Südamerika, und in der Neuzeit sind sie auch nach Europa gekommen und mit anderen Haus- schweinen gekreuzt worden. Das Fleisch soll sehr zart, saftig und wohlschmeckend sein, der Speck sich durch große Festigkeit auszeichnen. Fitzinger nimmt an, daß das sardinische Hausschwein ein Erzeugniß solcher in Europa versuchten Kreuzungen ist.
Das Papuhausschwein stammt sicher von dem auf denselben Jnseln wildlebenden Papuschwein her. Noch heutzutage fangen die Einwohner Neuguineas viele junge Wildschweine ein, um sie groß zu füttern und später zu schlachten. An die Zähmung des Thieres denken sie dabei nicht, und des- halb beharrt es auch in einem wildlebenden Zustande.
Die afrikanischen Schweine sind bisjetzt nur von wenigen Völkerschaften gezüchtet worden. Der Jslam verbietet bekanntlich den Genuß des Schweinefleisches. Daher finden sich zahme Schweine nur bei den heidnischen Völkerschaften und bei den wenigen Europäern, welche Afrika bewohnen. Erst in der Neuzeit sind die Busch- und pinselohrigen Schweine nach Europa gekommen und zur Zucht und Kreuzung mit anderen Schweinen verwendet worden.
Die in Amerika lebenden Hausschweine fallen mit verschiedenen Rassen der übrigen Welttheile zusammen, weil sie sämmtlich eingeführte Thiere sind. Hier und da gibt es auch wieder verwilderte Schweine, wie sich bei der Art und Weise der Behandlung der Thiere leicht erklären läßt. Wahr- scheinlich wird die Schweinezucht nirgends in so großartigem Maßstabe betrieben, als in Nordamerika, namentlich in der Gegend von Cincinnati, wo sehr viele Landleute ihren Erwerb vorzüglich in der Schweinemast suchen. Jm Frühjahr treiben sie ihre Herden in die Wälder oder auf Felder, welche eigens für die Schweine mit Kohl, Hafer, Roggen, Erbsen, Buchweizen und Mais bestellt sind. Jm Herbst vollendet man die Mast durch eine Mischung von gekochtem Mais, Obst, Kartoffeln und Kürbis. Dann treibt man die Thiere in Herden in die Schlachthäuser, metzelt sie hier nieder, sammelt das Blut in großen Behältern, um es zu Berlinerblau zu verwenden, brüht sie hier mit heißen Dämpfen ab, schlachtet sie aus, räuchert und salzt das Fleisch ein und packt es in Fässer, um es dann zu verkaufen. Von vielen Schweinen trennt man das Fett auch gleich in Oel und Stea- rin, gerbt dann die Haut und verkohlt die Knochen für die Zuckerfabriken.
Mißbildungen kommen bei keinem Hausthiere weiter in so großer Manchfaltigkeit vor, als beim Hausschwein. Es gibt nämlich einhufige und fünfzehige Hausschweine, welche ihre eigen- thümliche Fußbildung zuweilen auf ihre Nachkommen vererben. Bei dem einhufigen Hausschwein sind die beiden vorderen Klauen durch Verwachsung in ein einziges Stück verschmolzen, bei dem fünf- zehigen schiebt sich eine dritte, verkümmerte Zehe zwischen den beiden Vorderzehen ein. Die einhufigen Schweine wurden schon zur Zeit der alten Griechen und Römer in Jllyrien gefunden; heutzutage trifft man einzelne in Polen und in der Moldau.
Heutzutage sind die zahmen Schweine über den größten Theil der Erde verbreitet. So weit nach Norden hin Landbau betrieben wird, sind die Schweine Hausthiere; in den südlichen Län- dern leben sie mehr im Freien. Da eigentlich nur sumpfige Gegenden dem Schweine zusagen, ver- kümmert es in gewissem Sinne, wenn man es ins Gebirge bringt. Je höher es hinaufsteigt, um so mehr nimmt es das Gepräge des Bergthieres an. Der Leib wird kleiner und gedrungener, der Kopf kürzer und weniger spitz, die Stirn breiter. Der Hals verkürzt sich und nimmt an Dicke zu, der Hintertheil wird mehr abgerundet und die Läufe kräftigen sich. Damit geht Hand in Hand, daß solche Bergschweine wenig Fett absetzen, dafür aber zarteres und feineres Fleisch bekommen, und daß sie an Fruchtbarkeit verlieren. Klima, Bodenverhältniß, Zucht und Kreuzung haben nun auch einen gewissen Einfluß auf die Färbung, und daher kommt es, daß in gewissen Gegenden die, in anderen jene Färbung vorherrscht. So sieht man in Spanien fast nur schwarze Schweine, wäh- rend solche bekanntlich bei uns im Norden selten sind.
Man hält und mästet die Schweine entweder in den Ställen, oder treibt sie während eines großen Theils des Jahres im Freien umher. Die eingepferchten Thiere werden größer und fetter, sind aber schwächer und mehr Krankheiten ausgesetzt. Die Schweine, welche den größten Theil des
Brehm, Thierleben. II. 47
Das Hausſchwein.
Südamerika, und in der Neuzeit ſind ſie auch nach Europa gekommen und mit anderen Haus- ſchweinen gekreuzt worden. Das Fleiſch ſoll ſehr zart, ſaftig und wohlſchmeckend ſein, der Speck ſich durch große Feſtigkeit auszeichnen. Fitzinger nimmt an, daß das ſardiniſche Hausſchwein ein Erzeugniß ſolcher in Europa verſuchten Kreuzungen iſt.
Das Papuhausſchwein ſtammt ſicher von dem auf denſelben Jnſeln wildlebenden Papuſchwein her. Noch heutzutage fangen die Einwohner Neuguineas viele junge Wildſchweine ein, um ſie groß zu füttern und ſpäter zu ſchlachten. An die Zähmung des Thieres denken ſie dabei nicht, und des- halb beharrt es auch in einem wildlebenden Zuſtande.
Die afrikaniſchen Schweine ſind bisjetzt nur von wenigen Völkerſchaften gezüchtet worden. Der Jslám verbietet bekanntlich den Genuß des Schweinefleiſches. Daher finden ſich zahme Schweine nur bei den heidniſchen Völkerſchaften und bei den wenigen Europäern, welche Afrika bewohnen. Erſt in der Neuzeit ſind die Buſch- und pinſelohrigen Schweine nach Europa gekommen und zur Zucht und Kreuzung mit anderen Schweinen verwendet worden.
Die in Amerika lebenden Hausſchweine fallen mit verſchiedenen Raſſen der übrigen Welttheile zuſammen, weil ſie ſämmtlich eingeführte Thiere ſind. Hier und da gibt es auch wieder verwilderte Schweine, wie ſich bei der Art und Weiſe der Behandlung der Thiere leicht erklären läßt. Wahr- ſcheinlich wird die Schweinezucht nirgends in ſo großartigem Maßſtabe betrieben, als in Nordamerika, namentlich in der Gegend von Cincinnati, wo ſehr viele Landleute ihren Erwerb vorzüglich in der Schweinemaſt ſuchen. Jm Frühjahr treiben ſie ihre Herden in die Wälder oder auf Felder, welche eigens für die Schweine mit Kohl, Hafer, Roggen, Erbſen, Buchweizen und Mais beſtellt ſind. Jm Herbſt vollendet man die Maſt durch eine Miſchung von gekochtem Mais, Obſt, Kartoffeln und Kürbis. Dann treibt man die Thiere in Herden in die Schlachthäuſer, metzelt ſie hier nieder, ſammelt das Blut in großen Behältern, um es zu Berlinerblau zu verwenden, brüht ſie hier mit heißen Dämpfen ab, ſchlachtet ſie aus, räuchert und ſalzt das Fleiſch ein und packt es in Fäſſer, um es dann zu verkaufen. Von vielen Schweinen trennt man das Fett auch gleich in Oel und Stea- rin, gerbt dann die Haut und verkohlt die Knochen für die Zuckerfabriken.
Mißbildungen kommen bei keinem Hausthiere weiter in ſo großer Manchfaltigkeit vor, als beim Hausſchwein. Es gibt nämlich einhufige und fünfzehige Hausſchweine, welche ihre eigen- thümliche Fußbildung zuweilen auf ihre Nachkommen vererben. Bei dem einhufigen Hausſchwein ſind die beiden vorderen Klauen durch Verwachſung in ein einziges Stück verſchmolzen, bei dem fünf- zehigen ſchiebt ſich eine dritte, verkümmerte Zehe zwiſchen den beiden Vorderzehen ein. Die einhufigen Schweine wurden ſchon zur Zeit der alten Griechen und Römer in Jllyrien gefunden; heutzutage trifft man einzelne in Polen und in der Moldau.
Heutzutage ſind die zahmen Schweine über den größten Theil der Erde verbreitet. So weit nach Norden hin Landbau betrieben wird, ſind die Schweine Hausthiere; in den ſüdlichen Län- dern leben ſie mehr im Freien. Da eigentlich nur ſumpfige Gegenden dem Schweine zuſagen, ver- kümmert es in gewiſſem Sinne, wenn man es ins Gebirge bringt. Je höher es hinaufſteigt, um ſo mehr nimmt es das Gepräge des Bergthieres an. Der Leib wird kleiner und gedrungener, der Kopf kürzer und weniger ſpitz, die Stirn breiter. Der Hals verkürzt ſich und nimmt an Dicke zu, der Hintertheil wird mehr abgerundet und die Läufe kräftigen ſich. Damit geht Hand in Hand, daß ſolche Bergſchweine wenig Fett abſetzen, dafür aber zarteres und feineres Fleiſch bekommen, und daß ſie an Fruchtbarkeit verlieren. Klima, Bodenverhältniß, Zucht und Kreuzung haben nun auch einen gewiſſen Einfluß auf die Färbung, und daher kommt es, daß in gewiſſen Gegenden die, in anderen jene Färbung vorherrſcht. So ſieht man in Spanien faſt nur ſchwarze Schweine, wäh- rend ſolche bekanntlich bei uns im Norden ſelten ſind.
Man hält und mäſtet die Schweine entweder in den Ställen, oder treibt ſie während eines großen Theils des Jahres im Freien umher. Die eingepferchten Thiere werden größer und fetter, ſind aber ſchwächer und mehr Krankheiten ausgeſetzt. Die Schweine, welche den größten Theil des
Brehm, Thierleben. II. 47
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Das Hausſchwein.
Südamerika, und in der Neuzeit ſind ſie auch nach Europa gekommen und mit anderen Haus-
ſchweinen gekreuzt worden. Das Fleiſch ſoll ſehr zart, ſaftig und wohlſchmeckend ſein, der Speck
ſich durch große Feſtigkeit auszeichnen. Fitzinger nimmt an, daß das ſardiniſche Hausſchwein ein
Erzeugniß ſolcher in Europa verſuchten Kreuzungen iſt.
Das Papuhausſchwein ſtammt ſicher von dem auf denſelben Jnſeln wildlebenden Papuſchwein
her. Noch heutzutage fangen die Einwohner Neuguineas viele junge Wildſchweine ein, um ſie groß
zu füttern und ſpäter zu ſchlachten. An die Zähmung des Thieres denken ſie dabei nicht, und des-
halb beharrt es auch in einem wildlebenden Zuſtande.
Die afrikaniſchen Schweine ſind bisjetzt nur von wenigen Völkerſchaften gezüchtet worden. Der
Jslám verbietet bekanntlich den Genuß des Schweinefleiſches. Daher finden ſich zahme Schweine
nur bei den heidniſchen Völkerſchaften und bei den wenigen Europäern, welche Afrika bewohnen.
Erſt in der Neuzeit ſind die Buſch- und pinſelohrigen Schweine nach Europa gekommen und zur Zucht
und Kreuzung mit anderen Schweinen verwendet worden.
Die in Amerika lebenden Hausſchweine fallen mit verſchiedenen Raſſen der übrigen Welttheile
zuſammen, weil ſie ſämmtlich eingeführte Thiere ſind. Hier und da gibt es auch wieder verwilderte
Schweine, wie ſich bei der Art und Weiſe der Behandlung der Thiere leicht erklären läßt. Wahr-
ſcheinlich wird die Schweinezucht nirgends in ſo großartigem Maßſtabe betrieben, als in Nordamerika,
namentlich in der Gegend von Cincinnati, wo ſehr viele Landleute ihren Erwerb vorzüglich in der
Schweinemaſt ſuchen. Jm Frühjahr treiben ſie ihre Herden in die Wälder oder auf Felder, welche
eigens für die Schweine mit Kohl, Hafer, Roggen, Erbſen, Buchweizen und Mais beſtellt ſind.
Jm Herbſt vollendet man die Maſt durch eine Miſchung von gekochtem Mais, Obſt, Kartoffeln und
Kürbis. Dann treibt man die Thiere in Herden in die Schlachthäuſer, metzelt ſie hier nieder,
ſammelt das Blut in großen Behältern, um es zu Berlinerblau zu verwenden, brüht ſie hier mit
heißen Dämpfen ab, ſchlachtet ſie aus, räuchert und ſalzt das Fleiſch ein und packt es in Fäſſer,
um es dann zu verkaufen. Von vielen Schweinen trennt man das Fett auch gleich in Oel und Stea-
rin, gerbt dann die Haut und verkohlt die Knochen für die Zuckerfabriken.
Mißbildungen kommen bei keinem Hausthiere weiter in ſo großer Manchfaltigkeit vor, als
beim Hausſchwein. Es gibt nämlich einhufige und fünfzehige Hausſchweine, welche ihre eigen-
thümliche Fußbildung zuweilen auf ihre Nachkommen vererben. Bei dem einhufigen Hausſchwein
ſind die beiden vorderen Klauen durch Verwachſung in ein einziges Stück verſchmolzen, bei dem fünf-
zehigen ſchiebt ſich eine dritte, verkümmerte Zehe zwiſchen den beiden Vorderzehen ein. Die einhufigen
Schweine wurden ſchon zur Zeit der alten Griechen und Römer in Jllyrien gefunden; heutzutage
trifft man einzelne in Polen und in der Moldau.
Heutzutage ſind die zahmen Schweine über den größten Theil der Erde verbreitet. So weit
nach Norden hin Landbau betrieben wird, ſind die Schweine Hausthiere; in den ſüdlichen Län-
dern leben ſie mehr im Freien. Da eigentlich nur ſumpfige Gegenden dem Schweine zuſagen, ver-
kümmert es in gewiſſem Sinne, wenn man es ins Gebirge bringt. Je höher es hinaufſteigt, um ſo
mehr nimmt es das Gepräge des Bergthieres an. Der Leib wird kleiner und gedrungener, der
Kopf kürzer und weniger ſpitz, die Stirn breiter. Der Hals verkürzt ſich und nimmt an Dicke zu,
der Hintertheil wird mehr abgerundet und die Läufe kräftigen ſich. Damit geht Hand in Hand,
daß ſolche Bergſchweine wenig Fett abſetzen, dafür aber zarteres und feineres Fleiſch bekommen,
und daß ſie an Fruchtbarkeit verlieren. Klima, Bodenverhältniß, Zucht und Kreuzung haben nun
auch einen gewiſſen Einfluß auf die Färbung, und daher kommt es, daß in gewiſſen Gegenden die,
in anderen jene Färbung vorherrſcht. So ſieht man in Spanien faſt nur ſchwarze Schweine, wäh-
rend ſolche bekanntlich bei uns im Norden ſelten ſind.
Man hält und mäſtet die Schweine entweder in den Ställen, oder treibt ſie während eines
großen Theils des Jahres im Freien umher. Die eingepferchten Thiere werden größer und fetter,
ſind aber ſchwächer und mehr Krankheiten ausgeſetzt. Die Schweine, welche den größten Theil des
Brehm, Thierleben. II. 47
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 737. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/779>, abgerufen am 23.11.2024.
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