Alle von 1 bis 10 genannten Schläge sind hübsch; das Werre aber ist gering; das Klapscheid taugt nichts; die Putzscheren erfüllen die Seele des Kenners mit Schaudern.
17) "Seit dem Jahre 1852 hat sich, von Südost kommend, der thüringer Weida um Schnepfenthal in bedeutender Menge angesiedelt: Zizizirrihtjibjibjibjiweidjeh."
18) "Der krause Doppelte: Zizizizüllüllüllüllüllüllteufzziah. Er heißt nur doppelt, weil er der ersten Hälfte des Schmalkalder Doppelschlages ähnlich ist."
19) "Der Schmalkalder Doppelschlag (auch der gemeine oder echte Doppelschlag genannt) verdient als der Liebling der meisten thüringer Finkenliebhaber eine besondere Besprechung. Er hat in der Mitte einen deutlichen Absatz und verdankt seinen Ruhm nicht blos seinem schönen Takt, seinen sich rein von einander scheidenden Silben, seinem glänzenden Schlusse, sondern auch dem Umstand, daß jede seiner Hälften an Silbenmenge manchem andern guten Schlage vollkommen gleichkommt. Wenn ihn das Thierchen vorträgt, so schüttert sein ganzer Körper. Man möchte denken, seine Kraft wäre schon beim ersten Theile erschöpft; aber da richtet er sich noch höher empor und schmettert auch noch den zweiten durch. -- Die Silben eines guten Schmalkalder Doppelschlags sind folgende: Zizizizizizizizizizirrrreuzipiah, tototototototozissskutziah."
Es versteht sich ganz von selbst, daß auch jeder einzelne Ton oder wenigstens jede Reihe von Tönen ihre besondere Bezeichnung hat. Der Vogel "finkt", wenn er seinen Lockton vernehmen läßt, er "rückt", wenn er den schnarrenden ausstößt, er "pfeift", wenn er die Silbe "Güpp" oder "Uelp" vernehmen läßt u. s. w. Trägt er nicht alle Silben klar und rein vor oder läßt er einige weg, so sagt man, daß er stümpere; hängt er seinem Schlage noch ein "Tütt", das sogenannte Amen, an, so behauptet man, daß er damit selbst sich loben wolle. Werden die einzelnen Silben langsam und in tiefen Tönen vorgetragen, so heißt es, daß der Fink grob schlägt, werden die Silben in hohem Tone und rasch zum Besten gegeben, so schlägt er kraus. Mancher Doppelschläger, welcher keinen Takt hält, stümpert, kurz schlägt, ist, nach Lenz, keinen Pfennig werth, während ein ausgezeichnet guter noch heutigen Tages auf 10 bis 14 Thaler und mehr geschätzt werden kann. -- Unter den übrigen Finkenliebhabern gelten andere Benennungen, zum Theil jedenfalls für dieselben Schläge, obwohl nicht verkannt werden darf, daß die Finken je nach der Gegend verschieden schlagen.
Jn früheren Zeiten war die Finkenliebhaberei zur förmlichen Leidenschaft der Gebirgsleute gewor- den. "Es gab Messerschmiede, Schalenschneider und Feilenhauer", sagt ein Berichterstatter, "welche den ganzen Tag über während ihrer Arbeit am Schraubstocke dem am Fenster hängenden Vogel vor- pfiffen, bis dieser die Stückchen eins nach dem andern nachpfiff. Am Sonntag und am Feierabend wurden die Finken anderer Liebhaber "verhört". Man durchstreifte die Wälder auf Meilen hin, um einen vorzüglichen Schläger zu erkunden, raufte sich blutig dieser Vögel wegen, ja es soll vorgekommen sein, daß ein wahrer Liebhaber als Tauschgegenstand für einen ersehnten Finken eine Kuh geboten und gegeben hat. Gegenwärtig ist die Liebhaberei überall im Abnehmen begriffen, jedoch noch keines- wegs verschwunden. Jn Belgien veranstaltet man noch heutigen Tages Wettsingen unter den Finken. Die Vögel werden nach der Angabe von Lenz jeder in seinem kleinen Käfig in Reih und Glied gestellt; das Wettsingen selbst währt eine Stunde. Eigens dazu beauftragte Leute merken bei jedem einzelnen Vogel an, wie oft er in dieser Stunde schlägt; nach der Menge der Schläge werden die Preise ver- theilt. Es soll Finken gegeben haben, welche in einer Stunde über 700 Mal geschlagen haben.
Es läßt sich erwarten, daß der gefangene Edelfink im Käfig ein erträgliches Loos genießt. Der wahre Liebhaber hält ihn so hoch in Ehren, daß er ihn gewiß keinen Mangel leiden läßt. Doch gibt es leider viele Leute, welche glauben, daß man die Finken blenden müsse, und zumal in Belgien ist dieser abscheuliche Gebrauch noch allgemein.
Der Edelfink wird immer mit leichter Mühe gefangen, in größter Menge während seines Herbst- zuges und der einzelne am sichersten in der Nistzeit; dann wird seine rege Eifersucht ihm zum Ver- derben. Man setzt einen zahmen Finken in einen Fallbauer und darf sicher sein, daß der freilebende, um einen Kampf mit demselben zu beginnen, herbeikommen und eingekerkert werden wird. Man
Edelfink.
Alle von 1 bis 10 genannten Schläge ſind hübſch; das Werre aber iſt gering; das Klapſcheid taugt nichts; die Putzſcheren erfüllen die Seele des Kenners mit Schaudern.
17) „Seit dem Jahre 1852 hat ſich, von Südoſt kommend, der thüringer Weida um Schnepfenthal in bedeutender Menge angeſiedelt: Zizizirrihtjibjibjibjiweidjeh.‟
18) „Der krauſe Doppelte: Zizizizüllüllüllüllüllüllteufzziah. Er heißt nur doppelt, weil er der erſten Hälfte des Schmalkalder Doppelſchlages ähnlich iſt.‟
19) „Der Schmalkalder Doppelſchlag (auch der gemeine oder echte Doppelſchlag genannt) verdient als der Liebling der meiſten thüringer Finkenliebhaber eine beſondere Beſprechung. Er hat in der Mitte einen deutlichen Abſatz und verdankt ſeinen Ruhm nicht blos ſeinem ſchönen Takt, ſeinen ſich rein von einander ſcheidenden Silben, ſeinem glänzenden Schluſſe, ſondern auch dem Umſtand, daß jede ſeiner Hälften an Silbenmenge manchem andern guten Schlage vollkommen gleichkommt. Wenn ihn das Thierchen vorträgt, ſo ſchüttert ſein ganzer Körper. Man möchte denken, ſeine Kraft wäre ſchon beim erſten Theile erſchöpft; aber da richtet er ſich noch höher empor und ſchmettert auch noch den zweiten durch. — Die Silben eines guten Schmalkalder Doppelſchlags ſind folgende: Zizizizizizizizizizirrrreuzipiah, tototototototoziſſſkutziah.‟
Es verſteht ſich ganz von ſelbſt, daß auch jeder einzelne Ton oder wenigſtens jede Reihe von Tönen ihre beſondere Bezeichnung hat. Der Vogel „finkt‟, wenn er ſeinen Lockton vernehmen läßt, er „rückt‟, wenn er den ſchnarrenden ausſtößt, er „pfeift‟, wenn er die Silbe „Güpp‟ oder „Uelp‟ vernehmen läßt u. ſ. w. Trägt er nicht alle Silben klar und rein vor oder läßt er einige weg, ſo ſagt man, daß er ſtümpere; hängt er ſeinem Schlage noch ein „Tütt‟, das ſogenannte Amen, an, ſo behauptet man, daß er damit ſelbſt ſich loben wolle. Werden die einzelnen Silben langſam und in tiefen Tönen vorgetragen, ſo heißt es, daß der Fink grob ſchlägt, werden die Silben in hohem Tone und raſch zum Beſten gegeben, ſo ſchlägt er kraus. Mancher Doppelſchläger, welcher keinen Takt hält, ſtümpert, kurz ſchlägt, iſt, nach Lenz, keinen Pfennig werth, während ein ausgezeichnet guter noch heutigen Tages auf 10 bis 14 Thaler und mehr geſchätzt werden kann. — Unter den übrigen Finkenliebhabern gelten andere Benennungen, zum Theil jedenfalls für dieſelben Schläge, obwohl nicht verkannt werden darf, daß die Finken je nach der Gegend verſchieden ſchlagen.
Jn früheren Zeiten war die Finkenliebhaberei zur förmlichen Leidenſchaft der Gebirgsleute gewor- den. „Es gab Meſſerſchmiede, Schalenſchneider und Feilenhauer‟, ſagt ein Berichterſtatter, „welche den ganzen Tag über während ihrer Arbeit am Schraubſtocke dem am Fenſter hängenden Vogel vor- pfiffen, bis dieſer die Stückchen eins nach dem andern nachpfiff. Am Sonntag und am Feierabend wurden die Finken anderer Liebhaber „verhört‟. Man durchſtreifte die Wälder auf Meilen hin, um einen vorzüglichen Schläger zu erkunden, raufte ſich blutig dieſer Vögel wegen, ja es ſoll vorgekommen ſein, daß ein wahrer Liebhaber als Tauſchgegenſtand für einen erſehnten Finken eine Kuh geboten und gegeben hat. Gegenwärtig iſt die Liebhaberei überall im Abnehmen begriffen, jedoch noch keines- wegs verſchwunden. Jn Belgien veranſtaltet man noch heutigen Tages Wettſingen unter den Finken. Die Vögel werden nach der Angabe von Lenz jeder in ſeinem kleinen Käfig in Reih und Glied geſtellt; das Wettſingen ſelbſt währt eine Stunde. Eigens dazu beauftragte Leute merken bei jedem einzelnen Vogel an, wie oft er in dieſer Stunde ſchlägt; nach der Menge der Schläge werden die Preiſe ver- theilt. Es ſoll Finken gegeben haben, welche in einer Stunde über 700 Mal geſchlagen haben.
Es läßt ſich erwarten, daß der gefangene Edelfink im Käfig ein erträgliches Loos genießt. Der wahre Liebhaber hält ihn ſo hoch in Ehren, daß er ihn gewiß keinen Mangel leiden läßt. Doch gibt es leider viele Leute, welche glauben, daß man die Finken blenden müſſe, und zumal in Belgien iſt dieſer abſcheuliche Gebrauch noch allgemein.
Der Edelfink wird immer mit leichter Mühe gefangen, in größter Menge während ſeines Herbſt- zuges und der einzelne am ſicherſten in der Niſtzeit; dann wird ſeine rege Eiferſucht ihm zum Ver- derben. Man ſetzt einen zahmen Finken in einen Fallbauer und darf ſicher ſein, daß der freilebende, um einen Kampf mit demſelben zu beginnen, herbeikommen und eingekerkert werden wird. Man
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Edelfink.
Alle von 1 bis 10 genannten Schläge ſind hübſch; das Werre aber iſt gering; das Klapſcheid
taugt nichts; die Putzſcheren erfüllen die Seele des Kenners mit Schaudern.
17) „Seit dem Jahre 1852 hat ſich, von Südoſt kommend, der thüringer Weida um
Schnepfenthal in bedeutender Menge angeſiedelt: Zizizirrihtjibjibjibjiweidjeh.‟
18) „Der krauſe Doppelte: Zizizizüllüllüllüllüllüllteufzziah. Er heißt nur doppelt, weil
er der erſten Hälfte des Schmalkalder Doppelſchlages ähnlich iſt.‟
19) „Der Schmalkalder Doppelſchlag (auch der gemeine oder echte Doppelſchlag genannt)
verdient als der Liebling der meiſten thüringer Finkenliebhaber eine beſondere Beſprechung. Er hat
in der Mitte einen deutlichen Abſatz und verdankt ſeinen Ruhm nicht blos ſeinem ſchönen Takt, ſeinen
ſich rein von einander ſcheidenden Silben, ſeinem glänzenden Schluſſe, ſondern auch dem Umſtand,
daß jede ſeiner Hälften an Silbenmenge manchem andern guten Schlage vollkommen gleichkommt.
Wenn ihn das Thierchen vorträgt, ſo ſchüttert ſein ganzer Körper. Man möchte denken, ſeine Kraft
wäre ſchon beim erſten Theile erſchöpft; aber da richtet er ſich noch höher empor und ſchmettert auch
noch den zweiten durch. — Die Silben eines guten Schmalkalder Doppelſchlags ſind folgende:
Zizizizizizizizizizirrrreuzipiah, tototototototoziſſſkutziah.‟
Es verſteht ſich ganz von ſelbſt, daß auch jeder einzelne Ton oder wenigſtens jede Reihe von
Tönen ihre beſondere Bezeichnung hat. Der Vogel „finkt‟, wenn er ſeinen Lockton vernehmen
läßt, er „rückt‟, wenn er den ſchnarrenden ausſtößt, er „pfeift‟, wenn er die Silbe „Güpp‟
oder „Uelp‟ vernehmen läßt u. ſ. w. Trägt er nicht alle Silben klar und rein vor oder läßt er einige
weg, ſo ſagt man, daß er ſtümpere; hängt er ſeinem Schlage noch ein „Tütt‟, das ſogenannte
Amen, an, ſo behauptet man, daß er damit ſelbſt ſich loben wolle. Werden die einzelnen Silben
langſam und in tiefen Tönen vorgetragen, ſo heißt es, daß der Fink grob ſchlägt, werden die
Silben in hohem Tone und raſch zum Beſten gegeben, ſo ſchlägt er kraus. Mancher Doppelſchläger,
welcher keinen Takt hält, ſtümpert, kurz ſchlägt, iſt, nach Lenz, keinen Pfennig werth, während ein
ausgezeichnet guter noch heutigen Tages auf 10 bis 14 Thaler und mehr geſchätzt werden kann. —
Unter den übrigen Finkenliebhabern gelten andere Benennungen, zum Theil jedenfalls für dieſelben
Schläge, obwohl nicht verkannt werden darf, daß die Finken je nach der Gegend verſchieden ſchlagen.
Jn früheren Zeiten war die Finkenliebhaberei zur förmlichen Leidenſchaft der Gebirgsleute gewor-
den. „Es gab Meſſerſchmiede, Schalenſchneider und Feilenhauer‟, ſagt ein Berichterſtatter, „welche
den ganzen Tag über während ihrer Arbeit am Schraubſtocke dem am Fenſter hängenden Vogel vor-
pfiffen, bis dieſer die Stückchen eins nach dem andern nachpfiff. Am Sonntag und am Feierabend
wurden die Finken anderer Liebhaber „verhört‟. Man durchſtreifte die Wälder auf Meilen hin, um
einen vorzüglichen Schläger zu erkunden, raufte ſich blutig dieſer Vögel wegen, ja es ſoll vorgekommen
ſein, daß ein wahrer Liebhaber als Tauſchgegenſtand für einen erſehnten Finken eine Kuh geboten
und gegeben hat. Gegenwärtig iſt die Liebhaberei überall im Abnehmen begriffen, jedoch noch keines-
wegs verſchwunden. Jn Belgien veranſtaltet man noch heutigen Tages Wettſingen unter den Finken.
Die Vögel werden nach der Angabe von Lenz jeder in ſeinem kleinen Käfig in Reih und Glied geſtellt;
das Wettſingen ſelbſt währt eine Stunde. Eigens dazu beauftragte Leute merken bei jedem einzelnen
Vogel an, wie oft er in dieſer Stunde ſchlägt; nach der Menge der Schläge werden die Preiſe ver-
theilt. Es ſoll Finken gegeben haben, welche in einer Stunde über 700 Mal geſchlagen haben.
Es läßt ſich erwarten, daß der gefangene Edelfink im Käfig ein erträgliches Loos genießt. Der
wahre Liebhaber hält ihn ſo hoch in Ehren, daß er ihn gewiß keinen Mangel leiden läßt. Doch gibt
es leider viele Leute, welche glauben, daß man die Finken blenden müſſe, und zumal in Belgien iſt
dieſer abſcheuliche Gebrauch noch allgemein.
Der Edelfink wird immer mit leichter Mühe gefangen, in größter Menge während ſeines Herbſt-
zuges und der einzelne am ſicherſten in der Niſtzeit; dann wird ſeine rege Eiferſucht ihm zum Ver-
derben. Man ſetzt einen zahmen Finken in einen Fallbauer und darf ſicher ſein, daß der freilebende,
um einen Kampf mit demſelben zu beginnen, herbeikommen und eingekerkert werden wird. Man
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/153>, abgerufen am 21.11.2024.
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