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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Raubbeutelthiere.
wurzeln und Steingeklüft der Felsen oder in hohlen Bäumen. Die einen bewegen sich blos auf
dem Boden, die anderen klettern vortrefflich, und einige halten sich fast ausschließlich auf den Bäu-
men auf. Jhr Gang ist schleichend und bedächtig, und sie treten dabei mit ganzer Sohle auf. Doch
sind ihre Bewegungen rasch und gewandt, ganz raubthierartig. Fast alle sind nächtliche Thiere
welche den Tag in ihren Zufluchtsörtern verschlafen und mit der Dämmerung auf Raub ausgehen.
Bei diesen Streifzügen suchen sie die Küsten des Meeres ab und verzehren hier alle von der See
ausgeworfenen Thiere, dieselben mögen frisch oder faul sein; die, welche auf den Bäumen wohnen,
nähren sich hauptsächlich von Kerfen und jagen höchstens noch kleinen Säugethieren, sowie deren
Eiern nach; die größten Arten besuchen auch wohl die menschlichen Wohnungen und erwürgen dort
nach Marderart oft in einer einzigen Nacht den sämmtlichen Hühnerbestand, oder plündern, wie die
frechen Füchse des Nordens, Speicher und Vorrathskammern und stehlen hier Fleisch und Speck.
Die kleineren Arten zwängen sich durch die kleinste Oeffnung und sind deshalb ebenso verhaßt, wie
Marder und Jltis; die größeren fallen die Schafherden an und holen sich ab und zu ein Stück aus
ihnen. Viele führen die Nahrung mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhre Stimme besteht in
einem eigenthümlichen Knurren und einem hohltönenden Gebell.

Jhre Eigenschaften sind höchst verschieden. Die größeren sind sehr wild, bissig und unzähm-
bar und vertheidigen sich, wenn sie angegriffen werden, wüthend mit ihren scharfen Zähnen; die
kleineren dagegen sind sanft und gutmüthig, und einzelne können leicht in der Gefangenschaft erhalten
und ohne große Mühe gezähmt werden, doch zeigen sie niemals eine größere Anhänglichkeit an ihren
Pfleger.

Jm Frühlinge werfen die Mütter vier bis fünf Junge, welche wenigstens in verhältniß-
mäßig
vollkommenem Zustande zur Welt kommen.

Der Schaden, welchen die Mitglieder dieser Familie verursachen, überwiegt den Nutzen, den
sie bringen, bei weitem, und deshalb werden sie auch aufs eifrigste verfolgt.

Unter ihnen dürfte der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus)
der ausgezeichnetste sein. Das Thier ist der einzige, jetzt lebende Vertreter einer besonderen Sippe,
hatte aber in der Vorzeit einen ihm ziemlich nahestehenden Verwandten, welcher sich nur im Gebiß
ein wenig von ihm unterschied. Seinen Namen trägt er, wie ein einziger Blick auf unsere Ab-
bildung belehren wird, im vollsten Rechte; denn er scheint in der That ein wilder Hund zu sein.
Sein gestreckter Leib, die Gestalt des Kopfes, die stark abgesetzte Schnauze, die aufrechtstehenden
Ohren und die Augen, sowie der aufrecht getragene Schwanz erinnern durchaus an die betreffenden
Raubthiere; nur sind die Glieder verhältnißmäßig kurz, und das Gebiß weicht wesentlich von
dem der Hunde ab.

Der Beutelwolf ist das größte aller fleischfressenden Beutelthiere. Er kommt etwa dem Scha-
kal
an Größe gleich. Seine Leibeslänge beträgt gegen drei Fuß, die Länge des Schwanzes 11/2 Fuß,
und die Höhe am Widerrist ebensoviel. Manche recht alte Männchen sollen, wie man behauptet,
noch viel größer werden und im Ganzen gegen sechs Fuß in der Länge messen. Der kurze, lockere,
anliegende Pelz ist graubraun, auf dem Rücken zwölf bis vierzehn Mal quergestreift. Die Rücken-
haare sind am Grunde dunkelbraun und vor der dunklen Spitze auch gelblichbraun, die Bauchhaare
blaßbraun an der Wurzel und bräunlichweiß an der Spitze. Der Kopf ist hellfarbig, die Augen
weißlich; am vorderen Augenwinkel findet sich ein dunkler Flecken und über dem Auge eine Binde.
Die Krallen sind braun. Nach dem Hintertheil zu verlängern sich die Rückenhaare und erreichen auf
dem Schenkel ihre größte Ausdehnung. Das Fell ist nicht eben fein, sondern kurz und mehr wollig.
Der Schwanz ist blos an der Wurzel mit weichen, sonst aber mit steifen Haaren bedeckt. Der Ge-
sichtsausdruck des Thieres ist ein ganz anderer, als bei dem Hunde, und namentlich fällt das weiter
gespaltene Maul, sowie das größere Auge besonders auf. Die Beutelknochen fehlen, ihre Stelle ist
blos durch sehnige Knorpel angedeutet.

Die Raubbeutelthiere.
wurzeln und Steingeklüft der Felſen oder in hohlen Bäumen. Die einen bewegen ſich blos auf
dem Boden, die anderen klettern vortrefflich, und einige halten ſich faſt ausſchließlich auf den Bäu-
men auf. Jhr Gang iſt ſchleichend und bedächtig, und ſie treten dabei mit ganzer Sohle auf. Doch
ſind ihre Bewegungen raſch und gewandt, ganz raubthierartig. Faſt alle ſind nächtliche Thiere
welche den Tag in ihren Zufluchtsörtern verſchlafen und mit der Dämmerung auf Raub ausgehen.
Bei dieſen Streifzügen ſuchen ſie die Küſten des Meeres ab und verzehren hier alle von der See
ausgeworfenen Thiere, dieſelben mögen friſch oder faul ſein; die, welche auf den Bäumen wohnen,
nähren ſich hauptſächlich von Kerfen und jagen höchſtens noch kleinen Säugethieren, ſowie deren
Eiern nach; die größten Arten beſuchen auch wohl die menſchlichen Wohnungen und erwürgen dort
nach Marderart oft in einer einzigen Nacht den ſämmtlichen Hühnerbeſtand, oder plündern, wie die
frechen Füchſe des Nordens, Speicher und Vorrathskammern und ſtehlen hier Fleiſch und Speck.
Die kleineren Arten zwängen ſich durch die kleinſte Oeffnung und ſind deshalb ebenſo verhaßt, wie
Marder und Jltis; die größeren fallen die Schafherden an und holen ſich ab und zu ein Stück aus
ihnen. Viele führen die Nahrung mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhre Stimme beſteht in
einem eigenthümlichen Knurren und einem hohltönenden Gebell.

Jhre Eigenſchaften ſind höchſt verſchieden. Die größeren ſind ſehr wild, biſſig und unzähm-
bar und vertheidigen ſich, wenn ſie angegriffen werden, wüthend mit ihren ſcharfen Zähnen; die
kleineren dagegen ſind ſanft und gutmüthig, und einzelne können leicht in der Gefangenſchaft erhalten
und ohne große Mühe gezähmt werden, doch zeigen ſie niemals eine größere Anhänglichkeit an ihren
Pfleger.

Jm Frühlinge werfen die Mütter vier bis fünf Junge, welche wenigſtens in verhältniß-
mäßig
vollkommenem Zuſtande zur Welt kommen.

Der Schaden, welchen die Mitglieder dieſer Familie verurſachen, überwiegt den Nutzen, den
ſie bringen, bei weitem, und deshalb werden ſie auch aufs eifrigſte verfolgt.

Unter ihnen dürfte der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus)
der ausgezeichnetſte ſein. Das Thier iſt der einzige, jetzt lebende Vertreter einer beſonderen Sippe,
hatte aber in der Vorzeit einen ihm ziemlich naheſtehenden Verwandten, welcher ſich nur im Gebiß
ein wenig von ihm unterſchied. Seinen Namen trägt er, wie ein einziger Blick auf unſere Ab-
bildung belehren wird, im vollſten Rechte; denn er ſcheint in der That ein wilder Hund zu ſein.
Sein geſtreckter Leib, die Geſtalt des Kopfes, die ſtark abgeſetzte Schnauze, die aufrechtſtehenden
Ohren und die Augen, ſowie der aufrecht getragene Schwanz erinnern durchaus an die betreffenden
Raubthiere; nur ſind die Glieder verhältnißmäßig kurz, und das Gebiß weicht weſentlich von
dem der Hunde ab.

Der Beutelwolf iſt das größte aller fleiſchfreſſenden Beutelthiere. Er kommt etwa dem Scha-
kal
an Größe gleich. Seine Leibeslänge beträgt gegen drei Fuß, die Länge des Schwanzes 1½ Fuß,
und die Höhe am Widerriſt ebenſoviel. Manche recht alte Männchen ſollen, wie man behauptet,
noch viel größer werden und im Ganzen gegen ſechs Fuß in der Länge meſſen. Der kurze, lockere,
anliegende Pelz iſt graubraun, auf dem Rücken zwölf bis vierzehn Mal quergeſtreift. Die Rücken-
haare ſind am Grunde dunkelbraun und vor der dunklen Spitze auch gelblichbraun, die Bauchhaare
blaßbraun an der Wurzel und bräunlichweiß an der Spitze. Der Kopf iſt hellfarbig, die Augen
weißlich; am vorderen Augenwinkel findet ſich ein dunkler Flecken und über dem Auge eine Binde.
Die Krallen ſind braun. Nach dem Hintertheil zu verlängern ſich die Rückenhaare und erreichen auf
dem Schenkel ihre größte Ausdehnung. Das Fell iſt nicht eben fein, ſondern kurz und mehr wollig.
Der Schwanz iſt blos an der Wurzel mit weichen, ſonſt aber mit ſteifen Haaren bedeckt. Der Ge-
ſichtsausdruck des Thieres iſt ein ganz anderer, als bei dem Hunde, und namentlich fällt das weiter
geſpaltene Maul, ſowie das größere Auge beſonders auf. Die Beutelknochen fehlen, ihre Stelle iſt
blos durch ſehnige Knorpel angedeutet.

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[4/0016] Die Raubbeutelthiere. wurzeln und Steingeklüft der Felſen oder in hohlen Bäumen. Die einen bewegen ſich blos auf dem Boden, die anderen klettern vortrefflich, und einige halten ſich faſt ausſchließlich auf den Bäu- men auf. Jhr Gang iſt ſchleichend und bedächtig, und ſie treten dabei mit ganzer Sohle auf. Doch ſind ihre Bewegungen raſch und gewandt, ganz raubthierartig. Faſt alle ſind nächtliche Thiere welche den Tag in ihren Zufluchtsörtern verſchlafen und mit der Dämmerung auf Raub ausgehen. Bei dieſen Streifzügen ſuchen ſie die Küſten des Meeres ab und verzehren hier alle von der See ausgeworfenen Thiere, dieſelben mögen friſch oder faul ſein; die, welche auf den Bäumen wohnen, nähren ſich hauptſächlich von Kerfen und jagen höchſtens noch kleinen Säugethieren, ſowie deren Eiern nach; die größten Arten beſuchen auch wohl die menſchlichen Wohnungen und erwürgen dort nach Marderart oft in einer einzigen Nacht den ſämmtlichen Hühnerbeſtand, oder plündern, wie die frechen Füchſe des Nordens, Speicher und Vorrathskammern und ſtehlen hier Fleiſch und Speck. Die kleineren Arten zwängen ſich durch die kleinſte Oeffnung und ſind deshalb ebenſo verhaßt, wie Marder und Jltis; die größeren fallen die Schafherden an und holen ſich ab und zu ein Stück aus ihnen. Viele führen die Nahrung mit den Vorderpfoten zum Munde. Jhre Stimme beſteht in einem eigenthümlichen Knurren und einem hohltönenden Gebell. Jhre Eigenſchaften ſind höchſt verſchieden. Die größeren ſind ſehr wild, biſſig und unzähm- bar und vertheidigen ſich, wenn ſie angegriffen werden, wüthend mit ihren ſcharfen Zähnen; die kleineren dagegen ſind ſanft und gutmüthig, und einzelne können leicht in der Gefangenſchaft erhalten und ohne große Mühe gezähmt werden, doch zeigen ſie niemals eine größere Anhänglichkeit an ihren Pfleger. Jm Frühlinge werfen die Mütter vier bis fünf Junge, welche wenigſtens in verhältniß- mäßig vollkommenem Zuſtande zur Welt kommen. Der Schaden, welchen die Mitglieder dieſer Familie verurſachen, überwiegt den Nutzen, den ſie bringen, bei weitem, und deshalb werden ſie auch aufs eifrigſte verfolgt. Unter ihnen dürfte der Beutelhund, Zebra- oder Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) der ausgezeichnetſte ſein. Das Thier iſt der einzige, jetzt lebende Vertreter einer beſonderen Sippe, hatte aber in der Vorzeit einen ihm ziemlich naheſtehenden Verwandten, welcher ſich nur im Gebiß ein wenig von ihm unterſchied. Seinen Namen trägt er, wie ein einziger Blick auf unſere Ab- bildung belehren wird, im vollſten Rechte; denn er ſcheint in der That ein wilder Hund zu ſein. Sein geſtreckter Leib, die Geſtalt des Kopfes, die ſtark abgeſetzte Schnauze, die aufrechtſtehenden Ohren und die Augen, ſowie der aufrecht getragene Schwanz erinnern durchaus an die betreffenden Raubthiere; nur ſind die Glieder verhältnißmäßig kurz, und das Gebiß weicht weſentlich von dem der Hunde ab. Der Beutelwolf iſt das größte aller fleiſchfreſſenden Beutelthiere. Er kommt etwa dem Scha- kal an Größe gleich. Seine Leibeslänge beträgt gegen drei Fuß, die Länge des Schwanzes 1½ Fuß, und die Höhe am Widerriſt ebenſoviel. Manche recht alte Männchen ſollen, wie man behauptet, noch viel größer werden und im Ganzen gegen ſechs Fuß in der Länge meſſen. Der kurze, lockere, anliegende Pelz iſt graubraun, auf dem Rücken zwölf bis vierzehn Mal quergeſtreift. Die Rücken- haare ſind am Grunde dunkelbraun und vor der dunklen Spitze auch gelblichbraun, die Bauchhaare blaßbraun an der Wurzel und bräunlichweiß an der Spitze. Der Kopf iſt hellfarbig, die Augen weißlich; am vorderen Augenwinkel findet ſich ein dunkler Flecken und über dem Auge eine Binde. Die Krallen ſind braun. Nach dem Hintertheil zu verlängern ſich die Rückenhaare und erreichen auf dem Schenkel ihre größte Ausdehnung. Das Fell iſt nicht eben fein, ſondern kurz und mehr wollig. Der Schwanz iſt blos an der Wurzel mit weichen, ſonſt aber mit ſteifen Haaren bedeckt. Der Ge- ſichtsausdruck des Thieres iſt ein ganz anderer, als bei dem Hunde, und namentlich fällt das weiter geſpaltene Maul, ſowie das größere Auge beſonders auf. Die Beutelknochen fehlen, ihre Stelle iſt blos durch ſehnige Knorpel angedeutet.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/16>, abgerufen am 27.11.2024.