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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Das Schnabelthier.
merlwürdigen Thiere in der Gefangenschaft zu beobachten. Jch will ihn soviel als möglich selbst
reden lassen. Die Meinungen der Eingeborenen über die Fortpflanzung des Thieres sind getheilt.
Jn der einen Gegend behauptet man, daß das Schnabelthier Eier lege, in der anderen bezeichnet
man es als lebendig gebärend. Bennett verschaffte sich mit großer Mühe mehrere Weibchen, ehe
er hierüber ins Klare kam. Die Eingeborenen waren gar nicht sehr bereit, ihn dabei zu unterstützen.
"Jch ließ," sagt er, "einen Bau aufgraben, trotz allen Abredens eines trägen Eingeborenen, welcher
mir versicherte, daß vom Weibchen noch "keine Jungen gepurzelt" wären, und gar nicht begreifen
konnte, wie ich bei allem Ueberfluß an Rindern und Schafen doch Schnabelthiere zu haben wünsche.
Der Eingang oder die Vorhalle des Baues war groß im Verhältniß zur Breite des ferneren Ganges;
denn dieser wurde um so enger, je weiter wir vorrückten, bis er zuletzt der Stärke des Thieres ent-
sprach. Wir verfolgten ihn bis auf 101/2 Fuß. Plötzlich tauchte der Kopf eines Schnabelthieres
aus dem Grunde hervor, just, als wenn es eben im Schlafe gestört worden, und herunter gekommen
wäre, um zu sehen, was wir wünschten. Doch schien es der Ueberzeugung zu leben, daß unsere
lärmende Arbeit nicht zu seinem Besten gemeint sei; denn es zog sich eiligst wieder zurück. Beim
Umdrehen wurde es jedoch am Hinterfuße ergriffen und herausgezogen, und schien sich darüber sehr
zu beunruhigen und zu verwundern. Wenigstens war es entschieden als eine Wirkung seiner Furcht
anzusehen, daß es schleunigst alle mögliche Ausleerung von sich gab, nicht eben zu unserem Ver-
gnügen, weil der Unrath sehr unangenehm riecht. Das Thier gab keinen Laut von sich, versuchte
auch keinen Angriff auf mich, kratzte aber mit den Hinterfüßen meine Hand ein wenig, indem es
entrinnen wollte. Es war ein ausgewachsenes Weibchen. Seine kleinen hellen Augen glänzten;
die Oeffnungen der Ohren erweiterten sich bald, bald zogen sie sich zusammen, als ob es jeden Laut
hätte auffangen wollen, während sein Herz vor Furcht heftig klopfte. Nach einiger Zeit schien es sich in
seine Lage zu ergeben, obwohl es mitunter doch noch zu entkommen suchte. Beim Fell durfte ich es nicht
fassen; denn dies ist so lose, daß das Thier sich anfühlt, als ob es in einem dicken Pelzsacke stäke.
Wir thaten unseren Gefangenen in ein Faß voll Gras, Flußschlamm, Wasser etc. Er kratzte überall,
um seinem Gefängnisse zu entkommen; da er aber alle Mühe vergebens fand, wurde er ruhig, kroch
zusammen und schien bald zu schlafen. Jn der Nacht war er sehr unruhig, und kratzte wiederum mit
den Vorderpfoten, als ob er sich einen Gang graben wolle. Am Morgen fand ich ihn fest einge-
schlafen, den Schwanz nach innen gekehrt, Kopf und Schnabel unter der Brust, den Körper zusam-
mengerollt. Als ich seinen Schlummer störte, knurrte er ungefähr wie ein junger Hund, nur etwas
sanfter und vielleicht wohltönender. Den Tag über blieb er meist ruhig, während der Nacht aber
suchte er aufs neue zu entkommen und knurrte anhaltend. Alle Europäer in der Nachbarschaft,
welche das Thier so oft todt gesehen hatten, waren erfreut, endlich einmal ein lebendiges beobachten
zu können, und ich glaube, es war Dies überhaupt das erste Mal, daß ein Europäer ein Schnabel-
thier lebendig fing und den Bau durchforschte."

"Als ich abreiste, steckte ich meinen "Mallangong" in eine kleine Kiste mit Gras, und nahm
ihn mit mir. Um ihm eine Erholung zu gewähren, weckte ich ihn nach einiger Zeit, band einen
langen Strick an sein Hinterbein und setzte ihn an das Ufer. Er fand bald seinen Weg ins Wasser
und schwamm stromaufwärts, offenbar entzückt von den Stellen, die am dichtesten von Wasserpflan-
zen bedeckt waren. Nachdem sich das Thier satt getaucht hatte, kroch es auf das Ufer heraus, legte
sich auf das Gras und gönnte sich die Wonne, sich zu kratzen und zu kämmen. Zu diesem Reini-
gungsverfahren benutzte es die Hinterpfoten wechselweise, ließ aber bald die angebundene Pfote, der
Unbequemlichkeit halber, in Ruhe. Der biegsame Körper kam dabei den Füßen auf halbem Wege
entgegen. Seine Säuberung dauerte über eine Stunde; dann sah es aber auch glänzender und
glatter, als zuvor. Jch legte einmal die Hand auf einen Theil, den es gerade kratzte, und fand,
als nun seine Zehen über meine Hand glitten, daß es sehr sanft verfuhr. Als ich meinerseits ver-
suchte, es zu kratzen, lief es eine kurze Strecke fort, und nahm sein Reinigungsverfahren dann wie-

Das Schnabelthier.
merlwürdigen Thiere in der Gefangenſchaft zu beobachten. Jch will ihn ſoviel als möglich ſelbſt
reden laſſen. Die Meinungen der Eingeborenen über die Fortpflanzung des Thieres ſind getheilt.
Jn der einen Gegend behauptet man, daß das Schnabelthier Eier lege, in der anderen bezeichnet
man es als lebendig gebärend. Bennett verſchaffte ſich mit großer Mühe mehrere Weibchen, ehe
er hierüber ins Klare kam. Die Eingeborenen waren gar nicht ſehr bereit, ihn dabei zu unterſtützen.
„Jch ließ,‟ ſagt er, „einen Bau aufgraben, trotz allen Abredens eines trägen Eingeborenen, welcher
mir verſicherte, daß vom Weibchen noch „keine Jungen gepurzelt‟ wären, und gar nicht begreifen
konnte, wie ich bei allem Ueberfluß an Rindern und Schafen doch Schnabelthiere zu haben wünſche.
Der Eingang oder die Vorhalle des Baues war groß im Verhältniß zur Breite des ferneren Ganges;
denn dieſer wurde um ſo enger, je weiter wir vorrückten, bis er zuletzt der Stärke des Thieres ent-
ſprach. Wir verfolgten ihn bis auf 10½ Fuß. Plötzlich tauchte der Kopf eines Schnabelthieres
aus dem Grunde hervor, juſt, als wenn es eben im Schlafe geſtört worden, und herunter gekommen
wäre, um zu ſehen, was wir wünſchten. Doch ſchien es der Ueberzeugung zu leben, daß unſere
lärmende Arbeit nicht zu ſeinem Beſten gemeint ſei; denn es zog ſich eiligſt wieder zurück. Beim
Umdrehen wurde es jedoch am Hinterfuße ergriffen und herausgezogen, und ſchien ſich darüber ſehr
zu beunruhigen und zu verwundern. Wenigſtens war es entſchieden als eine Wirkung ſeiner Furcht
anzuſehen, daß es ſchleunigſt alle mögliche Ausleerung von ſich gab, nicht eben zu unſerem Ver-
gnügen, weil der Unrath ſehr unangenehm riecht. Das Thier gab keinen Laut von ſich, verſuchte
auch keinen Angriff auf mich, kratzte aber mit den Hinterfüßen meine Hand ein wenig, indem es
entrinnen wollte. Es war ein ausgewachſenes Weibchen. Seine kleinen hellen Augen glänzten;
die Oeffnungen der Ohren erweiterten ſich bald, bald zogen ſie ſich zuſammen, als ob es jeden Laut
hätte auffangen wollen, während ſein Herz vor Furcht heftig klopfte. Nach einiger Zeit ſchien es ſich in
ſeine Lage zu ergeben, obwohl es mitunter doch noch zu entkommen ſuchte. Beim Fell durfte ich es nicht
faſſen; denn dies iſt ſo loſe, daß das Thier ſich anfühlt, als ob es in einem dicken Pelzſacke ſtäke.
Wir thaten unſeren Gefangenen in ein Faß voll Gras, Flußſchlamm, Waſſer ꝛc. Er kratzte überall,
um ſeinem Gefängniſſe zu entkommen; da er aber alle Mühe vergebens fand, wurde er ruhig, kroch
zuſammen und ſchien bald zu ſchlafen. Jn der Nacht war er ſehr unruhig, und kratzte wiederum mit
den Vorderpfoten, als ob er ſich einen Gang graben wolle. Am Morgen fand ich ihn feſt einge-
ſchlafen, den Schwanz nach innen gekehrt, Kopf und Schnabel unter der Bruſt, den Körper zuſam-
mengerollt. Als ich ſeinen Schlummer ſtörte, knurrte er ungefähr wie ein junger Hund, nur etwas
ſanfter und vielleicht wohltönender. Den Tag über blieb er meiſt ruhig, während der Nacht aber
ſuchte er aufs neue zu entkommen und knurrte anhaltend. Alle Europäer in der Nachbarſchaft,
welche das Thier ſo oft todt geſehen hatten, waren erfreut, endlich einmal ein lebendiges beobachten
zu können, und ich glaube, es war Dies überhaupt das erſte Mal, daß ein Europäer ein Schnabel-
thier lebendig fing und den Bau durchforſchte.‟

„Als ich abreiſte, ſteckte ich meinen „Mallangong‟ in eine kleine Kiſte mit Gras, und nahm
ihn mit mir. Um ihm eine Erholung zu gewähren, weckte ich ihn nach einiger Zeit, band einen
langen Strick an ſein Hinterbein und ſetzte ihn an das Ufer. Er fand bald ſeinen Weg ins Waſſer
und ſchwamm ſtromaufwärts, offenbar entzückt von den Stellen, die am dichteſten von Waſſerpflan-
zen bedeckt waren. Nachdem ſich das Thier ſatt getaucht hatte, kroch es auf das Ufer heraus, legte
ſich auf das Gras und gönnte ſich die Wonne, ſich zu kratzen und zu kämmen. Zu dieſem Reini-
gungsverfahren benutzte es die Hinterpfoten wechſelweiſe, ließ aber bald die angebundene Pfote, der
Unbequemlichkeit halber, in Ruhe. Der biegſame Körper kam dabei den Füßen auf halbem Wege
entgegen. Seine Säuberung dauerte über eine Stunde; dann ſah es aber auch glänzender und
glatter, als zuvor. Jch legte einmal die Hand auf einen Theil, den es gerade kratzte, und fand,
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ſuchte, es zu kratzen, lief es eine kurze Strecke fort, und nahm ſein Reinigungsverfahren dann wie-

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[327/0347] Das Schnabelthier. merlwürdigen Thiere in der Gefangenſchaft zu beobachten. Jch will ihn ſoviel als möglich ſelbſt reden laſſen. Die Meinungen der Eingeborenen über die Fortpflanzung des Thieres ſind getheilt. Jn der einen Gegend behauptet man, daß das Schnabelthier Eier lege, in der anderen bezeichnet man es als lebendig gebärend. Bennett verſchaffte ſich mit großer Mühe mehrere Weibchen, ehe er hierüber ins Klare kam. Die Eingeborenen waren gar nicht ſehr bereit, ihn dabei zu unterſtützen. „Jch ließ,‟ ſagt er, „einen Bau aufgraben, trotz allen Abredens eines trägen Eingeborenen, welcher mir verſicherte, daß vom Weibchen noch „keine Jungen gepurzelt‟ wären, und gar nicht begreifen konnte, wie ich bei allem Ueberfluß an Rindern und Schafen doch Schnabelthiere zu haben wünſche. Der Eingang oder die Vorhalle des Baues war groß im Verhältniß zur Breite des ferneren Ganges; denn dieſer wurde um ſo enger, je weiter wir vorrückten, bis er zuletzt der Stärke des Thieres ent- ſprach. Wir verfolgten ihn bis auf 10½ Fuß. Plötzlich tauchte der Kopf eines Schnabelthieres aus dem Grunde hervor, juſt, als wenn es eben im Schlafe geſtört worden, und herunter gekommen wäre, um zu ſehen, was wir wünſchten. Doch ſchien es der Ueberzeugung zu leben, daß unſere lärmende Arbeit nicht zu ſeinem Beſten gemeint ſei; denn es zog ſich eiligſt wieder zurück. Beim Umdrehen wurde es jedoch am Hinterfuße ergriffen und herausgezogen, und ſchien ſich darüber ſehr zu beunruhigen und zu verwundern. Wenigſtens war es entſchieden als eine Wirkung ſeiner Furcht anzuſehen, daß es ſchleunigſt alle mögliche Ausleerung von ſich gab, nicht eben zu unſerem Ver- gnügen, weil der Unrath ſehr unangenehm riecht. Das Thier gab keinen Laut von ſich, verſuchte auch keinen Angriff auf mich, kratzte aber mit den Hinterfüßen meine Hand ein wenig, indem es entrinnen wollte. Es war ein ausgewachſenes Weibchen. Seine kleinen hellen Augen glänzten; die Oeffnungen der Ohren erweiterten ſich bald, bald zogen ſie ſich zuſammen, als ob es jeden Laut hätte auffangen wollen, während ſein Herz vor Furcht heftig klopfte. Nach einiger Zeit ſchien es ſich in ſeine Lage zu ergeben, obwohl es mitunter doch noch zu entkommen ſuchte. Beim Fell durfte ich es nicht faſſen; denn dies iſt ſo loſe, daß das Thier ſich anfühlt, als ob es in einem dicken Pelzſacke ſtäke. Wir thaten unſeren Gefangenen in ein Faß voll Gras, Flußſchlamm, Waſſer ꝛc. Er kratzte überall, um ſeinem Gefängniſſe zu entkommen; da er aber alle Mühe vergebens fand, wurde er ruhig, kroch zuſammen und ſchien bald zu ſchlafen. Jn der Nacht war er ſehr unruhig, und kratzte wiederum mit den Vorderpfoten, als ob er ſich einen Gang graben wolle. Am Morgen fand ich ihn feſt einge- ſchlafen, den Schwanz nach innen gekehrt, Kopf und Schnabel unter der Bruſt, den Körper zuſam- mengerollt. Als ich ſeinen Schlummer ſtörte, knurrte er ungefähr wie ein junger Hund, nur etwas ſanfter und vielleicht wohltönender. Den Tag über blieb er meiſt ruhig, während der Nacht aber ſuchte er aufs neue zu entkommen und knurrte anhaltend. Alle Europäer in der Nachbarſchaft, welche das Thier ſo oft todt geſehen hatten, waren erfreut, endlich einmal ein lebendiges beobachten zu können, und ich glaube, es war Dies überhaupt das erſte Mal, daß ein Europäer ein Schnabel- thier lebendig fing und den Bau durchforſchte.‟ „Als ich abreiſte, ſteckte ich meinen „Mallangong‟ in eine kleine Kiſte mit Gras, und nahm ihn mit mir. Um ihm eine Erholung zu gewähren, weckte ich ihn nach einiger Zeit, band einen langen Strick an ſein Hinterbein und ſetzte ihn an das Ufer. Er fand bald ſeinen Weg ins Waſſer und ſchwamm ſtromaufwärts, offenbar entzückt von den Stellen, die am dichteſten von Waſſerpflan- zen bedeckt waren. Nachdem ſich das Thier ſatt getaucht hatte, kroch es auf das Ufer heraus, legte ſich auf das Gras und gönnte ſich die Wonne, ſich zu kratzen und zu kämmen. Zu dieſem Reini- gungsverfahren benutzte es die Hinterpfoten wechſelweiſe, ließ aber bald die angebundene Pfote, der Unbequemlichkeit halber, in Ruhe. Der biegſame Körper kam dabei den Füßen auf halbem Wege entgegen. Seine Säuberung dauerte über eine Stunde; dann ſah es aber auch glänzender und glatter, als zuvor. Jch legte einmal die Hand auf einen Theil, den es gerade kratzte, und fand, als nun ſeine Zehen über meine Hand glitten, daß es ſehr ſanft verfuhr. Als ich meinerſeits ver- ſuchte, es zu kratzen, lief es eine kurze Strecke fort, und nahm ſein Reinigungsverfahren dann wie-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/347>, abgerufen am 23.11.2024.