einer von den Jnseln zu begeben und dort zu weiden; später verlassen sie den ausgenutzten Ort auf dieselbe Weise. Gegen den Winter hin treten die Herden zusammen und halten sich dann bis in den Sommer hinein gewöhnlich unfern der Flüsse auf, ziehen sich aber mit anbrechendem Herbst nach den Wäldern zurück. Während des Sommers dienen ihnen die spärlichen Pflanzen der Moräste, Gras- und Sumpfkräuter, im Winter Flechten zur Nahrung. Jm Verhältniß zu den Kühen gibt es nur wenige Stiere bei einer Herde, selten mehr, als zwei oder drei vollkommen erwachsene; denn die Tapferen bestehen um die Brunstzeit heftige Kämpfe mit einander, welche gemeiniglich den Tod des schwächeren zur Folge haben; wenigstens findet man sehr viele Leichname von ihnen.
Ohngeachtet der plumpen Gestalt der Bisamochsen, sind sie doch hurtig und rasch in ihren Be- wegungen. Sie klettern mit derselben Leichtigkeit, wie Ziegen, auf den Felsen umher und springen mit Geschick von einem Absatz zum anderen; Roß behauptet, daß sie die Gewandtheit und Behendig- keit der Antilopen besäßen. Jhre Sinne scheinen nicht so ausgebildet zu sein, wie die anderer Rinder; wenigstens beweisen sie sich durchaus nicht so wachsam, wie die meisten ihres Geschlechts. Der Jäger kann sich ihnen, während sie äßen, gegen den Wind ohne Schwierigkeiten nähern. Dabei betragen sie sich sehr eigenthümlich.
Wenn zwei bis drei Leute die Herde so beschleichen, daß sie von verschiedenen Richtungen her feuern, drängen sich die Thiere, anstatt sich zu zerstreuen oder flüchtig zu werden, immer dichter zu- sammen und gewähren den Jägern somit vielfache Gelegenheit zum Schuß. Verwundete Stiere ge- rathen in Wuth und stürzen grimmig auf den Jäger zu, der sich dann vorsehen mag, wenn er nicht von den spitzen Hörnern durchbohrt sein will. Sie wissen ihre Waffen eben so gut zu gebrauchen, als ihre übrigen Verwandten; nach Aussage der Jndianer werden selbst Wölfe und Bären nicht selten von ihnen getödtet.
Zu Ende August rindern die Bisamochsen, und Ende Mai's kalben die Kühe. Jhre Jungen bleiben bis zur Zeit des vollendeten Wachsthums sehr hell und nehmen erst dann die Färbung der Alten an.
Zu Anfang des Sommers sieht man die Thiere sich oft im Schlamme wälzen, um sich von ihrem alten Wollhaare zu befreien, und erst wenn sie sich vollständig gehärt haben, ziehen sie wieder ruhig, wie vorher, dahin.
Mit Recht führt unser Thier seine Namen; denn ein widerlicher Moschus- oder Bisamgeruch durchdringt das ganze Fleisch und macht es den Europäern vollkommen ungenießbar. Nur die Kühe und die Kälber haben diesen Geruch noch nicht; ihr Fleisch ist deshalb auch für den Europäer ein will- kommenes Gericht. Der Geschmack der Eskimos ist nicht so fein und macht keinen Unterschied zwischen bisamduftigem und anderem Fleisch. Die Herden der Moschusochsen oder "Umingarak", um mit jenen kleinen Leuten zu reden, bilden einen Hauptgegenstand der eifrigsten Jagd. Die Eskimos be- ginnen schon im Herbst ihre Jagdzüge, machen sich mit Todesverachtung an die Herden heran, reizen die Stiere, bis sie auf sie zustürzen, wenden sich dann schnell zur Seite und stechen ihnen ihre Lanze in den Wanst. Andere wenden auch Pfeile an, obwohl diese nicht viel ausrichten. So traf Kapitän Roß im Lande der Eskimos auf einen Bisamstier und ließ ihn durch seine Hunde stellen. Das Thier zitterte vor Wuth und stieß beständig nach den Hunden, welche ihm aber stets geschickt auswichen. Ein Eskimo, welcher die Jagd mitmachte, schoß in großer Nähe einen Pfeil nach dem anderen auf den Ochsen ab; doch alle prallten wirkungslos von seinem dichten Haarpelze zurück. Nun feuerte Roß aus einer Entfernung von wenigen Schritten und durchschoß dem armen Schelm das Herz, so daß er lautlos zu Boden stürzte. Der Eskimo war schnell bei der Hand, fing das Blut auf, vermischte es mit dem Schnee und löschte damit seinen Durst.
Jn der Gegend des Fort Wales treiben die Jndianer einen ganz einträglichen Tauschhandel mit dem Fleische des von ihnen erlegten Wildes. Sie hängen es, nachdem sie es in größere Stücke zer- schnitten haben, in der Luft auf, lassen es vollständig austrocknen und liefern es dann in die Nieder- lassungen der Pelzjäger ab, wo es gern gekauft wird. Auch die Wolle und das Haar werden von den
Der Biſam- oder Moſchusochſe.
einer von den Jnſeln zu begeben und dort zu weiden; ſpäter verlaſſen ſie den ausgenutzten Ort auf dieſelbe Weiſe. Gegen den Winter hin treten die Herden zuſammen und halten ſich dann bis in den Sommer hinein gewöhnlich unfern der Flüſſe auf, ziehen ſich aber mit anbrechendem Herbſt nach den Wäldern zurück. Während des Sommers dienen ihnen die ſpärlichen Pflanzen der Moräſte, Gras- und Sumpfkräuter, im Winter Flechten zur Nahrung. Jm Verhältniß zu den Kühen gibt es nur wenige Stiere bei einer Herde, ſelten mehr, als zwei oder drei vollkommen erwachſene; denn die Tapferen beſtehen um die Brunſtzeit heftige Kämpfe mit einander, welche gemeiniglich den Tod des ſchwächeren zur Folge haben; wenigſtens findet man ſehr viele Leichname von ihnen.
Ohngeachtet der plumpen Geſtalt der Biſamochſen, ſind ſie doch hurtig und raſch in ihren Be- wegungen. Sie klettern mit derſelben Leichtigkeit, wie Ziegen, auf den Felſen umher und ſpringen mit Geſchick von einem Abſatz zum anderen; Roß behauptet, daß ſie die Gewandtheit und Behendig- keit der Antilopen beſäßen. Jhre Sinne ſcheinen nicht ſo ausgebildet zu ſein, wie die anderer Rinder; wenigſtens beweiſen ſie ſich durchaus nicht ſo wachſam, wie die meiſten ihres Geſchlechts. Der Jäger kann ſich ihnen, während ſie äßen, gegen den Wind ohne Schwierigkeiten nähern. Dabei betragen ſie ſich ſehr eigenthümlich.
Wenn zwei bis drei Leute die Herde ſo beſchleichen, daß ſie von verſchiedenen Richtungen her feuern, drängen ſich die Thiere, anſtatt ſich zu zerſtreuen oder flüchtig zu werden, immer dichter zu- ſammen und gewähren den Jägern ſomit vielfache Gelegenheit zum Schuß. Verwundete Stiere ge- rathen in Wuth und ſtürzen grimmig auf den Jäger zu, der ſich dann vorſehen mag, wenn er nicht von den ſpitzen Hörnern durchbohrt ſein will. Sie wiſſen ihre Waffen eben ſo gut zu gebrauchen, als ihre übrigen Verwandten; nach Ausſage der Jndianer werden ſelbſt Wölfe und Bären nicht ſelten von ihnen getödtet.
Zu Ende Auguſt rindern die Biſamochſen, und Ende Mai’s kalben die Kühe. Jhre Jungen bleiben bis zur Zeit des vollendeten Wachsthums ſehr hell und nehmen erſt dann die Färbung der Alten an.
Zu Anfang des Sommers ſieht man die Thiere ſich oft im Schlamme wälzen, um ſich von ihrem alten Wollhaare zu befreien, und erſt wenn ſie ſich vollſtändig gehärt haben, ziehen ſie wieder ruhig, wie vorher, dahin.
Mit Recht führt unſer Thier ſeine Namen; denn ein widerlicher Moſchus- oder Biſamgeruch durchdringt das ganze Fleiſch und macht es den Europäern vollkommen ungenießbar. Nur die Kühe und die Kälber haben dieſen Geruch noch nicht; ihr Fleiſch iſt deshalb auch für den Europäer ein will- kommenes Gericht. Der Geſchmack der Eskimos iſt nicht ſo fein und macht keinen Unterſchied zwiſchen biſamduftigem und anderem Fleiſch. Die Herden der Moſchusochſen oder „Umingarak‟, um mit jenen kleinen Leuten zu reden, bilden einen Hauptgegenſtand der eifrigſten Jagd. Die Eskimos be- ginnen ſchon im Herbſt ihre Jagdzüge, machen ſich mit Todesverachtung an die Herden heran, reizen die Stiere, bis ſie auf ſie zuſtürzen, wenden ſich dann ſchnell zur Seite und ſtechen ihnen ihre Lanze in den Wanſt. Andere wenden auch Pfeile an, obwohl dieſe nicht viel ausrichten. So traf Kapitän Roß im Lande der Eskimos auf einen Biſamſtier und ließ ihn durch ſeine Hunde ſtellen. Das Thier zitterte vor Wuth und ſtieß beſtändig nach den Hunden, welche ihm aber ſtets geſchickt auswichen. Ein Eskimo, welcher die Jagd mitmachte, ſchoß in großer Nähe einen Pfeil nach dem anderen auf den Ochſen ab; doch alle prallten wirkungslos von ſeinem dichten Haarpelze zurück. Nun feuerte Roß aus einer Entfernung von wenigen Schritten und durchſchoß dem armen Schelm das Herz, ſo daß er lautlos zu Boden ſtürzte. Der Eskimo war ſchnell bei der Hand, fing das Blut auf, vermiſchte es mit dem Schnee und löſchte damit ſeinen Durſt.
Jn der Gegend des Fort Wales treiben die Jndianer einen ganz einträglichen Tauſchhandel mit dem Fleiſche des von ihnen erlegten Wildes. Sie hängen es, nachdem ſie es in größere Stücke zer- ſchnitten haben, in der Luft auf, laſſen es vollſtändig austrocknen und liefern es dann in die Nieder- laſſungen der Pelzjäger ab, wo es gern gekauft wird. Auch die Wolle und das Haar werden von den
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Der Biſam- oder Moſchusochſe.
einer von den Jnſeln zu begeben und dort zu weiden; ſpäter verlaſſen ſie den ausgenutzten Ort auf
dieſelbe Weiſe. Gegen den Winter hin treten die Herden zuſammen und halten ſich dann bis in den
Sommer hinein gewöhnlich unfern der Flüſſe auf, ziehen ſich aber mit anbrechendem Herbſt nach
den Wäldern zurück. Während des Sommers dienen ihnen die ſpärlichen Pflanzen der Moräſte,
Gras- und Sumpfkräuter, im Winter Flechten zur Nahrung. Jm Verhältniß zu den Kühen gibt es
nur wenige Stiere bei einer Herde, ſelten mehr, als zwei oder drei vollkommen erwachſene; denn die
Tapferen beſtehen um die Brunſtzeit heftige Kämpfe mit einander, welche gemeiniglich den Tod des
ſchwächeren zur Folge haben; wenigſtens findet man ſehr viele Leichname von ihnen.
Ohngeachtet der plumpen Geſtalt der Biſamochſen, ſind ſie doch hurtig und raſch in ihren Be-
wegungen. Sie klettern mit derſelben Leichtigkeit, wie Ziegen, auf den Felſen umher und ſpringen
mit Geſchick von einem Abſatz zum anderen; Roß behauptet, daß ſie die Gewandtheit und Behendig-
keit der Antilopen beſäßen. Jhre Sinne ſcheinen nicht ſo ausgebildet zu ſein, wie die anderer Rinder;
wenigſtens beweiſen ſie ſich durchaus nicht ſo wachſam, wie die meiſten ihres Geſchlechts. Der Jäger
kann ſich ihnen, während ſie äßen, gegen den Wind ohne Schwierigkeiten nähern. Dabei betragen ſie
ſich ſehr eigenthümlich.
Wenn zwei bis drei Leute die Herde ſo beſchleichen, daß ſie von verſchiedenen Richtungen her
feuern, drängen ſich die Thiere, anſtatt ſich zu zerſtreuen oder flüchtig zu werden, immer dichter zu-
ſammen und gewähren den Jägern ſomit vielfache Gelegenheit zum Schuß. Verwundete Stiere ge-
rathen in Wuth und ſtürzen grimmig auf den Jäger zu, der ſich dann vorſehen mag, wenn er nicht
von den ſpitzen Hörnern durchbohrt ſein will. Sie wiſſen ihre Waffen eben ſo gut zu gebrauchen, als
ihre übrigen Verwandten; nach Ausſage der Jndianer werden ſelbſt Wölfe und Bären nicht ſelten
von ihnen getödtet.
Zu Ende Auguſt rindern die Biſamochſen, und Ende Mai’s kalben die Kühe. Jhre Jungen
bleiben bis zur Zeit des vollendeten Wachsthums ſehr hell und nehmen erſt dann die Färbung der
Alten an.
Zu Anfang des Sommers ſieht man die Thiere ſich oft im Schlamme wälzen, um ſich von
ihrem alten Wollhaare zu befreien, und erſt wenn ſie ſich vollſtändig gehärt haben, ziehen ſie wieder
ruhig, wie vorher, dahin.
Mit Recht führt unſer Thier ſeine Namen; denn ein widerlicher Moſchus- oder Biſamgeruch
durchdringt das ganze Fleiſch und macht es den Europäern vollkommen ungenießbar. Nur die Kühe
und die Kälber haben dieſen Geruch noch nicht; ihr Fleiſch iſt deshalb auch für den Europäer ein will-
kommenes Gericht. Der Geſchmack der Eskimos iſt nicht ſo fein und macht keinen Unterſchied zwiſchen
biſamduftigem und anderem Fleiſch. Die Herden der Moſchusochſen oder „Umingarak‟, um mit
jenen kleinen Leuten zu reden, bilden einen Hauptgegenſtand der eifrigſten Jagd. Die Eskimos be-
ginnen ſchon im Herbſt ihre Jagdzüge, machen ſich mit Todesverachtung an die Herden heran, reizen
die Stiere, bis ſie auf ſie zuſtürzen, wenden ſich dann ſchnell zur Seite und ſtechen ihnen ihre Lanze in
den Wanſt. Andere wenden auch Pfeile an, obwohl dieſe nicht viel ausrichten. So traf Kapitän
Roß im Lande der Eskimos auf einen Biſamſtier und ließ ihn durch ſeine Hunde ſtellen. Das Thier
zitterte vor Wuth und ſtieß beſtändig nach den Hunden, welche ihm aber ſtets geſchickt auswichen. Ein
Eskimo, welcher die Jagd mitmachte, ſchoß in großer Nähe einen Pfeil nach dem anderen auf den
Ochſen ab; doch alle prallten wirkungslos von ſeinem dichten Haarpelze zurück. Nun feuerte Roß
aus einer Entfernung von wenigen Schritten und durchſchoß dem armen Schelm das Herz, ſo daß
er lautlos zu Boden ſtürzte. Der Eskimo war ſchnell bei der Hand, fing das Blut auf, vermiſchte
es mit dem Schnee und löſchte damit ſeinen Durſt.
Jn der Gegend des Fort Wales treiben die Jndianer einen ganz einträglichen Tauſchhandel mit
dem Fleiſche des von ihnen erlegten Wildes. Sie hängen es, nachdem ſie es in größere Stücke zer-
ſchnitten haben, in der Luft auf, laſſen es vollſtändig austrocknen und liefern es dann in die Nieder-
laſſungen der Pelzjäger ab, wo es gern gekauft wird. Auch die Wolle und das Haar werden von den
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/651>, abgerufen am 23.11.2024.
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