Audubon scheint Dies ihm nachgeschrieben zu haben. Als Wurfzeit setzen Beide übereinstimmend den Januar. Die Zahl der Jungen soll nach Nichardson zwischen eins und fünf schwanken, nach Audubon dagegen nur zwei betragen. Jch glaube, daß Beobachtungen an gefangenen Baribals auch hier ent- scheidend sein dürften. Das Paar dieser Bären, welches der Hamburger Thiergarten besitzt, hat sich, wie uns mitgetheilt wurde, in Amerika bereits zweimal in der Gefangenschaft fortgepflanzt, und die Jungen sind schon im Januar geworfen worden. Ueber die Bärzeit haben wir keine Nachricht erhalten. Jn Jahre 1863 aber begatteten sich unsere Baribals am 16. Juni zum ersten Male und, wie der braune Bär, beinahe einen ganzen Monat lang alltäglich.
Daß die wildlebenden Bären hohle Bäume zu ihrem Wochenbette auswählen, wie Dies Richardson angiebt, ist wahrscheinlich. Ueber die erste Jugendzeit der neugeborenen Jungen scheinen Beobachtungen zu fehlen. Von größer gewordenen weiß man, daß die Alte sie mit gleicher Zärtlich- keit liebt, wie unsere braune Bärin die ihrigen, sie längere Zeit mit sich herumführt, in Allem unter- richtet und bei Gefahr muthvoll vertheidigt.
Die Jagd des Baribal ist von Vielen geschildert worden. Sie gilt für sehr gefährlich, haupt- sächlich wegen der merkwürdigen Lebenszähigkeit des Thieres. Man wendet die verschiedensten Mittel an, sich seiner zu bemächtigen. Viele werden in großen Schlagfallen gefangen, die meisten aber mit der Pirschbüchse erlegt. Gute Hunde leisten dabei vortreffliche Dienste, indem sie den Bären ver- bellen oder zu Baum treiben und dem Jäger Gelegenheit geben, ihn mit aller Ruhe aufs Korn zu nehmen und ihm eine Kugel auf die rechte Stelle zu schießen. Audubon beschreibt in seiner lebendigen Weise eine derartige Jagd, bei welcher mehrere Bären erlegt, aber auch mehrere Hunde verloren und die Jäger selbst gefährdet wurden. Hunde allein können den Baribal nicht bewältigen, und auch die besten Beißer unterliegen oft seinen furchtbaren Brautenschlägen. Jn vielen Gegenden legt man mit Erfolg Selbstschüsse, welche der Bär durch Wegnahme eines vorgehängten Köders ent- ladet. Auf den Strömen und Seen jagt man ihn nicht selten zu Wasser, wenn er von einem Ufer zu dem andern schwimmt oder von den Jagdgehilfen in das Wasser getrieben wurde.
Sehr eigenthümlich sind manche Jagdweisen der Jndianer, noch eigenthümlicher die feierlichen Gebräuche zur Versöhnung des abgeschiedenen Bärengeistes, welche einer gottesdienstlichen Verehrung gleichkommen. Alexander Henry, der erste Engländer, welcher in den eigentlichen Pelzgegenden reiste, erzählt Folgendes: "Jm Januar hatte ich das Glück, einen sehr starken Kieferbaum auf- zufinden, dessen Rinde von den Bärenklauen arg zerkratzt war. Bei fernerer Prüfung entdeckte ich ein großes Loch in dem obern Theile, welches in das hohle Jnnere führte, und schloß aus Allem, daß hier ein Bär sein Winterlager aufgeschlagen haben möchte. Jch theilte die Beobachtungen meinen in- dianischen Wirthen mit, und diese beschlossen sofort, den Baum zu fällen, obgleich er nicht weniger als drei Klaftern im Umfange hielt. Am nächsten Morgen machte man sich über die Arbeit, und am Abend hatte man das schwere Werk zur Hälfte beeudet. Am Nachmittag des folgenden Tages fiel der Baum, und wenige Minnten später kam zur größten Befriedigung Aller ein Bär von außer- gewöhnlicher Größe durch die gedachte Oeffnung hervor. Jch erlegte ihn, ehe er noch einige Schritte gemacht hatte. Sofort nach seinem Tode näherten sich ihm alle Jndianer und namentlich die "alte Mutter", wie wir sie nannten. Sie nahm den Kopf des Thieres in ihre Hände, streichelte und küßte ihn wiederholt und bat den Bären tausendmal um Verzeihung, daß man ihm das Leben genommen habe, versicherte auch, daß nicht die Jndiauer Dies verübt hätten, sondern daß es sicherlich ein Engländer gewesen wäre, welcher den Frevel begangen. Diese Geschichte währte nicht eben lange; denn es begann bald das Abhäuten und Zertheilen des Bären. Alle beluden sich mit der Haut, dem Fleisch und dem Fett und traten darauf den Heimweg an."
"Sobald man zu Hause angekommen war, wurde das Bärenhaupt mit allem Flitterwerk, welches die Familie besaß, geschmückt, mit silbernen Armbändern u. dgl. Dann legte man es auf ein Gerüst und vor die Nase eine Menge von Tabak. Am nächsten Morgen wurden Vorbereitungen zu einem Feste getroffen. Die Hütte wurde gereinigt und gefegt, das Haupt des Bären erhoben und ein neues
Verbreitung. Nahrung. Fortpflanzung. Jagd.
Audubon ſcheint Dies ihm nachgeſchrieben zu haben. Als Wurfzeit ſetzen Beide übereinſtimmend den Januar. Die Zahl der Jungen ſoll nach Nichardſon zwiſchen eins und fünf ſchwanken, nach Audubon dagegen nur zwei betragen. Jch glaube, daß Beobachtungen an gefangenen Baribals auch hier ent- ſcheidend ſein dürften. Das Paar dieſer Bären, welches der Hamburger Thiergarten beſitzt, hat ſich, wie uns mitgetheilt wurde, in Amerika bereits zweimal in der Gefangenſchaft fortgepflanzt, und die Jungen ſind ſchon im Januar geworfen worden. Ueber die Bärzeit haben wir keine Nachricht erhalten. Jn Jahre 1863 aber begatteten ſich unſere Baribals am 16. Juni zum erſten Male und, wie der braune Bär, beinahe einen ganzen Monat lang alltäglich.
Daß die wildlebenden Bären hohle Bäume zu ihrem Wochenbette auswählen, wie Dies Richardſon angiebt, iſt wahrſcheinlich. Ueber die erſte Jugendzeit der neugeborenen Jungen ſcheinen Beobachtungen zu fehlen. Von größer gewordenen weiß man, daß die Alte ſie mit gleicher Zärtlich- keit liebt, wie unſere braune Bärin die ihrigen, ſie längere Zeit mit ſich herumführt, in Allem unter- richtet und bei Gefahr muthvoll vertheidigt.
Die Jagd des Baribal iſt von Vielen geſchildert worden. Sie gilt für ſehr gefährlich, haupt- ſächlich wegen der merkwürdigen Lebenszähigkeit des Thieres. Man wendet die verſchiedenſten Mittel an, ſich ſeiner zu bemächtigen. Viele werden in großen Schlagfallen gefangen, die meiſten aber mit der Pirſchbüchſe erlegt. Gute Hunde leiſten dabei vortreffliche Dienſte, indem ſie den Bären ver- bellen oder zu Baum treiben und dem Jäger Gelegenheit geben, ihn mit aller Ruhe aufs Korn zu nehmen und ihm eine Kugel auf die rechte Stelle zu ſchießen. Audubon beſchreibt in ſeiner lebendigen Weiſe eine derartige Jagd, bei welcher mehrere Bären erlegt, aber auch mehrere Hunde verloren und die Jäger ſelbſt gefährdet wurden. Hunde allein können den Baribal nicht bewältigen, und auch die beſten Beißer unterliegen oft ſeinen furchtbaren Brautenſchlägen. Jn vielen Gegenden legt man mit Erfolg Selbſtſchüſſe, welche der Bär durch Wegnahme eines vorgehängten Köders ent- ladet. Auf den Strömen und Seen jagt man ihn nicht ſelten zu Waſſer, wenn er von einem Ufer zu dem andern ſchwimmt oder von den Jagdgehilfen in das Waſſer getrieben wurde.
Sehr eigenthümlich ſind manche Jagdweiſen der Jndianer, noch eigenthümlicher die feierlichen Gebräuche zur Verſöhnung des abgeſchiedenen Bärengeiſtes, welche einer gottesdienſtlichen Verehrung gleichkommen. Alexander Henry, der erſte Engländer, welcher in den eigentlichen Pelzgegenden reiſte, erzählt Folgendes: „Jm Januar hatte ich das Glück, einen ſehr ſtarken Kieferbaum auf- zufinden, deſſen Rinde von den Bärenklauen arg zerkratzt war. Bei fernerer Prüfung entdeckte ich ein großes Loch in dem obern Theile, welches in das hohle Jnnere führte, und ſchloß aus Allem, daß hier ein Bär ſein Winterlager aufgeſchlagen haben möchte. Jch theilte die Beobachtungen meinen in- dianiſchen Wirthen mit, und dieſe beſchloſſen ſofort, den Baum zu fällen, obgleich er nicht weniger als drei Klaftern im Umfange hielt. Am nächſten Morgen machte man ſich über die Arbeit, und am Abend hatte man das ſchwere Werk zur Hälfte beeudet. Am Nachmittag des folgenden Tages fiel der Baum, und wenige Minnten ſpäter kam zur größten Befriedigung Aller ein Bär von außer- gewöhnlicher Größe durch die gedachte Oeffnung hervor. Jch erlegte ihn, ehe er noch einige Schritte gemacht hatte. Sofort nach ſeinem Tode näherten ſich ihm alle Jndianer und namentlich die „alte Mutter‟, wie wir ſie nannten. Sie nahm den Kopf des Thieres in ihre Hände, ſtreichelte und küßte ihn wiederholt und bat den Bären tauſendmal um Verzeihung, daß man ihm das Leben genommen habe, verſicherte auch, daß nicht die Jndiauer Dies verübt hätten, ſondern daß es ſicherlich ein Engländer geweſen wäre, welcher den Frevel begangen. Dieſe Geſchichte währte nicht eben lange; denn es begann bald das Abhäuten und Zertheilen des Bären. Alle beluden ſich mit der Haut, dem Fleiſch und dem Fett und traten darauf den Heimweg an.‟
„Sobald man zu Hauſe angekommen war, wurde das Bärenhaupt mit allem Flitterwerk, welches die Familie beſaß, geſchmückt, mit ſilbernen Armbändern u. dgl. Dann legte man es auf ein Gerüſt und vor die Naſe eine Menge von Tabak. Am nächſten Morgen wurden Vorbereitungen zu einem Feſte getroffen. Die Hütte wurde gereinigt und gefegt, das Haupt des Bären erhoben und ein neues
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0681"n="605"/><fwplace="top"type="header">Verbreitung. Nahrung. Fortpflanzung. Jagd.</fw><lb/>
Audubon ſcheint Dies ihm nachgeſchrieben zu haben. Als Wurfzeit ſetzen Beide übereinſtimmend den<lb/>
Januar. Die Zahl der Jungen ſoll nach Nichardſon zwiſchen eins und fünf ſchwanken, nach Audubon<lb/>
dagegen nur zwei betragen. Jch glaube, daß Beobachtungen an gefangenen Baribals auch hier ent-<lb/>ſcheidend ſein dürften. Das Paar dieſer Bären, welches der Hamburger Thiergarten beſitzt, hat ſich,<lb/>
wie uns mitgetheilt wurde, in Amerika bereits zweimal in der Gefangenſchaft fortgepflanzt, und die<lb/>
Jungen ſind ſchon im Januar geworfen worden. Ueber die Bärzeit haben wir keine Nachricht<lb/>
erhalten. Jn Jahre 1863 aber begatteten ſich unſere Baribals am 16. Juni zum erſten Male und,<lb/>
wie der braune Bär, beinahe einen ganzen Monat lang alltäglich.</p><lb/><p>Daß die wildlebenden Bären hohle Bäume zu ihrem Wochenbette auswählen, wie Dies<lb/>
Richardſon angiebt, iſt wahrſcheinlich. Ueber die erſte Jugendzeit der neugeborenen Jungen ſcheinen<lb/>
Beobachtungen zu fehlen. Von größer gewordenen weiß man, daß die Alte ſie mit gleicher Zärtlich-<lb/>
keit liebt, wie unſere braune Bärin die ihrigen, ſie längere Zeit mit ſich herumführt, in Allem unter-<lb/>
richtet und bei Gefahr muthvoll vertheidigt.</p><lb/><p>Die Jagd des Baribal iſt von Vielen geſchildert worden. Sie gilt für ſehr gefährlich, haupt-<lb/>ſächlich wegen der merkwürdigen Lebenszähigkeit des Thieres. Man wendet die verſchiedenſten Mittel<lb/>
an, ſich ſeiner zu bemächtigen. Viele werden in großen Schlagfallen gefangen, die meiſten aber mit<lb/>
der Pirſchbüchſe erlegt. Gute Hunde leiſten dabei vortreffliche Dienſte, indem ſie den Bären ver-<lb/>
bellen oder zu Baum treiben und dem Jäger Gelegenheit geben, ihn mit aller Ruhe aufs Korn<lb/>
zu nehmen und ihm eine Kugel auf die rechte Stelle zu ſchießen. <hirendition="#g">Audubon</hi> beſchreibt in ſeiner<lb/>
lebendigen Weiſe eine derartige Jagd, bei welcher mehrere Bären erlegt, aber auch mehrere Hunde<lb/>
verloren und die Jäger ſelbſt gefährdet wurden. Hunde allein können den Baribal nicht bewältigen,<lb/>
und auch die beſten Beißer unterliegen oft ſeinen furchtbaren Brautenſchlägen. Jn vielen Gegenden<lb/>
legt man mit Erfolg Selbſtſchüſſe, welche der Bär durch Wegnahme eines vorgehängten Köders ent-<lb/>
ladet. Auf den Strömen und Seen jagt man ihn nicht ſelten zu Waſſer, wenn er von einem Ufer<lb/>
zu dem andern ſchwimmt oder von den Jagdgehilfen in das Waſſer getrieben wurde.</p><lb/><p>Sehr eigenthümlich ſind manche Jagdweiſen der Jndianer, noch eigenthümlicher die feierlichen<lb/>
Gebräuche zur Verſöhnung des abgeſchiedenen Bärengeiſtes, welche einer gottesdienſtlichen Verehrung<lb/>
gleichkommen. <hirendition="#g">Alexander Henry,</hi> der erſte Engländer, welcher in den eigentlichen Pelzgegenden<lb/>
reiſte, erzählt Folgendes: „Jm Januar hatte ich das Glück, einen ſehr ſtarken Kieferbaum auf-<lb/>
zufinden, deſſen Rinde von den Bärenklauen arg zerkratzt war. Bei fernerer Prüfung entdeckte ich ein<lb/>
großes Loch in dem obern Theile, welches in das hohle Jnnere führte, und ſchloß aus Allem, daß hier<lb/>
ein Bär ſein Winterlager aufgeſchlagen haben möchte. Jch theilte die Beobachtungen meinen in-<lb/>
dianiſchen Wirthen mit, und dieſe beſchloſſen ſofort, den Baum zu fällen, obgleich er nicht weniger als<lb/>
drei Klaftern im Umfange hielt. Am nächſten Morgen machte man ſich über die Arbeit, und am<lb/>
Abend hatte man das ſchwere Werk zur Hälfte beeudet. Am Nachmittag des folgenden Tages fiel<lb/>
der Baum, und wenige Minnten ſpäter kam zur größten Befriedigung Aller ein Bär von außer-<lb/>
gewöhnlicher Größe durch die gedachte Oeffnung hervor. Jch erlegte ihn, ehe er noch einige Schritte<lb/>
gemacht hatte. Sofort nach ſeinem Tode näherten ſich ihm alle Jndianer und namentlich die „alte<lb/>
Mutter‟, wie wir ſie nannten. Sie nahm den Kopf des Thieres in ihre Hände, ſtreichelte und küßte<lb/>
ihn wiederholt und bat den Bären tauſendmal um Verzeihung, daß man ihm das Leben genommen<lb/>
habe, verſicherte auch, daß nicht die Jndiauer Dies verübt hätten, ſondern daß es ſicherlich ein<lb/>
Engländer geweſen wäre, welcher den Frevel begangen. Dieſe Geſchichte währte nicht eben lange;<lb/>
denn es begann bald das Abhäuten und Zertheilen des Bären. Alle beluden ſich mit der Haut, dem<lb/>
Fleiſch und dem Fett und traten darauf den Heimweg an.‟</p><lb/><p>„Sobald man zu Hauſe angekommen war, wurde das Bärenhaupt mit allem Flitterwerk, welches<lb/>
die Familie beſaß, geſchmückt, mit ſilbernen Armbändern u. dgl. Dann legte man es auf ein Gerüſt<lb/>
und vor die Naſe eine Menge von Tabak. Am nächſten Morgen wurden Vorbereitungen zu einem<lb/>
Feſte getroffen. Die Hütte wurde gereinigt und gefegt, das Haupt des Bären erhoben und ein neues<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[605/0681]
Verbreitung. Nahrung. Fortpflanzung. Jagd.
Audubon ſcheint Dies ihm nachgeſchrieben zu haben. Als Wurfzeit ſetzen Beide übereinſtimmend den
Januar. Die Zahl der Jungen ſoll nach Nichardſon zwiſchen eins und fünf ſchwanken, nach Audubon
dagegen nur zwei betragen. Jch glaube, daß Beobachtungen an gefangenen Baribals auch hier ent-
ſcheidend ſein dürften. Das Paar dieſer Bären, welches der Hamburger Thiergarten beſitzt, hat ſich,
wie uns mitgetheilt wurde, in Amerika bereits zweimal in der Gefangenſchaft fortgepflanzt, und die
Jungen ſind ſchon im Januar geworfen worden. Ueber die Bärzeit haben wir keine Nachricht
erhalten. Jn Jahre 1863 aber begatteten ſich unſere Baribals am 16. Juni zum erſten Male und,
wie der braune Bär, beinahe einen ganzen Monat lang alltäglich.
Daß die wildlebenden Bären hohle Bäume zu ihrem Wochenbette auswählen, wie Dies
Richardſon angiebt, iſt wahrſcheinlich. Ueber die erſte Jugendzeit der neugeborenen Jungen ſcheinen
Beobachtungen zu fehlen. Von größer gewordenen weiß man, daß die Alte ſie mit gleicher Zärtlich-
keit liebt, wie unſere braune Bärin die ihrigen, ſie längere Zeit mit ſich herumführt, in Allem unter-
richtet und bei Gefahr muthvoll vertheidigt.
Die Jagd des Baribal iſt von Vielen geſchildert worden. Sie gilt für ſehr gefährlich, haupt-
ſächlich wegen der merkwürdigen Lebenszähigkeit des Thieres. Man wendet die verſchiedenſten Mittel
an, ſich ſeiner zu bemächtigen. Viele werden in großen Schlagfallen gefangen, die meiſten aber mit
der Pirſchbüchſe erlegt. Gute Hunde leiſten dabei vortreffliche Dienſte, indem ſie den Bären ver-
bellen oder zu Baum treiben und dem Jäger Gelegenheit geben, ihn mit aller Ruhe aufs Korn
zu nehmen und ihm eine Kugel auf die rechte Stelle zu ſchießen. Audubon beſchreibt in ſeiner
lebendigen Weiſe eine derartige Jagd, bei welcher mehrere Bären erlegt, aber auch mehrere Hunde
verloren und die Jäger ſelbſt gefährdet wurden. Hunde allein können den Baribal nicht bewältigen,
und auch die beſten Beißer unterliegen oft ſeinen furchtbaren Brautenſchlägen. Jn vielen Gegenden
legt man mit Erfolg Selbſtſchüſſe, welche der Bär durch Wegnahme eines vorgehängten Köders ent-
ladet. Auf den Strömen und Seen jagt man ihn nicht ſelten zu Waſſer, wenn er von einem Ufer
zu dem andern ſchwimmt oder von den Jagdgehilfen in das Waſſer getrieben wurde.
Sehr eigenthümlich ſind manche Jagdweiſen der Jndianer, noch eigenthümlicher die feierlichen
Gebräuche zur Verſöhnung des abgeſchiedenen Bärengeiſtes, welche einer gottesdienſtlichen Verehrung
gleichkommen. Alexander Henry, der erſte Engländer, welcher in den eigentlichen Pelzgegenden
reiſte, erzählt Folgendes: „Jm Januar hatte ich das Glück, einen ſehr ſtarken Kieferbaum auf-
zufinden, deſſen Rinde von den Bärenklauen arg zerkratzt war. Bei fernerer Prüfung entdeckte ich ein
großes Loch in dem obern Theile, welches in das hohle Jnnere führte, und ſchloß aus Allem, daß hier
ein Bär ſein Winterlager aufgeſchlagen haben möchte. Jch theilte die Beobachtungen meinen in-
dianiſchen Wirthen mit, und dieſe beſchloſſen ſofort, den Baum zu fällen, obgleich er nicht weniger als
drei Klaftern im Umfange hielt. Am nächſten Morgen machte man ſich über die Arbeit, und am
Abend hatte man das ſchwere Werk zur Hälfte beeudet. Am Nachmittag des folgenden Tages fiel
der Baum, und wenige Minnten ſpäter kam zur größten Befriedigung Aller ein Bär von außer-
gewöhnlicher Größe durch die gedachte Oeffnung hervor. Jch erlegte ihn, ehe er noch einige Schritte
gemacht hatte. Sofort nach ſeinem Tode näherten ſich ihm alle Jndianer und namentlich die „alte
Mutter‟, wie wir ſie nannten. Sie nahm den Kopf des Thieres in ihre Hände, ſtreichelte und küßte
ihn wiederholt und bat den Bären tauſendmal um Verzeihung, daß man ihm das Leben genommen
habe, verſicherte auch, daß nicht die Jndiauer Dies verübt hätten, ſondern daß es ſicherlich ein
Engländer geweſen wäre, welcher den Frevel begangen. Dieſe Geſchichte währte nicht eben lange;
denn es begann bald das Abhäuten und Zertheilen des Bären. Alle beluden ſich mit der Haut, dem
Fleiſch und dem Fett und traten darauf den Heimweg an.‟
„Sobald man zu Hauſe angekommen war, wurde das Bärenhaupt mit allem Flitterwerk, welches
die Familie beſaß, geſchmückt, mit ſilbernen Armbändern u. dgl. Dann legte man es auf ein Gerüſt
und vor die Naſe eine Menge von Tabak. Am nächſten Morgen wurden Vorbereitungen zu einem
Feſte getroffen. Die Hütte wurde gereinigt und gefegt, das Haupt des Bären erhoben und ein neues
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/681>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.