäßig für unſere
ſchwachen Arme zu ſchwer ſein würden; ein Pavian, den ich beſaß, hängte ſich viele Minuten lang
an einem Arme auf und hob ſeinen dicken Leib daran in die Höhe, ſo hoch es der Arm zuließ.
Die Leichtigkeit und Zierlichkeit ihrer Bewegungen zeigt ſich übrigens nur beim Klettern. Jhr
Gang iſt immer mehr oder weniger plump und ſchwerfällig. Die leichten Meerkatzen und die behen-
den Krallenaffen gehen noch am beſten, manche Arten ſogar recht leicht; ſchon die Paviane aber
humpeln in ſehr ſpaßhafter Weiſe dahin und bewegen ihren dicken Hintern dabei ſo ausdrucksvoll,
daß es ausſieht, als wollten ſie einen deutſchen Bauerntanz aufführen. Der Gang der eigentlichen
Baumaſſen iſt kaum noch Gang zu nennen. Während die vorher Erwähnten mit der ganzen Sohle
auftreten, ſtützen dieſe ſich auf die eingeſchlagenen Knöchel der Finger ihrer Vorderhände und ſchlen-
kern den Leib ſchwerfällig vorwärts, ſo daß die hinteren Hände zwiſchen die vorderen zu ſtehen
kommen. Dabei werden dieſe ſeitlich aufgeſetzt und die Thiere ſtützen ſich alſo auf die eingeſchlagene
Fauſt der Vorderhände und auf die Außenſeite der hinteren. Unter Umſtänden gehen viele Affen
auch wohl ein kleines Stück weit auf den Hinterbeinen allein; ein eigentlich aufrechter Gang iſt das
aber nicht zu nennen. Wenn ſie mit den Vorderarmen das Gleichgewicht nicht mehr herſtellen können,
fallen ſie nieder, und wirklich aufrecht, wie der Menſch, können ſie überhaupt nicht gehen. Bei
ernſterem Laufe, etwa wenn eine Balgerei bevorſteht, oder wenn ſie verfolgt werden, gehen ſie ſtets
auf allen Bieren.
Einige Sippen der Ordnung ſchwimmen vortrefflich, andere gehen unter wie Blei, ſobald ſie
ins Waſſer fallen. Zu erſteren gehören die Meerkatzen, von denen ich einige mit der größten
Schnelligkeit und Sicherheit über den blauen Nil ſchwimmen ſah, zu den letzteren die Paviane und
vielleicht auch die Brüllaffen; von jenen ertrank uns einer, als wir ihn baden wollten. Die
Schwimmunkundigen ſcheuen deshalb auch das Waſſer in hohem Grade: — man hat eine faſt ver-
hungerte Familie von Brüllaffen auf einem Baume gefunden, deſſen Fuß durch Ueberſchwemmung
unter Waſſer geſetzt worden war, ohne daß die Affen es gewagt hätten, nach anderen, kaum ſechzig
Schritt entfernten Bäumen ſich zu retten. Ulloa, ein Naturforſcher, welcher über braſilianiſche
Thiere ſchrieb, hat daher für die armen, ſchwimmunkundigen Thiere eine recht hübſche Brücke er-
funden, welche gewiß ſehr gute Dienſte leiſten würde, wenn — die Affen ſie benutzen wollten.
Jener Gelehrte erzählt nemlich, daß je ein Brüllaffe mit ſeinen Händen den Schwanz eines andern
packe und daß in dieſer Weiſe die ganze Geſellſchaft eine lange Kette aus lauter Affengliedern bilde,
welche vermittelſt des Schwanzes des Endgliedaffen am Wipfel eines Uferbaumes befeſtigt und dann
durch vereinigte Kraft aller Glieder in Schwingungen geſetzt werde, bis das Vorderglied den Zweig
eines Baumes des jenſeitigen Ufers erfaſſen und ſich dort feſthalten könne. Auf der ſolchergeſtalt
hergerichteten Brücke ſollen nun zuerſt die Jungen und Schwächeren auf das andere Ufer überſetzen,
dann aber der Vorderaffe die ganze Kette, deren Endglied ſeine Klammer löſt, zu ſich hinüberziehen.
Der Prinz von Wied, ein ſehr gewiſſenhafter Beobachter, nennt dieſe Erzählung bei ihrem rechten
Namen: „eine ſpaßhafte Fabel‟; es iſt aber um ſo merkwürdiger, daß noch in unſerer Zeit einige
Naturforſcher an ihr mit voller Glaubensinnigkeit feſthalten.
Das geſellige Leben unſerer Thiere iſt ein für den Beobachter ſehr anziehendes. Wenige Arten
leben einſiedleriſch; die meiſten Affen ſchlagen ſich in Banden zuſammen. Von dieſen erwählt ſich jede
einzelne ihren feſten Wohnſitz, welcher größeren oder geringeren Umfang haben kann. Die Wahl fällt
regelmäßig auf Gegenden, welche in jeder Hinſicht günſtig ſcheinen. Etwas zu knacken und zu beißen
muß es geben, ſonſt wandert die Bande aus. Waldungen in der Nähe menſchlicher Anſiedelungen
ſind Paradieſe; der verbotene Baum in ihnen kümmert die Affen nicht, wenn nur die Aepfel auf ihm
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/58>, abgerufen am 24.11.2024.
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