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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Das einhornige oder indische Nashorn.

Auch die Weichtheile verdienen mit ein Paar Worten beschrieben zu werden. Die Haut der
Oberlippe ist sehr dünn, gefäß- und nervenreich, die Zunge groß und empfindlich. Die Speiseröhre
hat eine Weite von drei Zoll und eine Länge von fünf Fuß. Der Magen ist einfach länglich,
im Durchmesser vier Fuß und im größten Querdurchmesser zwei Fuß, die kleinen Gedärme messen
50 bis 65 Fuß. Der Blinddarm ist 2 bis 3 Fuß, der Dickdarm 19 bis 25 Fuß, der Mastdarm
3 bis 5 Fuß lang. Unter den Sinneswerkzeugen fallen die Augen durch ihre geringe Größe auf.

Eine sehr dicke Haut bedeckt überall den Leib. An der Jnnenseite der Gliedmaßen ist sie noch
1/4 Zoll dick, an der Mittellinie des Bauches schon 3/4 Zoll, auf dem Rücken noch bedeutend stärker.
Bei einigen Arten spannt sie sich ziemlich glatt über den Leib, bei anderen bildet sie tiefe Falten und
bei einer dritten Gruppe endlich förmliche Schilder, welche durch Falten von einander abgetrennt
werden. Das Horn besteht aus gleichlaufenden, äußerst feinen Fasern von Hornmasse. Jeder ein-
zelne Faser ist etwa bis Linie dick, rund oder kautig und im Jnneren hohl. Die längsten ver-
laufen in der Mitte des Horns, die kürzesten an den Seiten. Nur solche Fasern bilden das Horn,
es hat keine knöchernen Zapfen wie das der Wiederkäuer. Mit seiner breiten, rundlichen Fläche
ruht es auf der höckerigen Oberfläche der Nasen- und Stirnbeine, eigentlich aber auf der Haut, als
deren Gebilde es zu betrachten ist. Seine Länge kann bis drei Fuß ansteigen, dann krümmt es sich
ziemlich stark nach hinten. Wenn zwei Hörner vorhanden sind, ist das hintere immer das kürzere
und kleinere.

Gegenwärtig beschränkt sich das Vaterland der Nashörner auf Asien, seine Jnseln und Afrika.

Das Leben der verschiedenen Arten ähnelt sich im allgemeinen sehr. Jch gebe deshalb erst eine
kurze Beschreibung der wichtigsten Arten und dann eine Gesammtschilderung ihres Lebens und Treibens.

Das einhornige oder indische Nashorn (Rhinoceros indicus) gehört mit zu den größten
von allen. Bei ziemlich erwachsenen Thieren beträgt die Leibeslänge 10 Fuß, die Länge des Schwan-
zes 2 Fuß, die Höhe am Widerrist 5 Fuß, der größte Leibesumfang 101/2 Fuß. Man hat aber alte
Männchen getroffen, welche 12 bis 13 Fuß lang und 6 bis 7 Fuß hoch wurden. Das Gewicht
schätzt man auf 40 bis 60 Centner. Der Leib des Thieres ist plump, dick, wulstig, gestreckt,
niedrig gestellt, der Hals kurz und dick, der Kopf mittelgroß, mehr als doppelt so lang als hoch, an
der Stirn, unmittelbar vor den Ohren jederseits höckerig aufgetrieben, von dort steil gegen die Augen
abfallend, über denselben nochmals gehöckert, sodann stark zusammengedrückt und abgeplattet. Die
mittelgroßen, höchst beweglichen Ohren sind verhältnißmäßig lang und schmal, spitz und aufrecht-
stehend, fast schweinsähnlich. Die unverhältnißmäßig kleinen Augen sind von länglicher Gestalt,
liegen tief und werden selten ganz geöffnet. Die Nasenlöcher stehen zu beiden Seiten über der Ober-
lippe, der Mundspalte gleichlaufend. Das Horn erhebt sich auf der breiten Oberseite des Schnauzen-
endes, zwischen und über den beiden Nasenlöchern. Es ist einfach gestreckt, kegelförmig zugespitzt,
etwas nach rückwärts gekrümmt. Die Haut verbindet es mit der unebenen und rauhen Knochen-
unterlage. Seine Länge beträgt bis zu 2 Fuß; der Umfang an der Wurzel 1 Fuß. Die flache,
breite Oberlippe verlängert sich in der Mitte zu einem zugespitzten, fast fingerähnlichem Rüssel, wel-
cher bis auf eine Länge von 6 oder 7 Zoll ausgestreckt und wieder eingezogen werden kann; die Ober-
lippe ähnelt der des Rindes. Die kurzen, dicken, unförmigen, walzenartigen Beine sind wie die der
Dachshunde gekrümmt und zeigen nur wenig deutliche Gelenke. An ihren Füßen sind drei Zehen
vorhanden, welche von der Haut so verhüllt werden, daß sie äußerlich sich nur durch Hufe kennzeich-
nen. Diese sind groß, vorn flach gewölbt, unten scharf abgeschnitten und lassen die große, kahle,
schwielige, langgestreckte, herzförmig gestaltete, harte Sohle zum größeren Theile frei. Der kurze,
geradherabhängende Schwanz verdünnt sich von der Wurzel an allmählich bis zur Mitte. Die Ge-
schlechtstheile sind sehr groß, die männlichen höchst sonderbar gebildet; das Euter des Weibchens ent-
hält nur ein einziges Zitzenpaar. Eine ungewöhnlich starke Haut, welche viel härter und trockener,
als beim Elefanten ist und auf einer dicken Schicht lockeren Zellgewebes aufliegt, so daß sie sich leicht
hin und her schieben läßt, deckt den Körper und bildet einen, in viele kleine Felder getheilten, horn-

Das einhornige oder indiſche Nashorn.

Auch die Weichtheile verdienen mit ein Paar Worten beſchrieben zu werden. Die Haut der
Oberlippe iſt ſehr dünn, gefäß- und nervenreich, die Zunge groß und empfindlich. Die Speiſeröhre
hat eine Weite von drei Zoll und eine Länge von fünf Fuß. Der Magen iſt einfach länglich,
im Durchmeſſer vier Fuß und im größten Querdurchmeſſer zwei Fuß, die kleinen Gedärme meſſen
50 bis 65 Fuß. Der Blinddarm iſt 2 bis 3 Fuß, der Dickdarm 19 bis 25 Fuß, der Maſtdarm
3 bis 5 Fuß lang. Unter den Sinneswerkzeugen fallen die Augen durch ihre geringe Größe auf.

Eine ſehr dicke Haut bedeckt überall den Leib. An der Jnnenſeite der Gliedmaßen iſt ſie noch
¼ Zoll dick, an der Mittellinie des Bauches ſchon ¾ Zoll, auf dem Rücken noch bedeutend ſtärker.
Bei einigen Arten ſpannt ſie ſich ziemlich glatt über den Leib, bei anderen bildet ſie tiefe Falten und
bei einer dritten Gruppe endlich förmliche Schilder, welche durch Falten von einander abgetrennt
werden. Das Horn beſteht aus gleichlaufenden, äußerſt feinen Faſern von Hornmaſſe. Jeder ein-
zelne Faſer iſt etwa bis Linie dick, rund oder kautig und im Jnneren hohl. Die längſten ver-
laufen in der Mitte des Horns, die kürzeſten an den Seiten. Nur ſolche Faſern bilden das Horn,
es hat keine knöchernen Zapfen wie das der Wiederkäuer. Mit ſeiner breiten, rundlichen Fläche
ruht es auf der höckerigen Oberfläche der Naſen- und Stirnbeine, eigentlich aber auf der Haut, als
deren Gebilde es zu betrachten iſt. Seine Länge kann bis drei Fuß anſteigen, dann krümmt es ſich
ziemlich ſtark nach hinten. Wenn zwei Hörner vorhanden ſind, iſt das hintere immer das kürzere
und kleinere.

Gegenwärtig beſchränkt ſich das Vaterland der Nashörner auf Aſien, ſeine Jnſeln und Afrika.

Das Leben der verſchiedenen Arten ähnelt ſich im allgemeinen ſehr. Jch gebe deshalb erſt eine
kurze Beſchreibung der wichtigſten Arten und dann eine Geſammtſchilderung ihres Lebens und Treibens.

Das einhornige oder indiſche Nashorn (Rhinoceros indicus) gehört mit zu den größten
von allen. Bei ziemlich erwachſenen Thieren beträgt die Leibeslänge 10 Fuß, die Länge des Schwan-
zes 2 Fuß, die Höhe am Widerriſt 5 Fuß, der größte Leibesumfang 10½ Fuß. Man hat aber alte
Männchen getroffen, welche 12 bis 13 Fuß lang und 6 bis 7 Fuß hoch wurden. Das Gewicht
ſchätzt man auf 40 bis 60 Centner. Der Leib des Thieres iſt plump, dick, wulſtig, geſtreckt,
niedrig geſtellt, der Hals kurz und dick, der Kopf mittelgroß, mehr als doppelt ſo lang als hoch, an
der Stirn, unmittelbar vor den Ohren jederſeits höckerig aufgetrieben, von dort ſteil gegen die Augen
abfallend, über denſelben nochmals gehöckert, ſodann ſtark zuſammengedrückt und abgeplattet. Die
mittelgroßen, höchſt beweglichen Ohren ſind verhältnißmäßig lang und ſchmal, ſpitz und aufrecht-
ſtehend, faſt ſchweinsähnlich. Die unverhältnißmäßig kleinen Augen ſind von länglicher Geſtalt,
liegen tief und werden ſelten ganz geöffnet. Die Naſenlöcher ſtehen zu beiden Seiten über der Ober-
lippe, der Mundſpalte gleichlaufend. Das Horn erhebt ſich auf der breiten Oberſeite des Schnauzen-
endes, zwiſchen und über den beiden Naſenlöchern. Es iſt einfach geſtreckt, kegelförmig zugeſpitzt,
etwas nach rückwärts gekrümmt. Die Haut verbindet es mit der unebenen und rauhen Knochen-
unterlage. Seine Länge beträgt bis zu 2 Fuß; der Umfang an der Wurzel 1 Fuß. Die flache,
breite Oberlippe verlängert ſich in der Mitte zu einem zugeſpitzten, faſt fingerähnlichem Rüſſel, wel-
cher bis auf eine Länge von 6 oder 7 Zoll ausgeſtreckt und wieder eingezogen werden kann; die Ober-
lippe ähnelt der des Rindes. Die kurzen, dicken, unförmigen, walzenartigen Beine ſind wie die der
Dachshunde gekrümmt und zeigen nur wenig deutliche Gelenke. An ihren Füßen ſind drei Zehen
vorhanden, welche von der Haut ſo verhüllt werden, daß ſie äußerlich ſich nur durch Hufe kennzeich-
nen. Dieſe ſind groß, vorn flach gewölbt, unten ſcharf abgeſchnitten und laſſen die große, kahle,
ſchwielige, langgeſtreckte, herzförmig geſtaltete, harte Sohle zum größeren Theile frei. Der kurze,
geradherabhängende Schwanz verdünnt ſich von der Wurzel an allmählich bis zur Mitte. Die Ge-
ſchlechtstheile ſind ſehr groß, die männlichen höchſt ſonderbar gebildet; das Euter des Weibchens ent-
hält nur ein einziges Zitzenpaar. Eine ungewöhnlich ſtarke Haut, welche viel härter und trockener,
als beim Elefanten iſt und auf einer dicken Schicht lockeren Zellgewebes aufliegt, ſo daß ſie ſich leicht
hin und her ſchieben läßt, deckt den Körper und bildet einen, in viele kleine Felder getheilten, horn-

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[751/0797] Das einhornige oder indiſche Nashorn. Auch die Weichtheile verdienen mit ein Paar Worten beſchrieben zu werden. Die Haut der Oberlippe iſt ſehr dünn, gefäß- und nervenreich, die Zunge groß und empfindlich. Die Speiſeröhre hat eine Weite von drei Zoll und eine Länge von fünf Fuß. Der Magen iſt einfach länglich, im Durchmeſſer vier Fuß und im größten Querdurchmeſſer zwei Fuß, die kleinen Gedärme meſſen 50 bis 65 Fuß. Der Blinddarm iſt 2 bis 3 Fuß, der Dickdarm 19 bis 25 Fuß, der Maſtdarm 3 bis 5 Fuß lang. Unter den Sinneswerkzeugen fallen die Augen durch ihre geringe Größe auf. Eine ſehr dicke Haut bedeckt überall den Leib. An der Jnnenſeite der Gliedmaßen iſt ſie noch ¼ Zoll dick, an der Mittellinie des Bauches ſchon ¾ Zoll, auf dem Rücken noch bedeutend ſtärker. Bei einigen Arten ſpannt ſie ſich ziemlich glatt über den Leib, bei anderen bildet ſie tiefe Falten und bei einer dritten Gruppe endlich förmliche Schilder, welche durch Falten von einander abgetrennt werden. Das Horn beſteht aus gleichlaufenden, äußerſt feinen Faſern von Hornmaſſe. Jeder ein- zelne Faſer iſt etwa [FORMEL] bis [FORMEL] Linie dick, rund oder kautig und im Jnneren hohl. Die längſten ver- laufen in der Mitte des Horns, die kürzeſten an den Seiten. Nur ſolche Faſern bilden das Horn, es hat keine knöchernen Zapfen wie das der Wiederkäuer. Mit ſeiner breiten, rundlichen Fläche ruht es auf der höckerigen Oberfläche der Naſen- und Stirnbeine, eigentlich aber auf der Haut, als deren Gebilde es zu betrachten iſt. Seine Länge kann bis drei Fuß anſteigen, dann krümmt es ſich ziemlich ſtark nach hinten. Wenn zwei Hörner vorhanden ſind, iſt das hintere immer das kürzere und kleinere. Gegenwärtig beſchränkt ſich das Vaterland der Nashörner auf Aſien, ſeine Jnſeln und Afrika. Das Leben der verſchiedenen Arten ähnelt ſich im allgemeinen ſehr. Jch gebe deshalb erſt eine kurze Beſchreibung der wichtigſten Arten und dann eine Geſammtſchilderung ihres Lebens und Treibens. Das einhornige oder indiſche Nashorn (Rhinoceros indicus) gehört mit zu den größten von allen. Bei ziemlich erwachſenen Thieren beträgt die Leibeslänge 10 Fuß, die Länge des Schwan- zes 2 Fuß, die Höhe am Widerriſt 5 Fuß, der größte Leibesumfang 10½ Fuß. Man hat aber alte Männchen getroffen, welche 12 bis 13 Fuß lang und 6 bis 7 Fuß hoch wurden. Das Gewicht ſchätzt man auf 40 bis 60 Centner. Der Leib des Thieres iſt plump, dick, wulſtig, geſtreckt, niedrig geſtellt, der Hals kurz und dick, der Kopf mittelgroß, mehr als doppelt ſo lang als hoch, an der Stirn, unmittelbar vor den Ohren jederſeits höckerig aufgetrieben, von dort ſteil gegen die Augen abfallend, über denſelben nochmals gehöckert, ſodann ſtark zuſammengedrückt und abgeplattet. Die mittelgroßen, höchſt beweglichen Ohren ſind verhältnißmäßig lang und ſchmal, ſpitz und aufrecht- ſtehend, faſt ſchweinsähnlich. Die unverhältnißmäßig kleinen Augen ſind von länglicher Geſtalt, liegen tief und werden ſelten ganz geöffnet. Die Naſenlöcher ſtehen zu beiden Seiten über der Ober- lippe, der Mundſpalte gleichlaufend. Das Horn erhebt ſich auf der breiten Oberſeite des Schnauzen- endes, zwiſchen und über den beiden Naſenlöchern. Es iſt einfach geſtreckt, kegelförmig zugeſpitzt, etwas nach rückwärts gekrümmt. Die Haut verbindet es mit der unebenen und rauhen Knochen- unterlage. Seine Länge beträgt bis zu 2 Fuß; der Umfang an der Wurzel 1 Fuß. Die flache, breite Oberlippe verlängert ſich in der Mitte zu einem zugeſpitzten, faſt fingerähnlichem Rüſſel, wel- cher bis auf eine Länge von 6 oder 7 Zoll ausgeſtreckt und wieder eingezogen werden kann; die Ober- lippe ähnelt der des Rindes. Die kurzen, dicken, unförmigen, walzenartigen Beine ſind wie die der Dachshunde gekrümmt und zeigen nur wenig deutliche Gelenke. An ihren Füßen ſind drei Zehen vorhanden, welche von der Haut ſo verhüllt werden, daß ſie äußerlich ſich nur durch Hufe kennzeich- nen. Dieſe ſind groß, vorn flach gewölbt, unten ſcharf abgeſchnitten und laſſen die große, kahle, ſchwielige, langgeſtreckte, herzförmig geſtaltete, harte Sohle zum größeren Theile frei. Der kurze, geradherabhängende Schwanz verdünnt ſich von der Wurzel an allmählich bis zur Mitte. Die Ge- ſchlechtstheile ſind ſehr groß, die männlichen höchſt ſonderbar gebildet; das Euter des Weibchens ent- hält nur ein einziges Zitzenpaar. Eine ungewöhnlich ſtarke Haut, welche viel härter und trockener, als beim Elefanten iſt und auf einer dicken Schicht lockeren Zellgewebes aufliegt, ſo daß ſie ſich leicht hin und her ſchieben läßt, deckt den Körper und bildet einen, in viele kleine Felder getheilten, horn-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/797>, abgerufen am 23.11.2024.