Stellen zu gewinnen oder eilen im Nothfalle auch auf das Land. Die größere Furcht vor dem Wale überwindet selbst die Angst vor dem Menschen. Man kennt Beispiele, daß Seehunde ruhig auf Jä- ger zuschwammen oder krochen, weil sie den fürchterlichen Feind sich im Nacken wußten. Die Grön- länder hassen übrigens den Wal nach Kräften, weil er ihnen die Seehunde vertreibt. Auch der Eis- bär verfolgt die Thiere unablässig und weiß sich ihrer, wie wir schon oben sahen, recht geschickt zu bemächtigen. Jungen Seehunden werden auch wohl große Raubfische gefährlich.
Die nordischen Völkerschaften verbrauchen den ganzen Seehund, nicht blos Thran und Fell wie wir oder noch das Fleisch wie die Schweden und Norweger. Die Gedärme werden gegessen oder zu Fenstern, Kleidern und Vorhängen verbraucht, nachdem sie vorher höchst mühselig gereinigt und ge- glättet worden sind. Ein aus denselben zusammengeflicktes Obergewand, der Kapisad oder Darm- pelz der Grönländer, wird ganz besonders geschätzt, weil er das Wasser nicht durchläßt. Das mit Seewasser vermischte Blut wird gekocht und dann als Suppe gegessen oder, nachdem man es frieren ließ, als Leckerei genossen; auch formt man es, nachdem es gekocht, in runde Kugeln, trocknet diese in der Sonne und bewahrt sie für Zeiten der Noth auf. Die Rippen dienen als Spreithölzer für die Felle oder werden zu Nägeln verarbeitet; die Schulterblätter gebraucht man als Spaten; aus den Sehnen verfertigt man Zwirn etc. Fleisch, Thran und Fell bilden jedoch auch für die Grönländer den Hauptgewinn, welchen die Seehundjagd abwirft.
Von diesen echten Seehunden hat man mit Recht die sogenannte Klappmütze oder Mützen- robbe (Stemmatopus cristatus) unterschieden. Sie gehört unzweifelhaft zu den eigenthümlichsten Gestalten unter allen Robben, obwohl im Grunde nur das Männchen die wahre Mützenrobbe ist. Dieses vermag seine Kopfhaut von der Nase an über die Schnauze und bis zwischen den Augen hinauf willkürlich zu einer an den Seiten hervorragenden und längs der Mitte gekielten Blase aufzutreiben. Wenn diese Blase vollständig mit Luft gefüllt ist, bildet sie einen Sack von zwölf Zoll Länge und neun Zoll Höhe, welcher sich von der Schnauzenspitze bis hinter die Augen erstreckt, in seinem vor- deren Theile die Nasenlöcher in sich schließt und gleichsam wie eine über den Vorderkopf gezogene Mütze aufsitzt. Jm unaufgetriebenen Zustande sieht man nur einen Kiel, welcher die Nase in zwei Theile scheidet.
Die Klappmütze wird etwa 7 bis 8 Fuß lang. Der Kopf ist groß, die Schnauze dick und stumpf, der Leib dem anderer Robben sehr ähnlich gebaut. Die Vorderfüße nehmen von der ersten Zehe an an Länge ab und erscheinen deshalb scharf abgestutzt; an den Hinterfüßen dagegen sind die beiden äußersten Zehen die längsten, und die Mittelzehe ist am kürzesten: die Füße scheinen des- halb zweilappig zu sein, obgleich sie in Wahrheit fünflappig sind. Die Nägel sind stark, ge- krümmt, spitzig und unten ausgehöhlt an den Vorderfüßen, gerade, stumpf und seitlich zusam- mengedrückt an den Hinterfüßen. Der Schwanz ist breit und kurz. Hinsichtlich des Zahnbaues ähnelt die Mützenrobbe dem noch zu beschreibenden Seeelefanten am meisten. Sie hat mit diesem unter den Robben die geringste Zahl der Schneidezähne und wird deshalb und wegen der auch dem Seeelefanten eigenen Fähigkeit, gewisse Kopftheile aufzublasen, von einigen Forschern mit letzterem in einer und derselben Gruppe vereinigt. Jm Oberkiefer finden sich vier, im Unter- kiefer zwei Vorderzähne, hinter denselben jederseits ein Eckzahn und fünf Backzähne. Die Vorder- zähne sind klein, stumpf und weit von einander gestellt, die Eckzähne sehr stark; die Backzähne nehmen von vorn nach hinten an Größe zu. Auf die Färbung hat das Alter einigen Einfluß; doch ist ihre Verschiedenheit immer nur gering. Erwachsene Thiere sind schmuzig- oder graulichweiß und regelmäßig dunkel und fahlbraun gefleckt, auf der Oberseite dichter, als auf der unteren. Stirn und Schnauze sind einfarbig schwärzlich, Nacken und Oberhals schwarzbraun, graulichweiß gefleckt. Die Füße und der Schwanz sind schwärzlichbraun ohne Flecken. Jüngere Thiere sind heller und ihre
Brehm, Thierleben. II. 51
Die Klappmütze oder Mützenrobbe.
Stellen zu gewinnen oder eilen im Nothfalle auch auf das Land. Die größere Furcht vor dem Wale überwindet ſelbſt die Angſt vor dem Menſchen. Man kennt Beiſpiele, daß Seehunde ruhig auf Jä- ger zuſchwammen oder krochen, weil ſie den fürchterlichen Feind ſich im Nacken wußten. Die Grön- länder haſſen übrigens den Wal nach Kräften, weil er ihnen die Seehunde vertreibt. Auch der Eis- bär verfolgt die Thiere unabläſſig und weiß ſich ihrer, wie wir ſchon oben ſahen, recht geſchickt zu bemächtigen. Jungen Seehunden werden auch wohl große Raubfiſche gefährlich.
Die nordiſchen Völkerſchaften verbrauchen den ganzen Seehund, nicht blos Thran und Fell wie wir oder noch das Fleiſch wie die Schweden und Norweger. Die Gedärme werden gegeſſen oder zu Fenſtern, Kleidern und Vorhängen verbraucht, nachdem ſie vorher höchſt mühſelig gereinigt und ge- glättet worden ſind. Ein aus denſelben zuſammengeflicktes Obergewand, der Kapiſad oder Darm- pelz der Grönländer, wird ganz beſonders geſchätzt, weil er das Waſſer nicht durchläßt. Das mit Seewaſſer vermiſchte Blut wird gekocht und dann als Suppe gegeſſen oder, nachdem man es frieren ließ, als Leckerei genoſſen; auch formt man es, nachdem es gekocht, in runde Kugeln, trocknet dieſe in der Sonne und bewahrt ſie für Zeiten der Noth auf. Die Rippen dienen als Spreithölzer für die Felle oder werden zu Nägeln verarbeitet; die Schulterblätter gebraucht man als Spaten; aus den Sehnen verfertigt man Zwirn ꝛc. Fleiſch, Thran und Fell bilden jedoch auch für die Grönländer den Hauptgewinn, welchen die Seehundjagd abwirft.
Von dieſen echten Seehunden hat man mit Recht die ſogenannte Klappmütze oder Mützen- robbe (Stemmatopus cristatus) unterſchieden. Sie gehört unzweifelhaft zu den eigenthümlichſten Geſtalten unter allen Robben, obwohl im Grunde nur das Männchen die wahre Mützenrobbe iſt. Dieſes vermag ſeine Kopfhaut von der Naſe an über die Schnauze und bis zwiſchen den Augen hinauf willkürlich zu einer an den Seiten hervorragenden und längs der Mitte gekielten Blaſe aufzutreiben. Wenn dieſe Blaſe vollſtändig mit Luft gefüllt iſt, bildet ſie einen Sack von zwölf Zoll Länge und neun Zoll Höhe, welcher ſich von der Schnauzenſpitze bis hinter die Augen erſtreckt, in ſeinem vor- deren Theile die Naſenlöcher in ſich ſchließt und gleichſam wie eine über den Vorderkopf gezogene Mütze aufſitzt. Jm unaufgetriebenen Zuſtande ſieht man nur einen Kiel, welcher die Naſe in zwei Theile ſcheidet.
Die Klappmütze wird etwa 7 bis 8 Fuß lang. Der Kopf iſt groß, die Schnauze dick und ſtumpf, der Leib dem anderer Robben ſehr ähnlich gebaut. Die Vorderfüße nehmen von der erſten Zehe an an Länge ab und erſcheinen deshalb ſcharf abgeſtutzt; an den Hinterfüßen dagegen ſind die beiden äußerſten Zehen die längſten, und die Mittelzehe iſt am kürzeſten: die Füße ſcheinen des- halb zweilappig zu ſein, obgleich ſie in Wahrheit fünflappig ſind. Die Nägel ſind ſtark, ge- krümmt, ſpitzig und unten ausgehöhlt an den Vorderfüßen, gerade, ſtumpf und ſeitlich zuſam- mengedrückt an den Hinterfüßen. Der Schwanz iſt breit und kurz. Hinſichtlich des Zahnbaues ähnelt die Mützenrobbe dem noch zu beſchreibenden Seeelefanten am meiſten. Sie hat mit dieſem unter den Robben die geringſte Zahl der Schneidezähne und wird deshalb und wegen der auch dem Seeelefanten eigenen Fähigkeit, gewiſſe Kopftheile aufzublaſen, von einigen Forſchern mit letzterem in einer und derſelben Gruppe vereinigt. Jm Oberkiefer finden ſich vier, im Unter- kiefer zwei Vorderzähne, hinter denſelben jederſeits ein Eckzahn und fünf Backzähne. Die Vorder- zähne ſind klein, ſtumpf und weit von einander geſtellt, die Eckzähne ſehr ſtark; die Backzähne nehmen von vorn nach hinten an Größe zu. Auf die Färbung hat das Alter einigen Einfluß; doch iſt ihre Verſchiedenheit immer nur gering. Erwachſene Thiere ſind ſchmuzig- oder graulichweiß und regelmäßig dunkel und fahlbraun gefleckt, auf der Oberſeite dichter, als auf der unteren. Stirn und Schnauze ſind einfarbig ſchwärzlich, Nacken und Oberhals ſchwarzbraun, graulichweiß gefleckt. Die Füße und der Schwanz ſind ſchwärzlichbraun ohne Flecken. Jüngere Thiere ſind heller und ihre
Brehm, Thierleben. II. 51
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Die Klappmütze oder Mützenrobbe.
Stellen zu gewinnen oder eilen im Nothfalle auch auf das Land. Die größere Furcht vor dem Wale
überwindet ſelbſt die Angſt vor dem Menſchen. Man kennt Beiſpiele, daß Seehunde ruhig auf Jä-
ger zuſchwammen oder krochen, weil ſie den fürchterlichen Feind ſich im Nacken wußten. Die Grön-
länder haſſen übrigens den Wal nach Kräften, weil er ihnen die Seehunde vertreibt. Auch der Eis-
bär verfolgt die Thiere unabläſſig und weiß ſich ihrer, wie wir ſchon oben ſahen, recht geſchickt zu
bemächtigen. Jungen Seehunden werden auch wohl große Raubfiſche gefährlich.
Die nordiſchen Völkerſchaften verbrauchen den ganzen Seehund, nicht blos Thran und Fell wie
wir oder noch das Fleiſch wie die Schweden und Norweger. Die Gedärme werden gegeſſen oder zu
Fenſtern, Kleidern und Vorhängen verbraucht, nachdem ſie vorher höchſt mühſelig gereinigt und ge-
glättet worden ſind. Ein aus denſelben zuſammengeflicktes Obergewand, der Kapiſad oder Darm-
pelz der Grönländer, wird ganz beſonders geſchätzt, weil er das Waſſer nicht durchläßt. Das mit
Seewaſſer vermiſchte Blut wird gekocht und dann als Suppe gegeſſen oder, nachdem man es frieren
ließ, als Leckerei genoſſen; auch formt man es, nachdem es gekocht, in runde Kugeln, trocknet dieſe
in der Sonne und bewahrt ſie für Zeiten der Noth auf. Die Rippen dienen als Spreithölzer für die
Felle oder werden zu Nägeln verarbeitet; die Schulterblätter gebraucht man als Spaten; aus den
Sehnen verfertigt man Zwirn ꝛc. Fleiſch, Thran und Fell bilden jedoch auch für die Grönländer den
Hauptgewinn, welchen die Seehundjagd abwirft.
Von dieſen echten Seehunden hat man mit Recht die ſogenannte Klappmütze oder Mützen-
robbe (Stemmatopus cristatus) unterſchieden. Sie gehört unzweifelhaft zu den eigenthümlichſten
Geſtalten unter allen Robben, obwohl im Grunde nur das Männchen die wahre Mützenrobbe iſt.
Dieſes vermag ſeine Kopfhaut von der Naſe an über die Schnauze und bis zwiſchen den Augen hinauf
willkürlich zu einer an den Seiten hervorragenden und längs der Mitte gekielten Blaſe aufzutreiben.
Wenn dieſe Blaſe vollſtändig mit Luft gefüllt iſt, bildet ſie einen Sack von zwölf Zoll Länge und
neun Zoll Höhe, welcher ſich von der Schnauzenſpitze bis hinter die Augen erſtreckt, in ſeinem vor-
deren Theile die Naſenlöcher in ſich ſchließt und gleichſam wie eine über den Vorderkopf gezogene
Mütze aufſitzt. Jm unaufgetriebenen Zuſtande ſieht man nur einen Kiel, welcher die Naſe in zwei
Theile ſcheidet.
Die Klappmütze wird etwa 7 bis 8 Fuß lang. Der Kopf iſt groß, die Schnauze dick und
ſtumpf, der Leib dem anderer Robben ſehr ähnlich gebaut. Die Vorderfüße nehmen von der erſten
Zehe an an Länge ab und erſcheinen deshalb ſcharf abgeſtutzt; an den Hinterfüßen dagegen ſind
die beiden äußerſten Zehen die längſten, und die Mittelzehe iſt am kürzeſten: die Füße ſcheinen des-
halb zweilappig zu ſein, obgleich ſie in Wahrheit fünflappig ſind. Die Nägel ſind ſtark, ge-
krümmt, ſpitzig und unten ausgehöhlt an den Vorderfüßen, gerade, ſtumpf und ſeitlich zuſam-
mengedrückt an den Hinterfüßen. Der Schwanz iſt breit und kurz. Hinſichtlich des Zahnbaues
ähnelt die Mützenrobbe dem noch zu beſchreibenden Seeelefanten am meiſten. Sie hat mit
dieſem unter den Robben die geringſte Zahl der Schneidezähne und wird deshalb und wegen der
auch dem Seeelefanten eigenen Fähigkeit, gewiſſe Kopftheile aufzublaſen, von einigen Forſchern
mit letzterem in einer und derſelben Gruppe vereinigt. Jm Oberkiefer finden ſich vier, im Unter-
kiefer zwei Vorderzähne, hinter denſelben jederſeits ein Eckzahn und fünf Backzähne. Die Vorder-
zähne ſind klein, ſtumpf und weit von einander geſtellt, die Eckzähne ſehr ſtark; die Backzähne
nehmen von vorn nach hinten an Größe zu. Auf die Färbung hat das Alter einigen Einfluß; doch
iſt ihre Verſchiedenheit immer nur gering. Erwachſene Thiere ſind ſchmuzig- oder graulichweiß und
regelmäßig dunkel und fahlbraun gefleckt, auf der Oberſeite dichter, als auf der unteren. Stirn und
Schnauze ſind einfarbig ſchwärzlich, Nacken und Oberhals ſchwarzbraun, graulichweiß gefleckt. Die
Füße und der Schwanz ſind ſchwärzlichbraun ohne Flecken. Jüngere Thiere ſind heller und ihre
Brehm, Thierleben. II. 51
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/849>, abgerufen am 23.11.2024.
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