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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der kafferische Büffel.
haltsamen Sturme gleich, stürzt der gereizte Stier auf sein Opfer zu, bohrt ihm die Hörner in den
Leib, wirft es in die Luft und tritt es dann zusammen, daß die Knochen im Leibe zerbrechen. Jn
allen Ländern Südafrikas, wo diese wüthenden Rinder leben, sind derartige Vorfälle so gewöhnlich,
daß man in jedem größeren Dorfe Leute findet, welche einen ihrer Angehörigen durch Büffel verloren
haben. Mit Recht betrachten die Kaffern den Jnyati oder Jnsumba, wie sie den Büffel nen-
nen, als das fürchterlichste aller Geschöpfe.

Die beste Beschreibung des Thieres, welche mir bekannt ist, rührt von Kapitän Drayson her.

"Die Haut des Büffels," sagt er, "ist so dicht, daß sie einer Kugel gehörig Widerstand leistet
und nur von ihr durchdrungen wird, wenn man nahe feuert. Der Büffel ist ein wüthendes, rach-
süchtiges Vieh und dabei listig und heimtückisch, wie wenig andere Geschöpfe. Seiner Natur nach ist
er ein geselliges Wesen, aber zu gewissen Zeiten des Jahres kämpfen die Stiere um die Oberherr-
schaft in Sachen der Liebe, und da kommt es oft vor, daß eine Gesellschaft von jungen Bullen einen
alten Herrn aus ihrer Mitte vertreibt, welcher sich dann die düstersten und zurückgelegensten Oert-
lichkeiten aussucht und dort über sein Geschick und den Undank der Welt brütend seine Tage dahin-
bringt. Solche in die Einsamkeit Zurückgezogene sind die furchtbarsten ihrer Art. Es ist doch,
wie bekannt, die Sitte aller Thiere, vor dem Menschen zu fliehen, falls dieser sie nicht verwundet
hat oder sich nicht zu einer unpassenden Stunde bei ihnen aufdrängt; jene alten Einsiedler aber war-
ten wahrhaftig nicht auf solche Entschuldigungen, sondern kommen aus freien Stücken dem Jäger
halbwegs entgegen und suchen Zerwürfnisse mit ihm."

"Obgleich man den Büffel nicht selten in großen Herden in den Steppen findet, bleibt sein lieb-
ster Aufenthaltsort doch der Wald. Hier folgt er den Pfaden der Elefanten und Nashörner oder bricht
sich eigene durch das Dickicht. Während des Abends, in der Nacht und am frühen Morgen durchzieht
er das Land und brüllt; wenn sich aber die Sonne erhoben hat oder er Unrath wittert, sucht er
Schluchten und Dickichte. Unter den schattigen Zweigen erfreut er sich dann der Ruhe und hält sich
verborgen."

"Die Fährte des Büffels ähnelt der des gewöhnlichen Ochsen, nur stehen die Hufe eines alten
Bullen weit von einander, während die des jungen sehr geschlossen sind. Die Fährte der Büffelkühe
ist länger, schmäler und kleiner, als die der Stiere. Der Jäger folgt den Thieren, wenn sie
nachts in das offene Land gehen. Da sie während der Nacht im Freien wandern und sich während
des Tages auf ihre Lagerplätze zurückziehen, kann man ihre Spur außerhalb des Waldes auf-
nehmen und ihr soweit folgen, bis man durch den Geruch ganz in die Nähe gebracht wird. Kommt
der Jäger dem Wilde sehr nahe, was er an der Frische der Fährte beurtheilen muß, so thut er am
besten zu warten, bis durch irgend ein Geräusch das Thier seinen Platz verräth, denn die Büffel
drehen und wenden sich häufig im Busch, besonders ehe sie sich für den Tag zur Ruhe legen."

"Jch kenne einen Kaffer, welcher an sich selbst des Büffels Kraft und List erfuhr und das An-
denken an dieselben für sein Leben trug. Er jagte eines Tages in dem Wald und kam auf einen
alten Einsiedler, welchen er verwundete. Der Bulle brach durch; aber der Kaffer, glaubend, daß er
sein Wild tödtlich verwundet hatte, folgte ihm auf seinem Wege, ohne irgendwelche Vorsichtsmaß-
regeln zu beobachten. Der Büffel ist böswillig, wenn ihm kein Leids geschieht: aber er ist rasend,
wenn er verwundet wurde, und deshalb muß man sich einem solchen mit der größten Vorsicht nahen.
Unser Kaffer hatte ungefähr hundert Schritte des Waldes durchschlüpft und durchkrochen, und unter-
suchte eben sorgfältig die Fährte seines verwundeten Wildes: da hörte er plötzlich ein Geräusch dicht
neben ihm, und ehe er sich noch fortbewegen konnte, fühlte er sich fliegend in der Luft, in Folge
eines furchtbaren Stoßes, den ihm der Büffel gegeben hatte. Glücklicherweise fiel er auf die Zweige
eng verschlungener Bäume eines Dickichts und wurde hierdurch gerettet; denn der Büffel wäre
keineswegs in seiner Arbeit zufrieden gestellt gewesen, sondern würde ihm unzweifelhaft noch den
Garaus gemacht haben. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß sein Opfer unnahbar wäre, verließ er
es und trollte in den Wald. Der Kaffer, welcher zwei oder drei Rippen gebrochen hatte, schleppte

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Der kafferiſche Büffel.
haltſamen Sturme gleich, ſtürzt der gereizte Stier auf ſein Opfer zu, bohrt ihm die Hörner in den
Leib, wirft es in die Luft und tritt es dann zuſammen, daß die Knochen im Leibe zerbrechen. Jn
allen Ländern Südafrikas, wo dieſe wüthenden Rinder leben, ſind derartige Vorfälle ſo gewöhnlich,
daß man in jedem größeren Dorfe Leute findet, welche einen ihrer Angehörigen durch Büffel verloren
haben. Mit Recht betrachten die Kaffern den Jnyati oder Jnſumba, wie ſie den Büffel nen-
nen, als das fürchterlichſte aller Geſchöpfe.

Die beſte Beſchreibung des Thieres, welche mir bekannt iſt, rührt von Kapitän Drayſon her.

„Die Haut des Büffels,‟ ſagt er, „iſt ſo dicht, daß ſie einer Kugel gehörig Widerſtand leiſtet
und nur von ihr durchdrungen wird, wenn man nahe feuert. Der Büffel iſt ein wüthendes, rach-
ſüchtiges Vieh und dabei liſtig und heimtückiſch, wie wenig andere Geſchöpfe. Seiner Natur nach iſt
er ein geſelliges Weſen, aber zu gewiſſen Zeiten des Jahres kämpfen die Stiere um die Oberherr-
ſchaft in Sachen der Liebe, und da kommt es oft vor, daß eine Geſellſchaft von jungen Bullen einen
alten Herrn aus ihrer Mitte vertreibt, welcher ſich dann die düſterſten und zurückgelegenſten Oert-
lichkeiten ausſucht und dort über ſein Geſchick und den Undank der Welt brütend ſeine Tage dahin-
bringt. Solche in die Einſamkeit Zurückgezogene ſind die furchtbarſten ihrer Art. Es iſt doch,
wie bekannt, die Sitte aller Thiere, vor dem Menſchen zu fliehen, falls dieſer ſie nicht verwundet
hat oder ſich nicht zu einer unpaſſenden Stunde bei ihnen aufdrängt; jene alten Einſiedler aber war-
ten wahrhaftig nicht auf ſolche Entſchuldigungen, ſondern kommen aus freien Stücken dem Jäger
halbwegs entgegen und ſuchen Zerwürfniſſe mit ihm.‟

„Obgleich man den Büffel nicht ſelten in großen Herden in den Steppen findet, bleibt ſein lieb-
ſter Aufenthaltsort doch der Wald. Hier folgt er den Pfaden der Elefanten und Nashörner oder bricht
ſich eigene durch das Dickicht. Während des Abends, in der Nacht und am frühen Morgen durchzieht
er das Land und brüllt; wenn ſich aber die Sonne erhoben hat oder er Unrath wittert, ſucht er
Schluchten und Dickichte. Unter den ſchattigen Zweigen erfreut er ſich dann der Ruhe und hält ſich
verborgen.‟

„Die Fährte des Büffels ähnelt der des gewöhnlichen Ochſen, nur ſtehen die Hufe eines alten
Bullen weit von einander, während die des jungen ſehr geſchloſſen ſind. Die Fährte der Büffelkühe
iſt länger, ſchmäler und kleiner, als die der Stiere. Der Jäger folgt den Thieren, wenn ſie
nachts in das offene Land gehen. Da ſie während der Nacht im Freien wandern und ſich während
des Tages auf ihre Lagerplätze zurückziehen, kann man ihre Spur außerhalb des Waldes auf-
nehmen und ihr ſoweit folgen, bis man durch den Geruch ganz in die Nähe gebracht wird. Kommt
der Jäger dem Wilde ſehr nahe, was er an der Friſche der Fährte beurtheilen muß, ſo thut er am
beſten zu warten, bis durch irgend ein Geräuſch das Thier ſeinen Platz verräth, denn die Büffel
drehen und wenden ſich häufig im Buſch, beſonders ehe ſie ſich für den Tag zur Ruhe legen.‟

„Jch kenne einen Kaffer, welcher an ſich ſelbſt des Büffels Kraft und Liſt erfuhr und das An-
denken an dieſelben für ſein Leben trug. Er jagte eines Tages in dem Wald und kam auf einen
alten Einſiedler, welchen er verwundete. Der Bulle brach durch; aber der Kaffer, glaubend, daß er
ſein Wild tödtlich verwundet hatte, folgte ihm auf ſeinem Wege, ohne irgendwelche Vorſichtsmaß-
regeln zu beobachten. Der Büffel iſt böswillig, wenn ihm kein Leids geſchieht: aber er iſt raſend,
wenn er verwundet wurde, und deshalb muß man ſich einem ſolchen mit der größten Vorſicht nahen.
Unſer Kaffer hatte ungefähr hundert Schritte des Waldes durchſchlüpft und durchkrochen, und unter-
ſuchte eben ſorgfältig die Fährte ſeines verwundeten Wildes: da hörte er plötzlich ein Geräuſch dicht
neben ihm, und ehe er ſich noch fortbewegen konnte, fühlte er ſich fliegend in der Luft, in Folge
eines furchtbaren Stoßes, den ihm der Büffel gegeben hatte. Glücklicherweiſe fiel er auf die Zweige
eng verſchlungener Bäume eines Dickichts und wurde hierdurch gerettet; denn der Büffel wäre
keineswegs in ſeiner Arbeit zufrieden geſtellt geweſen, ſondern würde ihm unzweifelhaft noch den
Garaus gemacht haben. Nachdem er ſich überzeugt hatte, daß ſein Opfer unnahbar wäre, verließ er
es und trollte in den Wald. Der Kaffer, welcher zwei oder drei Rippen gebrochen hatte, ſchleppte

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[627/0659] Der kafferiſche Büffel. haltſamen Sturme gleich, ſtürzt der gereizte Stier auf ſein Opfer zu, bohrt ihm die Hörner in den Leib, wirft es in die Luft und tritt es dann zuſammen, daß die Knochen im Leibe zerbrechen. Jn allen Ländern Südafrikas, wo dieſe wüthenden Rinder leben, ſind derartige Vorfälle ſo gewöhnlich, daß man in jedem größeren Dorfe Leute findet, welche einen ihrer Angehörigen durch Büffel verloren haben. Mit Recht betrachten die Kaffern den Jnyati oder Jnſumba, wie ſie den Büffel nen- nen, als das fürchterlichſte aller Geſchöpfe. Die beſte Beſchreibung des Thieres, welche mir bekannt iſt, rührt von Kapitän Drayſon her. „Die Haut des Büffels,‟ ſagt er, „iſt ſo dicht, daß ſie einer Kugel gehörig Widerſtand leiſtet und nur von ihr durchdrungen wird, wenn man nahe feuert. Der Büffel iſt ein wüthendes, rach- ſüchtiges Vieh und dabei liſtig und heimtückiſch, wie wenig andere Geſchöpfe. Seiner Natur nach iſt er ein geſelliges Weſen, aber zu gewiſſen Zeiten des Jahres kämpfen die Stiere um die Oberherr- ſchaft in Sachen der Liebe, und da kommt es oft vor, daß eine Geſellſchaft von jungen Bullen einen alten Herrn aus ihrer Mitte vertreibt, welcher ſich dann die düſterſten und zurückgelegenſten Oert- lichkeiten ausſucht und dort über ſein Geſchick und den Undank der Welt brütend ſeine Tage dahin- bringt. Solche in die Einſamkeit Zurückgezogene ſind die furchtbarſten ihrer Art. Es iſt doch, wie bekannt, die Sitte aller Thiere, vor dem Menſchen zu fliehen, falls dieſer ſie nicht verwundet hat oder ſich nicht zu einer unpaſſenden Stunde bei ihnen aufdrängt; jene alten Einſiedler aber war- ten wahrhaftig nicht auf ſolche Entſchuldigungen, ſondern kommen aus freien Stücken dem Jäger halbwegs entgegen und ſuchen Zerwürfniſſe mit ihm.‟ „Obgleich man den Büffel nicht ſelten in großen Herden in den Steppen findet, bleibt ſein lieb- ſter Aufenthaltsort doch der Wald. Hier folgt er den Pfaden der Elefanten und Nashörner oder bricht ſich eigene durch das Dickicht. Während des Abends, in der Nacht und am frühen Morgen durchzieht er das Land und brüllt; wenn ſich aber die Sonne erhoben hat oder er Unrath wittert, ſucht er Schluchten und Dickichte. Unter den ſchattigen Zweigen erfreut er ſich dann der Ruhe und hält ſich verborgen.‟ „Die Fährte des Büffels ähnelt der des gewöhnlichen Ochſen, nur ſtehen die Hufe eines alten Bullen weit von einander, während die des jungen ſehr geſchloſſen ſind. Die Fährte der Büffelkühe iſt länger, ſchmäler und kleiner, als die der Stiere. Der Jäger folgt den Thieren, wenn ſie nachts in das offene Land gehen. Da ſie während der Nacht im Freien wandern und ſich während des Tages auf ihre Lagerplätze zurückziehen, kann man ihre Spur außerhalb des Waldes auf- nehmen und ihr ſoweit folgen, bis man durch den Geruch ganz in die Nähe gebracht wird. Kommt der Jäger dem Wilde ſehr nahe, was er an der Friſche der Fährte beurtheilen muß, ſo thut er am beſten zu warten, bis durch irgend ein Geräuſch das Thier ſeinen Platz verräth, denn die Büffel drehen und wenden ſich häufig im Buſch, beſonders ehe ſie ſich für den Tag zur Ruhe legen.‟ „Jch kenne einen Kaffer, welcher an ſich ſelbſt des Büffels Kraft und Liſt erfuhr und das An- denken an dieſelben für ſein Leben trug. Er jagte eines Tages in dem Wald und kam auf einen alten Einſiedler, welchen er verwundete. Der Bulle brach durch; aber der Kaffer, glaubend, daß er ſein Wild tödtlich verwundet hatte, folgte ihm auf ſeinem Wege, ohne irgendwelche Vorſichtsmaß- regeln zu beobachten. Der Büffel iſt böswillig, wenn ihm kein Leids geſchieht: aber er iſt raſend, wenn er verwundet wurde, und deshalb muß man ſich einem ſolchen mit der größten Vorſicht nahen. Unſer Kaffer hatte ungefähr hundert Schritte des Waldes durchſchlüpft und durchkrochen, und unter- ſuchte eben ſorgfältig die Fährte ſeines verwundeten Wildes: da hörte er plötzlich ein Geräuſch dicht neben ihm, und ehe er ſich noch fortbewegen konnte, fühlte er ſich fliegend in der Luft, in Folge eines furchtbaren Stoßes, den ihm der Büffel gegeben hatte. Glücklicherweiſe fiel er auf die Zweige eng verſchlungener Bäume eines Dickichts und wurde hierdurch gerettet; denn der Büffel wäre keineswegs in ſeiner Arbeit zufrieden geſtellt geweſen, ſondern würde ihm unzweifelhaft noch den Garaus gemacht haben. Nachdem er ſich überzeugt hatte, daß ſein Opfer unnahbar wäre, verließ er es und trollte in den Wald. Der Kaffer, welcher zwei oder drei Rippen gebrochen hatte, ſchleppte 40 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/659>, abgerufen am 23.11.2024.