herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten sich am Haare fest und drängten sich endlich, den Hintern voran, zwischen die ruhig Sitzenden, bis diese schreckensvoll auseinander fuhren und in einer andern Ecke Schutz suchten. Geschah Dies, so eilten die Quälgeister augenblicklich hinter ihnen drein und begannen die Marter von neuem. Man sah es den Budengs an, wie außerordentlich unange- nehm ihnen die zudringlichen Gesellen waren, wie sehr sie sich vor ihnen fürchteten. Sobald die schwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angstvoll nach ihnen herab, wie es die süd- amerikanischen Affen zu thun pflegen, wenn sie in große Furcht gerathen. Während sie unter den Fäusten ihrer Marterer litten, schrien sie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der Paviane; sie wurden um so frecher und grausamer, je leidender sich Jene verhielten.
Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner seines Käfigs sind kaum halb so groß wie er, und trotzdem ist auch hier wiederum er der Gequälte und Gefoppte. Eine kaum ein Jahr alte Meerkatze spielte zur Zeit, in welcher ich den Garten besuchte, hier die Rolle des schwarzen Pavians, und auch gegen diesen frechen Afrikaner verhielt sich der Java- nese leidend und unterthänig. Es sah sehr komisch aus, wenn das kleine Geschöpf den großen Affen, so zu sagen, nach seiner Pfeife tanzen ließ; es meisterte ihn vollständig und maßregelte ihn durch Püffe, Ohrfeigen, durch Kneipen und Raufen in wahrhaft jämmerlicher Weise. Man konnte gar nicht in Zweifel bleiben, daß Gutmüthigkeit der Hauptzug des Budeng geistes ist; man vermißte in ihm förmlich jene Affenniederträchtigkeit, welche Andere seines Geschlechts so sehr auszeichnet. -- Auch der Budeng scheint von unserm nordischen Klima viel zu leiden. Ob dieses die alleinige Ursache seiner grenzenlosen Gutmüthigkeit ist, wage ich nicht zu entscheiden. Aber man sieht es ihm an, wie wohl ihm jeder Sonnenblick thut, wie glücklich er ist, wenn er nur einen Strahl des belebenden Ge- stirnes auffangen kann, dessen Gluth seiner schönen Heimat alle Pracht und Herrlichkeit der Wende- kreisländer verlieh.
Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigstens erwähnt zu werden; denn seine Pelzfärbung ist die eigenthümlichste, welche man sich denken kann. Der Kleideraffe sieht aller- dings aus, als habe sich ein Mensch den Spaß gemacht, ihn in die bunte Tracht eines Hanswurstes zu stecken. Um im Bilde zu bleiben, beschreibe ich dieses Kleid mit Okens Worten: Die Jacke ist grau, die Hosen, ein Stirnband und die Handschuhe sind schwarz, die Strümpfe braunroth, Aermel, Bart, Kreuz und Schwanz weiß; das Gesicht ist gelb, eine Halsbinde braunroth, ein anderes Band schwarz. Diese Farben schneiden scharf gegen einander ab und treten daher um so greller hervor. Der Körper erreicht zwei Fuß Länge, der Schwanz ist etwas kürzer.
Der Kleideraffe ist noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet sich erst in wenigen Sammlungen. Er soll in Cochinchina leben und daselbst "Duk" genannt werden. Jn zahlreichen Gesellschaften kommt er in den dichten Küstenwäldern vor und besucht auch oft die Dörfer der Eingeborenen. Er ist furchtsam und scheu und entflieht, sobald er merkt, daß man auf ihn jagen will. Die Eingeborenen schätzen seinen Pelz nicht und geben sich deshalb auch keine Mühe, ihn zu er- legen. Für die Gefangenschäft eignet er sich nicht, weil er sehr bald hinstirbt.
Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Nasen- affen oder Kahau (Semnopithecus Nasica), welcher in jeder Hinsicht ein wirklich ausgezeichnetes Thier ist. Am merkwürdigsten an ihm ist jedenfalls die vorspringende, verzerrte Menschennase, welche, wie ein Rüssel, beweglich ist und vorgeschoben oder zurückgezogen werden kann. Dieser Nase verdankt er es, daß er als Träger einer eigenen Sippe (Nasalis) betrachtet worden ist. Sein Leib ist schlank, wie bei den übrigen, die Gliedmaßen sind fast von gleicher Länge, der Schwanz ist sehr lang, die Vorder- und Hinterhände sind fünfzehig, die Backentaschen fehlen, aber die Gesäßschwielen sind vor- handen. Die Nase hängt hakenförmig über die Oberlippe herab, ist in der Mitte ziemlich breit, an ihrem äußern Ende zugespitzt und längs ihres Rückens mit einer leichten Furche versehen; die Nasen-
Die Affen. Schlankaffen. — Duk. Kahau.
herum, als wenn es Baumzweige wären, hielten ſich am Haare feſt und drängten ſich endlich, den Hintern voran, zwiſchen die ruhig Sitzenden, bis dieſe ſchreckensvoll auseinander fuhren und in einer andern Ecke Schutz ſuchten. Geſchah Dies, ſo eilten die Quälgeiſter augenblicklich hinter ihnen drein und begannen die Marter von neuem. Man ſah es den Budengs an, wie außerordentlich unange- nehm ihnen die zudringlichen Geſellen waren, wie ſehr ſie ſich vor ihnen fürchteten. Sobald die ſchwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angſtvoll nach ihnen herab, wie es die ſüd- amerikaniſchen Affen zu thun pflegen, wenn ſie in große Furcht gerathen. Während ſie unter den Fäuſten ihrer Marterer litten, ſchrien ſie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der Paviane; ſie wurden um ſo frecher und grauſamer, je leidender ſich Jene verhielten.
Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner ſeines Käfigs ſind kaum halb ſo groß wie er, und trotzdem iſt auch hier wiederum er der Gequälte und Gefoppte. Eine kaum ein Jahr alte Meerkatze ſpielte zur Zeit, in welcher ich den Garten beſuchte, hier die Rolle des ſchwarzen Pavians, und auch gegen dieſen frechen Afrikaner verhielt ſich der Java- neſe leidend und unterthänig. Es ſah ſehr komiſch aus, wenn das kleine Geſchöpf den großen Affen, ſo zu ſagen, nach ſeiner Pfeife tanzen ließ; es meiſterte ihn vollſtändig und maßregelte ihn durch Püffe, Ohrfeigen, durch Kneipen und Raufen in wahrhaft jämmerlicher Weiſe. Man konnte gar nicht in Zweifel bleiben, daß Gutmüthigkeit der Hauptzug des Budeng geiſtes iſt; man vermißte in ihm förmlich jene Affenniederträchtigkeit, welche Andere ſeines Geſchlechts ſo ſehr auszeichnet. — Auch der Budeng ſcheint von unſerm nordiſchen Klima viel zu leiden. Ob dieſes die alleinige Urſache ſeiner grenzenloſen Gutmüthigkeit iſt, wage ich nicht zu entſcheiden. Aber man ſieht es ihm an, wie wohl ihm jeder Sonnenblick thut, wie glücklich er iſt, wenn er nur einen Strahl des belebenden Ge- ſtirnes auffangen kann, deſſen Gluth ſeiner ſchönen Heimat alle Pracht und Herrlichkeit der Wende- kreisländer verlieh.
Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigſtens erwähnt zu werden; denn ſeine Pelzfärbung iſt die eigenthümlichſte, welche man ſich denken kann. Der Kleideraffe ſieht aller- dings aus, als habe ſich ein Menſch den Spaß gemacht, ihn in die bunte Tracht eines Hanswurſtes zu ſtecken. Um im Bilde zu bleiben, beſchreibe ich dieſes Kleid mit Okens Worten: Die Jacke iſt grau, die Hoſen, ein Stirnband und die Handſchuhe ſind ſchwarz, die Strümpfe braunroth, Aermel, Bart, Kreuz und Schwanz weiß; das Geſicht iſt gelb, eine Halsbinde braunroth, ein anderes Band ſchwarz. Dieſe Farben ſchneiden ſcharf gegen einander ab und treten daher um ſo greller hervor. Der Körper erreicht zwei Fuß Länge, der Schwanz iſt etwas kürzer.
Der Kleideraffe iſt noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet ſich erſt in wenigen Sammlungen. Er ſoll in Cochinchina leben und daſelbſt „Duk‟ genannt werden. Jn zahlreichen Geſellſchaften kommt er in den dichten Küſtenwäldern vor und beſucht auch oft die Dörfer der Eingeborenen. Er iſt furchtſam und ſcheu und entflieht, ſobald er merkt, daß man auf ihn jagen will. Die Eingeborenen ſchätzen ſeinen Pelz nicht und geben ſich deshalb auch keine Mühe, ihn zu er- legen. Für die Gefangenſchaͤft eignet er ſich nicht, weil er ſehr bald hinſtirbt.
Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Naſen- affen oder Kahau (Semnopithecus Nasica), welcher in jeder Hinſicht ein wirklich ausgezeichnetes Thier iſt. Am merkwürdigſten an ihm iſt jedenfalls die vorſpringende, verzerrte Menſchennaſe, welche, wie ein Rüſſel, beweglich iſt und vorgeſchoben oder zurückgezogen werden kann. Dieſer Naſe verdankt er es, daß er als Träger einer eigenen Sippe (Nasalis) betrachtet worden iſt. Sein Leib iſt ſchlank, wie bei den übrigen, die Gliedmaßen ſind faſt von gleicher Länge, der Schwanz iſt ſehr lang, die Vorder- und Hinterhände ſind fünfzehig, die Backentaſchen fehlen, aber die Geſäßſchwielen ſind vor- handen. Die Naſe hängt hakenförmig über die Oberlippe herab, iſt in der Mitte ziemlich breit, an ihrem äußern Ende zugeſpitzt und längs ihres Rückens mit einer leichten Furche verſehen; die Naſen-
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[46/0098]
Die Affen. Schlankaffen. — Duk. Kahau.
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und begannen die Marter von neuem. Man ſah es den Budengs an, wie außerordentlich unange-
nehm ihnen die zudringlichen Geſellen waren, wie ſehr ſie ſich vor ihnen fürchteten. Sobald die
ſchwarzen Teufel nur in den Käfig kamen, blickten Jene angſtvoll nach ihnen herab, wie es die ſüd-
amerikaniſchen Affen zu thun pflegen, wenn ſie in große Furcht gerathen. Während ſie unter den
Fäuſten ihrer Marterer litten, ſchrien ſie oft jammervoll auf: aber das vermehrte nur die Wuth der
Paviane; ſie wurden um ſo frecher und grauſamer, je leidender ſich Jene verhielten.
Jn Antwerpen lebt ein Budeng unter kleinen Meerkatzen und Makaken. Alle Mitbewohner
ſeines Käfigs ſind kaum halb ſo groß wie er, und trotzdem iſt auch hier wiederum er der Gequälte
und Gefoppte. Eine kaum ein Jahr alte Meerkatze ſpielte zur Zeit, in welcher ich den Garten beſuchte,
hier die Rolle des ſchwarzen Pavians, und auch gegen dieſen frechen Afrikaner verhielt ſich der Java-
neſe leidend und unterthänig. Es ſah ſehr komiſch aus, wenn das kleine Geſchöpf den großen Affen,
ſo zu ſagen, nach ſeiner Pfeife tanzen ließ; es meiſterte ihn vollſtändig und maßregelte ihn durch Püffe,
Ohrfeigen, durch Kneipen und Raufen in wahrhaft jämmerlicher Weiſe. Man konnte gar nicht in
Zweifel bleiben, daß Gutmüthigkeit der Hauptzug des Budeng geiſtes iſt; man vermißte in ihm
förmlich jene Affenniederträchtigkeit, welche Andere ſeines Geſchlechts ſo ſehr auszeichnet. — Auch
der Budeng ſcheint von unſerm nordiſchen Klima viel zu leiden. Ob dieſes die alleinige Urſache
ſeiner grenzenloſen Gutmüthigkeit iſt, wage ich nicht zu entſcheiden. Aber man ſieht es ihm an, wie
wohl ihm jeder Sonnenblick thut, wie glücklich er iſt, wenn er nur einen Strahl des belebenden Ge-
ſtirnes auffangen kann, deſſen Gluth ſeiner ſchönen Heimat alle Pracht und Herrlichkeit der Wende-
kreisländer verlieh.
Der Kleideraffe (Semnopithecus nemaeus) verdient wenigſtens erwähnt zu werden; denn
ſeine Pelzfärbung iſt die eigenthümlichſte, welche man ſich denken kann. Der Kleideraffe ſieht aller-
dings aus, als habe ſich ein Menſch den Spaß gemacht, ihn in die bunte Tracht eines Hanswurſtes
zu ſtecken. Um im Bilde zu bleiben, beſchreibe ich dieſes Kleid mit Okens Worten: Die Jacke iſt
grau, die Hoſen, ein Stirnband und die Handſchuhe ſind ſchwarz, die Strümpfe braunroth, Aermel,
Bart, Kreuz und Schwanz weiß; das Geſicht iſt gelb, eine Halsbinde braunroth, ein anderes Band
ſchwarz. Dieſe Farben ſchneiden ſcharf gegen einander ab und treten daher um ſo greller hervor.
Der Körper erreicht zwei Fuß Länge, der Schwanz iſt etwas kürzer.
Der Kleideraffe iſt noch niemals lebendig nach Europa gekommen und befindet ſich erſt in
wenigen Sammlungen. Er ſoll in Cochinchina leben und daſelbſt „Duk‟ genannt werden. Jn
zahlreichen Geſellſchaften kommt er in den dichten Küſtenwäldern vor und beſucht auch oft die Dörfer
der Eingeborenen. Er iſt furchtſam und ſcheu und entflieht, ſobald er merkt, daß man auf ihn jagen
will. Die Eingeborenen ſchätzen ſeinen Pelz nicht und geben ſich deshalb auch keine Mühe, ihn zu er-
legen. Für die Gefangenſchaͤft eignet er ſich nicht, weil er ſehr bald hinſtirbt.
Von den übrigen Arten der Schlankaffen will ich blos noch eine einzige nennen, den Naſen-
affen oder Kahau (Semnopithecus Nasica), welcher in jeder Hinſicht ein wirklich ausgezeichnetes
Thier iſt. Am merkwürdigſten an ihm iſt jedenfalls die vorſpringende, verzerrte Menſchennaſe, welche,
wie ein Rüſſel, beweglich iſt und vorgeſchoben oder zurückgezogen werden kann. Dieſer Naſe verdankt
er es, daß er als Träger einer eigenen Sippe (Nasalis) betrachtet worden iſt. Sein Leib iſt ſchlank,
wie bei den übrigen, die Gliedmaßen ſind faſt von gleicher Länge, der Schwanz iſt ſehr lang, die
Vorder- und Hinterhände ſind fünfzehig, die Backentaſchen fehlen, aber die Geſäßſchwielen ſind vor-
handen. Die Naſe hängt hakenförmig über die Oberlippe herab, iſt in der Mitte ziemlich breit, an
ihrem äußern Ende zugeſpitzt und längs ihres Rückens mit einer leichten Furche verſehen; die Naſen-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/98>, abgerufen am 16.02.2025.
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