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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Bären. -- Gemeiner Waschbär.
die Jagd mit erneuter Heftigkeit. Zwar sucht sich der Waschbär noch ein- oder zweimal vor den
Hunden zu retten und erklettert also nochmals einen Baum; endlich aber muß er doch die Beute seiner
eifrigen vierfüßigen Geguer werden und unter deren Bissen sein Leben verhauchen.

Audubon schildert das Ende solcher Hetze in seiner lebendigen Weise, wie folgt: "Und weiter
ging die Jagd. Die Jagdgehilfen mit den Hunden waren dem Waschbär hart auf den Fersen, und
dieser rettete sich endlich verzweiflungsvoll in eine kleine Lache. Wir näherten uns ihm rasch mit den
Fackeln. Nun Leute, gebt Acht und schaut! Das Thier hat kaum noch Grund unter den Füßen
und muß schon beinahe schwimmen. Unzweifelhaft ist ihm der Glanz unserer Lichter im höchsten
Grade unangenehm. Sein Fell ist gesträubt, der gerundete Schwanz erscheint dreimal so groß, als
gewöhnlich, die Augen blitzen wie Smaragde. Mit schäumendem Rachen erwartet er die Hunde,
fertig, jeden anzugreifen, welcher sich ihm zu nähern versuchen will. Dies hält einige Minuten auf,
das Wasser wird schlammig, sein Fell tropft und sein im Kothe geschleifter Schwanz' schwimmt auf
der Oberfläche des Wassers. Sein tiefes Knurren, in der Absicht, seine Angreifer zu verscheuchen,
feuert diese nur noch mehr an, und näher und näher rückt ihm der Haufe, ohne Umstände sich auf
ihn werfend. Einer ergreift ihn am Rumpfe und zerrt, wird aber schnell genöthigt, ihn gehen zu lassen.
Ein zweiter packt ihn an der Seite, erhält aber augenblicklich einen wohlgerichteten Biß in seine
Schnauze. Da aber packt ihn noch ein Hund an dem Schwanze; der Bär sieht sich verloren, und
kläglich sind die Schreie des hilflosen Geschöpfes. Den einmal gepackten Gegner will er nicht fahren
lassen; aber gerade hierdurch bekommen die anderen Hunde Gelegenheit, sich auf ihn zu werfen und ihn
zu würgen; doch auch jetzt läßt er den ersten Angreifer nicht gehen. Ein Artschlag auf den Kopf erlegt
ihn endlich; er röchelt zum letzten Male, und qualvoll hebt sich noch einmal die Brust. Währenddem
standen die übrigen Jäger als Zuschauer neben ihm in der Lache, und in der ganzen Runde glänzten
die Fackeln und ließen die herrschende Dunkelheit nur noch um so dichter erscheinen. Das wäre ein
Bild für den Pinsel eines Malers gewesen!"

Ein jung eingefangener Waschbär wird gewöhnlich sehr bald und im hohen Grade zahm. Man
kann ihn, wie ein anderes Hausthier, freilassen; doch darf es keine Hühner geben, denn mit diesen ver-
trägt er sich durchaus nicht. Seine Zutraulichkeit, Heiterkeit, die ihm eigene Unruhe und die niemals
endende Lust an der Bewegung, sowie sein komisches, affenartiges Wesen machen ihn den Leuten sehr
angenehm. Er liebt es sehr, wenn man ihm schmeichelt, zeigt jedoch niemals große Anhänglichkeit.
Auf Scherz und Spiel geht er sofort mit Vergnügen ein und knurrt dabei leise vor Behagen, ganz
so, wie junge Hunde Dies zu thun pflegen.

Sein ganzes Benehmen erinnert lebhaft an die Affen. Er weiß sich immer mit Etwas zu
beschäftigen und ist auf Alles, was um ihn her vorgeht, sehr achtsam. Bei seinen Spaziergängen in
Haus und Hof stiftet er übrigeus viel Unfug an. Er untersucht und benascht Alles, in der Speise-
kammer sowohl, wie im Hof und Garten. Der Hausfrau guckt er in die Töpfe, und wenn diese mit
Deckeln versehen sind, versucht er, dieselben auf irgend eine Weise zu öffnen, um sich des verbotenen
Jnhaltes zu bemächtigen. Eingemachte Früchte sind besondere Leckerbissen für ihn; er verschmäht
aber auch Zucker, Brod und Fleisch im verschiedensten Zustande nicht. Jm Garten besteigt er die
Kirsch- und Pflaumenbäume und frißt sich da oben an den süßen Früchten satt, oder er stiehlt Trauben,
Erdbeeren und dergl.; im Hofe schleicht er zu den Hühnerställen oder Taubenschlägen, und wenn er
in sie eindringen kann, würgt er alle Jnsassen binnen einer einzigen Nacht. Er kann sich wahrhaft
marderartig durch sehr enge Ritzen drängen und benutzt seine Pfoten außerordentlich geschickt nach
Art der Hände. Bei diesem fortwährenden Umherschnüffeln und Kundschaften durch das ganze Haus
wirft er selbstverständlich eine Menge von Gegenständen um, welche ihn sonst nicht fesseln konnten,
oder zerbricht Geschirre, welche nichts Genießbares enthalten, und Das ist der Hauptärger, den er
verursacht. Seine Haltung hat nicht die geringsten Schwierigkeiten; er frißt, was man ihm giebt,
rohes und gekochtes Fleisch, Geflügel, Eier, Fische, Kerbthiere, zumal Spinnen, Brod, Zucker, Syrup,
Honig, Milch, Wurzeln, Körner u. s. w. Dabei behält der sonderbare Kauz auch in der Gefangen-

Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Waſchbär.
die Jagd mit erneuter Heftigkeit. Zwar ſucht ſich der Waſchbär noch ein- oder zweimal vor den
Hunden zu retten und erklettert alſo nochmals einen Baum; endlich aber muß er doch die Beute ſeiner
eifrigen vierfüßigen Geguer werden und unter deren Biſſen ſein Leben verhauchen.

Audubon ſchildert das Ende ſolcher Hetze in ſeiner lebendigen Weiſe, wie folgt: „Und weiter
ging die Jagd. Die Jagdgehilfen mit den Hunden waren dem Waſchbär hart auf den Ferſen, und
dieſer rettete ſich endlich verzweiflungsvoll in eine kleine Lache. Wir näherten uns ihm raſch mit den
Fackeln. Nun Leute, gebt Acht und ſchaut! Das Thier hat kaum noch Grund unter den Füßen
und muß ſchon beinahe ſchwimmen. Unzweifelhaft iſt ihm der Glanz unſerer Lichter im höchſten
Grade unangenehm. Sein Fell iſt geſträubt, der gerundete Schwanz erſcheint dreimal ſo groß, als
gewöhnlich, die Augen blitzen wie Smaragde. Mit ſchäumendem Rachen erwartet er die Hunde,
fertig, jeden anzugreifen, welcher ſich ihm zu nähern verſuchen will. Dies hält einige Minuten auf,
das Waſſer wird ſchlammig, ſein Fell tropft und ſein im Kothe geſchleifter Schwanz’ ſchwimmt auf
der Oberfläche des Waſſers. Sein tiefes Knurren, in der Abſicht, ſeine Angreifer zu verſcheuchen,
feuert dieſe nur noch mehr an, und näher und näher rückt ihm der Haufe, ohne Umſtände ſich auf
ihn werfend. Einer ergreift ihn am Rumpfe und zerrt, wird aber ſchnell genöthigt, ihn gehen zu laſſen.
Ein zweiter packt ihn an der Seite, erhält aber augenblicklich einen wohlgerichteten Biß in ſeine
Schnauze. Da aber packt ihn noch ein Hund an dem Schwanze; der Bär ſieht ſich verloren, und
kläglich ſind die Schreie des hilfloſen Geſchöpfes. Den einmal gepackten Gegner will er nicht fahren
laſſen; aber gerade hierdurch bekommen die anderen Hunde Gelegenheit, ſich auf ihn zu werfen und ihn
zu würgen; doch auch jetzt läßt er den erſten Angreifer nicht gehen. Ein Artſchlag auf den Kopf erlegt
ihn endlich; er röchelt zum letzten Male, und qualvoll hebt ſich noch einmal die Bruſt. Währenddem
ſtanden die übrigen Jäger als Zuſchauer neben ihm in der Lache, und in der ganzen Runde glänzten
die Fackeln und ließen die herrſchende Dunkelheit nur noch um ſo dichter erſcheinen. Das wäre ein
Bild für den Pinſel eines Malers geweſen!‟

Ein jung eingefangener Waſchbär wird gewöhnlich ſehr bald und im hohen Grade zahm. Man
kann ihn, wie ein anderes Hausthier, freilaſſen; doch darf es keine Hühner geben, denn mit dieſen ver-
trägt er ſich durchaus nicht. Seine Zutraulichkeit, Heiterkeit, die ihm eigene Unruhe und die niemals
endende Luſt an der Bewegung, ſowie ſein komiſches, affenartiges Weſen machen ihn den Leuten ſehr
angenehm. Er liebt es ſehr, wenn man ihm ſchmeichelt, zeigt jedoch niemals große Anhänglichkeit.
Auf Scherz und Spiel geht er ſofort mit Vergnügen ein und knurrt dabei leiſe vor Behagen, ganz
ſo, wie junge Hunde Dies zu thun pflegen.

Sein ganzes Benehmen erinnert lebhaft an die Affen. Er weiß ſich immer mit Etwas zu
beſchäftigen und iſt auf Alles, was um ihn her vorgeht, ſehr achtſam. Bei ſeinen Spaziergängen in
Haus und Hof ſtiftet er übrigeus viel Unfug an. Er unterſucht und benaſcht Alles, in der Speiſe-
kammer ſowohl, wie im Hof und Garten. Der Hausfrau guckt er in die Töpfe, und wenn dieſe mit
Deckeln verſehen ſind, verſucht er, dieſelben auf irgend eine Weiſe zu öffnen, um ſich des verbotenen
Jnhaltes zu bemächtigen. Eingemachte Früchte ſind beſondere Leckerbiſſen für ihn; er verſchmäht
aber auch Zucker, Brod und Fleiſch im verſchiedenſten Zuſtande nicht. Jm Garten beſteigt er die
Kirſch- und Pflaumenbäume und frißt ſich da oben an den ſüßen Früchten ſatt, oder er ſtiehlt Trauben,
Erdbeeren und dergl.; im Hofe ſchleicht er zu den Hühnerſtällen oder Taubenſchlägen, und wenn er
in ſie eindringen kann, würgt er alle Jnſaſſen binnen einer einzigen Nacht. Er kann ſich wahrhaft
marderartig durch ſehr enge Ritzen drängen und benutzt ſeine Pfoten außerordentlich geſchickt nach
Art der Hände. Bei dieſem fortwährenden Umherſchnüffeln und Kundſchaften durch das ganze Haus
wirft er ſelbſtverſtändlich eine Menge von Gegenſtänden um, welche ihn ſonſt nicht feſſeln konnten,
oder zerbricht Geſchirre, welche nichts Genießbares enthalten, und Das iſt der Hauptärger, den er
verurſacht. Seine Haltung hat nicht die geringſten Schwierigkeiten; er frißt, was man ihm giebt,
rohes und gekochtes Fleiſch, Geflügel, Eier, Fiſche, Kerbthiere, zumal Spinnen, Brod, Zucker, Syrup,
Honig, Milch, Wurzeln, Körner u. ſ. w. Dabei behält der ſonderbare Kauz auch in der Gefangen-

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[626/0704] Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Waſchbär. die Jagd mit erneuter Heftigkeit. Zwar ſucht ſich der Waſchbär noch ein- oder zweimal vor den Hunden zu retten und erklettert alſo nochmals einen Baum; endlich aber muß er doch die Beute ſeiner eifrigen vierfüßigen Geguer werden und unter deren Biſſen ſein Leben verhauchen. Audubon ſchildert das Ende ſolcher Hetze in ſeiner lebendigen Weiſe, wie folgt: „Und weiter ging die Jagd. Die Jagdgehilfen mit den Hunden waren dem Waſchbär hart auf den Ferſen, und dieſer rettete ſich endlich verzweiflungsvoll in eine kleine Lache. Wir näherten uns ihm raſch mit den Fackeln. Nun Leute, gebt Acht und ſchaut! Das Thier hat kaum noch Grund unter den Füßen und muß ſchon beinahe ſchwimmen. Unzweifelhaft iſt ihm der Glanz unſerer Lichter im höchſten Grade unangenehm. Sein Fell iſt geſträubt, der gerundete Schwanz erſcheint dreimal ſo groß, als gewöhnlich, die Augen blitzen wie Smaragde. Mit ſchäumendem Rachen erwartet er die Hunde, fertig, jeden anzugreifen, welcher ſich ihm zu nähern verſuchen will. Dies hält einige Minuten auf, das Waſſer wird ſchlammig, ſein Fell tropft und ſein im Kothe geſchleifter Schwanz’ ſchwimmt auf der Oberfläche des Waſſers. Sein tiefes Knurren, in der Abſicht, ſeine Angreifer zu verſcheuchen, feuert dieſe nur noch mehr an, und näher und näher rückt ihm der Haufe, ohne Umſtände ſich auf ihn werfend. Einer ergreift ihn am Rumpfe und zerrt, wird aber ſchnell genöthigt, ihn gehen zu laſſen. Ein zweiter packt ihn an der Seite, erhält aber augenblicklich einen wohlgerichteten Biß in ſeine Schnauze. Da aber packt ihn noch ein Hund an dem Schwanze; der Bär ſieht ſich verloren, und kläglich ſind die Schreie des hilfloſen Geſchöpfes. Den einmal gepackten Gegner will er nicht fahren laſſen; aber gerade hierdurch bekommen die anderen Hunde Gelegenheit, ſich auf ihn zu werfen und ihn zu würgen; doch auch jetzt läßt er den erſten Angreifer nicht gehen. Ein Artſchlag auf den Kopf erlegt ihn endlich; er röchelt zum letzten Male, und qualvoll hebt ſich noch einmal die Bruſt. Währenddem ſtanden die übrigen Jäger als Zuſchauer neben ihm in der Lache, und in der ganzen Runde glänzten die Fackeln und ließen die herrſchende Dunkelheit nur noch um ſo dichter erſcheinen. Das wäre ein Bild für den Pinſel eines Malers geweſen!‟ Ein jung eingefangener Waſchbär wird gewöhnlich ſehr bald und im hohen Grade zahm. Man kann ihn, wie ein anderes Hausthier, freilaſſen; doch darf es keine Hühner geben, denn mit dieſen ver- trägt er ſich durchaus nicht. Seine Zutraulichkeit, Heiterkeit, die ihm eigene Unruhe und die niemals endende Luſt an der Bewegung, ſowie ſein komiſches, affenartiges Weſen machen ihn den Leuten ſehr angenehm. Er liebt es ſehr, wenn man ihm ſchmeichelt, zeigt jedoch niemals große Anhänglichkeit. Auf Scherz und Spiel geht er ſofort mit Vergnügen ein und knurrt dabei leiſe vor Behagen, ganz ſo, wie junge Hunde Dies zu thun pflegen. Sein ganzes Benehmen erinnert lebhaft an die Affen. Er weiß ſich immer mit Etwas zu beſchäftigen und iſt auf Alles, was um ihn her vorgeht, ſehr achtſam. Bei ſeinen Spaziergängen in Haus und Hof ſtiftet er übrigeus viel Unfug an. Er unterſucht und benaſcht Alles, in der Speiſe- kammer ſowohl, wie im Hof und Garten. Der Hausfrau guckt er in die Töpfe, und wenn dieſe mit Deckeln verſehen ſind, verſucht er, dieſelben auf irgend eine Weiſe zu öffnen, um ſich des verbotenen Jnhaltes zu bemächtigen. Eingemachte Früchte ſind beſondere Leckerbiſſen für ihn; er verſchmäht aber auch Zucker, Brod und Fleiſch im verſchiedenſten Zuſtande nicht. Jm Garten beſteigt er die Kirſch- und Pflaumenbäume und frißt ſich da oben an den ſüßen Früchten ſatt, oder er ſtiehlt Trauben, Erdbeeren und dergl.; im Hofe ſchleicht er zu den Hühnerſtällen oder Taubenſchlägen, und wenn er in ſie eindringen kann, würgt er alle Jnſaſſen binnen einer einzigen Nacht. Er kann ſich wahrhaft marderartig durch ſehr enge Ritzen drängen und benutzt ſeine Pfoten außerordentlich geſchickt nach Art der Hände. Bei dieſem fortwährenden Umherſchnüffeln und Kundſchaften durch das ganze Haus wirft er ſelbſtverſtändlich eine Menge von Gegenſtänden um, welche ihn ſonſt nicht feſſeln konnten, oder zerbricht Geſchirre, welche nichts Genießbares enthalten, und Das iſt der Hauptärger, den er verurſacht. Seine Haltung hat nicht die geringſten Schwierigkeiten; er frißt, was man ihm giebt, rohes und gekochtes Fleiſch, Geflügel, Eier, Fiſche, Kerbthiere, zumal Spinnen, Brod, Zucker, Syrup, Honig, Milch, Wurzeln, Körner u. ſ. w. Dabei behält der ſonderbare Kauz auch in der Gefangen-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/704>, abgerufen am 23.11.2024.