Die Döglinge (Chenodelphinus) reihen sich den wahren Delfinen zunächst an, weil sie noch die Rückenflosse derselben besitzen. Jhr Körperbau ist sehr kräftig, die halbmondförmige Schwanz- finne, die großen Brust- und Rückenflossen dagegen sind sehr klein. Mit zunehmendem Alter verliert ihre Schnabelschnauze sämmtliche Zähne, welche sie im Jugendalter trug. Man kennt gegenwärtig zwei Arten dieser Sippe, unter welchen der Dögling (Chenodelphinus rostratus) die bekanntere ist. Er ist ein großer Delfin von 20 bis 28 Fuß Länge und 13 bis 14 Fuß Leibesumfang, am ganzen Leibe gleichmäßig schwarz gefärbt.
Der nördliche Theil des atlantischen Weltmeeres und das Eismeer sind seine Heimat; im stillen Weltmeer ist er bisjetzt noch nicht angetroffen worden. Jm Norden Lapplands und bei Spitzbergen scheint er am häufigsten zu sein.
Ueber seine Lebensweise ist bisher nur sehr wenig bekannt geworden; sie mag im ganzen wohl an das Treiben der Delfine erinnern. Der Dögling ist, ungeachtet seines Körperbaues, doch ein furchtbarerer Räuber, wie leicht erklärlich aber größeren Thieren vollkommen ungefährlich. Kopf- füßler, schalenlose Weichthiere, Seegurken und höchstens noch kleine Fische bilden seine Nahrung. Davon verzehrt er freilich ungeheure Mengen; man fand in einem getödteten die Reste von etwa tausend Thieren.
Der Dögling ist wiederholt an den Küsten Englands, Frankreichs, Hollands, Deutschlands, Schwedens und Rußlands, ja, sogar Jtaliens gestrandet. Jm September 1788 lief bei Honfleur ein Weibchen mit ihrem Kinde auf. Die Mutter bemühte sich lange, das Junge flott zu machen und fand dadurch ihren Tod. Fischer, welche beide Thiere bemerkt hatten, zogen das Junge voll- ends an das Land und verwundeten nun die treue Mutter tödtlich; zwar gelang es derselben noch, die offene See zu gewinnen, allein am folgenden Tage fand man sie drei Meilen von jener Stelle entfernt entseelt am Strande.
Schon im Jahre 1819 verössentlichte Humboldt Beobachtungen über einen die süßen Ge- wässer Südamerikas bewohnenden Delfin, ohne jedoch eine nähere Beschreibung desselben zu geben. Desmarest erhielt im folgenden Jahre das fragliche Thier aus dem Museum zu Lissabon und be- schrieb es, aber noch immer sehr kurz und unvollständig. Genauere Nachrichten übergaben der Oeffentlichkeit unsere verdienstvollen Landsleute Spix und Martius im Jahre 1831. Aber erst dem Franzosen D'Orbigny verdanken wir die endgiltige Beschreibung. Dieser Forscher, welcher bald nach Spix und Martius Peru bereiste, war so glücklich, das Thier selbst zu erhalten. Mit den Forschungen unserer Landsleute unbekannt, erfuhr er zu seiner nicht geringen Verwun- derung, daß im tiefen Jnneren des südamerikanischen Festlandes, fünfhundert Meilen vom atlan- tischen Weltmeere, ein großer Fisch lebe, welchen er der Beschreibung nach nur als Delfin zu deuten vermochte. Selbstverständlich war der Mann äußerst begierig, dieses fragliche Thier kennen zu lernen. Die Jndianer waren jedoch mit dem Gebrauch der Harpune so wenig vertraut, daß sie ihm den Delfin nicht zu liefern vermochten. Endlich erlangte er ihn bei dem brasilianischen Grenz- posten Principe Dobeira, dessen Soldaten sich mit diesem Fang beschäftigten, und erhielt hierdurch Gelegenheit, ihn zu zeichnen und zu beschreiben.
Die Jnia der Guarayos, der Bufeo der Spanier oder die Bote der Brasilianer (Inia amazonica) ist ein Delfin, bei welchem sich die Schnauze noch mehr verlängert, als beim Dögling. Sie wird zu einem schmalen, rundlichen, stumpfen, steifbehaarten Schnabel, welcher in jeder Kinn- lade 66 oder 68 spitze Zähne mit gekrümmten und kräftigen Kronen trägt. Der schlanke Leib besitzt lange, am oberen Ende ausgeschnittene und gegen die Spitze zu sichelförmig verschmälerte Brust- finnen, eine nicht lappige Schwanzflosse und eine sehr niedere Fettflosse auf dem Rücken. Die Leibeslänge schwankt zwischen 7 bis 10 Fuß; bei einem Thiere von 61/2 Fuß Länge wird die Rücken-
Die Delfine. — Die Bote.
Die Döglinge (Chenodelphinus) reihen ſich den wahren Delfinen zunächſt an, weil ſie noch die Rückenfloſſe derſelben beſitzen. Jhr Körperbau iſt ſehr kräftig, die halbmondförmige Schwanz- finne, die großen Bruſt- und Rückenfloſſen dagegen ſind ſehr klein. Mit zunehmendem Alter verliert ihre Schnabelſchnauze ſämmtliche Zähne, welche ſie im Jugendalter trug. Man kennt gegenwärtig zwei Arten dieſer Sippe, unter welchen der Dögling (Chenodelphinus rostratus) die bekanntere iſt. Er iſt ein großer Delfin von 20 bis 28 Fuß Länge und 13 bis 14 Fuß Leibesumfang, am ganzen Leibe gleichmäßig ſchwarz gefärbt.
Der nördliche Theil des atlantiſchen Weltmeeres und das Eismeer ſind ſeine Heimat; im ſtillen Weltmeer iſt er bisjetzt noch nicht angetroffen worden. Jm Norden Lapplands und bei Spitzbergen ſcheint er am häufigſten zu ſein.
Ueber ſeine Lebensweiſe iſt bisher nur ſehr wenig bekannt geworden; ſie mag im ganzen wohl an das Treiben der Delfine erinnern. Der Dögling iſt, ungeachtet ſeines Körperbaues, doch ein furchtbarerer Räuber, wie leicht erklärlich aber größeren Thieren vollkommen ungefährlich. Kopf- füßler, ſchalenloſe Weichthiere, Seegurken und höchſtens noch kleine Fiſche bilden ſeine Nahrung. Davon verzehrt er freilich ungeheure Mengen; man fand in einem getödteten die Reſte von etwa tauſend Thieren.
Der Dögling iſt wiederholt an den Küſten Englands, Frankreichs, Hollands, Deutſchlands, Schwedens und Rußlands, ja, ſogar Jtaliens geſtrandet. Jm September 1788 lief bei Honfleur ein Weibchen mit ihrem Kinde auf. Die Mutter bemühte ſich lange, das Junge flott zu machen und fand dadurch ihren Tod. Fiſcher, welche beide Thiere bemerkt hatten, zogen das Junge voll- ends an das Land und verwundeten nun die treue Mutter tödtlich; zwar gelang es derſelben noch, die offene See zu gewinnen, allein am folgenden Tage fand man ſie drei Meilen von jener Stelle entfernt entſeelt am Strande.
Schon im Jahre 1819 veröſſentlichte Humboldt Beobachtungen über einen die ſüßen Ge- wäſſer Südamerikas bewohnenden Delfin, ohne jedoch eine nähere Beſchreibung deſſelben zu geben. Desmareſt erhielt im folgenden Jahre das fragliche Thier aus dem Muſeum zu Liſſabon und be- ſchrieb es, aber noch immer ſehr kurz und unvollſtändig. Genauere Nachrichten übergaben der Oeffentlichkeit unſere verdienſtvollen Landsleute Spix und Martius im Jahre 1831. Aber erſt dem Franzoſen D’Orbigny verdanken wir die endgiltige Beſchreibung. Dieſer Forſcher, welcher bald nach Spix und Martius Peru bereiſte, war ſo glücklich, das Thier ſelbſt zu erhalten. Mit den Forſchungen unſerer Landsleute unbekannt, erfuhr er zu ſeiner nicht geringen Verwun- derung, daß im tiefen Jnneren des ſüdamerikaniſchen Feſtlandes, fünfhundert Meilen vom atlan- tiſchen Weltmeere, ein großer Fiſch lebe, welchen er der Beſchreibung nach nur als Delfin zu deuten vermochte. Selbſtverſtändlich war der Mann äußerſt begierig, dieſes fragliche Thier kennen zu lernen. Die Jndianer waren jedoch mit dem Gebrauch der Harpune ſo wenig vertraut, daß ſie ihm den Delfin nicht zu liefern vermochten. Endlich erlangte er ihn bei dem braſilianiſchen Grenz- poſten Principe Dobeira, deſſen Soldaten ſich mit dieſem Fang beſchäftigten, und erhielt hierdurch Gelegenheit, ihn zu zeichnen und zu beſchreiben.
Die Jnia der Guarayos, der Bufeo der Spanier oder die Bote der Braſilianer (Inia amazonica) iſt ein Delfin, bei welchem ſich die Schnauze noch mehr verlängert, als beim Dögling. Sie wird zu einem ſchmalen, rundlichen, ſtumpfen, ſteifbehaarten Schnabel, welcher in jeder Kinn- lade 66 oder 68 ſpitze Zähne mit gekrümmten und kräftigen Kronen trägt. Der ſchlanke Leib beſitzt lange, am oberen Ende ausgeſchnittene und gegen die Spitze zu ſichelförmig verſchmälerte Bruſt- finnen, eine nicht lappige Schwanzfloſſe und eine ſehr niedere Fettfloſſe auf dem Rücken. Die Leibeslänge ſchwankt zwiſchen 7 bis 10 Fuß; bei einem Thiere von 6½ Fuß Länge wird die Rücken-
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finne, die großen Bruſt- und Rückenfloſſen dagegen ſind ſehr klein. Mit zunehmendem Alter verliert
ihre Schnabelſchnauze ſämmtliche Zähne, welche ſie im Jugendalter trug. Man kennt gegenwärtig
zwei Arten dieſer Sippe, unter welchen der Dögling (Chenodelphinus rostratus) die bekanntere
iſt. Er iſt ein großer Delfin von 20 bis 28 Fuß Länge und 13 bis 14 Fuß Leibesumfang, am
ganzen Leibe gleichmäßig ſchwarz gefärbt.
Der nördliche Theil des atlantiſchen Weltmeeres und das Eismeer ſind ſeine Heimat; im ſtillen
Weltmeer iſt er bisjetzt noch nicht angetroffen worden. Jm Norden Lapplands und bei Spitzbergen
ſcheint er am häufigſten zu ſein.
Ueber ſeine Lebensweiſe iſt bisher nur ſehr wenig bekannt geworden; ſie mag im ganzen wohl
an das Treiben der Delfine erinnern. Der Dögling iſt, ungeachtet ſeines Körperbaues, doch ein
furchtbarerer Räuber, wie leicht erklärlich aber größeren Thieren vollkommen ungefährlich. Kopf-
füßler, ſchalenloſe Weichthiere, Seegurken und höchſtens noch kleine Fiſche bilden ſeine Nahrung.
Davon verzehrt er freilich ungeheure Mengen; man fand in einem getödteten die Reſte von etwa
tauſend Thieren.
Der Dögling iſt wiederholt an den Küſten Englands, Frankreichs, Hollands, Deutſchlands,
Schwedens und Rußlands, ja, ſogar Jtaliens geſtrandet. Jm September 1788 lief bei Honfleur
ein Weibchen mit ihrem Kinde auf. Die Mutter bemühte ſich lange, das Junge flott zu machen
und fand dadurch ihren Tod. Fiſcher, welche beide Thiere bemerkt hatten, zogen das Junge voll-
ends an das Land und verwundeten nun die treue Mutter tödtlich; zwar gelang es derſelben noch,
die offene See zu gewinnen, allein am folgenden Tage fand man ſie drei Meilen von jener
Stelle entfernt entſeelt am Strande.
Schon im Jahre 1819 veröſſentlichte Humboldt Beobachtungen über einen die ſüßen Ge-
wäſſer Südamerikas bewohnenden Delfin, ohne jedoch eine nähere Beſchreibung deſſelben zu geben.
Desmareſt erhielt im folgenden Jahre das fragliche Thier aus dem Muſeum zu Liſſabon und be-
ſchrieb es, aber noch immer ſehr kurz und unvollſtändig. Genauere Nachrichten übergaben der
Oeffentlichkeit unſere verdienſtvollen Landsleute Spix und Martius im Jahre 1831. Aber
erſt dem Franzoſen D’Orbigny verdanken wir die endgiltige Beſchreibung. Dieſer Forſcher,
welcher bald nach Spix und Martius Peru bereiſte, war ſo glücklich, das Thier ſelbſt zu erhalten.
Mit den Forſchungen unſerer Landsleute unbekannt, erfuhr er zu ſeiner nicht geringen Verwun-
derung, daß im tiefen Jnneren des ſüdamerikaniſchen Feſtlandes, fünfhundert Meilen vom atlan-
tiſchen Weltmeere, ein großer Fiſch lebe, welchen er der Beſchreibung nach nur als Delfin zu deuten
vermochte. Selbſtverſtändlich war der Mann äußerſt begierig, dieſes fragliche Thier kennen zu
lernen. Die Jndianer waren jedoch mit dem Gebrauch der Harpune ſo wenig vertraut, daß ſie ihm
den Delfin nicht zu liefern vermochten. Endlich erlangte er ihn bei dem braſilianiſchen Grenz-
poſten Principe Dobeira, deſſen Soldaten ſich mit dieſem Fang beſchäftigten, und erhielt hierdurch
Gelegenheit, ihn zu zeichnen und zu beſchreiben.
Die Jnia der Guarayos, der Bufeo der Spanier oder die Bote der Braſilianer (Inia
amazonica) iſt ein Delfin, bei welchem ſich die Schnauze noch mehr verlängert, als beim Dögling.
Sie wird zu einem ſchmalen, rundlichen, ſtumpfen, ſteifbehaarten Schnabel, welcher in jeder Kinn-
lade 66 oder 68 ſpitze Zähne mit gekrümmten und kräftigen Kronen trägt. Der ſchlanke Leib beſitzt
lange, am oberen Ende ausgeſchnittene und gegen die Spitze zu ſichelförmig verſchmälerte Bruſt-
finnen, eine nicht lappige Schwanzfloſſe und eine ſehr niedere Fettfloſſe auf dem Rücken. Die
Leibeslänge ſchwankt zwiſchen 7 bis 10 Fuß; bei einem Thiere von 6½ Fuß Länge wird die Rücken-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/900>, abgerufen am 23.11.2024.
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