zeln berührt sie kaum. Ob sie trinkt, ist fraglich; fast scheint es, als ob sie jedes Getränk ent- behren könne.
Die Südamerikaner essen das Fleisch beider Chinchillas sehr gern, und auch europäische Reisende scheinen sich mit ihm befreundet zu haben, obwohl sie sagen, daß man es mit dem unseres Hasen nicht vergleichen könne. Uebrigens benutzt man auch das Fleisch nur nebenbei, den Hauptgrund und Hauptnutzen der Jagd gibt das Fell. Gegenwärtig wird alljährlich eine nicht unbeträchtliche Menge solcher Felle ausgeführt. Man verwendet sie in Europa zu Mützen, Müffen und Berbrämungen und schätzt sie sehr hoch. Das Dutzend der feinsten und schönsten d. h. von der kleinen Chinchilla her- rührenden wird mit 15 und 20 Thlr. bezahlt, während die gleiche Anzahl der großen und gröberen selten mehr als 4 bis 6 Thlr. kostet. Jn Chile verfertigt man jetzt nur noch Hüte aus der Wolle; denn die Kunstfertigkeit der Ureinwohner ist mit ihnen ausgestorben. Gegenwärtig kommen die meisten Felle von der Westküste Amerikas.
Bedeutend längere Ohren, der körperlange, auf der ganzen Oberseite buschig behaarte Schwanz,
[Abbildung]
Die Hasenmaus (Lagotis Cuvicri).
die vierzehigen Füße und die sehr langen Schnurren unterscheiden die Mitglieder der zweiten Sippe, welche man Hasenmäuse (Lagotis) genannt hat, von den eigentlichen Wollmäusen. Jm Gebiß stehen sich beide Sippen sehr nahe, in der Lebensweise ähneln sie sich fast vollständig. Man kennt bis- jetzt mit Sicherheit blos zwei Arten, welche beide auf den Hochebenen der Cordilleren und zwar dicht unter der Grenze des ewigen Schnees, in einer Höhe von 12 bis 16 Tausend Fuß über dem Meere, zwischen kahlen Felsen leben. Sie sind ebenso gesellig, wie die Wollmäuse, ebenso munter und ge- wandt; sie zeigen dieselben Eigenschaften und nähren sich mehr oder weniger von den gleichen oder mindestens ähnlichen Pflanzen. Von den beiden Arten bewohnt die eine die Hochebenen des südlichen
Die Haſenmaus.
zeln berührt ſie kaum. Ob ſie trinkt, iſt fraglich; faſt ſcheint es, als ob ſie jedes Getränk ent- behren könne.
Die Südamerikaner eſſen das Fleiſch beider Chinchillas ſehr gern, und auch europäiſche Reiſende ſcheinen ſich mit ihm befreundet zu haben, obwohl ſie ſagen, daß man es mit dem unſeres Haſen nicht vergleichen könne. Uebrigens benutzt man auch das Fleiſch nur nebenbei, den Hauptgrund und Hauptnutzen der Jagd gibt das Fell. Gegenwärtig wird alljährlich eine nicht unbeträchtliche Menge ſolcher Felle ausgeführt. Man verwendet ſie in Europa zu Mützen, Müffen und Berbrämungen und ſchätzt ſie ſehr hoch. Das Dutzend der feinſten und ſchönſten d. h. von der kleinen Chinchilla her- rührenden wird mit 15 und 20 Thlr. bezahlt, während die gleiche Anzahl der großen und gröberen ſelten mehr als 4 bis 6 Thlr. koſtet. Jn Chile verfertigt man jetzt nur noch Hüte aus der Wolle; denn die Kunſtfertigkeit der Ureinwohner iſt mit ihnen ausgeſtorben. Gegenwärtig kommen die meiſten Felle von der Weſtküſte Amerikas.
Bedeutend längere Ohren, der körperlange, auf der ganzen Oberſeite buſchig behaarte Schwanz,
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Die Haſenmaus (Lagotis Cuvicri).
die vierzehigen Füße und die ſehr langen Schnurren unterſcheiden die Mitglieder der zweiten Sippe, welche man Haſenmäuſe (Lagotis) genannt hat, von den eigentlichen Wollmäuſen. Jm Gebiß ſtehen ſich beide Sippen ſehr nahe, in der Lebensweiſe ähneln ſie ſich faſt vollſtändig. Man kennt bis- jetzt mit Sicherheit blos zwei Arten, welche beide auf den Hochebenen der Cordilleren und zwar dicht unter der Grenze des ewigen Schnees, in einer Höhe von 12 bis 16 Tauſend Fuß über dem Meere, zwiſchen kahlen Felſen leben. Sie ſind ebenſo geſellig, wie die Wollmäuſe, ebenſo munter und ge- wandt; ſie zeigen dieſelben Eigenſchaften und nähren ſich mehr oder weniger von den gleichen oder mindeſtens ähnlichen Pflanzen. Von den beiden Arten bewohnt die eine die Hochebenen des ſüdlichen
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Die Haſenmaus.
zeln berührt ſie kaum. Ob ſie trinkt, iſt fraglich; faſt ſcheint es, als ob ſie jedes Getränk ent-
behren könne.
Die Südamerikaner eſſen das Fleiſch beider Chinchillas ſehr gern, und auch europäiſche Reiſende
ſcheinen ſich mit ihm befreundet zu haben, obwohl ſie ſagen, daß man es mit dem unſeres Haſen
nicht vergleichen könne. Uebrigens benutzt man auch das Fleiſch nur nebenbei, den Hauptgrund und
Hauptnutzen der Jagd gibt das Fell. Gegenwärtig wird alljährlich eine nicht unbeträchtliche Menge
ſolcher Felle ausgeführt. Man verwendet ſie in Europa zu Mützen, Müffen und Berbrämungen und
ſchätzt ſie ſehr hoch. Das Dutzend der feinſten und ſchönſten d. h. von der kleinen Chinchilla her-
rührenden wird mit 15 und 20 Thlr. bezahlt, während die gleiche Anzahl der großen und gröberen
ſelten mehr als 4 bis 6 Thlr. koſtet. Jn Chile verfertigt man jetzt nur noch Hüte aus der Wolle;
denn die Kunſtfertigkeit der Ureinwohner iſt mit ihnen ausgeſtorben. Gegenwärtig kommen die
meiſten Felle von der Weſtküſte Amerikas.
Bedeutend längere Ohren, der körperlange, auf der ganzen Oberſeite buſchig behaarte Schwanz,
[Abbildung Die Haſenmaus (Lagotis Cuvicri).]
die vierzehigen Füße und die ſehr langen Schnurren unterſcheiden die Mitglieder der zweiten Sippe,
welche man Haſenmäuſe (Lagotis) genannt hat, von den eigentlichen Wollmäuſen. Jm Gebiß
ſtehen ſich beide Sippen ſehr nahe, in der Lebensweiſe ähneln ſie ſich faſt vollſtändig. Man kennt bis-
jetzt mit Sicherheit blos zwei Arten, welche beide auf den Hochebenen der Cordilleren und zwar dicht
unter der Grenze des ewigen Schnees, in einer Höhe von 12 bis 16 Tauſend Fuß über dem Meere,
zwiſchen kahlen Felſen leben. Sie ſind ebenſo geſellig, wie die Wollmäuſe, ebenſo munter und ge-
wandt; ſie zeigen dieſelben Eigenſchaften und nähren ſich mehr oder weniger von den gleichen oder
mindeſtens ähnlichen Pflanzen. Von den beiden Arten bewohnt die eine die Hochebenen des ſüdlichen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/215>, abgerufen am 23.11.2024.
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