der Flügel ausgenommen, zu wechseln, und dieser Wechsel hält, allmählich vorschreitend, einige Monate an."
"Noch vor der Mauser oder nach deren Beginn fangen die gesunden jungen Männchen an zu singen und sind eben daran zu erkennen, daß sie Zusammenhängendes hervorbringen, während die Weibchen nur Abgebrochenes hören lassen."
"Es kommt nicht gar selten der unangenehme Fall vor, daß Weibchen, die zu gut gefüttert worden, von neuem zu brüten beginnen, während ihre Jungen noch im Neste sitzen, oder doch noch nicht selbst fressen, und daß sie sich dann um ihre Jungen gar nicht mehr bekümmern. -- Die Männ- chen füttern entweder gleich von vorn herein gar nicht, oder sie füttern, und wenn mehrere Weibchen bei ihnen, so füttern sie doch nur die Jungen ihres Lieblingsweibchens. -- Füttert also das Männ- chen, so ist keine Noth da. Mehrmals habe ich auch den Fall gehabt, daß die Jungen der vorher- gehenden Bruten sich der kleinen hilflosen Geschwister erbarmten und sie füttertem -- Geschieht von Alledem Nichts, so übernimmt man die Fütterung selbst, schneidet aus einem Gänsestiel ein Löffel- chen und gibt eine Mischung von gequelltem und dann zerriebenem Rübsamen, etwas zerriebenem Mohn und mit Wasser angefeuchteten Semmelkrumen. -- Vorjährige Weibchen pflegen zwei bis drei Bruten, jede zu drei bis fünf Eiern, zu machen, ältere drei bis vier mit drei bis sechs, oder seltener sieben Eiern. Geht eine Brut zu Grunde, so tritt auch der Fall ein, daß ein Weibchen deren fünf macht."
"Während der Heckzeit sehe man darauf, daß der Boden mit Sand und einigen Lehmstückchen, zugleich auch mit zerstoßenen Schalen von Hühnereiern oder Schnecken bestreut sei, statt deren auch weißer Kalk aus Wänden dienen kann. -- Die Fütterung während der Zeit des Brütens und des Aufziehens der Jungen betreffend, so halte ich es fürs beste, gar Nichts zu geben, als erstens trocke- nen Sommerrübsamen, zweitens in einem besonderen Napf in Wasser gequellten Rübsamen, drittens in Wasser geweichte alte Semmel. Jn heißer Zeit muß, wenn Junge da sind, um Mittag neues Semmelfutter zurecht gemacht werden. -- Einweichen der Semmel in Milch ist immer gefährlich, weil diese Masse zu leicht säuert; hart gekochtes Ei gebe man gar nicht. Die aus der Hecke genommenen Jungen müssen noch etwa zwei Monate lang neben trockenem Rübsamen und eingeweichter Semmel auch in Wasser gequellten Rübsamen bekommen."
"Bei der Paarung der Kanarienvögel kommt es auf nahe oder ferne Verwandtschaft gar nicht an; nur Geschwister derselben Brut taugen nicht zusammen."
"Recht zahme Stieglitz-, Erlenzeisig-, Hänflings- und Grünlingsmännchen paaren sich in der Gefangenschaft ziemlich leicht mit Kanarienweibchen; die so gezogenen Bastarde leisten im Singen viel weniger, als echte Kanarienvögel, sind zur Fortpflanzung in ihrem zweiten Lebensjahre untauglich und leisten später in dieser Hinsicht auch nicht viel."
"Der Versuch, Kanarienvögel zum Aus- und Einfliegen zu gewöhnen, ist nicht schwierig und findet bald durch Raubvögel und andere Feinde sein Ende."
"Will man ein Kanarienvögelchen recht zahm machen, so gibt man ihm weder Speise, noch Trank in den Käfig und zwingt es so, Köruchen, Krümchen und Wassertropfen von der Hand zu nehmen."
"Der Kanarienvogel ist ein sehr gelehriges Thierchen. Es werden welche für Geld gezeigt, die die Buchstaben eines ihnen vorgesagten Wortes aus einem in Reihe und Glied liegenden ABC holen und das Wort daraus zusammensetzen; die aus einer Reihe von verschiedenfarbigen Läppchen die be- fohlene Arbeit aussuchen; die subtrahiren, addiren, dividiren, multipliciren, indem sie die verlangte Zahl aus einer Reihe von hingelegten Zahlen hervorsuchen; andere, die auf Befehl singen; die zu sterben scheinen, wenn ein Kanönchen auf sie abgefeuert wird, sich dann von zwei andern auf einem Wägelchen zu Grabe fahren lassen, dort wieder erwachen und ein schönes Stückchen singen u. s. w. -- Jede Abrichtung eines Kanarienvogels oder Stieglitzes zu Kunststückchen geschieht, wie beim Hunde oder Pferde, hauptsächlich durch Hunger, und die Belohnung besteht in einem Hanfkorn oder Zucker- stückchen. Er thut Alles auf Zeichen seines Herrn, die er genau kennt. Soll er z. B. ein Wort aus
Brehm, Thierleben. III. 9
Kanarienvogel.
der Flügel ausgenommen, zu wechſeln, und dieſer Wechſel hält, allmählich vorſchreitend, einige Monate an.‟
„Noch vor der Mauſer oder nach deren Beginn fangen die geſunden jungen Männchen an zu ſingen und ſind eben daran zu erkennen, daß ſie Zuſammenhängendes hervorbringen, während die Weibchen nur Abgebrochenes hören laſſen.‟
„Es kommt nicht gar ſelten der unangenehme Fall vor, daß Weibchen, die zu gut gefüttert worden, von neuem zu brüten beginnen, während ihre Jungen noch im Neſte ſitzen, oder doch noch nicht ſelbſt freſſen, und daß ſie ſich dann um ihre Jungen gar nicht mehr bekümmern. — Die Männ- chen füttern entweder gleich von vorn herein gar nicht, oder ſie füttern, und wenn mehrere Weibchen bei ihnen, ſo füttern ſie doch nur die Jungen ihres Lieblingsweibchens. — Füttert alſo das Männ- chen, ſo iſt keine Noth da. Mehrmals habe ich auch den Fall gehabt, daß die Jungen der vorher- gehenden Bruten ſich der kleinen hilfloſen Geſchwiſter erbarmten und ſie füttertem — Geſchieht von Alledem Nichts, ſo übernimmt man die Fütterung ſelbſt, ſchneidet aus einem Gänſeſtiel ein Löffel- chen und gibt eine Miſchung von gequelltem und dann zerriebenem Rübſamen, etwas zerriebenem Mohn und mit Waſſer angefeuchteten Semmelkrumen. — Vorjährige Weibchen pflegen zwei bis drei Bruten, jede zu drei bis fünf Eiern, zu machen, ältere drei bis vier mit drei bis ſechs, oder ſeltener ſieben Eiern. Geht eine Brut zu Grunde, ſo tritt auch der Fall ein, daß ein Weibchen deren fünf macht.‟
„Während der Heckzeit ſehe man darauf, daß der Boden mit Sand und einigen Lehmſtückchen, zugleich auch mit zerſtoßenen Schalen von Hühnereiern oder Schnecken beſtreut ſei, ſtatt deren auch weißer Kalk aus Wänden dienen kann. — Die Fütterung während der Zeit des Brütens und des Aufziehens der Jungen betreffend, ſo halte ich es fürs beſte, gar Nichts zu geben, als erſtens trocke- nen Sommerrübſamen, zweitens in einem beſonderen Napf in Waſſer gequellten Rübſamen, drittens in Waſſer geweichte alte Semmel. Jn heißer Zeit muß, wenn Junge da ſind, um Mittag neues Semmelfutter zurecht gemacht werden. — Einweichen der Semmel in Milch iſt immer gefährlich, weil dieſe Maſſe zu leicht ſäuert; hart gekochtes Ei gebe man gar nicht. Die aus der Hecke genommenen Jungen müſſen noch etwa zwei Monate lang neben trockenem Rübſamen und eingeweichter Semmel auch in Waſſer gequellten Rübſamen bekommen.‟
„Bei der Paarung der Kanarienvögel kommt es auf nahe oder ferne Verwandtſchaft gar nicht an; nur Geſchwiſter derſelben Brut taugen nicht zuſammen.‟
„Recht zahme Stieglitz-, Erlenzeiſig-, Hänflings- und Grünlingsmännchen paaren ſich in der Gefangenſchaft ziemlich leicht mit Kanarienweibchen; die ſo gezogenen Baſtarde leiſten im Singen viel weniger, als echte Kanarienvögel, ſind zur Fortpflanzung in ihrem zweiten Lebensjahre untauglich und leiſten ſpäter in dieſer Hinſicht auch nicht viel.‟
„Der Verſuch, Kanarienvögel zum Aus- und Einfliegen zu gewöhnen, iſt nicht ſchwierig und findet bald durch Raubvögel und andere Feinde ſein Ende.‟
„Will man ein Kanarienvögelchen recht zahm machen, ſo gibt man ihm weder Speiſe, noch Trank in den Käfig und zwingt es ſo, Köruchen, Krümchen und Waſſertropfen von der Hand zu nehmen.‟
„Der Kanarienvogel iſt ein ſehr gelehriges Thierchen. Es werden welche für Geld gezeigt, die die Buchſtaben eines ihnen vorgeſagten Wortes aus einem in Reihe und Glied liegenden ABC holen und das Wort daraus zuſammenſetzen; die aus einer Reihe von verſchiedenfarbigen Läppchen die be- fohlene Arbeit ausſuchen; die ſubtrahiren, addiren, dividiren, multipliciren, indem ſie die verlangte Zahl aus einer Reihe von hingelegten Zahlen hervorſuchen; andere, die auf Befehl ſingen; die zu ſterben ſcheinen, wenn ein Kanönchen auf ſie abgefeuert wird, ſich dann von zwei andern auf einem Wägelchen zu Grabe fahren laſſen, dort wieder erwachen und ein ſchönes Stückchen ſingen u. ſ. w. — Jede Abrichtung eines Kanarienvogels oder Stieglitzes zu Kunſtſtückchen geſchieht, wie beim Hunde oder Pferde, hauptſächlich durch Hunger, und die Belohnung beſteht in einem Hanfkorn oder Zucker- ſtückchen. Er thut Alles auf Zeichen ſeines Herrn, die er genau kennt. Soll er z. B. ein Wort aus
Brehm, Thierleben. III. 9
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0147"n="129"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Kanarienvogel.</hi></fw><lb/>
der Flügel ausgenommen, zu wechſeln, und dieſer Wechſel hält, allmählich vorſchreitend, einige<lb/>
Monate an.‟</p><lb/><p>„Noch vor der Mauſer oder nach deren Beginn fangen die geſunden jungen Männchen an zu<lb/>ſingen und ſind eben daran zu erkennen, daß ſie Zuſammenhängendes hervorbringen, während die<lb/>
Weibchen nur Abgebrochenes hören laſſen.‟</p><lb/><p>„Es kommt nicht gar ſelten der unangenehme Fall vor, daß Weibchen, die zu gut gefüttert<lb/>
worden, von neuem zu brüten beginnen, während ihre Jungen noch im Neſte ſitzen, oder doch noch<lb/>
nicht ſelbſt freſſen, und daß ſie ſich dann um ihre Jungen gar nicht mehr bekümmern. — Die Männ-<lb/>
chen füttern entweder gleich von vorn herein gar nicht, oder ſie füttern, und wenn mehrere Weibchen<lb/>
bei ihnen, ſo füttern ſie doch nur die Jungen ihres Lieblingsweibchens. — Füttert alſo das Männ-<lb/>
chen, ſo iſt keine Noth da. Mehrmals habe ich auch den Fall gehabt, daß die Jungen der vorher-<lb/>
gehenden Bruten ſich der kleinen hilfloſen Geſchwiſter erbarmten und ſie füttertem — Geſchieht von<lb/>
Alledem Nichts, ſo übernimmt man die Fütterung ſelbſt, ſchneidet aus einem Gänſeſtiel ein Löffel-<lb/>
chen und gibt eine Miſchung von gequelltem und dann zerriebenem Rübſamen, etwas zerriebenem<lb/>
Mohn und mit Waſſer angefeuchteten Semmelkrumen. — Vorjährige Weibchen pflegen zwei bis drei<lb/>
Bruten, jede zu drei bis fünf Eiern, zu machen, ältere drei bis vier mit drei bis ſechs, oder ſeltener<lb/>ſieben Eiern. Geht eine Brut zu Grunde, ſo tritt auch der Fall ein, daß ein Weibchen deren<lb/>
fünf macht.‟</p><lb/><p>„Während der Heckzeit ſehe man darauf, daß der Boden mit Sand und einigen Lehmſtückchen,<lb/>
zugleich auch mit zerſtoßenen Schalen von Hühnereiern oder Schnecken beſtreut ſei, ſtatt deren auch<lb/>
weißer Kalk aus Wänden dienen kann. — Die Fütterung während der Zeit des Brütens und des<lb/>
Aufziehens der Jungen betreffend, ſo halte ich es fürs beſte, gar Nichts zu geben, als erſtens trocke-<lb/>
nen Sommerrübſamen, zweitens in einem beſonderen Napf in Waſſer gequellten Rübſamen, drittens<lb/>
in Waſſer geweichte alte Semmel. Jn heißer Zeit muß, wenn Junge da ſind, um Mittag neues<lb/>
Semmelfutter zurecht gemacht werden. — Einweichen der Semmel in Milch iſt immer gefährlich, weil<lb/>
dieſe Maſſe zu leicht ſäuert; hart gekochtes Ei gebe man gar nicht. Die aus der Hecke genommenen<lb/>
Jungen müſſen noch etwa zwei Monate lang neben trockenem Rübſamen und eingeweichter Semmel<lb/>
auch in Waſſer gequellten Rübſamen bekommen.‟</p><lb/><p>„Bei der Paarung der Kanarienvögel kommt es auf nahe oder ferne Verwandtſchaft gar nicht<lb/>
an; nur Geſchwiſter derſelben Brut taugen nicht zuſammen.‟</p><lb/><p>„Recht zahme Stieglitz-, Erlenzeiſig-, Hänflings- und Grünlingsmännchen paaren ſich in der<lb/>
Gefangenſchaft ziemlich leicht mit Kanarienweibchen; die ſo gezogenen Baſtarde leiſten im Singen viel<lb/>
weniger, als echte Kanarienvögel, ſind zur Fortpflanzung in ihrem zweiten Lebensjahre untauglich<lb/>
und leiſten ſpäter in dieſer Hinſicht auch nicht viel.‟</p><lb/><p>„Der Verſuch, Kanarienvögel zum Aus- und Einfliegen zu gewöhnen, iſt nicht ſchwierig und<lb/>
findet bald durch Raubvögel und andere Feinde ſein Ende.‟</p><lb/><p>„Will man ein Kanarienvögelchen recht zahm machen, ſo gibt man ihm weder Speiſe, noch Trank<lb/>
in den Käfig und zwingt es ſo, Köruchen, Krümchen und Waſſertropfen von der Hand zu nehmen.‟</p><lb/><p>„Der Kanarienvogel iſt ein ſehr gelehriges Thierchen. Es werden welche für Geld gezeigt, die<lb/>
die Buchſtaben eines ihnen vorgeſagten Wortes aus einem in Reihe und Glied liegenden ABC holen<lb/>
und das Wort daraus zuſammenſetzen; die aus einer Reihe von verſchiedenfarbigen Läppchen die be-<lb/>
fohlene Arbeit ausſuchen; die ſubtrahiren, addiren, dividiren, multipliciren, indem ſie die verlangte<lb/>
Zahl aus einer Reihe von hingelegten Zahlen hervorſuchen; andere, die auf Befehl ſingen; die zu<lb/>ſterben ſcheinen, wenn ein Kanönchen auf ſie abgefeuert wird, ſich dann von zwei andern auf einem<lb/>
Wägelchen zu Grabe fahren laſſen, dort wieder erwachen und ein ſchönes Stückchen ſingen u. ſ. w. —<lb/>
Jede Abrichtung eines Kanarienvogels oder Stieglitzes zu Kunſtſtückchen geſchieht, wie beim Hunde<lb/>
oder Pferde, hauptſächlich durch Hunger, und die Belohnung beſteht in einem Hanfkorn oder Zucker-<lb/>ſtückchen. Er thut Alles auf Zeichen ſeines Herrn, die er genau kennt. Soll er z. B. ein Wort aus<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hirendition="#aq">III.</hi> 9</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[129/0147]
Kanarienvogel.
der Flügel ausgenommen, zu wechſeln, und dieſer Wechſel hält, allmählich vorſchreitend, einige
Monate an.‟
„Noch vor der Mauſer oder nach deren Beginn fangen die geſunden jungen Männchen an zu
ſingen und ſind eben daran zu erkennen, daß ſie Zuſammenhängendes hervorbringen, während die
Weibchen nur Abgebrochenes hören laſſen.‟
„Es kommt nicht gar ſelten der unangenehme Fall vor, daß Weibchen, die zu gut gefüttert
worden, von neuem zu brüten beginnen, während ihre Jungen noch im Neſte ſitzen, oder doch noch
nicht ſelbſt freſſen, und daß ſie ſich dann um ihre Jungen gar nicht mehr bekümmern. — Die Männ-
chen füttern entweder gleich von vorn herein gar nicht, oder ſie füttern, und wenn mehrere Weibchen
bei ihnen, ſo füttern ſie doch nur die Jungen ihres Lieblingsweibchens. — Füttert alſo das Männ-
chen, ſo iſt keine Noth da. Mehrmals habe ich auch den Fall gehabt, daß die Jungen der vorher-
gehenden Bruten ſich der kleinen hilfloſen Geſchwiſter erbarmten und ſie füttertem — Geſchieht von
Alledem Nichts, ſo übernimmt man die Fütterung ſelbſt, ſchneidet aus einem Gänſeſtiel ein Löffel-
chen und gibt eine Miſchung von gequelltem und dann zerriebenem Rübſamen, etwas zerriebenem
Mohn und mit Waſſer angefeuchteten Semmelkrumen. — Vorjährige Weibchen pflegen zwei bis drei
Bruten, jede zu drei bis fünf Eiern, zu machen, ältere drei bis vier mit drei bis ſechs, oder ſeltener
ſieben Eiern. Geht eine Brut zu Grunde, ſo tritt auch der Fall ein, daß ein Weibchen deren
fünf macht.‟
„Während der Heckzeit ſehe man darauf, daß der Boden mit Sand und einigen Lehmſtückchen,
zugleich auch mit zerſtoßenen Schalen von Hühnereiern oder Schnecken beſtreut ſei, ſtatt deren auch
weißer Kalk aus Wänden dienen kann. — Die Fütterung während der Zeit des Brütens und des
Aufziehens der Jungen betreffend, ſo halte ich es fürs beſte, gar Nichts zu geben, als erſtens trocke-
nen Sommerrübſamen, zweitens in einem beſonderen Napf in Waſſer gequellten Rübſamen, drittens
in Waſſer geweichte alte Semmel. Jn heißer Zeit muß, wenn Junge da ſind, um Mittag neues
Semmelfutter zurecht gemacht werden. — Einweichen der Semmel in Milch iſt immer gefährlich, weil
dieſe Maſſe zu leicht ſäuert; hart gekochtes Ei gebe man gar nicht. Die aus der Hecke genommenen
Jungen müſſen noch etwa zwei Monate lang neben trockenem Rübſamen und eingeweichter Semmel
auch in Waſſer gequellten Rübſamen bekommen.‟
„Bei der Paarung der Kanarienvögel kommt es auf nahe oder ferne Verwandtſchaft gar nicht
an; nur Geſchwiſter derſelben Brut taugen nicht zuſammen.‟
„Recht zahme Stieglitz-, Erlenzeiſig-, Hänflings- und Grünlingsmännchen paaren ſich in der
Gefangenſchaft ziemlich leicht mit Kanarienweibchen; die ſo gezogenen Baſtarde leiſten im Singen viel
weniger, als echte Kanarienvögel, ſind zur Fortpflanzung in ihrem zweiten Lebensjahre untauglich
und leiſten ſpäter in dieſer Hinſicht auch nicht viel.‟
„Der Verſuch, Kanarienvögel zum Aus- und Einfliegen zu gewöhnen, iſt nicht ſchwierig und
findet bald durch Raubvögel und andere Feinde ſein Ende.‟
„Will man ein Kanarienvögelchen recht zahm machen, ſo gibt man ihm weder Speiſe, noch Trank
in den Käfig und zwingt es ſo, Köruchen, Krümchen und Waſſertropfen von der Hand zu nehmen.‟
„Der Kanarienvogel iſt ein ſehr gelehriges Thierchen. Es werden welche für Geld gezeigt, die
die Buchſtaben eines ihnen vorgeſagten Wortes aus einem in Reihe und Glied liegenden ABC holen
und das Wort daraus zuſammenſetzen; die aus einer Reihe von verſchiedenfarbigen Läppchen die be-
fohlene Arbeit ausſuchen; die ſubtrahiren, addiren, dividiren, multipliciren, indem ſie die verlangte
Zahl aus einer Reihe von hingelegten Zahlen hervorſuchen; andere, die auf Befehl ſingen; die zu
ſterben ſcheinen, wenn ein Kanönchen auf ſie abgefeuert wird, ſich dann von zwei andern auf einem
Wägelchen zu Grabe fahren laſſen, dort wieder erwachen und ein ſchönes Stückchen ſingen u. ſ. w. —
Jede Abrichtung eines Kanarienvogels oder Stieglitzes zu Kunſtſtückchen geſchieht, wie beim Hunde
oder Pferde, hauptſächlich durch Hunger, und die Belohnung beſteht in einem Hanfkorn oder Zucker-
ſtückchen. Er thut Alles auf Zeichen ſeines Herrn, die er genau kennt. Soll er z. B. ein Wort aus
Brehm, Thierleben. III. 9
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/147>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.