Wald tragen und an einen Baum lehnen, auf welchem sich ein Nest mit jungen Eichhörnchen befand. Alles geschah so leise, als möglich. Die Laterne blieb unten bei den Leuten, und Lenz stieg hin- auf. Sobald er aber das Nest mit der Hand berührte, fuhren die Thierchen mit Windeseile heraus, etwa zwei am Baume in die Höhe, eins am Stamme hinunter, eins durch die Luft zu Boden, und im Nu war Alles um ihn her wieder ganz still.
Die Stimme des Eichhorns ist im Schreck ein lautes "Duck, Duck", bei Wohlbehagen und bei gelindem Aerger ein merkwürdiges, nicht gut durch Silben auszudrückendes Murren, oder, wie Dietrich aus dem Winckell und Lenz noch besser sagen, ein Murren. Besondere Freude oder Erregung drückt es durch ein gewisses Pfeifen aus.
Die geistigen Fähigkeiten des Hörnchens sind größer, als die der meisten übrigen Nager. Alle Sinne sind scharf, zumal Gesicht, Gehör und Geruch; doch muß auch das Gefühl sehr fein sein, weil sich sonst die Vorempfindung des Wetters nicht erklären ließe; der Geschmack ist ebenfalls entschieden ausgebildet, wie man an zahmen leicht beobachten kann. Für die höhere geistige Begabung sprechen das gute Gedächtniß, welches das Thier besitzt, und die List und Ver- schlagenheit, mit denen es sich seinen Feinden zu entziehen weiß. Blitzschnell eilt es dem höchsten der umstehenden Bäume zu, fährt fast immer auf der entgegengesetzten Seite des Stammes bis in den ersten Zwiesel hinan, kommt höchstens mit dem Köpfchen zum Vorschein, drückt und verbirgt sich soviel als thunlich, und sucht so unbemerkt als möglich seine Rettung auszuführen, dabei eine große Berechnung offenbarend.
Aeltere Eichhörnchen begatten sich zum ersten Male im März, die jüngeren etwas später. Ein Weibchen versammelt um diese Zeit oft zehn oder mehr Männchen um sich, und diese bestehen dann blutige Kämpfe mit einander in Sachen der Liebe. Wahrscheinlich wird auch hier dem Tapfersten der Minne Sold: das Weibchen ergibt sich dem stärkeren und hängt ihm wenigstens eine Zeit lang mit treuer Liebe an. Vier Wochen nach der Begattung wirft es in dem bestgelegensten und am weichsten ausgefütterten Neste drei bis sieben Junge, welche ungefähr neun Tage lang blind bleiben und von der Mutter zärtlich geliebt werden. Baumhöhlen scheinen die bevorzugtesten Wochenbetten abzugeben; nach Lenz nisten die Weibchen auch in Staarkübeln, welche nahe am Walde auf Bäumen hängen und vorher ordentlich ausgepolstert und mit einem bequemen Eingange versehen werden, indem die Mutter das enge Flugloch durch Nagen hinlänglich für sich erweitert. "Ehe die Jungen geboren sind und während sie gesäugt werden," sagt Lenz, "spielen die Alten lustig und niedlich um das Nest herum. Schlüpfen die Jungen aus dem Neste hervor, so wird etwa fünf Tage lang, wenn das Wetter gut ist, gespielt, gehuscht, geneckt, gejagt, gemurrt, gequiekst: dann ist plötzlich die ganze Familie verschwunden und in den benachbarten Fichtenwald gezogen." Bei Be- unruhigung trägt sie die Alte, wie die Knaben recht gut wissen, in ein anderes Nest, und zwar oft ziemlich weit davon. Man muß daher vorsichtig sein, wenn man Junge ausnehmen will, und darf sich nie beikommen lassen, ein Nest, in denen man ein Wochenbett vermuthet, zu untersuchen, ehe man die Jungen ausnehmen kann. Wenn dieselben entwöhnt worden sind, trägt ihnen die Mutter (oder auch der Vater mit) noch einige Tage lang Nahrung zu, dann überläßt das Eltern- paar die junge Familie ihrem eigenen Schicksale und schreitet zur zweiten Paarung. Die Jungen bleiben noch eine Zeitlang zusammen, spielen hübsch mit einander und gewöhnen sich schnell an die Sitten und Gebräuche der Eltern. Jm Juni hat die Alte bereits zum zweiten Male Junge, gewöhnlich einige weniger, als das erste Mal; und wenn auch diese soweit sind, daß sie mit ihr her- umschweifen können, schlägt sie sich oft mit dem früheren Gehecke zusammen, und man sieht jetzt die ganze Bande, oft zwölf bis sechszehn Stück, in ein und demselben Waldestheile ihr lustiges, ge- müthliches Wesen treiben.
Ausgezeichnet ist die Reinlichkeit des Hörnchens. Sobald das Thier ruhig und ungestört ist, leckt und putzt es sich ohne Unterlaß. Jm Ruhelager oder im Reste findet man weder seine noch seiner Jungen Losung abgelegt, -- die liegt immer unten am Stamme des Baumes. Aus diesem
Die eigentlichen Hörnchen.
Wald tragen und an einen Baum lehnen, auf welchem ſich ein Neſt mit jungen Eichhörnchen befand. Alles geſchah ſo leiſe, als möglich. Die Laterne blieb unten bei den Leuten, und Lenz ſtieg hin- auf. Sobald er aber das Neſt mit der Hand berührte, fuhren die Thierchen mit Windeseile heraus, etwa zwei am Baume in die Höhe, eins am Stamme hinunter, eins durch die Luft zu Boden, und im Nu war Alles um ihn her wieder ganz ſtill.
Die Stimme des Eichhorns iſt im Schreck ein lautes „Duck, Duck‟, bei Wohlbehagen und bei gelindem Aerger ein merkwürdiges, nicht gut durch Silben auszudrückendes Murren, oder, wie Dietrich aus dem Winckell und Lenz noch beſſer ſagen, ein Murren. Beſondere Freude oder Erregung drückt es durch ein gewiſſes Pfeifen aus.
Die geiſtigen Fähigkeiten des Hörnchens ſind größer, als die der meiſten übrigen Nager. Alle Sinne ſind ſcharf, zumal Geſicht, Gehör und Geruch; doch muß auch das Gefühl ſehr fein ſein, weil ſich ſonſt die Vorempfindung des Wetters nicht erklären ließe; der Geſchmack iſt ebenfalls entſchieden ausgebildet, wie man an zahmen leicht beobachten kann. Für die höhere geiſtige Begabung ſprechen das gute Gedächtniß, welches das Thier beſitzt, und die Liſt und Ver- ſchlagenheit, mit denen es ſich ſeinen Feinden zu entziehen weiß. Blitzſchnell eilt es dem höchſten der umſtehenden Bäume zu, fährt faſt immer auf der entgegengeſetzten Seite des Stammes bis in den erſten Zwieſel hinan, kommt höchſtens mit dem Köpfchen zum Vorſchein, drückt und verbirgt ſich ſoviel als thunlich, und ſucht ſo unbemerkt als möglich ſeine Rettung auszuführen, dabei eine große Berechnung offenbarend.
Aeltere Eichhörnchen begatten ſich zum erſten Male im März, die jüngeren etwas ſpäter. Ein Weibchen verſammelt um dieſe Zeit oft zehn oder mehr Männchen um ſich, und dieſe beſtehen dann blutige Kämpfe mit einander in Sachen der Liebe. Wahrſcheinlich wird auch hier dem Tapferſten der Minne Sold: das Weibchen ergibt ſich dem ſtärkeren und hängt ihm wenigſtens eine Zeit lang mit treuer Liebe an. Vier Wochen nach der Begattung wirft es in dem beſtgelegenſten und am weichſten ausgefütterten Neſte drei bis ſieben Junge, welche ungefähr neun Tage lang blind bleiben und von der Mutter zärtlich geliebt werden. Baumhöhlen ſcheinen die bevorzugteſten Wochenbetten abzugeben; nach Lenz niſten die Weibchen auch in Staarkübeln, welche nahe am Walde auf Bäumen hängen und vorher ordentlich ausgepolſtert und mit einem bequemen Eingange verſehen werden, indem die Mutter das enge Flugloch durch Nagen hinlänglich für ſich erweitert. „Ehe die Jungen geboren ſind und während ſie geſäugt werden,‟ ſagt Lenz, „ſpielen die Alten luſtig und niedlich um das Neſt herum. Schlüpfen die Jungen aus dem Neſte hervor, ſo wird etwa fünf Tage lang, wenn das Wetter gut iſt, geſpielt, gehuſcht, geneckt, gejagt, gemurrt, gequiekſt: dann iſt plötzlich die ganze Familie verſchwunden und in den benachbarten Fichtenwald gezogen.‟ Bei Be- unruhigung trägt ſie die Alte, wie die Knaben recht gut wiſſen, in ein anderes Neſt, und zwar oft ziemlich weit davon. Man muß daher vorſichtig ſein, wenn man Junge ausnehmen will, und darf ſich nie beikommen laſſen, ein Neſt, in denen man ein Wochenbett vermuthet, zu unterſuchen, ehe man die Jungen ausnehmen kann. Wenn dieſelben entwöhnt worden ſind, trägt ihnen die Mutter (oder auch der Vater mit) noch einige Tage lang Nahrung zu, dann überläßt das Eltern- paar die junge Familie ihrem eigenen Schickſale und ſchreitet zur zweiten Paarung. Die Jungen bleiben noch eine Zeitlang zuſammen, ſpielen hübſch mit einander und gewöhnen ſich ſchnell an die Sitten und Gebräuche der Eltern. Jm Juni hat die Alte bereits zum zweiten Male Junge, gewöhnlich einige weniger, als das erſte Mal; und wenn auch dieſe ſoweit ſind, daß ſie mit ihr her- umſchweifen können, ſchlägt ſie ſich oft mit dem früheren Gehecke zuſammen, und man ſieht jetzt die ganze Bande, oft zwölf bis ſechszehn Stück, in ein und demſelben Waldestheile ihr luſtiges, ge- müthliches Weſen treiben.
Ausgezeichnet iſt die Reinlichkeit des Hörnchens. Sobald das Thier ruhig und ungeſtört iſt, leckt und putzt es ſich ohne Unterlaß. Jm Ruhelager oder im Reſte findet man weder ſeine noch ſeiner Jungen Loſung abgelegt, — die liegt immer unten am Stamme des Baumes. Aus dieſem
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[72/0086]
Die eigentlichen Hörnchen.
Wald tragen und an einen Baum lehnen, auf welchem ſich ein Neſt mit jungen Eichhörnchen befand.
Alles geſchah ſo leiſe, als möglich. Die Laterne blieb unten bei den Leuten, und Lenz ſtieg hin-
auf. Sobald er aber das Neſt mit der Hand berührte, fuhren die Thierchen mit Windeseile heraus,
etwa zwei am Baume in die Höhe, eins am Stamme hinunter, eins durch die Luft zu Boden, und
im Nu war Alles um ihn her wieder ganz ſtill.
Die Stimme des Eichhorns iſt im Schreck ein lautes „Duck, Duck‟, bei Wohlbehagen und bei
gelindem Aerger ein merkwürdiges, nicht gut durch Silben auszudrückendes Murren, oder, wie
Dietrich aus dem Winckell und Lenz noch beſſer ſagen, ein Murren. Beſondere Freude oder
Erregung drückt es durch ein gewiſſes Pfeifen aus.
Die geiſtigen Fähigkeiten des Hörnchens ſind größer, als die der meiſten übrigen Nager.
Alle Sinne ſind ſcharf, zumal Geſicht, Gehör und Geruch; doch muß auch das Gefühl ſehr fein
ſein, weil ſich ſonſt die Vorempfindung des Wetters nicht erklären ließe; der Geſchmack iſt
ebenfalls entſchieden ausgebildet, wie man an zahmen leicht beobachten kann. Für die höhere
geiſtige Begabung ſprechen das gute Gedächtniß, welches das Thier beſitzt, und die Liſt und Ver-
ſchlagenheit, mit denen es ſich ſeinen Feinden zu entziehen weiß. Blitzſchnell eilt es dem höchſten der
umſtehenden Bäume zu, fährt faſt immer auf der entgegengeſetzten Seite des Stammes bis in den
erſten Zwieſel hinan, kommt höchſtens mit dem Köpfchen zum Vorſchein, drückt und verbirgt ſich ſoviel
als thunlich, und ſucht ſo unbemerkt als möglich ſeine Rettung auszuführen, dabei eine große
Berechnung offenbarend.
Aeltere Eichhörnchen begatten ſich zum erſten Male im März, die jüngeren etwas ſpäter. Ein
Weibchen verſammelt um dieſe Zeit oft zehn oder mehr Männchen um ſich, und dieſe beſtehen dann
blutige Kämpfe mit einander in Sachen der Liebe. Wahrſcheinlich wird auch hier dem Tapferſten
der Minne Sold: das Weibchen ergibt ſich dem ſtärkeren und hängt ihm wenigſtens eine Zeit
lang mit treuer Liebe an. Vier Wochen nach der Begattung wirft es in dem beſtgelegenſten und am
weichſten ausgefütterten Neſte drei bis ſieben Junge, welche ungefähr neun Tage lang blind bleiben
und von der Mutter zärtlich geliebt werden. Baumhöhlen ſcheinen die bevorzugteſten Wochenbetten
abzugeben; nach Lenz niſten die Weibchen auch in Staarkübeln, welche nahe am Walde auf
Bäumen hängen und vorher ordentlich ausgepolſtert und mit einem bequemen Eingange verſehen
werden, indem die Mutter das enge Flugloch durch Nagen hinlänglich für ſich erweitert. „Ehe die
Jungen geboren ſind und während ſie geſäugt werden,‟ ſagt Lenz, „ſpielen die Alten luſtig und
niedlich um das Neſt herum. Schlüpfen die Jungen aus dem Neſte hervor, ſo wird etwa fünf Tage
lang, wenn das Wetter gut iſt, geſpielt, gehuſcht, geneckt, gejagt, gemurrt, gequiekſt: dann iſt
plötzlich die ganze Familie verſchwunden und in den benachbarten Fichtenwald gezogen.‟ Bei Be-
unruhigung trägt ſie die Alte, wie die Knaben recht gut wiſſen, in ein anderes Neſt, und zwar
oft ziemlich weit davon. Man muß daher vorſichtig ſein, wenn man Junge ausnehmen will, und
darf ſich nie beikommen laſſen, ein Neſt, in denen man ein Wochenbett vermuthet, zu unterſuchen,
ehe man die Jungen ausnehmen kann. Wenn dieſelben entwöhnt worden ſind, trägt ihnen die
Mutter (oder auch der Vater mit) noch einige Tage lang Nahrung zu, dann überläßt das Eltern-
paar die junge Familie ihrem eigenen Schickſale und ſchreitet zur zweiten Paarung. Die Jungen
bleiben noch eine Zeitlang zuſammen, ſpielen hübſch mit einander und gewöhnen ſich ſchnell an die
Sitten und Gebräuche der Eltern. Jm Juni hat die Alte bereits zum zweiten Male Junge,
gewöhnlich einige weniger, als das erſte Mal; und wenn auch dieſe ſoweit ſind, daß ſie mit ihr her-
umſchweifen können, ſchlägt ſie ſich oft mit dem früheren Gehecke zuſammen, und man ſieht jetzt
die ganze Bande, oft zwölf bis ſechszehn Stück, in ein und demſelben Waldestheile ihr luſtiges, ge-
müthliches Weſen treiben.
Ausgezeichnet iſt die Reinlichkeit des Hörnchens. Sobald das Thier ruhig und ungeſtört iſt,
leckt und putzt es ſich ohne Unterlaß. Jm Ruhelager oder im Reſte findet man weder ſeine noch
ſeiner Jungen Loſung abgelegt, — die liegt immer unten am Stamme des Baumes. Aus dieſem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/86>, abgerufen am 23.11.2024.
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