Der höhere Norden von Amerika ist die Heimat der Hüpfmaus. Sie findet sich von Labrador an, durch Canada hindurch, in allen Pelzgegenden bis zu dem großen Sklavensee und vielleicht noch weiter nach Norden. Hier lebt sie an dicht bebuschten Wiesenrändern und in der Nähe von Wäldern, bei Tage verborgen, bei Nacht gesellig umherschweifend. Jhre Höhlen sind ungefähr 20 Zoll tief, in der kälteren Jahreszeit auch noch tiefer. Vor Beginn des Winters baut sie einen Ballen aus Lehm um sich herum, rollt sich zusammen, schlingt den Schwanz um den Leib und liegt hier in vollkommner Erstarrung bis zum Eintritt des Frühlings. Es wird erzählt, daß ein Gärtner im Mai zwanzig Zoll tief in der Erde einen Erdballen von der Größe eines Spielballes fand, welcher durch seine regel- mäßige Form die Verwunderung des Mannes erregte. Als er ihn mit dem Spaten in zwei Stücke zerschlug, fand er ein Thierchen darin zusammengerollt, fast wie ein Küchlein im Ei. Es war unsere Hüpfmaus, welche hier ihre Winterherberge aufgeschlagen hatte. Jm Sommer ist sie außerordentlich hurtig und hüpft ungemein gewandt und schnell auf den Hinterbeinen herum. Davis konnte eine Hüpf- maus, welche in der Nachbarschaft von Quebek aus dem Walde in ein weites Feld gerathen war, erst in der Zeit von einer Stunde fangen, obschon ihm noch drei Männer jagen halfen. Sie machte fußhohe Sprünge von drei bis fünf Fuß Weite und ließ sich erst ergreifen, nachdem sie vollständig abgehetzt und ermattet war; dabei war sie aber immer noch hurtig und lebendig. Jm Walde soll die Hüpf- maus gar nicht zu fangen sein. Sie setzt hier mit Leichtigkeit über niedere Büsche weg, über welche ein Mann nicht so leicht springen kann, und weiß dann immer ein sicheres Plätzchen zu finden. Au- dubon bezweifelt, daß es noch ein Säugethier gäbe, welches ihr an Gewandtheit gleichkommt.
Nach den Berichten desselben Forschers läßt sich das schmucke Thierchen leicht fangen und ohne Beschwerde erhalten. "Jch besaß ein Weibchen," sagt er, "vom Frühling bis zum Herbst. Wenige Tage nach seiner Einkerkerung warf es zwei Junge, welche prächtig gediehen und im Herbst fast aus- gewachsen waren. Wir schütteten ihnen einen Fuß hoch Erde in ihren Käfig; hier gruben sie sich einen Bau mit zwei Ausgängen. Gewöhnlich verhielten sie sich schweigsam; brachten wir aber eine andere Maus zu ihnen in den Käfig, so schrieen sie laut auf, wie ein junger Vogel aus Angst, zeigten sich überhaupt sehr furchtsam. Bei Tage zeigten sie sich niemals außerhalb ihrer Baue; nachts aber lärmten sie viel im Käfig herum. Alles, was wir in ihr Gefängniß legten, war am nächsten Mor- gen verschwunden, in die Höhlen geschleppt worden. Sie fraßen Weizen, Mais, am liebsten Buch- weizen. Hatten sie mit diesem eine ihrer Kammern gefüllt, so gruben sie sich sofort eine neue. Sie entkamen durch einen unglücklichen Zufall."
Ueber die Zeit der Paarung und die Fortpflanzung berichtet Audubon, daß er in allen Som- mermonaten Junge gefunden habe, gewöhnlich drei, in einem aus feinem Gras erbauten, mit Federn, Haaren und Wolle ausgefütterten Neste. Er bestätigt die Angabe älterer Forscher, daß die Jungen an den Zitzen ihrer Mutter sich fest ansaugen und von dieser allenthalben herumgetragen werden.
Die Hauptfeinde der Hüpfmaus sind die verschiedenen Raubthiere des Nordens, namentlich die Eulen, welche sie selbstverständlich am leichtesten erwischen können. Die Jndianer, welche sie Katse nennen, scheinen weder ihr Fleisch zu essen, noch ihr Fell zu benutzen.
Ueber die Wüstenspringmäuse (Haltomys) sind wir besser unterrichtet. Sie sind gleichsam die Urbilder der ganzen Familie, denn sie zeigen alle Eigenthümlichkeiten derselben am vollständigsten. Hasselquist bemerkt nicht mit Unrecht, daß sie aussähen, als wären sie aus verschiedenen Thieren zusammengesetzt. "Man könnte sagen, das Thierchen habe den Kopf des Hasen, den Schnurrbart des Eichhörnchens, den Rüssel des Schweines, den Leib und die Vorderfüße der Maus, die Hinter- füße des Vogels und den Schwanz des Löwen." Vor Allem fällt der Kopf auf, er kennzeichnet die Springmäuse sogleich als echte Wüstenbewohner. Für alle Sinneswerkzeuge ist Raum geschafft. Die Ohrmuscheln sind groß und häutig, wenigstens nur außerordentlich dünn behaart und der Ohrgang
Die Wüſtenſpringmäuſe.
Der höhere Norden von Amerika iſt die Heimat der Hüpfmaus. Sie findet ſich von Labrador an, durch Canada hindurch, in allen Pelzgegenden bis zu dem großen Sklavenſee und vielleicht noch weiter nach Norden. Hier lebt ſie an dicht bebuſchten Wieſenrändern und in der Nähe von Wäldern, bei Tage verborgen, bei Nacht geſellig umherſchweifend. Jhre Höhlen ſind ungefähr 20 Zoll tief, in der kälteren Jahreszeit auch noch tiefer. Vor Beginn des Winters baut ſie einen Ballen aus Lehm um ſich herum, rollt ſich zuſammen, ſchlingt den Schwanz um den Leib und liegt hier in vollkommner Erſtarrung bis zum Eintritt des Frühlings. Es wird erzählt, daß ein Gärtner im Mai zwanzig Zoll tief in der Erde einen Erdballen von der Größe eines Spielballes fand, welcher durch ſeine regel- mäßige Form die Verwunderung des Mannes erregte. Als er ihn mit dem Spaten in zwei Stücke zerſchlug, fand er ein Thierchen darin zuſammengerollt, faſt wie ein Küchlein im Ei. Es war unſere Hüpfmaus, welche hier ihre Winterherberge aufgeſchlagen hatte. Jm Sommer iſt ſie außerordentlich hurtig und hüpft ungemein gewandt und ſchnell auf den Hinterbeinen herum. Davis konnte eine Hüpf- maus, welche in der Nachbarſchaft von Quebek aus dem Walde in ein weites Feld gerathen war, erſt in der Zeit von einer Stunde fangen, obſchon ihm noch drei Männer jagen halfen. Sie machte fußhohe Sprünge von drei bis fünf Fuß Weite und ließ ſich erſt ergreifen, nachdem ſie vollſtändig abgehetzt und ermattet war; dabei war ſie aber immer noch hurtig und lebendig. Jm Walde ſoll die Hüpf- maus gar nicht zu fangen ſein. Sie ſetzt hier mit Leichtigkeit über niedere Büſche weg, über welche ein Mann nicht ſo leicht ſpringen kann, und weiß dann immer ein ſicheres Plätzchen zu finden. Au- dubon bezweifelt, daß es noch ein Säugethier gäbe, welches ihr an Gewandtheit gleichkommt.
Nach den Berichten deſſelben Forſchers läßt ſich das ſchmucke Thierchen leicht fangen und ohne Beſchwerde erhalten. „Jch beſaß ein Weibchen,‟ ſagt er, „vom Frühling bis zum Herbſt. Wenige Tage nach ſeiner Einkerkerung warf es zwei Junge, welche prächtig gediehen und im Herbſt faſt aus- gewachſen waren. Wir ſchütteten ihnen einen Fuß hoch Erde in ihren Käfig; hier gruben ſie ſich einen Bau mit zwei Ausgängen. Gewöhnlich verhielten ſie ſich ſchweigſam; brachten wir aber eine andere Maus zu ihnen in den Käfig, ſo ſchrieen ſie laut auf, wie ein junger Vogel aus Angſt, zeigten ſich überhaupt ſehr furchtſam. Bei Tage zeigten ſie ſich niemals außerhalb ihrer Baue; nachts aber lärmten ſie viel im Käfig herum. Alles, was wir in ihr Gefängniß legten, war am nächſten Mor- gen verſchwunden, in die Höhlen geſchleppt worden. Sie fraßen Weizen, Mais, am liebſten Buch- weizen. Hatten ſie mit dieſem eine ihrer Kammern gefüllt, ſo gruben ſie ſich ſofort eine neue. Sie entkamen durch einen unglücklichen Zufall.‟
Ueber die Zeit der Paarung und die Fortpflanzung berichtet Audubon, daß er in allen Som- mermonaten Junge gefunden habe, gewöhnlich drei, in einem aus feinem Gras erbauten, mit Federn, Haaren und Wolle ausgefütterten Neſte. Er beſtätigt die Angabe älterer Forſcher, daß die Jungen an den Zitzen ihrer Mutter ſich feſt anſaugen und von dieſer allenthalben herumgetragen werden.
Die Hauptfeinde der Hüpfmaus ſind die verſchiedenen Raubthiere des Nordens, namentlich die Eulen, welche ſie ſelbſtverſtändlich am leichteſten erwiſchen können. Die Jndianer, welche ſie Katſe nennen, ſcheinen weder ihr Fleiſch zu eſſen, noch ihr Fell zu benutzen.
Ueber die Wüſtenſpringmäuſe (Haltomys) ſind wir beſſer unterrichtet. Sie ſind gleichſam die Urbilder der ganzen Familie, denn ſie zeigen alle Eigenthümlichkeiten derſelben am vollſtändigſten. Haſſelquiſt bemerkt nicht mit Unrecht, daß ſie ausſähen, als wären ſie aus verſchiedenen Thieren zuſammengeſetzt. „Man könnte ſagen, das Thierchen habe den Kopf des Haſen, den Schnurrbart des Eichhörnchens, den Rüſſel des Schweines, den Leib und die Vorderfüße der Maus, die Hinter- füße des Vogels und den Schwanz des Löwen.‟ Vor Allem fällt der Kopf auf, er kennzeichnet die Springmäuſe ſogleich als echte Wüſtenbewohner. Für alle Sinneswerkzeuge iſt Raum geſchafft. Die Ohrmuſcheln ſind groß und häutig, wenigſtens nur außerordentlich dünn behaart und der Ohrgang
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Die Wüſtenſpringmäuſe.
Der höhere Norden von Amerika iſt die Heimat der Hüpfmaus. Sie findet ſich von Labrador
an, durch Canada hindurch, in allen Pelzgegenden bis zu dem großen Sklavenſee und vielleicht noch
weiter nach Norden. Hier lebt ſie an dicht bebuſchten Wieſenrändern und in der Nähe von Wäldern,
bei Tage verborgen, bei Nacht geſellig umherſchweifend. Jhre Höhlen ſind ungefähr 20 Zoll tief, in
der kälteren Jahreszeit auch noch tiefer. Vor Beginn des Winters baut ſie einen Ballen aus Lehm
um ſich herum, rollt ſich zuſammen, ſchlingt den Schwanz um den Leib und liegt hier in vollkommner
Erſtarrung bis zum Eintritt des Frühlings. Es wird erzählt, daß ein Gärtner im Mai zwanzig
Zoll tief in der Erde einen Erdballen von der Größe eines Spielballes fand, welcher durch ſeine regel-
mäßige Form die Verwunderung des Mannes erregte. Als er ihn mit dem Spaten in zwei Stücke
zerſchlug, fand er ein Thierchen darin zuſammengerollt, faſt wie ein Küchlein im Ei. Es war unſere
Hüpfmaus, welche hier ihre Winterherberge aufgeſchlagen hatte. Jm Sommer iſt ſie außerordentlich
hurtig und hüpft ungemein gewandt und ſchnell auf den Hinterbeinen herum. Davis konnte eine Hüpf-
maus, welche in der Nachbarſchaft von Quebek aus dem Walde in ein weites Feld gerathen war, erſt in
der Zeit von einer Stunde fangen, obſchon ihm noch drei Männer jagen halfen. Sie machte fußhohe
Sprünge von drei bis fünf Fuß Weite und ließ ſich erſt ergreifen, nachdem ſie vollſtändig abgehetzt
und ermattet war; dabei war ſie aber immer noch hurtig und lebendig. Jm Walde ſoll die Hüpf-
maus gar nicht zu fangen ſein. Sie ſetzt hier mit Leichtigkeit über niedere Büſche weg, über welche
ein Mann nicht ſo leicht ſpringen kann, und weiß dann immer ein ſicheres Plätzchen zu finden. Au-
dubon bezweifelt, daß es noch ein Säugethier gäbe, welches ihr an Gewandtheit gleichkommt.
Nach den Berichten deſſelben Forſchers läßt ſich das ſchmucke Thierchen leicht fangen und ohne
Beſchwerde erhalten. „Jch beſaß ein Weibchen,‟ ſagt er, „vom Frühling bis zum Herbſt. Wenige
Tage nach ſeiner Einkerkerung warf es zwei Junge, welche prächtig gediehen und im Herbſt faſt aus-
gewachſen waren. Wir ſchütteten ihnen einen Fuß hoch Erde in ihren Käfig; hier gruben ſie ſich
einen Bau mit zwei Ausgängen. Gewöhnlich verhielten ſie ſich ſchweigſam; brachten wir aber eine
andere Maus zu ihnen in den Käfig, ſo ſchrieen ſie laut auf, wie ein junger Vogel aus Angſt, zeigten
ſich überhaupt ſehr furchtſam. Bei Tage zeigten ſie ſich niemals außerhalb ihrer Baue; nachts aber
lärmten ſie viel im Käfig herum. Alles, was wir in ihr Gefängniß legten, war am nächſten Mor-
gen verſchwunden, in die Höhlen geſchleppt worden. Sie fraßen Weizen, Mais, am liebſten Buch-
weizen. Hatten ſie mit dieſem eine ihrer Kammern gefüllt, ſo gruben ſie ſich ſofort eine neue. Sie
entkamen durch einen unglücklichen Zufall.‟
Ueber die Zeit der Paarung und die Fortpflanzung berichtet Audubon, daß er in allen Som-
mermonaten Junge gefunden habe, gewöhnlich drei, in einem aus feinem Gras erbauten, mit Federn,
Haaren und Wolle ausgefütterten Neſte. Er beſtätigt die Angabe älterer Forſcher, daß die Jungen
an den Zitzen ihrer Mutter ſich feſt anſaugen und von dieſer allenthalben herumgetragen werden.
Die Hauptfeinde der Hüpfmaus ſind die verſchiedenen Raubthiere des Nordens, namentlich die
Eulen, welche ſie ſelbſtverſtändlich am leichteſten erwiſchen können. Die Jndianer, welche ſie Katſe
nennen, ſcheinen weder ihr Fleiſch zu eſſen, noch ihr Fell zu benutzen.
Ueber die Wüſtenſpringmäuſe (Haltomys) ſind wir beſſer unterrichtet. Sie ſind gleichſam
die Urbilder der ganzen Familie, denn ſie zeigen alle Eigenthümlichkeiten derſelben am vollſtändigſten.
Haſſelquiſt bemerkt nicht mit Unrecht, daß ſie ausſähen, als wären ſie aus verſchiedenen Thieren
zuſammengeſetzt. „Man könnte ſagen, das Thierchen habe den Kopf des Haſen, den Schnurrbart
des Eichhörnchens, den Rüſſel des Schweines, den Leib und die Vorderfüße der Maus, die Hinter-
füße des Vogels und den Schwanz des Löwen.‟ Vor Allem fällt der Kopf auf, er kennzeichnet die
Springmäuſe ſogleich als echte Wüſtenbewohner. Für alle Sinneswerkzeuge iſt Raum geſchafft. Die
Ohrmuſcheln ſind groß und häutig, wenigſtens nur außerordentlich dünn behaart und der Ohrgang
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/196>, abgerufen am 27.11.2024.
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