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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die feiste Rennmaus.
schwarz gestrichelt, die Ohren hellgelb, die Pfoten licht ockerfarben. Von den Schnurren sind einige
schwarz, andere weiß, und einige endlich an der Wurzel schwarz und an der Spitze licht.

Jn Egypten sieht man diese Maus oft genug. Sie bewohnt sandige Stellen der Wüste, beson-
ders häufig auch jene Schuttberge, welche alle Städte des Pharaonenlandes umgeben. Hier legt sie sich
verzweigte, ziemlich tiefe Röhren und Gänge an, am liebsten unter und zwischen dem niederen Gestrüpp
und den wenigen kriechenden Pflanzen, welche ihre Wohnorte spärlich genug bedecken und ihr zugleich
das tägliche Brod sind. Da diese Rennmaus auch am Tage vor dem Baue erscheint, kann man sie
leicht beobachten. Oft sieht man ihrer zehn bis funfzehn umherrennen, mit einander spielend verkehren,
von dieser und jener Pflanze naschen etc. Ein herannahender Mensch oder einer jener herrenlosen Hunde
verscheucht die ganze Gesellschaft augenblicklich; aber es dauert gar nicht lange, und hier und da guckt
wieder ein Köpfchen aus den Löchern hervor, und wenn Alles ruhig bleibt, ist die ganze Gesellschaft in
kurzem wieder außerhalb der sicheren Baue. Ob sie ihrem Namen besondere Ehre machen, lasse ich
dahingestellt sein; ich habe nicht wahrgenommen, daß sie durch besondere Schnellläufigkeit sich aus-
zeichnen sollten. Ueber ihr Familienleben habe ich keine Beobachtungen gemacht, weil derartige Thiere
mich früher weit weniger anzogen, als das leichte, bewegliche Volk der Vögel.

[Abbildung] Die feiste Rennmaus (Meriones-Psammomys-obesus).

Die Araber sehen in den Rennmäusen unreine Thiere und verfolgen sie nicht. Um so eifriger
beschäftigen sich die Straßenhunde mit der Jagd solch leckeren Wildes, und oft sieht man einen dieser
Köter mit der innigsten Theilnahme und lebhaftesten Spannung vor einem der Ausgänge stehen.

Das Gefangenleben der feisten Renumaus hat Dehne am besten und ausführlichsten beschrieben.
Jch will ihn selbst reden lassen. "Jm Käfig," sagt er, "muß man diese Thiere sehr warm halten, weil
sie gegen die Kälte im hohen Grade empfindlich sind. An mehreren Orten, z. B. im Berliner Thier-
garten, hat man sie zur Fortpflanzung gebracht; sie sind aber noch immer selten in den Sammlungen
der Liebhaber oder in den Museen. Jch erhielt ein Männchen ohne Angabe des Alters aus Berlin;
es starb aber sehr bald, weil es zu fett geworden war. Es fraß Pflaumen, Aepfel, Kirschen, Birnen,
Himbeeren, Erdbeeren, Mais, Hafer, Hanfsamen, Brod, Milch, Semmel, Zwieback u. s. w. An
gekochten Kartoffeln, Runkelrüben, Möhren nagte es nur dann und wann aus langer Weile; aber
Pflaumenkerne wurden begierig von ihm geöffnet, um zu deren Jnhalte zu gelangen, welcher ihm zur
Arznei, vielleicht zur Beförderung der Verdanung zu dienen schien. Es war sehr reinlich und hatte
im Käfig ein besonderes Fleckchen für seinen Unrath, welcher im Verhältniß zu seiner Größe sehr klein,
kaum etwas größer, wie der von der Hausmaus war. Einen üblen Geruch verbreitete das Thier

8 *

Die feiſte Rennmaus.
ſchwarz geſtrichelt, die Ohren hellgelb, die Pfoten licht ockerfarben. Von den Schnurren ſind einige
ſchwarz, andere weiß, und einige endlich an der Wurzel ſchwarz und an der Spitze licht.

Jn Egypten ſieht man dieſe Maus oft genug. Sie bewohnt ſandige Stellen der Wüſte, beſon-
ders häufig auch jene Schuttberge, welche alle Städte des Pharaonenlandes umgeben. Hier legt ſie ſich
verzweigte, ziemlich tiefe Röhren und Gänge an, am liebſten unter und zwiſchen dem niederen Geſtrüpp
und den wenigen kriechenden Pflanzen, welche ihre Wohnorte ſpärlich genug bedecken und ihr zugleich
das tägliche Brod ſind. Da dieſe Rennmaus auch am Tage vor dem Baue erſcheint, kann man ſie
leicht beobachten. Oft ſieht man ihrer zehn bis funfzehn umherrennen, mit einander ſpielend verkehren,
von dieſer und jener Pflanze naſchen ꝛc. Ein herannahender Menſch oder einer jener herrenloſen Hunde
verſcheucht die ganze Geſellſchaft augenblicklich; aber es dauert gar nicht lange, und hier und da guckt
wieder ein Köpfchen aus den Löchern hervor, und wenn Alles ruhig bleibt, iſt die ganze Geſellſchaft in
kurzem wieder außerhalb der ſicheren Baue. Ob ſie ihrem Namen beſondere Ehre machen, laſſe ich
dahingeſtellt ſein; ich habe nicht wahrgenommen, daß ſie durch beſondere Schnellläufigkeit ſich aus-
zeichnen ſollten. Ueber ihr Familienleben habe ich keine Beobachtungen gemacht, weil derartige Thiere
mich früher weit weniger anzogen, als das leichte, bewegliche Volk der Vögel.

[Abbildung] Die feiſte Rennmaus (Meriones-Psammomys-obesus).

Die Araber ſehen in den Rennmäuſen unreine Thiere und verfolgen ſie nicht. Um ſo eifriger
beſchäftigen ſich die Straßenhunde mit der Jagd ſolch leckeren Wildes, und oft ſieht man einen dieſer
Köter mit der innigſten Theilnahme und lebhafteſten Spannung vor einem der Ausgänge ſtehen.

Das Gefangenleben der feiſten Renumaus hat Dehne am beſten und ausführlichſten beſchrieben.
Jch will ihn ſelbſt reden laſſen. „Jm Käfig,‟ ſagt er, „muß man dieſe Thiere ſehr warm halten, weil
ſie gegen die Kälte im hohen Grade empfindlich ſind. An mehreren Orten, z. B. im Berliner Thier-
garten, hat man ſie zur Fortpflanzung gebracht; ſie ſind aber noch immer ſelten in den Sammlungen
der Liebhaber oder in den Muſeen. Jch erhielt ein Männchen ohne Angabe des Alters aus Berlin;
es ſtarb aber ſehr bald, weil es zu fett geworden war. Es fraß Pflaumen, Aepfel, Kirſchen, Birnen,
Himbeeren, Erdbeeren, Mais, Hafer, Hanfſamen, Brod, Milch, Semmel, Zwieback u. ſ. w. An
gekochten Kartoffeln, Runkelrüben, Möhren nagte es nur dann und wann aus langer Weile; aber
Pflaumenkerne wurden begierig von ihm geöffnet, um zu deren Jnhalte zu gelangen, welcher ihm zur
Arznei, vielleicht zur Beförderung der Verdanung zu dienen ſchien. Es war ſehr reinlich und hatte
im Käfig ein beſonderes Fleckchen für ſeinen Unrath, welcher im Verhältniß zu ſeiner Größe ſehr klein,
kaum etwas größer, wie der von der Hausmaus war. Einen üblen Geruch verbreitete das Thier

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[115/0129] Die feiſte Rennmaus. ſchwarz geſtrichelt, die Ohren hellgelb, die Pfoten licht ockerfarben. Von den Schnurren ſind einige ſchwarz, andere weiß, und einige endlich an der Wurzel ſchwarz und an der Spitze licht. Jn Egypten ſieht man dieſe Maus oft genug. Sie bewohnt ſandige Stellen der Wüſte, beſon- ders häufig auch jene Schuttberge, welche alle Städte des Pharaonenlandes umgeben. Hier legt ſie ſich verzweigte, ziemlich tiefe Röhren und Gänge an, am liebſten unter und zwiſchen dem niederen Geſtrüpp und den wenigen kriechenden Pflanzen, welche ihre Wohnorte ſpärlich genug bedecken und ihr zugleich das tägliche Brod ſind. Da dieſe Rennmaus auch am Tage vor dem Baue erſcheint, kann man ſie leicht beobachten. Oft ſieht man ihrer zehn bis funfzehn umherrennen, mit einander ſpielend verkehren, von dieſer und jener Pflanze naſchen ꝛc. Ein herannahender Menſch oder einer jener herrenloſen Hunde verſcheucht die ganze Geſellſchaft augenblicklich; aber es dauert gar nicht lange, und hier und da guckt wieder ein Köpfchen aus den Löchern hervor, und wenn Alles ruhig bleibt, iſt die ganze Geſellſchaft in kurzem wieder außerhalb der ſicheren Baue. Ob ſie ihrem Namen beſondere Ehre machen, laſſe ich dahingeſtellt ſein; ich habe nicht wahrgenommen, daß ſie durch beſondere Schnellläufigkeit ſich aus- zeichnen ſollten. Ueber ihr Familienleben habe ich keine Beobachtungen gemacht, weil derartige Thiere mich früher weit weniger anzogen, als das leichte, bewegliche Volk der Vögel. [Abbildung Die feiſte Rennmaus (Meriones-Psammomys-obesus).] Die Araber ſehen in den Rennmäuſen unreine Thiere und verfolgen ſie nicht. Um ſo eifriger beſchäftigen ſich die Straßenhunde mit der Jagd ſolch leckeren Wildes, und oft ſieht man einen dieſer Köter mit der innigſten Theilnahme und lebhafteſten Spannung vor einem der Ausgänge ſtehen. Das Gefangenleben der feiſten Renumaus hat Dehne am beſten und ausführlichſten beſchrieben. Jch will ihn ſelbſt reden laſſen. „Jm Käfig,‟ ſagt er, „muß man dieſe Thiere ſehr warm halten, weil ſie gegen die Kälte im hohen Grade empfindlich ſind. An mehreren Orten, z. B. im Berliner Thier- garten, hat man ſie zur Fortpflanzung gebracht; ſie ſind aber noch immer ſelten in den Sammlungen der Liebhaber oder in den Muſeen. Jch erhielt ein Männchen ohne Angabe des Alters aus Berlin; es ſtarb aber ſehr bald, weil es zu fett geworden war. Es fraß Pflaumen, Aepfel, Kirſchen, Birnen, Himbeeren, Erdbeeren, Mais, Hafer, Hanfſamen, Brod, Milch, Semmel, Zwieback u. ſ. w. An gekochten Kartoffeln, Runkelrüben, Möhren nagte es nur dann und wann aus langer Weile; aber Pflaumenkerne wurden begierig von ihm geöffnet, um zu deren Jnhalte zu gelangen, welcher ihm zur Arznei, vielleicht zur Beförderung der Verdanung zu dienen ſchien. Es war ſehr reinlich und hatte im Käfig ein beſonderes Fleckchen für ſeinen Unrath, welcher im Verhältniß zu ſeiner Größe ſehr klein, kaum etwas größer, wie der von der Hausmaus war. Einen üblen Geruch verbreitete das Thier 8 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/129>, abgerufen am 26.11.2024.