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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Delfine. -- Der Grind oder schwarze Delfin.
Verwundeten in die See hinaus, und der ganze Haufe folgt. Tritt die Nacht ein, bevor man zum
Schlachten kommt, so schließen die Bote einen engen Halbkreis vor der Bucht und die Leute zünden
Feuer an; dann meint der Grind, es sei der Mond, zieht sich gegen denselben an und hält sich ruhig
bis zum Morgen, an dem dann die Blutarbeit beginnt. -- Oftmals sind sie entkommen, weil die
Geräthe nicht gehörig im Stande gewesen sind; deshalb wird jetzt im Juni von dem Amtmann und
den Sysselmännern eine allgemeine Untersuchung vorgenommen und dasjenige Bot bestraft, welches
nicht zum Fange gut ausgerüstet befunden."

"Nach einer Stunde Ruhe wurden die Körper neben einander gelegt, geschätzt und ihre Größe
mit römischen Zahlen in die Haut eingeschnitten. Die Vertheilung geschieht nach der Größe des
Landbesitzes, noch ebenso wie sie seit undenklichen Zeiten vorgenommen wurde. Nachdem nämlich der
Beauftragte jeden Fisch gemessen und geschätzt hat, wird von dem Haufen abgezogen der Zehnte, der
Findlingswal, der Madwal, der Schadenwal, der Wachtsold, die Vertheilungsgebühren und der
Antheil der Armen. Der Zehnte zerfällt in drei Theile, von denen die Kirche einen, der Prediger
einen und der König oder dessen Vertreter, der Sysselmann, einen empfängt. Der Findlingswal
gebührt demjenigen Bote, welches den Grind entdeckt hat und kann nach Belieben gewählt werden;
der Botsmann, welcher den Grind zuerst gesehen hat, bekommt den Kopf. Der Mad- oder Speise-
wal ist ein kleiner Grind, welcher von den Anwesenden sofort verzehrt wird. Aus dem Gewinn,
welchen der Schadenwal abwirft, werden die beschädigten Bote, Ruder und Geräthe vergütet. Der
Wachtsold bezahlt die Leute, welche des Nachts oder so lange die Fische nicht vertheilt worden sind,
bei diesen wachen müssen, damit sie nicht wegtreiben. Was nun nachbleibt, wird in zwei gleiche
Hälften getheilt, von denen die Leute des Kirchspiels, in welchem der Fang geschehen ist, die eine und
das Land die andere bekommt. Jedes Dorf hat eine bestimmte Anzahl Bote, und zu jedem Bote
gehören bestimmte Leute. Die Wale werden deshalb botweise vertheilt. Sobald Grindabud er-
schallt, werden Boten an alle Dörfer versandt, welche bei der Vertheilung in Frage kommen, und
diese müssen dann sogleich ihre Bote abschicken, um ihren Antheil zu holen. Kommen sie nicht inner-
halb 24 oder höchstens 48 Stunden nach der allgemeinen Vertheilung zu dem Walplatze, so wird ihr
Antheil den Meistbietenden verkauft, und das daraus gelöste Geld fällt der Armenkasse zu. Der
Grund ist der, daß nach zwei Tagen die Wale verderben, ranzig und ungenießbar werden. Der
Färinger sagt: die Leber brenne nach außen."

"Nachdem jedem Bote sein Antheil zugewiesen war, wurden die Fische zerlegt. Dies geschieht
in folgender Weise. Sobald sie auf das Land gezogen sind, werden zuerst die Finnen ab- und dann
der Körper in der Mitte durchgeschnitten. Nun wird der Speck in etwa 11/2 Fuß breiten Streifen,
darauf das Fleisch in Stücke von 40 bis 50 Pfund abgelöst, Leber, Herz und Niere, die schmackhaf-
testen Bissen für die Färinger, herausgenommen und darauf der Rumpf umgekehrt und mit der an-
deren Seite ebenso verfahren."

"Der Nutzen dieser Thiere für das Land ist sehr groß. Man rechnet im Durchschnitt auf jeden
Wal eine Tonne Thran, welche im Handel mit elf Thaler bezahlt wird. Fleisch und Speck werden
frisch gegessen und eingesalzen getrocknet. Je frischer das Fleisch zerschnitten wird, desto besser der
Geschmack. Jch habe das frische Walfleisch gekocht recht gern gegessen; es hat Aehnlichkeit mit gro-
bem eingepöckelten Rindfleisch. Der Speck hat fast gar keinen Geschmack, war mir aber widerlich.
Wenn die Färinger vierzehn Tage lang frisches Walfleisch gehabt haben, glänzen ihre Gesichter und
Hände, sogar die Haare von Fett. Nach 48 Stunden ist das Fleisch nicht mehr zu genießen und
wirkt als Brechmittel. Die Haut an den Finnen wird zu Riemen an den Rudern gebraucht, und
von den Gerippen werden Befriedigungen für das Land gemacht; der Magen wird aufgeblasen und
zur Aufbewahrung von Thran angewandt, sodaß nur die Eingeweide unbenutzt bleiben, welche durch
Bote in die See hinausgeschleppt werden, damit sie nicht am Lande faulen."



Die Delfine. — Der Grind oder ſchwarze Delfin.
Verwundeten in die See hinaus, und der ganze Haufe folgt. Tritt die Nacht ein, bevor man zum
Schlachten kommt, ſo ſchließen die Bote einen engen Halbkreis vor der Bucht und die Leute zünden
Feuer an; dann meint der Grind, es ſei der Mond, zieht ſich gegen denſelben an und hält ſich ruhig
bis zum Morgen, an dem dann die Blutarbeit beginnt. — Oftmals ſind ſie entkommen, weil die
Geräthe nicht gehörig im Stande geweſen ſind; deshalb wird jetzt im Juni von dem Amtmann und
den Syſſelmännern eine allgemeine Unterſuchung vorgenommen und dasjenige Bot beſtraft, welches
nicht zum Fange gut ausgerüſtet befunden.‟

„Nach einer Stunde Ruhe wurden die Körper neben einander gelegt, geſchätzt und ihre Größe
mit römiſchen Zahlen in die Haut eingeſchnitten. Die Vertheilung geſchieht nach der Größe des
Landbeſitzes, noch ebenſo wie ſie ſeit undenklichen Zeiten vorgenommen wurde. Nachdem nämlich der
Beauftragte jeden Fiſch gemeſſen und geſchätzt hat, wird von dem Haufen abgezogen der Zehnte, der
Findlingswal, der Madwal, der Schadenwal, der Wachtſold, die Vertheilungsgebühren und der
Antheil der Armen. Der Zehnte zerfällt in drei Theile, von denen die Kirche einen, der Prediger
einen und der König oder deſſen Vertreter, der Syſſelmann, einen empfängt. Der Findlingswal
gebührt demjenigen Bote, welches den Grind entdeckt hat und kann nach Belieben gewählt werden;
der Botsmann, welcher den Grind zuerſt geſehen hat, bekommt den Kopf. Der Mad- oder Speiſe-
wal iſt ein kleiner Grind, welcher von den Anweſenden ſofort verzehrt wird. Aus dem Gewinn,
welchen der Schadenwal abwirft, werden die beſchädigten Bote, Ruder und Geräthe vergütet. Der
Wachtſold bezahlt die Leute, welche des Nachts oder ſo lange die Fiſche nicht vertheilt worden ſind,
bei dieſen wachen müſſen, damit ſie nicht wegtreiben. Was nun nachbleibt, wird in zwei gleiche
Hälften getheilt, von denen die Leute des Kirchſpiels, in welchem der Fang geſchehen iſt, die eine und
das Land die andere bekommt. Jedes Dorf hat eine beſtimmte Anzahl Bote, und zu jedem Bote
gehören beſtimmte Leute. Die Wale werden deshalb botweiſe vertheilt. Sobald Grindabud er-
ſchallt, werden Boten an alle Dörfer verſandt, welche bei der Vertheilung in Frage kommen, und
dieſe müſſen dann ſogleich ihre Bote abſchicken, um ihren Antheil zu holen. Kommen ſie nicht inner-
halb 24 oder höchſtens 48 Stunden nach der allgemeinen Vertheilung zu dem Walplatze, ſo wird ihr
Antheil den Meiſtbietenden verkauft, und das daraus gelöſte Geld fällt der Armenkaſſe zu. Der
Grund iſt der, daß nach zwei Tagen die Wale verderben, ranzig und ungenießbar werden. Der
Färinger ſagt: die Leber brenne nach außen.‟

„Nachdem jedem Bote ſein Antheil zugewieſen war, wurden die Fiſche zerlegt. Dies geſchieht
in folgender Weiſe. Sobald ſie auf das Land gezogen ſind, werden zuerſt die Finnen ab- und dann
der Körper in der Mitte durchgeſchnitten. Nun wird der Speck in etwa 1½ Fuß breiten Streifen,
darauf das Fleiſch in Stücke von 40 bis 50 Pfund abgelöſt, Leber, Herz und Niere, die ſchmackhaf-
teſten Biſſen für die Färinger, herausgenommen und darauf der Rumpf umgekehrt und mit der an-
deren Seite ebenſo verfahren.‟

„Der Nutzen dieſer Thiere für das Land iſt ſehr groß. Man rechnet im Durchſchnitt auf jeden
Wal eine Tonne Thran, welche im Handel mit elf Thaler bezahlt wird. Fleiſch und Speck werden
friſch gegeſſen und eingeſalzen getrocknet. Je friſcher das Fleiſch zerſchnitten wird, deſto beſſer der
Geſchmack. Jch habe das friſche Walfleiſch gekocht recht gern gegeſſen; es hat Aehnlichkeit mit gro-
bem eingepöckelten Rindfleiſch. Der Speck hat faſt gar keinen Geſchmack, war mir aber widerlich.
Wenn die Färinger vierzehn Tage lang friſches Walfleiſch gehabt haben, glänzen ihre Geſichter und
Hände, ſogar die Haare von Fett. Nach 48 Stunden iſt das Fleiſch nicht mehr zu genießen und
wirkt als Brechmittel. Die Haut an den Finnen wird zu Riemen an den Rudern gebraucht, und
von den Gerippen werden Befriedigungen für das Land gemacht; der Magen wird aufgeblaſen und
zur Aufbewahrung von Thran angewandt, ſodaß nur die Eingeweide unbenutzt bleiben, welche durch
Bote in die See hinausgeſchleppt werden, damit ſie nicht am Lande faulen.‟



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[842/0890] Die Delfine. — Der Grind oder ſchwarze Delfin. Verwundeten in die See hinaus, und der ganze Haufe folgt. Tritt die Nacht ein, bevor man zum Schlachten kommt, ſo ſchließen die Bote einen engen Halbkreis vor der Bucht und die Leute zünden Feuer an; dann meint der Grind, es ſei der Mond, zieht ſich gegen denſelben an und hält ſich ruhig bis zum Morgen, an dem dann die Blutarbeit beginnt. — Oftmals ſind ſie entkommen, weil die Geräthe nicht gehörig im Stande geweſen ſind; deshalb wird jetzt im Juni von dem Amtmann und den Syſſelmännern eine allgemeine Unterſuchung vorgenommen und dasjenige Bot beſtraft, welches nicht zum Fange gut ausgerüſtet befunden.‟ „Nach einer Stunde Ruhe wurden die Körper neben einander gelegt, geſchätzt und ihre Größe mit römiſchen Zahlen in die Haut eingeſchnitten. Die Vertheilung geſchieht nach der Größe des Landbeſitzes, noch ebenſo wie ſie ſeit undenklichen Zeiten vorgenommen wurde. Nachdem nämlich der Beauftragte jeden Fiſch gemeſſen und geſchätzt hat, wird von dem Haufen abgezogen der Zehnte, der Findlingswal, der Madwal, der Schadenwal, der Wachtſold, die Vertheilungsgebühren und der Antheil der Armen. Der Zehnte zerfällt in drei Theile, von denen die Kirche einen, der Prediger einen und der König oder deſſen Vertreter, der Syſſelmann, einen empfängt. Der Findlingswal gebührt demjenigen Bote, welches den Grind entdeckt hat und kann nach Belieben gewählt werden; der Botsmann, welcher den Grind zuerſt geſehen hat, bekommt den Kopf. Der Mad- oder Speiſe- wal iſt ein kleiner Grind, welcher von den Anweſenden ſofort verzehrt wird. Aus dem Gewinn, welchen der Schadenwal abwirft, werden die beſchädigten Bote, Ruder und Geräthe vergütet. Der Wachtſold bezahlt die Leute, welche des Nachts oder ſo lange die Fiſche nicht vertheilt worden ſind, bei dieſen wachen müſſen, damit ſie nicht wegtreiben. Was nun nachbleibt, wird in zwei gleiche Hälften getheilt, von denen die Leute des Kirchſpiels, in welchem der Fang geſchehen iſt, die eine und das Land die andere bekommt. Jedes Dorf hat eine beſtimmte Anzahl Bote, und zu jedem Bote gehören beſtimmte Leute. Die Wale werden deshalb botweiſe vertheilt. Sobald Grindabud er- ſchallt, werden Boten an alle Dörfer verſandt, welche bei der Vertheilung in Frage kommen, und dieſe müſſen dann ſogleich ihre Bote abſchicken, um ihren Antheil zu holen. Kommen ſie nicht inner- halb 24 oder höchſtens 48 Stunden nach der allgemeinen Vertheilung zu dem Walplatze, ſo wird ihr Antheil den Meiſtbietenden verkauft, und das daraus gelöſte Geld fällt der Armenkaſſe zu. Der Grund iſt der, daß nach zwei Tagen die Wale verderben, ranzig und ungenießbar werden. Der Färinger ſagt: die Leber brenne nach außen.‟ „Nachdem jedem Bote ſein Antheil zugewieſen war, wurden die Fiſche zerlegt. Dies geſchieht in folgender Weiſe. Sobald ſie auf das Land gezogen ſind, werden zuerſt die Finnen ab- und dann der Körper in der Mitte durchgeſchnitten. Nun wird der Speck in etwa 1½ Fuß breiten Streifen, darauf das Fleiſch in Stücke von 40 bis 50 Pfund abgelöſt, Leber, Herz und Niere, die ſchmackhaf- teſten Biſſen für die Färinger, herausgenommen und darauf der Rumpf umgekehrt und mit der an- deren Seite ebenſo verfahren.‟ „Der Nutzen dieſer Thiere für das Land iſt ſehr groß. Man rechnet im Durchſchnitt auf jeden Wal eine Tonne Thran, welche im Handel mit elf Thaler bezahlt wird. Fleiſch und Speck werden friſch gegeſſen und eingeſalzen getrocknet. Je friſcher das Fleiſch zerſchnitten wird, deſto beſſer der Geſchmack. Jch habe das friſche Walfleiſch gekocht recht gern gegeſſen; es hat Aehnlichkeit mit gro- bem eingepöckelten Rindfleiſch. Der Speck hat faſt gar keinen Geſchmack, war mir aber widerlich. Wenn die Färinger vierzehn Tage lang friſches Walfleiſch gehabt haben, glänzen ihre Geſichter und Hände, ſogar die Haare von Fett. Nach 48 Stunden iſt das Fleiſch nicht mehr zu genießen und wirkt als Brechmittel. Die Haut an den Finnen wird zu Riemen an den Rudern gebraucht, und von den Gerippen werden Befriedigungen für das Land gemacht; der Magen wird aufgeblaſen und zur Aufbewahrung von Thran angewandt, ſodaß nur die Eingeweide unbenutzt bleiben, welche durch Bote in die See hinausgeſchleppt werden, damit ſie nicht am Lande faulen.‟

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 842. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/890>, abgerufen am 23.11.2024.