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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Bisamratte oder Ondatra.
Wasser springen. Zuweilen sieht man eine vollkommen ruhig auf der Oberfläche des Teiches oder
Stromes liegen, ihren Leib weit ausgebreitet und so flach als möglich gehalten. Ab und zu gibt
diese dem Wasser einen kurzen Schlag mit dem Schwanze, fast wie es der Biber thut, und ver-
schwindet dann blitzschnell unter der Oberfläche des Wassers, an die Geschwindigkeit und Gewandtheit
erinnernd, mit welcher manche Enten oder Steißfüße sich in die Wellentiefe zu stürzen pflegen,
wenn man einen Schuß nach ihnen abfeuerte. Jn einer Entfernung von zehn oder zwanzig Ellen
kommt das Thier später wieder zur Oberfläche empor und vereinigt sich vielleicht mit seinen Kamera-
den zur Jagd oder setzt das alte Spiel fort. Zu derselben Zeit beschäftigen sich andere mit Einsam-
meln des Futters an den grasigen Ufern, indem sie die verschiedensten Arten von Pflanzenwurzeln
ausgraben und dann ruhigeren Plätzen zuführen. Es scheint, daß diese Thiere eine kleine, stille
Gemeinde bilden, welche weiter Nichts verlangt, um glücklich zu sein, als ruhig und unbehelligt von
dem Menschen zu bleiben."

"Wenn man sein Gewehr abschießt, während die Bisamratten so beschäftigt sind, beginnt eine
entsetzliche Flucht und Verwirrung. Dutzende von ihnen tauchen auf den Knall des Gewehres oder
verschwinden in ihren Höhlen und zwar mit einer Geschwindigkeit ohne Gleichen. Selbst bei Tage,
wo sie nur unvollkommen sehen, ist es außerordentlich schwer, eine im Schwimmen zu erlegen, weil
sie, auch wenn man die besten Gewehre führt, in das Wasser getaucht sind, ehe der Hagel sie noch
erreicht."

Ueber die Fortpflanzung der Ondatra wissen wir noch sehr wenig. Jm April und Mai, nach-
dem die Thiere ihre Winterbaue verlassen haben, paaren sich die Geschlechter, und das Weibchen
wirft in seinem Bau oder in einer Erdhöhle drei bis sechs Junge, -- wie Einige behaupten, nur ein
Mal im Jahre, nach Anderen drei bis vier Mal. Wie lange diese Jungen bei der Alten bleiben,
wie lange ihr Wachsthum dauert u. s. w., ist unbekannt. Jung eingefangene werden leicht zahm,
wie überhaupt diese Maus sich durch ein auffallend mildes Wesen auszeichnet; Audubon sagt, daß
man auch die größeren Jungen ohne Furcht, gebissen zu werden, mit der Hand fangen könne. Alte
Thiere dagegen bleiben bissig und unzugänglich, sie sind auch nur in Kisten zu halten, welche voll-
ständig mit Blech ausgeschlagen wurden. Eine Bisamratte, welche Sarrazin hatte, nagte in
einer einzigen Nacht durch hartes Holz ein Loch von drei Zoll Weite und einen Fuß Länge und ent-
wischte; sie verrückte mit ihren Kiefern einen großen Klotz, welcher ihr im Wege lag. Auch das
Wühlen verstehen sie vortrefflich und wenden es oft zum Schaden der Mühlenteichbesitzer an oder
graben Löcher durch Flußdämme und setzen die anliegenden Wiesen dadurch der Ueberschwemmung
aus. Doch verfolgt man sie weniger des Schadens wegen, den sie anrichten, als des Nutzens
halber, den sie bringen. Jhr Fleisch wird von den Jndianern sehr gern gegessen, und das Fell
findet eine große Verbreitung, obwohl manche Menschen es wegen des ihm lange anhaftenden Zibet-
geruches nicht gern haben. Dieser Zibet- oder Moschusgeruch durchdringt auch das Fleisch so stark,
daß es Europäern vollständig ungenießbar wird, ja, er kann so heftig werden, daß er manche Leute
geradezu betäubt. Sarrazin wurde beim Zergliedern alter Männchen in Folge des unerträglichen
Geruchs mehrere Male ohnmächtig und versiel endlich darauf, die Leichname vorher zu rösten, um
nur seine nothwendigsten Arbeiten ausführen zu können. Dagegen versichert Audubon, daß der
Bisamgeruch gar nicht so schlimm und nach seiner Meinung weit besser zu ertragen sei, als der Ge-
stank des Mink oder Rothfuchses, -- vom Stinkthier gar nicht zu reden.

Man lockt die Biberratte in Fallen, welche man mit Aepfeln ködert, stellt ihr Schlageisen vor
ihre Bane oder tödtet sie in ihren Hütten. Die Jndianer wissen sehr genau, welche Hütten bewohnt
sind, nahen sich unhörbar und stoßen dann einen scharfen Sper mit aller Kraft durch die Wände der
Burg, die innensitzenden Zibetratten gewöhnlich anspießend. Die Fallen stellt man so, daß sie ins
Wasser stürzen müssen und den armen durch sie Bethörten gleich ersäufen. Unterläßt man Dies,
so wird der Gefangene von seinen Kameraden augenblicklich umringt und nach Rattenart behandelt
d. h. in Stücke zerrissen und aufgefressen. Wenn eine Bisamratte geschossen und nicht augenblicklich

Die Biſamratte oder Ondatra.
Waſſer ſpringen. Zuweilen ſieht man eine vollkommen ruhig auf der Oberfläche des Teiches oder
Stromes liegen, ihren Leib weit ausgebreitet und ſo flach als möglich gehalten. Ab und zu gibt
dieſe dem Waſſer einen kurzen Schlag mit dem Schwanze, faſt wie es der Biber thut, und ver-
ſchwindet dann blitzſchnell unter der Oberfläche des Waſſers, an die Geſchwindigkeit und Gewandtheit
erinnernd, mit welcher manche Enten oder Steißfüße ſich in die Wellentiefe zu ſtürzen pflegen,
wenn man einen Schuß nach ihnen abfeuerte. Jn einer Entfernung von zehn oder zwanzig Ellen
kommt das Thier ſpäter wieder zur Oberfläche empor und vereinigt ſich vielleicht mit ſeinen Kamera-
den zur Jagd oder ſetzt das alte Spiel fort. Zu derſelben Zeit beſchäftigen ſich andere mit Einſam-
meln des Futters an den graſigen Ufern, indem ſie die verſchiedenſten Arten von Pflanzenwurzeln
ausgraben und dann ruhigeren Plätzen zuführen. Es ſcheint, daß dieſe Thiere eine kleine, ſtille
Gemeinde bilden, welche weiter Nichts verlangt, um glücklich zu ſein, als ruhig und unbehelligt von
dem Menſchen zu bleiben.‟

„Wenn man ſein Gewehr abſchießt, während die Biſamratten ſo beſchäftigt ſind, beginnt eine
entſetzliche Flucht und Verwirrung. Dutzende von ihnen tauchen auf den Knall des Gewehres oder
verſchwinden in ihren Höhlen und zwar mit einer Geſchwindigkeit ohne Gleichen. Selbſt bei Tage,
wo ſie nur unvollkommen ſehen, iſt es außerordentlich ſchwer, eine im Schwimmen zu erlegen, weil
ſie, auch wenn man die beſten Gewehre führt, in das Waſſer getaucht ſind, ehe der Hagel ſie noch
erreicht.‟

Ueber die Fortpflanzung der Ondatra wiſſen wir noch ſehr wenig. Jm April und Mai, nach-
dem die Thiere ihre Winterbaue verlaſſen haben, paaren ſich die Geſchlechter, und das Weibchen
wirft in ſeinem Bau oder in einer Erdhöhle drei bis ſechs Junge, — wie Einige behaupten, nur ein
Mal im Jahre, nach Anderen drei bis vier Mal. Wie lange dieſe Jungen bei der Alten bleiben,
wie lange ihr Wachsthum dauert u. ſ. w., iſt unbekannt. Jung eingefangene werden leicht zahm,
wie überhaupt dieſe Maus ſich durch ein auffallend mildes Weſen auszeichnet; Audubon ſagt, daß
man auch die größeren Jungen ohne Furcht, gebiſſen zu werden, mit der Hand fangen könne. Alte
Thiere dagegen bleiben biſſig und unzugänglich, ſie ſind auch nur in Kiſten zu halten, welche voll-
ſtändig mit Blech ausgeſchlagen wurden. Eine Biſamratte, welche Sarrazin hatte, nagte in
einer einzigen Nacht durch hartes Holz ein Loch von drei Zoll Weite und einen Fuß Länge und ent-
wiſchte; ſie verrückte mit ihren Kiefern einen großen Klotz, welcher ihr im Wege lag. Auch das
Wühlen verſtehen ſie vortrefflich und wenden es oft zum Schaden der Mühlenteichbeſitzer an oder
graben Löcher durch Flußdämme und ſetzen die anliegenden Wieſen dadurch der Ueberſchwemmung
aus. Doch verfolgt man ſie weniger des Schadens wegen, den ſie anrichten, als des Nutzens
halber, den ſie bringen. Jhr Fleiſch wird von den Jndianern ſehr gern gegeſſen, und das Fell
findet eine große Verbreitung, obwohl manche Menſchen es wegen des ihm lange anhaftenden Zibet-
geruches nicht gern haben. Dieſer Zibet- oder Moſchusgeruch durchdringt auch das Fleiſch ſo ſtark,
daß es Europäern vollſtändig ungenießbar wird, ja, er kann ſo heftig werden, daß er manche Leute
geradezu betäubt. Sarrazin wurde beim Zergliedern alter Männchen in Folge des unerträglichen
Geruchs mehrere Male ohnmächtig und verſiel endlich darauf, die Leichname vorher zu röſten, um
nur ſeine nothwendigſten Arbeiten ausführen zu können. Dagegen verſichert Audubon, daß der
Biſamgeruch gar nicht ſo ſchlimm und nach ſeiner Meinung weit beſſer zu ertragen ſei, als der Ge-
ſtank des Mink oder Rothfuchſes, — vom Stinkthier gar nicht zu reden.

Man lockt die Biberratte in Fallen, welche man mit Aepfeln ködert, ſtellt ihr Schlageiſen vor
ihre Bane oder tödtet ſie in ihren Hütten. Die Jndianer wiſſen ſehr genau, welche Hütten bewohnt
ſind, nahen ſich unhörbar und ſtoßen dann einen ſcharfen Sper mit aller Kraft durch die Wände der
Burg, die innenſitzenden Zibetratten gewöhnlich anſpießend. Die Fallen ſtellt man ſo, daß ſie ins
Waſſer ſtürzen müſſen und den armen durch ſie Bethörten gleich erſäufen. Unterläßt man Dies,
ſo wird der Gefangene von ſeinen Kameraden augenblicklich umringt und nach Rattenart behandelt
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[151/0167] Die Biſamratte oder Ondatra. Waſſer ſpringen. Zuweilen ſieht man eine vollkommen ruhig auf der Oberfläche des Teiches oder Stromes liegen, ihren Leib weit ausgebreitet und ſo flach als möglich gehalten. Ab und zu gibt dieſe dem Waſſer einen kurzen Schlag mit dem Schwanze, faſt wie es der Biber thut, und ver- ſchwindet dann blitzſchnell unter der Oberfläche des Waſſers, an die Geſchwindigkeit und Gewandtheit erinnernd, mit welcher manche Enten oder Steißfüße ſich in die Wellentiefe zu ſtürzen pflegen, wenn man einen Schuß nach ihnen abfeuerte. Jn einer Entfernung von zehn oder zwanzig Ellen kommt das Thier ſpäter wieder zur Oberfläche empor und vereinigt ſich vielleicht mit ſeinen Kamera- den zur Jagd oder ſetzt das alte Spiel fort. Zu derſelben Zeit beſchäftigen ſich andere mit Einſam- meln des Futters an den graſigen Ufern, indem ſie die verſchiedenſten Arten von Pflanzenwurzeln ausgraben und dann ruhigeren Plätzen zuführen. Es ſcheint, daß dieſe Thiere eine kleine, ſtille Gemeinde bilden, welche weiter Nichts verlangt, um glücklich zu ſein, als ruhig und unbehelligt von dem Menſchen zu bleiben.‟ „Wenn man ſein Gewehr abſchießt, während die Biſamratten ſo beſchäftigt ſind, beginnt eine entſetzliche Flucht und Verwirrung. Dutzende von ihnen tauchen auf den Knall des Gewehres oder verſchwinden in ihren Höhlen und zwar mit einer Geſchwindigkeit ohne Gleichen. Selbſt bei Tage, wo ſie nur unvollkommen ſehen, iſt es außerordentlich ſchwer, eine im Schwimmen zu erlegen, weil ſie, auch wenn man die beſten Gewehre führt, in das Waſſer getaucht ſind, ehe der Hagel ſie noch erreicht.‟ Ueber die Fortpflanzung der Ondatra wiſſen wir noch ſehr wenig. Jm April und Mai, nach- dem die Thiere ihre Winterbaue verlaſſen haben, paaren ſich die Geſchlechter, und das Weibchen wirft in ſeinem Bau oder in einer Erdhöhle drei bis ſechs Junge, — wie Einige behaupten, nur ein Mal im Jahre, nach Anderen drei bis vier Mal. Wie lange dieſe Jungen bei der Alten bleiben, wie lange ihr Wachsthum dauert u. ſ. w., iſt unbekannt. Jung eingefangene werden leicht zahm, wie überhaupt dieſe Maus ſich durch ein auffallend mildes Weſen auszeichnet; Audubon ſagt, daß man auch die größeren Jungen ohne Furcht, gebiſſen zu werden, mit der Hand fangen könne. Alte Thiere dagegen bleiben biſſig und unzugänglich, ſie ſind auch nur in Kiſten zu halten, welche voll- ſtändig mit Blech ausgeſchlagen wurden. Eine Biſamratte, welche Sarrazin hatte, nagte in einer einzigen Nacht durch hartes Holz ein Loch von drei Zoll Weite und einen Fuß Länge und ent- wiſchte; ſie verrückte mit ihren Kiefern einen großen Klotz, welcher ihr im Wege lag. Auch das Wühlen verſtehen ſie vortrefflich und wenden es oft zum Schaden der Mühlenteichbeſitzer an oder graben Löcher durch Flußdämme und ſetzen die anliegenden Wieſen dadurch der Ueberſchwemmung aus. Doch verfolgt man ſie weniger des Schadens wegen, den ſie anrichten, als des Nutzens halber, den ſie bringen. Jhr Fleiſch wird von den Jndianern ſehr gern gegeſſen, und das Fell findet eine große Verbreitung, obwohl manche Menſchen es wegen des ihm lange anhaftenden Zibet- geruches nicht gern haben. Dieſer Zibet- oder Moſchusgeruch durchdringt auch das Fleiſch ſo ſtark, daß es Europäern vollſtändig ungenießbar wird, ja, er kann ſo heftig werden, daß er manche Leute geradezu betäubt. Sarrazin wurde beim Zergliedern alter Männchen in Folge des unerträglichen Geruchs mehrere Male ohnmächtig und verſiel endlich darauf, die Leichname vorher zu röſten, um nur ſeine nothwendigſten Arbeiten ausführen zu können. Dagegen verſichert Audubon, daß der Biſamgeruch gar nicht ſo ſchlimm und nach ſeiner Meinung weit beſſer zu ertragen ſei, als der Ge- ſtank des Mink oder Rothfuchſes, — vom Stinkthier gar nicht zu reden. Man lockt die Biberratte in Fallen, welche man mit Aepfeln ködert, ſtellt ihr Schlageiſen vor ihre Bane oder tödtet ſie in ihren Hütten. Die Jndianer wiſſen ſehr genau, welche Hütten bewohnt ſind, nahen ſich unhörbar und ſtoßen dann einen ſcharfen Sper mit aller Kraft durch die Wände der Burg, die innenſitzenden Zibetratten gewöhnlich anſpießend. Die Fallen ſtellt man ſo, daß ſie ins Waſſer ſtürzen müſſen und den armen durch ſie Bethörten gleich erſäufen. Unterläßt man Dies, ſo wird der Gefangene von ſeinen Kameraden augenblicklich umringt und nach Rattenart behandelt d. h. in Stücke zerriſſen und aufgefreſſen. Wenn eine Biſamratte geſchoſſen und nicht augenblicklich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/167>, abgerufen am 28.11.2024.