Blumen und Früchten der verschiedensten Pflanzen. Er lebt paarweise und einzeln. Das Weibchen wirft mitten im Sommer ein einziges Junges, hält es, wie die Wilden behaupten, während des Säugens in der Höhle versteckt und führt es dann noch mehrere Monate mit sich umher.
"Einer von meinen Bekannten," berichtet Rengger, "welcher während drei Jahre einen Paka in seinem Hause gehalten hatte, erzählt mir von seinem Aufenthalte im häuslichen Zustande Folgen- des: Mein Gefangener zeigte sich, obwohl er noch jung war, sehr scheu und unbändig und biß um sich, wenn man sich ihm näherte. Den Tag über hielt er sich versteckt, bei Nacht lief er umher, suchte den Boden aufzukratzen, gab verschiedene grunzende Töne von sich und berührte kaum die ihm vorgesetzte Nahrung. Nach einigen Monaten verlor sich diese Wildheit allmählich, und er fing an, sich an die Gefangenschaft zu gewöhnen. Später wurde er noch zahmer. Er ließ sich berühren und lieb- kosen und näherte sich seinem Herrn und fremden Personen. Für Niemand aber zeigte er Anhänglich- keit. Da ihm auch die Kinder im Hause wenig Ruhe ließen, veränderte er allmählich seine Lage inso- fern, daß er bei Nacht ruhig war und Nahrung zu sich nahm. Man ernährte ihn mit Allem, was im Hause gegessen wurde, nur nicht mit Fleisch. Die Speise ergriff er mit den Schneidezähnen, Flüssigkeiten nahm er lappend zu sich. Sein Herr versicherte mich, daß er ihm öfters mit einem Finger
[Abbildung]
Der Paka (Coelogenys Paca).
in die Backentaschen gegriffen und dort Speise gefühlt habe. Er war äußerst reinlich und entledigte sich seines Koths und Harns immer in einiger Entfernung von seinem Lager, welches er aus Lappen, Stroh und Stückchen von Leder in einem Winkel sich bereitete. Sein Gang war ein Schritt oder ein schneller Lauf in Sätzen. Das helle Tageslicht schien ihn zu blenden; seine Augen leuchteten jedoch nicht in der Dunkelheit. Obgleich er sich an den Menschen und seine Wohnung, wie es schien, gut gewöhnt hatte, war sein Hang zur Freiheit noch immer der nämliche. Er entfloh nach einer Gefan- genschaft von drei Jahren bei der ersten besten Gelegenheit, die sich ihm darbot."
Die Haut des Paka ist zu dünn und sein Haar zu grob, als daß sein Fell benutzt werden könnte. Jn den Monaten Februar und März ist das Thier außerordentlich fett, und dann ist sein Fleisch sehr schmackhaft und beliebt. Jn Brasilien ist er nebst den Agutis und verschiedenen Arten der Gürtelthiere das gemeine Wildpret in den Waldungen. Prinz von Wied fing ihn in den Ur- wäldern häufig in Schlagfallen. Dort jagt man ihn mit Hunden und bringt ihn als "königliches Wild" zu Markte. Bisjetzt hat man das Thier nur selten lebend nach Europa gebracht. Buffon besaß ein Weibchen längere Zeit, welches ganz zahm war, sich unter dem Ofen ein Lager machte, den Tag über schlief, des Nachts umherlief und, wenn es in einen Kasten eingeschlossen wurde, zu nagen
Der Paka.
Blumen und Früchten der verſchiedenſten Pflanzen. Er lebt paarweiſe und einzeln. Das Weibchen wirft mitten im Sommer ein einziges Junges, hält es, wie die Wilden behaupten, während des Säugens in der Höhle verſteckt und führt es dann noch mehrere Monate mit ſich umher.
„Einer von meinen Bekannten,‟ berichtet Rengger, „welcher während drei Jahre einen Paka in ſeinem Hauſe gehalten hatte, erzählt mir von ſeinem Aufenthalte im häuslichen Zuſtande Folgen- des: Mein Gefangener zeigte ſich, obwohl er noch jung war, ſehr ſcheu und unbändig und biß um ſich, wenn man ſich ihm näherte. Den Tag über hielt er ſich verſteckt, bei Nacht lief er umher, ſuchte den Boden aufzukratzen, gab verſchiedene grunzende Töne von ſich und berührte kaum die ihm vorgeſetzte Nahrung. Nach einigen Monaten verlor ſich dieſe Wildheit allmählich, und er fing an, ſich an die Gefangenſchaft zu gewöhnen. Später wurde er noch zahmer. Er ließ ſich berühren und lieb- koſen und näherte ſich ſeinem Herrn und fremden Perſonen. Für Niemand aber zeigte er Anhänglich- keit. Da ihm auch die Kinder im Hauſe wenig Ruhe ließen, veränderte er allmählich ſeine Lage inſo- fern, daß er bei Nacht ruhig war und Nahrung zu ſich nahm. Man ernährte ihn mit Allem, was im Hauſe gegeſſen wurde, nur nicht mit Fleiſch. Die Speiſe ergriff er mit den Schneidezähnen, Flüſſigkeiten nahm er lappend zu ſich. Sein Herr verſicherte mich, daß er ihm öfters mit einem Finger
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Der Paka (Coelogenys Paca).
in die Backentaſchen gegriffen und dort Speiſe gefühlt habe. Er war äußerſt reinlich und entledigte ſich ſeines Koths und Harns immer in einiger Entfernung von ſeinem Lager, welches er aus Lappen, Stroh und Stückchen von Leder in einem Winkel ſich bereitete. Sein Gang war ein Schritt oder ein ſchneller Lauf in Sätzen. Das helle Tageslicht ſchien ihn zu blenden; ſeine Augen leuchteten jedoch nicht in der Dunkelheit. Obgleich er ſich an den Menſchen und ſeine Wohnung, wie es ſchien, gut gewöhnt hatte, war ſein Hang zur Freiheit noch immer der nämliche. Er entfloh nach einer Gefan- genſchaft von drei Jahren bei der erſten beſten Gelegenheit, die ſich ihm darbot.‟
Die Haut des Paka iſt zu dünn und ſein Haar zu grob, als daß ſein Fell benutzt werden könnte. Jn den Monaten Februar und März iſt das Thier außerordentlich fett, und dann iſt ſein Fleiſch ſehr ſchmackhaft und beliebt. Jn Braſilien iſt er nebſt den Agutis und verſchiedenen Arten der Gürtelthiere das gemeine Wildpret in den Waldungen. Prinz von Wied fing ihn in den Ur- wäldern häufig in Schlagfallen. Dort jagt man ihn mit Hunden und bringt ihn als „königliches Wild‟ zu Markte. Bisjetzt hat man das Thier nur ſelten lebend nach Europa gebracht. Buffon beſaß ein Weibchen längere Zeit, welches ganz zahm war, ſich unter dem Ofen ein Lager machte, den Tag über ſchlief, des Nachts umherlief und, wenn es in einen Kaſten eingeſchloſſen wurde, zu nagen
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Der Paka.
Blumen und Früchten der verſchiedenſten Pflanzen. Er lebt paarweiſe und einzeln. Das Weibchen
wirft mitten im Sommer ein einziges Junges, hält es, wie die Wilden behaupten, während des
Säugens in der Höhle verſteckt und führt es dann noch mehrere Monate mit ſich umher.
„Einer von meinen Bekannten,‟ berichtet Rengger, „welcher während drei Jahre einen Paka
in ſeinem Hauſe gehalten hatte, erzählt mir von ſeinem Aufenthalte im häuslichen Zuſtande Folgen-
des: Mein Gefangener zeigte ſich, obwohl er noch jung war, ſehr ſcheu und unbändig und biß um
ſich, wenn man ſich ihm näherte. Den Tag über hielt er ſich verſteckt, bei Nacht lief er umher,
ſuchte den Boden aufzukratzen, gab verſchiedene grunzende Töne von ſich und berührte kaum die ihm
vorgeſetzte Nahrung. Nach einigen Monaten verlor ſich dieſe Wildheit allmählich, und er fing an, ſich
an die Gefangenſchaft zu gewöhnen. Später wurde er noch zahmer. Er ließ ſich berühren und lieb-
koſen und näherte ſich ſeinem Herrn und fremden Perſonen. Für Niemand aber zeigte er Anhänglich-
keit. Da ihm auch die Kinder im Hauſe wenig Ruhe ließen, veränderte er allmählich ſeine Lage inſo-
fern, daß er bei Nacht ruhig war und Nahrung zu ſich nahm. Man ernährte ihn mit Allem, was
im Hauſe gegeſſen wurde, nur nicht mit Fleiſch. Die Speiſe ergriff er mit den Schneidezähnen,
Flüſſigkeiten nahm er lappend zu ſich. Sein Herr verſicherte mich, daß er ihm öfters mit einem Finger
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in die Backentaſchen gegriffen und dort Speiſe gefühlt habe. Er war äußerſt reinlich und entledigte
ſich ſeines Koths und Harns immer in einiger Entfernung von ſeinem Lager, welches er aus Lappen,
Stroh und Stückchen von Leder in einem Winkel ſich bereitete. Sein Gang war ein Schritt oder ein
ſchneller Lauf in Sätzen. Das helle Tageslicht ſchien ihn zu blenden; ſeine Augen leuchteten jedoch
nicht in der Dunkelheit. Obgleich er ſich an den Menſchen und ſeine Wohnung, wie es ſchien, gut
gewöhnt hatte, war ſein Hang zur Freiheit noch immer der nämliche. Er entfloh nach einer Gefan-
genſchaft von drei Jahren bei der erſten beſten Gelegenheit, die ſich ihm darbot.‟
Die Haut des Paka iſt zu dünn und ſein Haar zu grob, als daß ſein Fell benutzt werden
könnte. Jn den Monaten Februar und März iſt das Thier außerordentlich fett, und dann iſt ſein
Fleiſch ſehr ſchmackhaft und beliebt. Jn Braſilien iſt er nebſt den Agutis und verſchiedenen Arten
der Gürtelthiere das gemeine Wildpret in den Waldungen. Prinz von Wied fing ihn in den Ur-
wäldern häufig in Schlagfallen. Dort jagt man ihn mit Hunden und bringt ihn als „königliches
Wild‟ zu Markte. Bisjetzt hat man das Thier nur ſelten lebend nach Europa gebracht. Buffon
beſaß ein Weibchen längere Zeit, welches ganz zahm war, ſich unter dem Ofen ein Lager machte, den
Tag über ſchlief, des Nachts umherlief und, wenn es in einen Kaſten eingeſchloſſen wurde, zu nagen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/265>, abgerufen am 23.11.2024.
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