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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Pottfisch.
liegt eine mehrere Zoll dicke Specklage und endlich die kahle, fast vollkommen glatte, glänzende
Haut. Sie ist von einer trübschwarzen, am Unterleibe, dem Schwanze und dem Unterkiefer stellen-
weise lichteren Farbe. Die Zunge ist mit ihrer ganzen Unterseite am Grunde des Unterkiefers fest-
gewachsen, der Magen viertheilig, der Darm funfzehn Mal so lang, als der Leib, die Luftröhre
in drei Hauptzweige gespalten. Außerdem verdient noch ein eigenthümlicher, als Harnblase zu den-
tender Sack Beachtung. Er liegt über der Wurzel der Ruthe und steht mit einer durch diese ver-
laufenden Röhre und einer zweiten, welche zu den Nieren führt, in Verbindung. Eine dunkle,
orangenfarbige, ölige Flüssigkeit füllt ihn, und zuweilen schwimmen in dieser kugelartige Klumpen
von 3 bis 12 Zoll im Durchmesser und 12 bis 20 Pfund Gewicht umher, wahrscheinlich krankhafte
Erzeugnisse, dem Harnstein anderer Thiere vergleichbar. Sie sind der bekannte, sehr hochgeschätzte
Amber.

Der Pottfisch ist Weltbürger. Alle Meere der Erde beherbergen ihn, und wenn er sich auch
in den Meeren rings um den Pol südlich und nördlich des 60. Grades der Breite nur selten fin-
det, so darf man doch annehmen, daß er hier ebenfalls zuweilen sich herumtreibt. Als seine eigent-
liche Heimat betrachtet man die Meere der südlichen Erdhälfte. Dahin steuern die Schiffer, welche
den Fang dieses Riesen betreiben, und vonhieraus wandert derselbe, wie man annimmt, durch alle
Meere der Erde. Auch an den europäischen Küsten gehört er nicht zu den Seltenheiten. Die Ge-
schichtsbücher aller Länder, ebensowohl die älteren, wie die neueren, berichten von Pottfischen,
welche an ihren Küsten strandeten. Nach Art der Delfine zieht das riesige Thier in Scharen durch
das Meer, die tiefsten Stellen desselben auswählend. Gern treibt es sich in der Nähe der steilen
Küsten umher, ängstlich vermeidet es die ihm so gefährlichen Seichten. Die Walfischfänger berichten,
daß jeder Herde immer ein großes, altes Männchen vorstehe, welches den Zug leite und die Weib-
chen und Jungen, aus denen die übrige Herde bestehe, vor den Angriffen feindlicher Thiere
schütze. Alte männliche Thiere durchziehen wohl auch einzeln die Fluth oder scharen sich wenigstens
nur in kleine Gesellschaften zusammen. Zu gewissen Zeiten sollen sich auch mehrere Herden vereinigen
und dann zu Hunderten mit einander sich umhertreiben.

Hinsichtlich seiner Bewegung erinnert der Pottfisch mehr an die Delfine, als an die Barten-
wale. Er gibt den schnellsten Mitgliedern seiner Ordnung wenig nach. Schon bei ruhigem Schwim-
men legt er drei bis vier englische Meilen in der Stunde zurück, bei schnellerem Schwimmen jagt er
durch die Fluthen, daß das Wasser brausend aufkocht und die ruhige See Wellen erzeugt, welche weit-
hin sich verbreiten. Dann wetteifert er an Schnelligkeit mit jedem Schiffe. Schon von weitem
erkennt man den Pottfisch an seinen Bewegungen. Bei ruhigem Schwimmen gleitet er leicht unter
der Wasserfläche dahin, bei schnellerem schlägt er so heftig mit dem Schwanze auf und nieder, daß
sein Kopf bald tief untersinkt, bald wieder hoch emportaucht. Gar nicht selten stellt er sich senkrecht
in das Wasser, entweder den Kopf oder die Schwanzfinne hoch über den Spiegel emporhaltend und
hierdurch von den meisten anderen Walen sich unterscheidend; ja es kommt auch vor, daß er plötzlich
mit großer Wucht sich über das Wasser emporschnellt, zwei, drei Mal hinter einander, und sich dann
für längere Zeit tief in die Fluthen versenkt. Die Mitglieder einer Gesellschaft ordnen sich gewöhnlich
in eine lange Reihe, einer hinter dem anderen, und tauchen zu gleicher Zeit auf und nieder, blasen
zugleich ihre Wassersäulen in die Luft und verschwinden fast in demselben Augenblick unter den
Fluthen. Selten sind die Thiere ruhig; blos wenn sie schlafen, liegen sie fast bewegungslos auf der
Oberfläche des Wassers.

Man hat erfahren, daß der Pottfisch 20 Minuten unter dem Wasser verweilen kann; nach Ab-
lauf dieser Frist aber muß er zur Oberfläche emporsteigen, um von neuem die ungeheure Menge sei-
nes Blutes zu reinigen. Jn Zwischenzeiten von 10 bis 15 Sekunden athmet er dann 30 bis 60
Mal nach einander, entkohlt hierdurch sein Blut und ist nun zu gleich langem Tauchen geschickt. Bei
heftigen Bewegungen, z. B. bei Verfolgungen, athmet er rasch und ununterbrochen. Geübte Walfisch-
fänger versichern, daß sie durch das Gehör allein den Pottfisch von allen übrigen Walen unterscheiden.

Der Pottfiſch.
liegt eine mehrere Zoll dicke Specklage und endlich die kahle, faſt vollkommen glatte, glänzende
Haut. Sie iſt von einer trübſchwarzen, am Unterleibe, dem Schwanze und dem Unterkiefer ſtellen-
weiſe lichteren Farbe. Die Zunge iſt mit ihrer ganzen Unterſeite am Grunde des Unterkiefers feſt-
gewachſen, der Magen viertheilig, der Darm funfzehn Mal ſo lang, als der Leib, die Luftröhre
in drei Hauptzweige geſpalten. Außerdem verdient noch ein eigenthümlicher, als Harnblaſe zu den-
tender Sack Beachtung. Er liegt über der Wurzel der Ruthe und ſteht mit einer durch dieſe ver-
laufenden Röhre und einer zweiten, welche zu den Nieren führt, in Verbindung. Eine dunkle,
orangenfarbige, ölige Flüſſigkeit füllt ihn, und zuweilen ſchwimmen in dieſer kugelartige Klumpen
von 3 bis 12 Zoll im Durchmeſſer und 12 bis 20 Pfund Gewicht umher, wahrſcheinlich krankhafte
Erzeugniſſe, dem Harnſtein anderer Thiere vergleichbar. Sie ſind der bekannte, ſehr hochgeſchätzte
Amber.

Der Pottfiſch iſt Weltbürger. Alle Meere der Erde beherbergen ihn, und wenn er ſich auch
in den Meeren rings um den Pol ſüdlich und nördlich des 60. Grades der Breite nur ſelten fin-
det, ſo darf man doch annehmen, daß er hier ebenfalls zuweilen ſich herumtreibt. Als ſeine eigent-
liche Heimat betrachtet man die Meere der ſüdlichen Erdhälfte. Dahin ſteuern die Schiffer, welche
den Fang dieſes Rieſen betreiben, und vonhieraus wandert derſelbe, wie man annimmt, durch alle
Meere der Erde. Auch an den europäiſchen Küſten gehört er nicht zu den Seltenheiten. Die Ge-
ſchichtsbücher aller Länder, ebenſowohl die älteren, wie die neueren, berichten von Pottfiſchen,
welche an ihren Küſten ſtrandeten. Nach Art der Delfine zieht das rieſige Thier in Scharen durch
das Meer, die tiefſten Stellen deſſelben auswählend. Gern treibt es ſich in der Nähe der ſteilen
Küſten umher, ängſtlich vermeidet es die ihm ſo gefährlichen Seichten. Die Walfiſchfänger berichten,
daß jeder Herde immer ein großes, altes Männchen vorſtehe, welches den Zug leite und die Weib-
chen und Jungen, aus denen die übrige Herde beſtehe, vor den Angriffen feindlicher Thiere
ſchütze. Alte männliche Thiere durchziehen wohl auch einzeln die Fluth oder ſcharen ſich wenigſtens
nur in kleine Geſellſchaften zuſammen. Zu gewiſſen Zeiten ſollen ſich auch mehrere Herden vereinigen
und dann zu Hunderten mit einander ſich umhertreiben.

Hinſichtlich ſeiner Bewegung erinnert der Pottfiſch mehr an die Delfine, als an die Barten-
wale. Er gibt den ſchnellſten Mitgliedern ſeiner Ordnung wenig nach. Schon bei ruhigem Schwim-
men legt er drei bis vier engliſche Meilen in der Stunde zurück, bei ſchnellerem Schwimmen jagt er
durch die Fluthen, daß das Waſſer brauſend aufkocht und die ruhige See Wellen erzeugt, welche weit-
hin ſich verbreiten. Dann wetteifert er an Schnelligkeit mit jedem Schiffe. Schon von weitem
erkennt man den Pottfiſch an ſeinen Bewegungen. Bei ruhigem Schwimmen gleitet er leicht unter
der Waſſerfläche dahin, bei ſchnellerem ſchlägt er ſo heftig mit dem Schwanze auf und nieder, daß
ſein Kopf bald tief unterſinkt, bald wieder hoch emportaucht. Gar nicht ſelten ſtellt er ſich ſenkrecht
in das Waſſer, entweder den Kopf oder die Schwanzfinne hoch über den Spiegel emporhaltend und
hierdurch von den meiſten anderen Walen ſich unterſcheidend; ja es kommt auch vor, daß er plötzlich
mit großer Wucht ſich über das Waſſer emporſchnellt, zwei, drei Mal hinter einander, und ſich dann
für längere Zeit tief in die Fluthen verſenkt. Die Mitglieder einer Geſellſchaft ordnen ſich gewöhnlich
in eine lange Reihe, einer hinter dem anderen, und tauchen zu gleicher Zeit auf und nieder, blaſen
zugleich ihre Waſſerſäulen in die Luft und verſchwinden faſt in demſelben Augenblick unter den
Fluthen. Selten ſind die Thiere ruhig; blos wenn ſie ſchlafen, liegen ſie faſt bewegungslos auf der
Oberfläche des Waſſers.

Man hat erfahren, daß der Pottfiſch 20 Minuten unter dem Waſſer verweilen kann; nach Ab-
lauf dieſer Friſt aber muß er zur Oberfläche emporſteigen, um von neuem die ungeheure Menge ſei-
nes Blutes zu reinigen. Jn Zwiſchenzeiten von 10 bis 15 Sekunden athmet er dann 30 bis 60
Mal nach einander, entkohlt hierdurch ſein Blut und iſt nun zu gleich langem Tauchen geſchickt. Bei
heftigen Bewegungen, z. B. bei Verfolgungen, athmet er raſch und ununterbrochen. Geübte Walfiſch-
fänger verſichern, daß ſie durch das Gehör allein den Pottfiſch von allen übrigen Walen unterſcheiden.

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[858/0906] Der Pottfiſch. liegt eine mehrere Zoll dicke Specklage und endlich die kahle, faſt vollkommen glatte, glänzende Haut. Sie iſt von einer trübſchwarzen, am Unterleibe, dem Schwanze und dem Unterkiefer ſtellen- weiſe lichteren Farbe. Die Zunge iſt mit ihrer ganzen Unterſeite am Grunde des Unterkiefers feſt- gewachſen, der Magen viertheilig, der Darm funfzehn Mal ſo lang, als der Leib, die Luftröhre in drei Hauptzweige geſpalten. Außerdem verdient noch ein eigenthümlicher, als Harnblaſe zu den- tender Sack Beachtung. Er liegt über der Wurzel der Ruthe und ſteht mit einer durch dieſe ver- laufenden Röhre und einer zweiten, welche zu den Nieren führt, in Verbindung. Eine dunkle, orangenfarbige, ölige Flüſſigkeit füllt ihn, und zuweilen ſchwimmen in dieſer kugelartige Klumpen von 3 bis 12 Zoll im Durchmeſſer und 12 bis 20 Pfund Gewicht umher, wahrſcheinlich krankhafte Erzeugniſſe, dem Harnſtein anderer Thiere vergleichbar. Sie ſind der bekannte, ſehr hochgeſchätzte Amber. Der Pottfiſch iſt Weltbürger. Alle Meere der Erde beherbergen ihn, und wenn er ſich auch in den Meeren rings um den Pol ſüdlich und nördlich des 60. Grades der Breite nur ſelten fin- det, ſo darf man doch annehmen, daß er hier ebenfalls zuweilen ſich herumtreibt. Als ſeine eigent- liche Heimat betrachtet man die Meere der ſüdlichen Erdhälfte. Dahin ſteuern die Schiffer, welche den Fang dieſes Rieſen betreiben, und vonhieraus wandert derſelbe, wie man annimmt, durch alle Meere der Erde. Auch an den europäiſchen Küſten gehört er nicht zu den Seltenheiten. Die Ge- ſchichtsbücher aller Länder, ebenſowohl die älteren, wie die neueren, berichten von Pottfiſchen, welche an ihren Küſten ſtrandeten. Nach Art der Delfine zieht das rieſige Thier in Scharen durch das Meer, die tiefſten Stellen deſſelben auswählend. Gern treibt es ſich in der Nähe der ſteilen Küſten umher, ängſtlich vermeidet es die ihm ſo gefährlichen Seichten. Die Walfiſchfänger berichten, daß jeder Herde immer ein großes, altes Männchen vorſtehe, welches den Zug leite und die Weib- chen und Jungen, aus denen die übrige Herde beſtehe, vor den Angriffen feindlicher Thiere ſchütze. Alte männliche Thiere durchziehen wohl auch einzeln die Fluth oder ſcharen ſich wenigſtens nur in kleine Geſellſchaften zuſammen. Zu gewiſſen Zeiten ſollen ſich auch mehrere Herden vereinigen und dann zu Hunderten mit einander ſich umhertreiben. Hinſichtlich ſeiner Bewegung erinnert der Pottfiſch mehr an die Delfine, als an die Barten- wale. Er gibt den ſchnellſten Mitgliedern ſeiner Ordnung wenig nach. Schon bei ruhigem Schwim- men legt er drei bis vier engliſche Meilen in der Stunde zurück, bei ſchnellerem Schwimmen jagt er durch die Fluthen, daß das Waſſer brauſend aufkocht und die ruhige See Wellen erzeugt, welche weit- hin ſich verbreiten. Dann wetteifert er an Schnelligkeit mit jedem Schiffe. Schon von weitem erkennt man den Pottfiſch an ſeinen Bewegungen. Bei ruhigem Schwimmen gleitet er leicht unter der Waſſerfläche dahin, bei ſchnellerem ſchlägt er ſo heftig mit dem Schwanze auf und nieder, daß ſein Kopf bald tief unterſinkt, bald wieder hoch emportaucht. Gar nicht ſelten ſtellt er ſich ſenkrecht in das Waſſer, entweder den Kopf oder die Schwanzfinne hoch über den Spiegel emporhaltend und hierdurch von den meiſten anderen Walen ſich unterſcheidend; ja es kommt auch vor, daß er plötzlich mit großer Wucht ſich über das Waſſer emporſchnellt, zwei, drei Mal hinter einander, und ſich dann für längere Zeit tief in die Fluthen verſenkt. Die Mitglieder einer Geſellſchaft ordnen ſich gewöhnlich in eine lange Reihe, einer hinter dem anderen, und tauchen zu gleicher Zeit auf und nieder, blaſen zugleich ihre Waſſerſäulen in die Luft und verſchwinden faſt in demſelben Augenblick unter den Fluthen. Selten ſind die Thiere ruhig; blos wenn ſie ſchlafen, liegen ſie faſt bewegungslos auf der Oberfläche des Waſſers. Man hat erfahren, daß der Pottfiſch 20 Minuten unter dem Waſſer verweilen kann; nach Ab- lauf dieſer Friſt aber muß er zur Oberfläche emporſteigen, um von neuem die ungeheure Menge ſei- nes Blutes zu reinigen. Jn Zwiſchenzeiten von 10 bis 15 Sekunden athmet er dann 30 bis 60 Mal nach einander, entkohlt hierdurch ſein Blut und iſt nun zu gleich langem Tauchen geſchickt. Bei heftigen Bewegungen, z. B. bei Verfolgungen, athmet er raſch und ununterbrochen. Geübte Walfiſch- fänger verſichern, daß ſie durch das Gehör allein den Pottfiſch von allen übrigen Walen unterſcheiden.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/906>, abgerufen am 23.11.2024.