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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Riebbock.

Ueber die Lebensweise berichtet Drayson: "Wie schon der Name andeutet, wird diese schöne
und anmuthige Antilope vorzugsweise in den mit Riedgras bedeckten Ebenen gefunden. Wenig
Thiere sind für den Jäger so vielversprechend, wie der Riedbock. Denn gewöhnlich liegt er versteckt
in dem Riedgrase, bis man fast an ihn herangekommen ist, und wenn er dann aufgeschreckt wird,
flieht er nur auf kurze Strecken hin, bleibt dann stehen und schaut nach seinen Verfolgern zurück.
Dabei hört man ihn ein eigenthümliches Niesen ausstoßen, welches augenscheinlich der Warnungsruf
ist. Das dadurch bewirkte Geräusch wird ihm aber öfters zum Verderben, denn es macht den Jäger
erst aufmerksam auf ihn. Er ist ein großer Freund von jungem Getreide und deshalb den Kaffern
tief verhaßt. Sie geben sich alle mögliche Mühe, ihn zu vertreiben, und betrachten schon die Ver-
nichtung eines Riedbockes als ein höchst günstiges Ergebniß ihrer Jagden, denn es kommt ihnen
hauptsächlich darauf an, die Brandschatzer ihrer Pflanzungen zu zerstören. Bei verschiedenen Gelegen-
heiten habe ich mir die ewige Freundschaft eines ganzen Dorfes dadurch gewonnen, daß ich einige
"Umsekes" wegschoß, welche die Leute durch mehrere Wochen geärgert hatten."

[Abbildung] Der Riedbock (Eleotragus arundinaecus).

"Wirklich wunderbar ist die Lebenszähigkeit des Riedbockes. Es kommt oft vor, daß er ganz
lustig noch dahinläuft, nachdem eine Kugel ihm durch den ganzen Leib gegangen ist, und wenn auch
in vielen Fällen seine Flucht ihm Nichts hilft, geht er doch dem Jäger verloren; denn wenn er sich
auch in einer abgelegenen Waldesschlucht zu verbergen sucht, um seinen Verfolgern zu entgehen, fin-
den ihn doch andere Feinde auf, und wenn es nur ein Haufen hungriger Hiänen wäre, welche
seiner blutigen Fährte durch Meilen hin folgen, nachts in seinen Schlupfwinkel eindringen und ihn
dann zerreißen."

Ueber die Fortpflanzung ist noch nicht das Geringste bekannt, und ebensowenig weiß man über
das Leben dieser Antilopen in der Gefangenschaft; denn obgleich man sie schon seit ungefähr achtzig
Jahren kennt, und ihre Bälge oft nach Europa gebracht hat, ist doch bisjetzt noch kein lebender
Riedbock zu uns gelangt.



Der Verfasser eines volksthümlich gehaltenen Buches, wie das unsrige sein soll, muß sich kaum
bei einer anderen Familie des ganzen Thierreichs so beschränken, als gerade bei den Antilopen. Jede

Brehm, Thierleben. II. 33
Der Riebbock.

Ueber die Lebensweiſe berichtet Drayſon: „Wie ſchon der Name andeutet, wird dieſe ſchöne
und anmuthige Antilope vorzugsweiſe in den mit Riedgras bedeckten Ebenen gefunden. Wenig
Thiere ſind für den Jäger ſo vielverſprechend, wie der Riedbock. Denn gewöhnlich liegt er verſteckt
in dem Riedgraſe, bis man faſt an ihn herangekommen iſt, und wenn er dann aufgeſchreckt wird,
flieht er nur auf kurze Strecken hin, bleibt dann ſtehen und ſchaut nach ſeinen Verfolgern zurück.
Dabei hört man ihn ein eigenthümliches Nieſen ausſtoßen, welches augenſcheinlich der Warnungsruf
iſt. Das dadurch bewirkte Geräuſch wird ihm aber öfters zum Verderben, denn es macht den Jäger
erſt aufmerkſam auf ihn. Er iſt ein großer Freund von jungem Getreide und deshalb den Kaffern
tief verhaßt. Sie geben ſich alle mögliche Mühe, ihn zu vertreiben, und betrachten ſchon die Ver-
nichtung eines Riedbockes als ein höchſt günſtiges Ergebniß ihrer Jagden, denn es kommt ihnen
hauptſächlich darauf an, die Brandſchatzer ihrer Pflanzungen zu zerſtören. Bei verſchiedenen Gelegen-
heiten habe ich mir die ewige Freundſchaft eines ganzen Dorfes dadurch gewonnen, daß ich einige
Umſekes‟ wegſchoß, welche die Leute durch mehrere Wochen geärgert hatten.‟

[Abbildung] Der Riedbock (Eleotragus arundinaecus).

„Wirklich wunderbar iſt die Lebenszähigkeit des Riedbockes. Es kommt oft vor, daß er ganz
luſtig noch dahinläuft, nachdem eine Kugel ihm durch den ganzen Leib gegangen iſt, und wenn auch
in vielen Fällen ſeine Flucht ihm Nichts hilft, geht er doch dem Jäger verloren; denn wenn er ſich
auch in einer abgelegenen Waldesſchlucht zu verbergen ſucht, um ſeinen Verfolgern zu entgehen, fin-
den ihn doch andere Feinde auf, und wenn es nur ein Haufen hungriger Hiänen wäre, welche
ſeiner blutigen Fährte durch Meilen hin folgen, nachts in ſeinen Schlupfwinkel eindringen und ihn
dann zerreißen.‟

Ueber die Fortpflanzung iſt noch nicht das Geringſte bekannt, und ebenſowenig weiß man über
das Leben dieſer Antilopen in der Gefangenſchaft; denn obgleich man ſie ſchon ſeit ungefähr achtzig
Jahren kennt, und ihre Bälge oft nach Europa gebracht hat, iſt doch bisjetzt noch kein lebender
Riedbock zu uns gelangt.



Der Verfaſſer eines volksthümlich gehaltenen Buches, wie das unſrige ſein ſoll, muß ſich kaum
bei einer anderen Familie des ganzen Thierreichs ſo beſchränken, als gerade bei den Antilopen. Jede

Brehm, Thierleben. II. 33
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[513/0543] Der Riebbock. Ueber die Lebensweiſe berichtet Drayſon: „Wie ſchon der Name andeutet, wird dieſe ſchöne und anmuthige Antilope vorzugsweiſe in den mit Riedgras bedeckten Ebenen gefunden. Wenig Thiere ſind für den Jäger ſo vielverſprechend, wie der Riedbock. Denn gewöhnlich liegt er verſteckt in dem Riedgraſe, bis man faſt an ihn herangekommen iſt, und wenn er dann aufgeſchreckt wird, flieht er nur auf kurze Strecken hin, bleibt dann ſtehen und ſchaut nach ſeinen Verfolgern zurück. Dabei hört man ihn ein eigenthümliches Nieſen ausſtoßen, welches augenſcheinlich der Warnungsruf iſt. Das dadurch bewirkte Geräuſch wird ihm aber öfters zum Verderben, denn es macht den Jäger erſt aufmerkſam auf ihn. Er iſt ein großer Freund von jungem Getreide und deshalb den Kaffern tief verhaßt. Sie geben ſich alle mögliche Mühe, ihn zu vertreiben, und betrachten ſchon die Ver- nichtung eines Riedbockes als ein höchſt günſtiges Ergebniß ihrer Jagden, denn es kommt ihnen hauptſächlich darauf an, die Brandſchatzer ihrer Pflanzungen zu zerſtören. Bei verſchiedenen Gelegen- heiten habe ich mir die ewige Freundſchaft eines ganzen Dorfes dadurch gewonnen, daß ich einige „Umſekes‟ wegſchoß, welche die Leute durch mehrere Wochen geärgert hatten.‟ [Abbildung Der Riedbock (Eleotragus arundinaecus).] „Wirklich wunderbar iſt die Lebenszähigkeit des Riedbockes. Es kommt oft vor, daß er ganz luſtig noch dahinläuft, nachdem eine Kugel ihm durch den ganzen Leib gegangen iſt, und wenn auch in vielen Fällen ſeine Flucht ihm Nichts hilft, geht er doch dem Jäger verloren; denn wenn er ſich auch in einer abgelegenen Waldesſchlucht zu verbergen ſucht, um ſeinen Verfolgern zu entgehen, fin- den ihn doch andere Feinde auf, und wenn es nur ein Haufen hungriger Hiänen wäre, welche ſeiner blutigen Fährte durch Meilen hin folgen, nachts in ſeinen Schlupfwinkel eindringen und ihn dann zerreißen.‟ Ueber die Fortpflanzung iſt noch nicht das Geringſte bekannt, und ebenſowenig weiß man über das Leben dieſer Antilopen in der Gefangenſchaft; denn obgleich man ſie ſchon ſeit ungefähr achtzig Jahren kennt, und ihre Bälge oft nach Europa gebracht hat, iſt doch bisjetzt noch kein lebender Riedbock zu uns gelangt. Der Verfaſſer eines volksthümlich gehaltenen Buches, wie das unſrige ſein ſoll, muß ſich kaum bei einer anderen Familie des ganzen Thierreichs ſo beſchränken, als gerade bei den Antilopen. Jede Brehm, Thierleben. II. 33

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/543>, abgerufen am 23.11.2024.