den echten Hörnchen, als letzteren. Der dünn behaarte Schwanz ist etwas kürzer, als der Körper, die Füße sind fünfzehig, der Pelz ist kurz und nicht sehr weich, auf dem Rücken gewöhnlich durch scharfe Längsstreifen ausgezeichnet. Man kennt nur wenige Arten, welche Osteuropa, Sibirien und Nordamerika bewohnen.
Unter ihnen ist der Burunduk oder das gestreifte sibirische Backenhörnchen (Tamias striata) unzweifelhaft eins der merkwürdigsten, schon aus dem Grunde, weil es in Amerika einen ihm so täuschend ähnlichen Vertreter hat, daß beider Arttrennung heute noch in Frage steht. Unsere Abbildung zeigt uns letztgenannte Art (Tamias Lysteri); sie kann aber, unbeschadet ihrer Richtig- keit, auch zur bildlichen Erläuterung der ersteren dienen. Der Burunduk ist kleiner, als das ge- meine Eichhorn, ohne den fast vier Zoll langen Schwanz blos fünf und einen halben Zoll lang, und am Widerrist nicht über zwei Zoll hoch. Er ist etwas plumper und kräftiger gebaut, als unser Hörnchen; ähnelt diesem hinsichtlich des Gebisses fast vollständig. Der Kopf ist länglich, mit wenig vorstehender, rundlicher und feinbehaarter Nase, großen, schwarzen Augen und kurzen, kleinen Ohren; die Gliedmaßen sind ziemlich stark, und die Daumenwarze der Vorderfüße mit einem kleinen Hornplättchen an der Stelle des Nagels bedeckt; die Sohlen sind nackt; der Schwanz ist
[Abbildung]
Das amerikanische Erdeichhorn (Tamias Lysteri).
lang, auf der Haut geringelt und ringsum schwach buschig behaart. Der Pelz ist kurz und rauh, aber dicht anliegend, die Schnurren sind fein, kürzer, als der Kopf, und in fünf Reihen an der Oberlippe vertheilt. Einige Borstenhaare befinden sich an den Wangen und über den Augen. Die Färbung ist am Kopf, Hals und den Leibesseiten gelblich untermischt mit langen, weißspitzigen Haaren, an den Seiten des Kopfes abwechselnd mit helleren, graulichgelben und dunklerbraunen Streifen gezeichnet. Ueber den Rücken verlaufen der Länge nach in ungleichen Zwischenräumen fünf schwarze Binden, deren mittelste die Rückgratslinie bezeichnet; die nächsten beiden ziehen sich von den Schultern zu den Hinterschenkeln und schließen ein blaßgelbes oder auch weißgelbliches Band zwischen sich ein. An der ganzen Unterseite ist der Burunduk graulichweiß gefärbt, der Schwanz ist oben schwärzlich, unten gelblich, die Schnurren sind schwarz, die Krallen braun.
Ein großer Theil des nördlichen Asien und ein kleines Stück Osteuropa's sind die Heimat unseres Thierchens. Der Wohnkreis wird etwa von den Flüssen Dwina und Kana und östlich von dem ochotzkischen Meerbusen und dem Golf von Anadyr begrenzt. Das Erdeichhorn lebt blos in Wäldern, und zwar ebensowohl im Schwarzwald, als in Birkengehölzen, am häufigsten in Zirbel- kieferbeständen. Unter den Wurzeln dieser Bäume legt es sich eine ziemlich kunstlose, einfache Höhle an, welche mit zwei bis drei seitwärts liegenden Vorrathskammern in Verbindung steht und durch
Die Erd- oder Backenhörnchen.
den echten Hörnchen, als letzteren. Der dünn behaarte Schwanz iſt etwas kürzer, als der Körper, die Füße ſind fünfzehig, der Pelz iſt kurz und nicht ſehr weich, auf dem Rücken gewöhnlich durch ſcharfe Längsſtreifen ausgezeichnet. Man kennt nur wenige Arten, welche Oſteuropa, Sibirien und Nordamerika bewohnen.
Unter ihnen iſt der Burunduk oder das geſtreifte ſibiriſche Backenhörnchen (Tamias striata) unzweifelhaft eins der merkwürdigſten, ſchon aus dem Grunde, weil es in Amerika einen ihm ſo täuſchend ähnlichen Vertreter hat, daß beider Arttrennung heute noch in Frage ſteht. Unſere Abbildung zeigt uns letztgenannte Art (Tamias Lysteri); ſie kann aber, unbeſchadet ihrer Richtig- keit, auch zur bildlichen Erläuterung der erſteren dienen. Der Burunduk iſt kleiner, als das ge- meine Eichhorn, ohne den faſt vier Zoll langen Schwanz blos fünf und einen halben Zoll lang, und am Widerriſt nicht über zwei Zoll hoch. Er iſt etwas plumper und kräftiger gebaut, als unſer Hörnchen; ähnelt dieſem hinſichtlich des Gebiſſes faſt vollſtändig. Der Kopf iſt länglich, mit wenig vorſtehender, rundlicher und feinbehaarter Naſe, großen, ſchwarzen Augen und kurzen, kleinen Ohren; die Gliedmaßen ſind ziemlich ſtark, und die Daumenwarze der Vorderfüße mit einem kleinen Hornplättchen an der Stelle des Nagels bedeckt; die Sohlen ſind nackt; der Schwanz iſt
[Abbildung]
Das amerikaniſche Erdeichhorn (Tamias Lysteri).
lang, auf der Haut geringelt und ringsum ſchwach buſchig behaart. Der Pelz iſt kurz und rauh, aber dicht anliegend, die Schnurren ſind fein, kürzer, als der Kopf, und in fünf Reihen an der Oberlippe vertheilt. Einige Borſtenhaare befinden ſich an den Wangen und über den Augen. Die Färbung iſt am Kopf, Hals und den Leibesſeiten gelblich untermiſcht mit langen, weißſpitzigen Haaren, an den Seiten des Kopfes abwechſelnd mit helleren, graulichgelben und dunklerbraunen Streifen gezeichnet. Ueber den Rücken verlaufen der Länge nach in ungleichen Zwiſchenräumen fünf ſchwarze Binden, deren mittelſte die Rückgratslinie bezeichnet; die nächſten beiden ziehen ſich von den Schultern zu den Hinterſchenkeln und ſchließen ein blaßgelbes oder auch weißgelbliches Band zwiſchen ſich ein. An der ganzen Unterſeite iſt der Burunduk graulichweiß gefärbt, der Schwanz iſt oben ſchwärzlich, unten gelblich, die Schnurren ſind ſchwarz, die Krallen braun.
Ein großer Theil des nördlichen Aſien und ein kleines Stück Oſteuropa’s ſind die Heimat unſeres Thierchens. Der Wohnkreis wird etwa von den Flüſſen Dwina und Kana und öſtlich von dem ochotzkiſchen Meerbuſen und dem Golf von Anadyr begrenzt. Das Erdeichhorn lebt blos in Wäldern, und zwar ebenſowohl im Schwarzwald, als in Birkengehölzen, am häufigſten in Zirbel- kieferbeſtänden. Unter den Wurzeln dieſer Bäume legt es ſich eine ziemlich kunſtloſe, einfache Höhle an, welche mit zwei bis drei ſeitwärts liegenden Vorrathskammern in Verbindung ſteht und durch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0092"n="78"/><fwplace="top"type="header">Die Erd- oder Backenhörnchen.</fw><lb/>
den echten Hörnchen, als letzteren. Der dünn behaarte Schwanz iſt etwas kürzer, als der Körper,<lb/>
die Füße ſind fünfzehig, der Pelz iſt kurz und nicht ſehr weich, auf dem Rücken gewöhnlich durch<lb/>ſcharfe Längsſtreifen ausgezeichnet. Man kennt nur wenige Arten, welche Oſteuropa, Sibirien und<lb/>
Nordamerika bewohnen.</p><lb/><p>Unter ihnen iſt der <hirendition="#g">Burunduk</hi> oder das geſtreifte <hirendition="#g">ſibiriſche Backenhörnchen</hi> (<hirendition="#aq">Tamias<lb/>
striata</hi>) unzweifelhaft eins der merkwürdigſten, ſchon aus dem Grunde, weil es in Amerika einen<lb/>
ihm ſo täuſchend ähnlichen Vertreter hat, daß beider Arttrennung heute noch in Frage ſteht. Unſere<lb/>
Abbildung zeigt uns letztgenannte Art (<hirendition="#aq">Tamias Lysteri</hi>); ſie kann aber, unbeſchadet ihrer Richtig-<lb/>
keit, auch zur bildlichen Erläuterung der erſteren dienen. Der Burunduk iſt kleiner, als das ge-<lb/>
meine Eichhorn, ohne den faſt vier Zoll langen Schwanz blos fünf und einen halben Zoll lang,<lb/>
und am Widerriſt nicht über zwei Zoll hoch. Er iſt etwas plumper und kräftiger gebaut, als<lb/>
unſer Hörnchen; ähnelt dieſem hinſichtlich des Gebiſſes faſt vollſtändig. Der Kopf iſt länglich,<lb/>
mit wenig vorſtehender, rundlicher und feinbehaarter Naſe, großen, ſchwarzen Augen und kurzen,<lb/>
kleinen Ohren; die Gliedmaßen ſind ziemlich ſtark, und die Daumenwarze der Vorderfüße mit einem<lb/>
kleinen Hornplättchen an der Stelle des Nagels bedeckt; die Sohlen ſind nackt; der Schwanz iſt<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Das amerikaniſche Erdeichhorn</hi> (<hirendition="#aq">Tamias Lysteri</hi>).</hi></head></figure><lb/>
lang, auf der Haut geringelt und ringsum ſchwach buſchig behaart. Der Pelz iſt kurz und rauh,<lb/>
aber dicht anliegend, die Schnurren ſind fein, kürzer, als der Kopf, und in fünf Reihen an der<lb/>
Oberlippe vertheilt. Einige Borſtenhaare befinden ſich an den Wangen und über den Augen. Die<lb/>
Färbung iſt am Kopf, Hals und den Leibesſeiten gelblich untermiſcht mit langen, weißſpitzigen<lb/>
Haaren, an den Seiten des Kopfes abwechſelnd mit helleren, graulichgelben und dunklerbraunen<lb/>
Streifen gezeichnet. Ueber den Rücken verlaufen der Länge nach in ungleichen Zwiſchenräumen fünf<lb/>ſchwarze Binden, deren mittelſte die Rückgratslinie bezeichnet; die nächſten beiden ziehen ſich von<lb/>
den Schultern zu den Hinterſchenkeln und ſchließen ein blaßgelbes oder auch weißgelbliches Band<lb/>
zwiſchen ſich ein. An der ganzen Unterſeite iſt der Burunduk graulichweiß gefärbt, der Schwanz iſt<lb/>
oben ſchwärzlich, unten gelblich, die Schnurren ſind ſchwarz, die Krallen braun.</p><lb/><p>Ein großer Theil des nördlichen Aſien und ein kleines Stück Oſteuropa’s ſind die Heimat<lb/>
unſeres Thierchens. Der Wohnkreis wird etwa von den Flüſſen Dwina und Kana und öſtlich von<lb/>
dem ochotzkiſchen Meerbuſen und dem Golf von Anadyr begrenzt. Das Erdeichhorn lebt blos in<lb/>
Wäldern, und zwar ebenſowohl im Schwarzwald, als in Birkengehölzen, am häufigſten in Zirbel-<lb/>
kieferbeſtänden. Unter den Wurzeln dieſer Bäume legt es ſich eine ziemlich kunſtloſe, einfache Höhle<lb/>
an, welche mit zwei bis drei ſeitwärts liegenden Vorrathskammern in Verbindung ſteht und durch<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[78/0092]
Die Erd- oder Backenhörnchen.
den echten Hörnchen, als letzteren. Der dünn behaarte Schwanz iſt etwas kürzer, als der Körper,
die Füße ſind fünfzehig, der Pelz iſt kurz und nicht ſehr weich, auf dem Rücken gewöhnlich durch
ſcharfe Längsſtreifen ausgezeichnet. Man kennt nur wenige Arten, welche Oſteuropa, Sibirien und
Nordamerika bewohnen.
Unter ihnen iſt der Burunduk oder das geſtreifte ſibiriſche Backenhörnchen (Tamias
striata) unzweifelhaft eins der merkwürdigſten, ſchon aus dem Grunde, weil es in Amerika einen
ihm ſo täuſchend ähnlichen Vertreter hat, daß beider Arttrennung heute noch in Frage ſteht. Unſere
Abbildung zeigt uns letztgenannte Art (Tamias Lysteri); ſie kann aber, unbeſchadet ihrer Richtig-
keit, auch zur bildlichen Erläuterung der erſteren dienen. Der Burunduk iſt kleiner, als das ge-
meine Eichhorn, ohne den faſt vier Zoll langen Schwanz blos fünf und einen halben Zoll lang,
und am Widerriſt nicht über zwei Zoll hoch. Er iſt etwas plumper und kräftiger gebaut, als
unſer Hörnchen; ähnelt dieſem hinſichtlich des Gebiſſes faſt vollſtändig. Der Kopf iſt länglich,
mit wenig vorſtehender, rundlicher und feinbehaarter Naſe, großen, ſchwarzen Augen und kurzen,
kleinen Ohren; die Gliedmaßen ſind ziemlich ſtark, und die Daumenwarze der Vorderfüße mit einem
kleinen Hornplättchen an der Stelle des Nagels bedeckt; die Sohlen ſind nackt; der Schwanz iſt
[Abbildung Das amerikaniſche Erdeichhorn (Tamias Lysteri).]
lang, auf der Haut geringelt und ringsum ſchwach buſchig behaart. Der Pelz iſt kurz und rauh,
aber dicht anliegend, die Schnurren ſind fein, kürzer, als der Kopf, und in fünf Reihen an der
Oberlippe vertheilt. Einige Borſtenhaare befinden ſich an den Wangen und über den Augen. Die
Färbung iſt am Kopf, Hals und den Leibesſeiten gelblich untermiſcht mit langen, weißſpitzigen
Haaren, an den Seiten des Kopfes abwechſelnd mit helleren, graulichgelben und dunklerbraunen
Streifen gezeichnet. Ueber den Rücken verlaufen der Länge nach in ungleichen Zwiſchenräumen fünf
ſchwarze Binden, deren mittelſte die Rückgratslinie bezeichnet; die nächſten beiden ziehen ſich von
den Schultern zu den Hinterſchenkeln und ſchließen ein blaßgelbes oder auch weißgelbliches Band
zwiſchen ſich ein. An der ganzen Unterſeite iſt der Burunduk graulichweiß gefärbt, der Schwanz iſt
oben ſchwärzlich, unten gelblich, die Schnurren ſind ſchwarz, die Krallen braun.
Ein großer Theil des nördlichen Aſien und ein kleines Stück Oſteuropa’s ſind die Heimat
unſeres Thierchens. Der Wohnkreis wird etwa von den Flüſſen Dwina und Kana und öſtlich von
dem ochotzkiſchen Meerbuſen und dem Golf von Anadyr begrenzt. Das Erdeichhorn lebt blos in
Wäldern, und zwar ebenſowohl im Schwarzwald, als in Birkengehölzen, am häufigſten in Zirbel-
kieferbeſtänden. Unter den Wurzeln dieſer Bäume legt es ſich eine ziemlich kunſtloſe, einfache Höhle
an, welche mit zwei bis drei ſeitwärts liegenden Vorrathskammern in Verbindung ſteht und durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/92>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.