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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die Elefanten.
oder Rache sehen ließen, unterwarfen sie sich endlich mit der Ruhe der Verzweiflung. Erbarmend
war ihre Stellung, rührend ihr Schmerz, ihr dumpfes Stöhnen zum Herzen gehend. Wären sie
mit unnöthiger Quälerei gefangen worden oder wären sie einer übeln Behandlung entgegengegangen,
es wäre geradezu unerträglich gewesen."

"Jn ähnlicher Weise, wie die erste Herde, wurden dann auch die anderen nach und nach ein-
getrieben, bald mit vollerem, bald mit geringerem Erfolge. Der Eintritt der neuen Gäste in den
Corral beunruhigte natürlich die bereits gefangenen nicht wenig. Die zweite Herde kam nun aber
bei Tageslicht hinein, und ihre Angriffe waren daher noch viel entschiedener, als die der ersten. Sie
wurde von einem weiblichen Elefanten, der ziemlich neun Fuß hoch war, angeführt, und dieses
muthige Thier konnte bei einem Angriffe auf die Umfriedigung, da alle weißen Stäbe Nichts mehr
halfen, nur dadurch zurückgetrieben werden, daß ihm ein Jäger eine lodernde Fackel an den Kopf
warf. Um die bereits gefangenen kümmerten sich die später gekommenen nicht, sondern stürzten
öfters wie toll über deren Körper dahin. Die oben erwähnte weibliche Führerin wurde natürlich zu-
erst erkoren. Als sie die Schlinge am Hinterfuße hatte, zeigte es sich, daß sie für Siribeddi zu stark
war. Da diese fühlte, daß ihre Kraft nicht hinreichte, die widerstrebende Beute an den bestimmten
Ort zu bringen, so kniete sie nieder, um ihr Ziehen durch das volle Gewicht ihres Körpers zu ver-
stärken. Der Stoßzähner aber, der wohl sah, wie sauer sie sich es werden ließ, stellte sich vor die
Gefangene und trieb sie Schritt für Schritt rückwärts, bis sie glücklich an den Baum gebracht und
festgebunden war."

"Das letzte war, die Seile minder straff zu machen, welche die Beine der Gefangenen fesselten;
dann führte man jeden zum Flusse. Zwei zahme mit starken Halsbändern traten ihm zur Seite;
dem Neugefangenen legte man ein gleich starkes Halsband aus Kokosnußfäden an, band dann alle
drei zusammen, wobei der zahme Elefant mitunter seinen Rüssel brauchte, um den Arm seines Rei-
ters vor dem Rüssel des Gefangenen zu schützen, der sich natürlich das Seil nicht gern um den
Hals legen ließ. Nachdem Dies geschehen war, wurden die Schlingen von seinen Beinen abgenom-
men und er zum Flusse geleitet, wo er sich baden durfte, -- ein Genuß, den Alle gierig ergriffen.
Dann wurde jeder an einen Baum im Walde festgemacht und ihm seine Wärter zugewiesen, die ihn
reichlich mit seinem Lieblingsfutter versorgten."

"Die Zähmung des Elefanten ist ziemlich einfach. Nach etwa drei Tagen beginnt er ordentlich
zu fressen, und bekommt dann in der Regel einen zahmen zum Gesellschafter. Zwei Männer
beginnen ihm den Rücken zu streicheln und ihm in sanften Tönen zuzureden. Anfangs ist er wüthend
und schlägt mit seinem Rüssel nach allen Seiten; vorn aber stehen andere Männer, welche alle seine
Schläge mit der Spitze ihrer Eisenstangen auffangen, bis das Vorderende des Rüssels so wund wird,
daß das Thier ihn endlich einzieht und dann selten wieder zum Angriffe benutzt. So lernt er zuerst
die Macht des Menschen fürchten, dann helfen die zahmen Elefanten seine Erziehung weiter führen.
Jn etwa drei Wochen bringt man das Thier soweit, daß es sich im Wasser niederlegt, sobald die
Spitze der eisernen Ruthe ihm droht, die ihn vorher öfters am Rücken verwundet hatte."

"Sehr schwierig ist es, die Wunden zu heilen, die auch die weichsten Seile an seinen Beinen
hervorbringen. Die Wunden eitern oft viele Monate lang, und manchmal vergehen Jahre, ehe
der Elefant bei einer Berührung der Füße ruhig bleibt."

"Während ihre Größe keinen besonderen Einfluß auf die Dauer ihrer Abrichtung zu haben
scheint, sind die Männchen gewöhnlich schwieriger zu behandeln, als die Weibchen. Die, welche
anfangs die heftigsten und widerspenstigsten sind, werden am schnellsten und wirksamsten gezähmt und
bleiben gewöhnlich gehorsam und unterwürfig; die mürrischen oder tückischen aber sind langsamer ab-
zurichten, und es ist ihnen selten zu trauen. Ueberhaupt darf man einen gefangenen Elefanten nie
mit unbegrenztem Zutrauen begegnen. Auch die zahmsten und sanftesten bekommen mitunter Anfälle
von Halsstarrigkeit, und selbst nach jahrelangem Gehorsam macht sich ihre Reizbarkeit und Rachsucht
doch bemerklich."

Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
oder Rache ſehen ließen, unterwarfen ſie ſich endlich mit der Ruhe der Verzweiflung. Erbarmend
war ihre Stellung, rührend ihr Schmerz, ihr dumpfes Stöhnen zum Herzen gehend. Wären ſie
mit unnöthiger Quälerei gefangen worden oder wären ſie einer übeln Behandlung entgegengegangen,
es wäre geradezu unerträglich geweſen.‟

„Jn ähnlicher Weiſe, wie die erſte Herde, wurden dann auch die anderen nach und nach ein-
getrieben, bald mit vollerem, bald mit geringerem Erfolge. Der Eintritt der neuen Gäſte in den
Corral beunruhigte natürlich die bereits gefangenen nicht wenig. Die zweite Herde kam nun aber
bei Tageslicht hinein, und ihre Angriffe waren daher noch viel entſchiedener, als die der erſten. Sie
wurde von einem weiblichen Elefanten, der ziemlich neun Fuß hoch war, angeführt, und dieſes
muthige Thier konnte bei einem Angriffe auf die Umfriedigung, da alle weißen Stäbe Nichts mehr
halfen, nur dadurch zurückgetrieben werden, daß ihm ein Jäger eine lodernde Fackel an den Kopf
warf. Um die bereits gefangenen kümmerten ſich die ſpäter gekommenen nicht, ſondern ſtürzten
öfters wie toll über deren Körper dahin. Die oben erwähnte weibliche Führerin wurde natürlich zu-
erſt erkoren. Als ſie die Schlinge am Hinterfuße hatte, zeigte es ſich, daß ſie für Siribeddi zu ſtark
war. Da dieſe fühlte, daß ihre Kraft nicht hinreichte, die widerſtrebende Beute an den beſtimmten
Ort zu bringen, ſo kniete ſie nieder, um ihr Ziehen durch das volle Gewicht ihres Körpers zu ver-
ſtärken. Der Stoßzähner aber, der wohl ſah, wie ſauer ſie ſich es werden ließ, ſtellte ſich vor die
Gefangene und trieb ſie Schritt für Schritt rückwärts, bis ſie glücklich an den Baum gebracht und
feſtgebunden war.‟

„Das letzte war, die Seile minder ſtraff zu machen, welche die Beine der Gefangenen feſſelten;
dann führte man jeden zum Fluſſe. Zwei zahme mit ſtarken Halsbändern traten ihm zur Seite;
dem Neugefangenen legte man ein gleich ſtarkes Halsband aus Kokosnußfäden an, band dann alle
drei zuſammen, wobei der zahme Elefant mitunter ſeinen Rüſſel brauchte, um den Arm ſeines Rei-
ters vor dem Rüſſel des Gefangenen zu ſchützen, der ſich natürlich das Seil nicht gern um den
Hals legen ließ. Nachdem Dies geſchehen war, wurden die Schlingen von ſeinen Beinen abgenom-
men und er zum Fluſſe geleitet, wo er ſich baden durfte, — ein Genuß, den Alle gierig ergriffen.
Dann wurde jeder an einen Baum im Walde feſtgemacht und ihm ſeine Wärter zugewieſen, die ihn
reichlich mit ſeinem Lieblingsfutter verſorgten.‟

„Die Zähmung des Elefanten iſt ziemlich einfach. Nach etwa drei Tagen beginnt er ordentlich
zu freſſen, und bekommt dann in der Regel einen zahmen zum Geſellſchafter. Zwei Männer
beginnen ihm den Rücken zu ſtreicheln und ihm in ſanften Tönen zuzureden. Anfangs iſt er wüthend
und ſchlägt mit ſeinem Rüſſel nach allen Seiten; vorn aber ſtehen andere Männer, welche alle ſeine
Schläge mit der Spitze ihrer Eiſenſtangen auffangen, bis das Vorderende des Rüſſels ſo wund wird,
daß das Thier ihn endlich einzieht und dann ſelten wieder zum Angriffe benutzt. So lernt er zuerſt
die Macht des Menſchen fürchten, dann helfen die zahmen Elefanten ſeine Erziehung weiter führen.
Jn etwa drei Wochen bringt man das Thier ſoweit, daß es ſich im Waſſer niederlegt, ſobald die
Spitze der eiſernen Ruthe ihm droht, die ihn vorher öfters am Rücken verwundet hatte.‟

„Sehr ſchwierig iſt es, die Wunden zu heilen, die auch die weichſten Seile an ſeinen Beinen
hervorbringen. Die Wunden eitern oft viele Monate lang, und manchmal vergehen Jahre, ehe
der Elefant bei einer Berührung der Füße ruhig bleibt.‟

„Während ihre Größe keinen beſonderen Einfluß auf die Dauer ihrer Abrichtung zu haben
ſcheint, ſind die Männchen gewöhnlich ſchwieriger zu behandeln, als die Weibchen. Die, welche
anfangs die heftigſten und widerſpenſtigſten ſind, werden am ſchnellſten und wirkſamſten gezähmt und
bleiben gewöhnlich gehorſam und unterwürfig; die mürriſchen oder tückiſchen aber ſind langſamer ab-
zurichten, und es iſt ihnen ſelten zu trauen. Ueberhaupt darf man einen gefangenen Elefanten nie
mit unbegrenztem Zutrauen begegnen. Auch die zahmſten und ſanfteſten bekommen mitunter Anfälle
von Halsſtarrigkeit, und ſelbſt nach jahrelangem Gehorſam macht ſich ihre Reizbarkeit und Rachſucht
doch bemerklich.‟

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[708/0746] Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten. oder Rache ſehen ließen, unterwarfen ſie ſich endlich mit der Ruhe der Verzweiflung. Erbarmend war ihre Stellung, rührend ihr Schmerz, ihr dumpfes Stöhnen zum Herzen gehend. Wären ſie mit unnöthiger Quälerei gefangen worden oder wären ſie einer übeln Behandlung entgegengegangen, es wäre geradezu unerträglich geweſen.‟ „Jn ähnlicher Weiſe, wie die erſte Herde, wurden dann auch die anderen nach und nach ein- getrieben, bald mit vollerem, bald mit geringerem Erfolge. Der Eintritt der neuen Gäſte in den Corral beunruhigte natürlich die bereits gefangenen nicht wenig. Die zweite Herde kam nun aber bei Tageslicht hinein, und ihre Angriffe waren daher noch viel entſchiedener, als die der erſten. Sie wurde von einem weiblichen Elefanten, der ziemlich neun Fuß hoch war, angeführt, und dieſes muthige Thier konnte bei einem Angriffe auf die Umfriedigung, da alle weißen Stäbe Nichts mehr halfen, nur dadurch zurückgetrieben werden, daß ihm ein Jäger eine lodernde Fackel an den Kopf warf. Um die bereits gefangenen kümmerten ſich die ſpäter gekommenen nicht, ſondern ſtürzten öfters wie toll über deren Körper dahin. Die oben erwähnte weibliche Führerin wurde natürlich zu- erſt erkoren. Als ſie die Schlinge am Hinterfuße hatte, zeigte es ſich, daß ſie für Siribeddi zu ſtark war. Da dieſe fühlte, daß ihre Kraft nicht hinreichte, die widerſtrebende Beute an den beſtimmten Ort zu bringen, ſo kniete ſie nieder, um ihr Ziehen durch das volle Gewicht ihres Körpers zu ver- ſtärken. Der Stoßzähner aber, der wohl ſah, wie ſauer ſie ſich es werden ließ, ſtellte ſich vor die Gefangene und trieb ſie Schritt für Schritt rückwärts, bis ſie glücklich an den Baum gebracht und feſtgebunden war.‟ „Das letzte war, die Seile minder ſtraff zu machen, welche die Beine der Gefangenen feſſelten; dann führte man jeden zum Fluſſe. Zwei zahme mit ſtarken Halsbändern traten ihm zur Seite; dem Neugefangenen legte man ein gleich ſtarkes Halsband aus Kokosnußfäden an, band dann alle drei zuſammen, wobei der zahme Elefant mitunter ſeinen Rüſſel brauchte, um den Arm ſeines Rei- ters vor dem Rüſſel des Gefangenen zu ſchützen, der ſich natürlich das Seil nicht gern um den Hals legen ließ. Nachdem Dies geſchehen war, wurden die Schlingen von ſeinen Beinen abgenom- men und er zum Fluſſe geleitet, wo er ſich baden durfte, — ein Genuß, den Alle gierig ergriffen. Dann wurde jeder an einen Baum im Walde feſtgemacht und ihm ſeine Wärter zugewieſen, die ihn reichlich mit ſeinem Lieblingsfutter verſorgten.‟ „Die Zähmung des Elefanten iſt ziemlich einfach. Nach etwa drei Tagen beginnt er ordentlich zu freſſen, und bekommt dann in der Regel einen zahmen zum Geſellſchafter. Zwei Männer beginnen ihm den Rücken zu ſtreicheln und ihm in ſanften Tönen zuzureden. Anfangs iſt er wüthend und ſchlägt mit ſeinem Rüſſel nach allen Seiten; vorn aber ſtehen andere Männer, welche alle ſeine Schläge mit der Spitze ihrer Eiſenſtangen auffangen, bis das Vorderende des Rüſſels ſo wund wird, daß das Thier ihn endlich einzieht und dann ſelten wieder zum Angriffe benutzt. So lernt er zuerſt die Macht des Menſchen fürchten, dann helfen die zahmen Elefanten ſeine Erziehung weiter führen. Jn etwa drei Wochen bringt man das Thier ſoweit, daß es ſich im Waſſer niederlegt, ſobald die Spitze der eiſernen Ruthe ihm droht, die ihn vorher öfters am Rücken verwundet hatte.‟ „Sehr ſchwierig iſt es, die Wunden zu heilen, die auch die weichſten Seile an ſeinen Beinen hervorbringen. Die Wunden eitern oft viele Monate lang, und manchmal vergehen Jahre, ehe der Elefant bei einer Berührung der Füße ruhig bleibt.‟ „Während ihre Größe keinen beſonderen Einfluß auf die Dauer ihrer Abrichtung zu haben ſcheint, ſind die Männchen gewöhnlich ſchwieriger zu behandeln, als die Weibchen. Die, welche anfangs die heftigſten und widerſpenſtigſten ſind, werden am ſchnellſten und wirkſamſten gezähmt und bleiben gewöhnlich gehorſam und unterwürfig; die mürriſchen oder tückiſchen aber ſind langſamer ab- zurichten, und es iſt ihnen ſelten zu trauen. Ueberhaupt darf man einen gefangenen Elefanten nie mit unbegrenztem Zutrauen begegnen. Auch die zahmſten und ſanfteſten bekommen mitunter Anfälle von Halsſtarrigkeit, und ſelbſt nach jahrelangem Gehorſam macht ſich ihre Reizbarkeit und Rachſucht doch bemerklich.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/746>, abgerufen am 23.11.2024.