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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung. Heimat.
waren vollkommen erwachsen, groß und schön. Anfangs zeigten sie sich ganz unbändig, gierig, wild
und bissig. Ein halbes Jahr später konnte sie die Frau des Besitzers bereits aus dem Wasser und
in die Arme nehmen. Sie lernten bald Allerlei fressen und verzehrten unter Anderm auch sehr gern
Möhren, sowie Aepfel und andere Früchte.

Jm Hamburger Thiergarten besitzen wir einen alt eingefangenen Otter, welcher ebenfalls sehr
bald zahm wurde und schon nach wenig Wochen auf den ihm beigelegten Namen hörte.

Der Nutzen, welchen der erlegte Fischotter gewährt, ist nicht unbeträchtlich. Das Wildpret des
Thieres ist von den wüthendsten Gegnern aller Naturwissenschaften, den Pfaffen, als eßbar erklärt
worden, weil diese guten Herrn das Thier, aller Naturgeschichte zum Trotz, zu den Fischen zählen.
Doch ist das Fleisch zähe und schwer verdaulich und kann auch blos durch allerlei Künste des Kochs
einigermaßen schmackhaft gemacht werden. Um so besser ist der Pelz. Das Fell ist nämlich ebenso
schön und glänzend, wie dauerhaft und warm; es wird daher mit Recht geschätzt und oft mit 10 bis
18 Thalern unsers Geldes bezahlt. Man verwendet es bei uns zu Müffen, Mützen und Ver-
brämungen; in Kamtschatka aber, wo der Fischotter sehr häufig ist, zum Einpacken der sehr theuern
Zobelfelle, weil man annimmt, daß es alle Nässe und Feuchtigkeit an sich zieht und dadurch die
Zobelfelle schön erhält. Aus den Schwanzhaaren macht man Malerpinsel und aus den feinen Woll-
haaren schöne und dauerhafte Hüte. Wohl mit Unrecht gelten die Pelze der Fischottern, welche
an kleinen Flüssen und Bächen wohnen, für besser, als die solcher, welche an großen Flüssen und
Seen leben. -- Früher wurden auch Blut, Fett und manche Eingeweide des Thieres als Arznei-
mittel gebraucht.

Der Fischotter war schon den alten Griechen und Römern bekannt, obwohl sie über sein Leben
viel fabelten. So glaubte man, daß unser Thier selbst den Menschen anfalle und, wenn es ihn mit
seinem fürchterlichen Gebiß erfaßt habe, nicht eher losließe, als bis es das Krachen der zermalmten
Knochen vernehme, und dergleichen mehr.



Obgleich unsere Fischottern oder andere, dem Aeußern nach ihnen verwandte Arten zuweilen
im Meere wohnen, hat dieses doch sein eignes und zwar ein ihm fast ausschließlich angehörendes Ge-
schöpf aus der Marderfamilie, den Kalan oder großen Seeotter (Enchydris Lutra).

Wie der lateinische Name zeigt, hat man den Seeotter von den übrigen Fischottern getrennt
und zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben. Er zeigt auch in der That wesentliche Eigenthümlich-
keiten. Seiner äußern Erscheinung nach ist er ein robbenähnlicher Fischotter, d. h. er steht ungefähr
zwischen den Fischottern und Robben in der Mitte. Der Leib ist walzig, der Hals sehr kurz und dick, der
Kopf rundlich und stumpf; die dicken Oberlippen tragen drei Reihen sehr starker Schnurren, die Augen
sind groß und die Ohren tief herabgedrückt. An den Vorderfüßen sind die Zehen verkürzt und durch
eine schwielige, unten nackte Haut verbunden; die Krallen sind klein und schwach gekrümmt; an den
Hinterfüßen nehmen die Zehen von den äußeren zu den inneren an Länge ab und sind durch eine
große Schwimmhaut verbunden; der Schwanz ist kurz, dick zusammengedrückt, keilförmig zugespitzt und
dicht behaart. Der Pelz besteht aus sehr feinen Wollhaaren und langen, steifen Grannen. Jm
Geripp- und Zähnebau unterscheidet sich das Thier ebenfalls von dem Otter, obwohl nicht sehr auf-
fällig. Man kennt nur die eine Art.

Sie bewohnt die Jnseln und Küsten des großen Weltmeers zwischen Asien und Nordamerika.
An der amerikanischen Seite geht sie weiter nach Süden hinauf, als an der asiatischen. Der See-
otter ist ein schönes, großes Thier von drei bis vier Fuß Länge, ungerechnet den fußlangen Schwanz,
welches 70 bis 80 Pfund an Gewicht erreichen kann. Der Pelz ist schwarzbraun mit sparsamer weißer
Sprenkelung. Manchmal haben die Grannenhaare auch weiße Spitzen: dann erscheint der Pelz silber-
weiß. Jn der Jugend trägt das Thier ein langes, grobes, weißes Haar, welches die feine braune
Wolle versteckt.

Beſchreibung. Heimat.
waren vollkommen erwachſen, groß und ſchön. Anfangs zeigten ſie ſich ganz unbändig, gierig, wild
und biſſig. Ein halbes Jahr ſpäter konnte ſie die Frau des Beſitzers bereits aus dem Waſſer und
in die Arme nehmen. Sie lernten bald Allerlei freſſen und verzehrten unter Anderm auch ſehr gern
Möhren, ſowie Aepfel und andere Früchte.

Jm Hamburger Thiergarten beſitzen wir einen alt eingefangenen Otter, welcher ebenfalls ſehr
bald zahm wurde und ſchon nach wenig Wochen auf den ihm beigelegten Namen hörte.

Der Nutzen, welchen der erlegte Fiſchotter gewährt, iſt nicht unbeträchtlich. Das Wildpret des
Thieres iſt von den wüthendſten Gegnern aller Naturwiſſenſchaften, den Pfaffen, als eßbar erklärt
worden, weil dieſe guten Herrn das Thier, aller Naturgeſchichte zum Trotz, zu den Fiſchen zählen.
Doch iſt das Fleiſch zähe und ſchwer verdaulich und kann auch blos durch allerlei Künſte des Kochs
einigermaßen ſchmackhaft gemacht werden. Um ſo beſſer iſt der Pelz. Das Fell iſt nämlich ebenſo
ſchön und glänzend, wie dauerhaft und warm; es wird daher mit Recht geſchätzt und oft mit 10 bis
18 Thalern unſers Geldes bezahlt. Man verwendet es bei uns zu Müffen, Mützen und Ver-
brämungen; in Kamtſchatka aber, wo der Fiſchotter ſehr häufig iſt, zum Einpacken der ſehr theuern
Zobelfelle, weil man annimmt, daß es alle Näſſe und Feuchtigkeit an ſich zieht und dadurch die
Zobelfelle ſchön erhält. Aus den Schwanzhaaren macht man Malerpinſel und aus den feinen Woll-
haaren ſchöne und dauerhafte Hüte. Wohl mit Unrecht gelten die Pelze der Fiſchottern, welche
an kleinen Flüſſen und Bächen wohnen, für beſſer, als die ſolcher, welche an großen Flüſſen und
Seen leben. — Früher wurden auch Blut, Fett und manche Eingeweide des Thieres als Arznei-
mittel gebraucht.

Der Fiſchotter war ſchon den alten Griechen und Römern bekannt, obwohl ſie über ſein Leben
viel fabelten. So glaubte man, daß unſer Thier ſelbſt den Menſchen anfalle und, wenn es ihn mit
ſeinem fürchterlichen Gebiß erfaßt habe, nicht eher losließe, als bis es das Krachen der zermalmten
Knochen vernehme, und dergleichen mehr.



Obgleich unſere Fiſchottern oder andere, dem Aeußern nach ihnen verwandte Arten zuweilen
im Meere wohnen, hat dieſes doch ſein eignes und zwar ein ihm faſt ausſchließlich angehörendes Ge-
ſchöpf aus der Marderfamilie, den Kalan oder großen Seeotter (Enchydris Lutra).

Wie der lateiniſche Name zeigt, hat man den Seeotter von den übrigen Fiſchottern getrennt
und zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben. Er zeigt auch in der That weſentliche Eigenthümlich-
keiten. Seiner äußern Erſcheinung nach iſt er ein robbenähnlicher Fiſchotter, d. h. er ſteht ungefähr
zwiſchen den Fiſchottern und Robben in der Mitte. Der Leib iſt walzig, der Hals ſehr kurz und dick, der
Kopf rundlich und ſtumpf; die dicken Oberlippen tragen drei Reihen ſehr ſtarker Schnurren, die Augen
ſind groß und die Ohren tief herabgedrückt. An den Vorderfüßen ſind die Zehen verkürzt und durch
eine ſchwielige, unten nackte Haut verbunden; die Krallen ſind klein und ſchwach gekrümmt; an den
Hinterfüßen nehmen die Zehen von den äußeren zu den inneren an Länge ab und ſind durch eine
große Schwimmhaut verbunden; der Schwanz iſt kurz, dick zuſammengedrückt, keilförmig zugeſpitzt und
dicht behaart. Der Pelz beſteht aus ſehr feinen Wollhaaren und langen, ſteifen Grannen. Jm
Geripp- und Zähnebau unterſcheidet ſich das Thier ebenfalls von dem Otter, obwohl nicht ſehr auf-
fällig. Man kennt nur die eine Art.

Sie bewohnt die Jnſeln und Küſten des großen Weltmeers zwiſchen Aſien und Nordamerika.
An der amerikaniſchen Seite geht ſie weiter nach Süden hinauf, als an der aſiatiſchen. Der See-
otter iſt ein ſchönes, großes Thier von drei bis vier Fuß Länge, ungerechnet den fußlangen Schwanz,
welches 70 bis 80 Pfund an Gewicht erreichen kann. Der Pelz iſt ſchwarzbraun mit ſparſamer weißer
Sprenkelung. Manchmal haben die Grannenhaare auch weiße Spitzen: dann erſcheint der Pelz ſilber-
weiß. Jn der Jugend trägt das Thier ein langes, grobes, weißes Haar, welches die feine braune
Wolle verſteckt.

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[571/0647] Beſchreibung. Heimat. waren vollkommen erwachſen, groß und ſchön. Anfangs zeigten ſie ſich ganz unbändig, gierig, wild und biſſig. Ein halbes Jahr ſpäter konnte ſie die Frau des Beſitzers bereits aus dem Waſſer und in die Arme nehmen. Sie lernten bald Allerlei freſſen und verzehrten unter Anderm auch ſehr gern Möhren, ſowie Aepfel und andere Früchte. Jm Hamburger Thiergarten beſitzen wir einen alt eingefangenen Otter, welcher ebenfalls ſehr bald zahm wurde und ſchon nach wenig Wochen auf den ihm beigelegten Namen hörte. Der Nutzen, welchen der erlegte Fiſchotter gewährt, iſt nicht unbeträchtlich. Das Wildpret des Thieres iſt von den wüthendſten Gegnern aller Naturwiſſenſchaften, den Pfaffen, als eßbar erklärt worden, weil dieſe guten Herrn das Thier, aller Naturgeſchichte zum Trotz, zu den Fiſchen zählen. Doch iſt das Fleiſch zähe und ſchwer verdaulich und kann auch blos durch allerlei Künſte des Kochs einigermaßen ſchmackhaft gemacht werden. Um ſo beſſer iſt der Pelz. Das Fell iſt nämlich ebenſo ſchön und glänzend, wie dauerhaft und warm; es wird daher mit Recht geſchätzt und oft mit 10 bis 18 Thalern unſers Geldes bezahlt. Man verwendet es bei uns zu Müffen, Mützen und Ver- brämungen; in Kamtſchatka aber, wo der Fiſchotter ſehr häufig iſt, zum Einpacken der ſehr theuern Zobelfelle, weil man annimmt, daß es alle Näſſe und Feuchtigkeit an ſich zieht und dadurch die Zobelfelle ſchön erhält. Aus den Schwanzhaaren macht man Malerpinſel und aus den feinen Woll- haaren ſchöne und dauerhafte Hüte. Wohl mit Unrecht gelten die Pelze der Fiſchottern, welche an kleinen Flüſſen und Bächen wohnen, für beſſer, als die ſolcher, welche an großen Flüſſen und Seen leben. — Früher wurden auch Blut, Fett und manche Eingeweide des Thieres als Arznei- mittel gebraucht. Der Fiſchotter war ſchon den alten Griechen und Römern bekannt, obwohl ſie über ſein Leben viel fabelten. So glaubte man, daß unſer Thier ſelbſt den Menſchen anfalle und, wenn es ihn mit ſeinem fürchterlichen Gebiß erfaßt habe, nicht eher losließe, als bis es das Krachen der zermalmten Knochen vernehme, und dergleichen mehr. Obgleich unſere Fiſchottern oder andere, dem Aeußern nach ihnen verwandte Arten zuweilen im Meere wohnen, hat dieſes doch ſein eignes und zwar ein ihm faſt ausſchließlich angehörendes Ge- ſchöpf aus der Marderfamilie, den Kalan oder großen Seeotter (Enchydris Lutra). Wie der lateiniſche Name zeigt, hat man den Seeotter von den übrigen Fiſchottern getrennt und zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben. Er zeigt auch in der That weſentliche Eigenthümlich- keiten. Seiner äußern Erſcheinung nach iſt er ein robbenähnlicher Fiſchotter, d. h. er ſteht ungefähr zwiſchen den Fiſchottern und Robben in der Mitte. Der Leib iſt walzig, der Hals ſehr kurz und dick, der Kopf rundlich und ſtumpf; die dicken Oberlippen tragen drei Reihen ſehr ſtarker Schnurren, die Augen ſind groß und die Ohren tief herabgedrückt. An den Vorderfüßen ſind die Zehen verkürzt und durch eine ſchwielige, unten nackte Haut verbunden; die Krallen ſind klein und ſchwach gekrümmt; an den Hinterfüßen nehmen die Zehen von den äußeren zu den inneren an Länge ab und ſind durch eine große Schwimmhaut verbunden; der Schwanz iſt kurz, dick zuſammengedrückt, keilförmig zugeſpitzt und dicht behaart. Der Pelz beſteht aus ſehr feinen Wollhaaren und langen, ſteifen Grannen. Jm Geripp- und Zähnebau unterſcheidet ſich das Thier ebenfalls von dem Otter, obwohl nicht ſehr auf- fällig. Man kennt nur die eine Art. Sie bewohnt die Jnſeln und Küſten des großen Weltmeers zwiſchen Aſien und Nordamerika. An der amerikaniſchen Seite geht ſie weiter nach Süden hinauf, als an der aſiatiſchen. Der See- otter iſt ein ſchönes, großes Thier von drei bis vier Fuß Länge, ungerechnet den fußlangen Schwanz, welches 70 bis 80 Pfund an Gewicht erreichen kann. Der Pelz iſt ſchwarzbraun mit ſparſamer weißer Sprenkelung. Manchmal haben die Grannenhaare auch weiße Spitzen: dann erſcheint der Pelz ſilber- weiß. Jn der Jugend trägt das Thier ein langes, grobes, weißes Haar, welches die feine braune Wolle verſteckt.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/647>, abgerufen am 23.11.2024.